Title: Briefwechsel zwischen Theodore (Ted) John Kaczynski und Lutz Dammbeck (Mixed German & English)
Date: 2000–2006

    Vorlauf

    1) 2.08.2000

    in deutscher Übersetzung:

    24. Februar 2001, an Dietmar Post N.Y

    Supermax - ADX Florence

    2) 2.April 2001

      in deutscher Übersetzung:

    1) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

      in deutscher Übersetzung:

    3) 21.05.2001 Englisch

    3) 21.05.2001 in deutscher Übesetzung:

    2) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    4) 22.6.2002

    3) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    5) 15. August 2002

    4) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    6) 11.September 2002

    5) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    6) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    7) 1.November 2002

    7) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    8) 16. November 2002

    8) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    9) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

    10) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    10) 13. Februar 2002

      und hier unsere ersten Versuche das Manifest zu übersetzen:

    10) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    11) 17. Februar 2003

    12) 26.April 2003

    11) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    13) 25.Mai 2003

      Anlage Korrektur Brief T.J.K. 1.Apr03

    12) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    13) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    14) 23.Juli 2003

    15) 2.Oktober 2003

    14) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    16) 8.Oktober 2003

    15) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    16) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    17) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    18) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    17) 3. Dezember 2003

    18) 21.Dezember 2003

    19) 16. Februar 2004

    19) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    20) 11. April 2004

    20) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    21) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    22) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    23) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

      <strong>"Schroeder Ulle"

    21) 11. Juni 2004

    22) 25. Juni 2004

    24) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

      Von: "malandrini-\@libero\.it" <malandrini-@libero.it>

    23) 15. August 2004

    25) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    24) 17. September 2004

    26) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    27) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    25) 12. Dezember 2004

      Marco Camenisch

    26) 30. Dezember 2004

    28) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

    27) 23. Februar 2005

    29) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

      Kopie:

    28) 03. März 2005

    29) 24. März 2005

    30) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

      Von: RSchenk@aol.com

    30) 08. April 2005

      E-Version:

      Von: Lutz Dammbeck <lutz.dammbeck@hamburg.de>

    31) 26.April 2005

      E-Version:

      Marco Camenisch-Centi

    32) 10. Juli 2005

    33) 22. Juli 2005

      Originaltext Film „DAS NETZ“

      (INTERVIEW MIT JOHN BROCKMANN)

      EASY-INTERNET CAFÉ NEW YORK

      (INTERVIEW MIT STEWART BRAND)

      BUCHLADEN „BOUNDD TOGETHER“ SAND FRANCISCO

      SILICON VALLEY - COMPUTERMUSEUMD MOUNTAIND VIEW

      HOTEL IM SIILICON VALLEY

      WOODSIDE, SILICOND VALLEY

      INTERVIEW MIT ROBERT TAYLOR

      RESTAURANTD NEWD YORK

      AUTOFAHRT WESTKÜSTE CALIFORNIEN (NACHD ESALEN)

      ESALEN AND DER WESTKÜSTE CALIFORNIENS

      IMO HAUSO VON FOERSTER (DERO IMO ROLLSTUHLO SITZT)

      INTERVIEWD MITD HEINZD VOND FOERSTER

      HOTELZIMMERD BOSTON

      HARVARD CAMPUS, CAMBRIGDE

      HARVARDD ARCHIVES

      COLLAGE AUS TV-ARCHIVMATERIAL

      FLUGD NACHD HELENA

      LINCOLN MONTANA

      INTERVIEWS BUTCH & CHRIS

      AUTOFAHRT DURCHD MONTANAD RICHTUNGD HELENA

      NEW HAVEN CT

      INTERVIEW' MIT DAVID GELERNTER

      HOTELZIMMERD FLORENCE

      EPILOG

    31) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

    34) 28. August 2005

      In deutscher Übersetzung:

      Brief vom 22. Juli 2005 in englischer Sprache:

    35) 24th October 2005

      in deutscher Übersetzung:

    32) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

      in deutscher Übersetzung:

    36) 28. November 2005

      in deutscher Übersetzung:

    37) 23. Dezember 2005

      in deutscher Übersetzung:

    33) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

      in deutscher Übersetzung:

    38) 10. Februar 2006

      in deutscher Übersetzung:

    34) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

      in deutscher Übersetzung:

    39) 02. April 2006

      in deutscher Übersetzung:

    Hier endete der Briefwechsel.

Vorlauf

Alles beginnt mit einem Zettel. Ich hatte mir 1997 während der Recherchen für meinen Film "Das Meisterspiel" eine Vermutung der österreichischen Ermittlungsbehörden notiert, dass es bei den Bombenanschlägen der "Bajuwarischen Befreiungsarmee (BBA) auch eine Spur in die USA geben könnte, zum sogenannten "Unabomber". Eine Verbindung Wien - Montana? Das erschien mir damals so absurd und fremd, dass ich es bald wieder vergessen hatte. Als ich dann mit den Recherchen für meinen Film "Das Netz" begann, fiel im ersten Vorgespräch in New York mit dem Verleger John Brockman wieder der Name "Unabomber". Einer der von John Brockman vertretenen Autoren, der Computerwissenschaftler David Gelernter, war Anschlagsopfer des sogenannten "Unabomber" (einem Pseudonym, dass das FBI erfunden hatte: university and airline bombings). Am 3. April 1996 war der ehemalige Mathematikprofessor Theodore J. Kaczynski (54) als der "Unabomber" von FBI-Beamten im Bundesstaat Montana verhaftet worden. Seit 1971 hatte er dort in einer Hütte in der Nähe von Lincoln, einer Kleinstadt in Montana, nahe Great Falls, gelebt. Er stand im Verdacht, der seit 18 Jahren gesuchte Bombenattentäter wie auch der Autor eines technologiefeindlichen Manifest mit dem Titel "Die Industriegesellschaft und ihre Zukunft" zu sein. Das 35.000-Wörter- Manuskript wurde im Juni 1995 anonym an mehrere große amerikanische Zeitungen zum Abdruck geschickt. Im Gegenzug versprachen die Absender, eine Gruppe die mit "FC" signierte, den langjährigen Sprengstoffterror einzustellen. Das erschien mir nun interessant für den Film, für den ich recherchierte. Ich wollte mit Ted Kaczynski, war er der Unabomber oder nicht, Kontakt aufnehmen.

Zurück aus New York las ich in der Berliner Zeitung einen Artikel mit dem Titel "Die Brieffreundin des Unabombers" über die Berliner Autorin Dr. Gabriele Yonan. Ich traf mich mit ihr und sie riet mir, doch Ted Kaczynski einfach einen Brief zu schreiben, aber vorher nach Freunden und Unterstützern zu suchen, die sich für mich verbürgen würden. Denn er sei nicht nur von eher kleinem Wuchs, sondern auch sehr mißtrauisch und komliziert.

Dann las ich in dem österreichischen Nachrichtenmagazin "profil", denn ich verfolgte parallel die medialen Nachwehen des Prozess gegen den vermeintlichen BBA-Bombenleger Franz Fuchs, einen Artikel über das WTO-Gipfeltreffen in Seattle, wo es gewaltsame Proteste gegen die Globalisierung und damit einhergehende Naturzerstörung gegeben hatte.

Als einer der geistigen Anführer wurde John Zerzan beschrieben, ein radikal neo- primitivistischer Autor, Anarchist und Betreiber eines Radios an der Universität von Eugene, der in seinem Werk die Zivilisation als inhärent unterdrückend kritisierte und ihr Lebensformen prähistorischer Populationen als Sinnbild einer freien Gesellschaft gegenüber stellte. Er wurde in dem Artikel in "profil" als Freund und Vertrauter des "Unabomber" beschrieben. Und ich stieß bei weiteren Recherchen auch auf die Konzeptkünstlerin Lydia Eccles in Boston, die mit einer Freundin, Chris Korda, als UNAPACK (The Unabomber for President Political Action Committee) eine Kampagne mit dem Titel "Unabomber for President" initiiert hatte, damit der "Unabomber" als Einschreibekandidat bei den Präsidentschaftswahlen 1996 gewählt werden konnte.

Lydia Eccles schien von den Ideen der Situationistischen Internationale beeinflusst und gehörte wie Chris Korda zu einer Szene von Anarchisten, Hardcore-Punks, Ökosozialisten, Pazifisten, Militanten und Primitivisten wie der „Church of Euthanasia“. Lydia und John standen mit Ted Kaczynski in engem Briefkontakt, und schienen mit ihm sogar befreundet. Bei weiteren Recherchereisen, auf denen mich als Übersetzer und Regieassistent der deutsche Filmemacher Dietmar Post begleitete, der in New York lebte, besuchten wir mehrmals John in Eugene und Lydia in Boston, und wir hatten gute Gespräche. Ich versuchte beiden klarzumachen, dass mein Interesse an einem Kontakt mit Ted Kaczynski nicht journalistischer, sondern künstlerisch-philosophischer Natur war und ich ihn in meinem Film gern als Figur in ein Ensemble integrieren würde, das Pro und Contra von Technologie und Wissenschaft diskutiert. Beide fanden mein Vorhaben interessant.

Lydia gab mir die Adresse von Ted, und ich schrieb ihm im August 2000 einen Brief. Lange kam keine Antwort. Dann, wir hatten schon mit ersten Drehs begonnen, erhielt ich den ersten Brief von ihm. Und dann entwickelte sich ein Briefwechsel, der bis 2006 anhielt.


1) 2.08.2000

Attn.: Theodore John Kaczynski
US Penitentiary, Adminstrative Maximum
PO Box 8500
Florence, CO 81226

Dear Mr. Kaczynski,

I'm writing to you because I feel you might be able to give me the answers to some questions. First of all I would like to introduced myself to you and to give you some information about myself and my work as an artist for the fine arts. This is the reason why I am contacting you. I am enclosing some information about my personal and my artistic biography. For some years I have been working with various artistic techniques in order to describes the cuts between art, science, technology, power and ideology. During this work I came across the Austrian scientist Viktor Schauberger and his ideas and works for the ecological revival of nature. I think that there is a close connection between Schauberger's ideas and the ideas of Pythagoras, Leonardo da Vinci, Joseph Beuys and other „Gnostiker“ and the clearly show the connection of art and natural science which accompanied the development of mankind since the classical antiquity and which nowadays (heutzutage) seems (scheint) to have got lost extensivly. (im großen Umfang). Through Schauberger I came across some interesting ideas for a new definition of the proportion of ground, air and water and how to deal with technology and that it is neccessary to look critically at the results of present research. I was very surprised to find thoughts and elements in your Manifesto which reminded me of this. Recently I have been working on problems of „cyberspace“. So I am very interested in the thesis in your Manifesto and in which way or whether at all your views have changed in the last view years. What's your opinion about the demonstrations at the WTO summit in Seattle and Prague? Do you think that actions like this lead to a turning point in the harmful development in nature and the people living in it? Can you see basic differences between the development in the USA and Europe? As you can imagine I first heard about you and your biography through the media. The reports were very spectactular of course. I have no idea how you live in prison in Florence and whether (ob) it is possible to have a free exchange of views and whether you are interested at all.

I would be glad to hear from you and I would you send you more details then.

Unfortunately my English is not good enough yet to express my thoughts precisely.

It's been a long time since I went to school and learned English.

An acquaintance is helping me which motivates me to improve my own English.

I wish you a happy new year and I am looking forward to hearing from you.

Yours truly

2.8.2000

Lutz Dammbeck

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Mr. Kaczynski,

ich schreibe Ihnen, weil ich das Gefühl habe, dass Sie mir vielleicht die Antworten auf einige Fragen geben können. Zunächst einmal möchte ich mich Ihnen vorstellen und Ihnen einige Informationen über mich und meine Arbeit als bildender Künstler geben. Dies ist auch der Grund, warum ich Sie kontaktiere. Ich füge einige Informationen über meine persönliche und künstlerische Biographie bei. Seit einigen Jahren arbeite ich mit verschiedenen künstlerischen Techniken, um die Schnittmengen zwischen Kunst, Wissenschaft, Technik, Macht und Ideologie zu beschreiben. Während dieser Arbeit bin ich auf den österreichischen Wissenschaftler Viktor Schauberger und seine Ideen und Arbeiten zur ökologischen Wiederbelebung der Natur gestoßen. Ich denke, dass es eine enge Verbindung zwischen Schaubergers Ideen und den Ideen von Pythagoras, Leonardo da Vinci, Joseph Beuys und anderen "Gnostikern" gibt die deutlich die Verbindung von Kunst und Naturwissenschaft zeigen, die die Entwicklung der Menschheit seit der klassischen Antike begleitet hat und die heutzutage weitgehend verloren gegangen zu sein scheint. (im großen Umfang). Durch Schauberger bin ich auf einige interessante Ideen für eine Neudefinition des Verhältnisses von Boden, Luft und Wasser und den Umgang mit der Technik gestoßen und dass es notwendig ist, die Ergebnisse der bisherigen Forschung kritisch zu betrachten. Ich war sehr überrascht, in Ihrem Manifest Gedanken und Elemente zu finden, die mich daran erinnerten. In letzter Zeit habe ich mich mit Problemen des "Cyberspace" beschäftigt. Daher bin ich sehr an den Thesen in Ihrem Manifest interessiert und daran, auf welche Weise oder ob sich Ihre Ansichten in den letzten Jahren überhaupt verändert haben. Was ist Ihre Meinung zu den Demonstrationen beim WTO-Gipfel in Seattle und Prag? Glauben Sie, dass Aktionen wie diese zu einem Wendepunkt in der schädlichen Entwicklung für die Natur und die in ihr lebenden Menschen führen? Können Sie grundsätzliche Unterschiede zwischen der Entwicklung in den USA und Europa erkennen? Wie Sie sich vorstellen können, habe ich zum ersten Mal durch die Medien von Ihnen und Ihrer Biographie erfahren. Die Berichte waren natürlich sehr spektakelhaft. Ich habe keine Ahnung, wie Sie im Gefängnis in Florenz leben und ob ein freier Meinungsaustausch möglich ist und ob Sie überhaupt an so etwas interessiert sind.

Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören und ich würde Ihnen dann mehr Details schicken.

Leider ist mein Englisch noch nicht gut genug, um meine Gedanken präzise genug auszudrücken. Es ist schon sehr lange her, dass ich zur Schule gegangen bin und Englisch gelernt habe. Ein Bekannter hilft mir, was mich motiviert, mein eigenes Englisch zu verbessern. Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr und freue mich darauf, von Ihnen zu hören

Mit freundlichen Grüßen

2.8.2000

Lutz Dammbeck

24. Februar 2001, an Dietmar Post N.Y

wie telefonisch besprochen hat Theodore Kaczynski - der „UNABOMBER“, noch nicht geantwortet. Aufschluß über seine Haltung gegenüber Interviewünschen gibt die website: www.thesmokinggun.com. Da ist ein Verweis im Brief von wired auf „a reply from Quin Denvir?" Ich will ein Interview mit Kaczynski. Um rauszukriegen, ob das generell klappen könnte vielleicht vorsichtige Fragen an:

- den im Zuchthaus zuständigen Beamten (sieht er eine Chance, ob...wie)

- den Buchautor Mello

- den Buchautor Alston Chase (Harvard and the Making of The Unabomber), der allerdings sein Buch über Ted noch nicht fertig hat,

ist er kooperativ? Hier geht mein Interesse weiter, siehe die paar Seiten Übersetzung aus dem Vorabdruck: hin zu „Murray-Experiment“, „Milgram-Experiment“, Psycho-War, OSS und LSD (Tomothy Leary und die kalifornischen Hacker-Hippies der 6oer). Es ist von Filmaufnahmen der Experimente die Rede. Wenn das nicht weiter führt, wieder Kontakt und vielleicht im April besuchen:

- aber vor allem: John Zerzan, 57, lebt in anarchistischer Wohnkooperative, Führer der „Anarchisten von Eugene“, Anarchotheoretiker, Literaturstudium an der University of Oregon, „Die Zivilisation ist die Wurzel allen Übels“, Bücher: Future Primitive, sagt in einem Interview über Ted:“...als man ihn noch im Gefängnis besuchen konnte...“ - also jetzt nicht mehr? „...vergangene Woche habe ich einen Brief von ihm erhalten...besuchen kann man ihn ja praktisch nicht mehr “ (Februar 01), war mitbeteiligt an der Formierung der NGO's gegen Globalisierung, Corporate America, Weltbank und WTO-Gipfel in Seattle, Prag, Nizza. Sprachregelung bei ev. Nachfragen, was mein Interesse, könnte sein: Film über DAS NETZ als kulturelles und ökonomisch/wirtschaftliches Projekt und Metapher für die moderne Zivilisation - was ist das, wem gehört das, wer hat das wann warum in Bewegung gesetzt - Befürworter und Gegner = Netzkritiker, internat.

Kommunikationsguerilla, NGO's = neue Widerstandsformen und Theorien der Subversion, Widerstandsformen gegen herrschende Verhältnisse und die technische Entwicklung in Richtung Cyberspace New Economy/heutige Zivilisation. Mit dem und gegen DAS NETZ (die Netze). Da wäre auch Ted einzuordnen, als Fundamentalkritiker

- auch nochmal Lydia in Boston anrufen


Supermax - ADX Florence

Die offizielle Bezeichnung des Supermax lautet United States Penitentiary Administrative Maximum Facility, Florence, woraus sich seine Abkürzung herleitet: ADX Florence.

Das Supermax ist ein Hochsicherheitsgefängnis, das der US-Regierung untersteht. Es liegt südlich der Stadt Florence, im Verwaltungsbezirk Fremont (Colorado).

Als Flagschiff der vier Anstalten, die dort in einem weitflächigen Komplex zusammengefasst sind (dem FCC - Florence Federal Correctional Complex), liegt das Supermax am weitesten von der Straße entfernt. Mehr als 20% seiner ca. 400 Insassen stehen unter der Anklage, in einem anderen Gefängnis einen Mithäftling getötet zu haben.

Das Supermax wurde 1994 eröffnet (Baukosten: 60 Millionen Dollar) und ist für die Unterbringung der Häftlinge ausgelegt, die als die gefährlichsten Amerikas gelten. Die Liste seiner Insassen enthält die Namen der wichtigsten wegen terroristischer Akte verurteilten Häftlinge der USA. Aber auch diverse Anführer nationaler Gangs, einige Mafiabosse, Mehrfachmörder und Anführer von rassistischen Gruppierungen, die die Überlegenheit der Weißen propagieren, verbüßen hier lebenslange Haftstrafen. Den am schärfsten bewachten Häftlingen wird jeglicher Kontakt zu Mitmenschen - mit Ausnahme ihrer Aufseher - verwehrt. Sie befinden sich bis zu 23 Stunden am Tag in Einzelhaft, in einer 3,5 x 2 Meter großen, akustisch isolierten Zelle.

ADX Florence. Photos courtesy of the Bureau of Prisons

2) 2.April 2001

Attn.: Theodore Kaczynski
Federal Register Number 04475-046
US Penitentiary, Administrative Maximum
PO Box 8500
Florence, CO 81226
U S A

Dear Mr. Kaczynski,

I am writing you in regard of my letter from January 13th 2001.

I hope, you have got my letter. Since then my intellectual and artistic investigations about THE NET have led towards a film project (documentary) about the same subject matter. This letter shall serve as a little introduction.

I am preparing a film which aims to investigate THE NET as a form of current technological development and tendencies towards globalisation.

The film is to present various positions on the subject, also those which see dangers in this development, reject or criticise it. I also see this including criticism of THE NET which develops and uses current forms of dissidence, opposition and subversion.

In this connection, I encountered your ideas.

I view you and your fundamental criticism as part of a Net criticism, which also includes new forms of opposition and the theories of subversion of an international "communications guerilla force", committed to oppose developments towards cyberspace, globalisation, the New Economy and today's civilisation.

My interest in you is not inspired journalistically, but by cultural criticism.

I would like to invite you to be (an important) part of this project.

The film is being sponsored by various regional film promotion institutions (Hamburg, Saxonia, Berlin-Brandenburg and Nordrhein-Westfalen) in Germany, including the French tv- culture channel arte.

It was not easy to got the support for such a project.

I have heard that you had only spoken to one reporter (J.Dubner) and that you had rejected requests for an interview put to you in numerous letters from talkmasters, TV channels and news magazines, and also that recently you gave this letters to a special library available to the University of Michigan.

On the one hand, I have great sympathy for your attitude, but I am still somewhat at a loss

as to how I could convey my intentions to you in a serious manner.

I also have contacted Lydia Eccles who will sending you another letter in this regard.

To make further arrangements you can send a letter to my attention in Hamburg (Germany)

or to my personal assistent in New York, Mr. Dietmar Post, 304 Boerum Street # 44

Brooklyn, NY 11206

I hope for your interest

All the Best

Lutz Dammbeck

Hamburg, April 2nd 2001

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

ich schreibe Ihnen in Bezug auf meinen Brief vom 13. Januar 2001.

Ich hoffe, Sie haben meinen Brief erhalten. Seitdem haben meine intellektuellen und künstlerischen Untersuchungen über DAS NETZ zu einem Filmprojekt (Dokumentarfilm) über dasselbe Thema geführt. Dieser Brief soll als eine weitere kleine Einführung dienen. Ich bereite einen Film vor, der THE NET als eine Form der aktuellen technologischen Entwicklung und Globalisierungstendenzen untersuchen soll.

Der Film soll verschiedene Positionen zum Thema darstellen, auch solche, die in dieser Entwicklung Gefahren sehen, sie ablehnen oder kritisieren. Dazu gehört für mich auch eine Kritik an THE NET, die aktuelle Formen von Dissidenz, Opposition und Subversion entwickelt und nutzt. In diesem Zusammenhang bin ich auf Ihre Ideen gestoßen.

Ich sehe Sie und Ihre Fundamentalkritik als Teil einer Netzkritik, die auch neue Formen der Opposition und die Subversionstheorien einer internationalen "Kommunikationsguerilla-Truppe" einschließt, die sich gegen die Entwicklungen zum Cyberspace, zur Globalisierung, zur New Economy und zur heutigen Zivilisation engagiert. Mein Interesse an Ihnen ist nicht journalistisch, sondern kulturkritisch inspiriert.

Ich möchte Sie einladen, (ein wichtiger) Teil dieses Projekts zu sein.

Der Film wird von verschiedenen regionalen Filmförderinstitutionen (Hamburg, Sachsen, Berlin-Brandenburg und Nordrhein-Westfalen) in Deutschland gefördert, darunter auch der französische Fernseh-Kulturkanal arte.

Es war nicht einfach, die Unterstützung für ein solches Projekt zu bekommen.

Ich habe gehört, dass Sie nur mit einem Reporter (J.Dubner) gesprochen haben und dass Sie in zahlreichen Briefen an Sie gerichtete Interviewanfragen von Talkmastern, Fernsehsendern und Nachrichtenmagazinen abgelehnt haben, und auch, dass Sie diese Briefe kürzlich einer Spezialbibliothek der Universität von Michigan zur Verfügung gestellt haben. Einerseits habe ich großes Verständnis für Ihre Haltung, andererseits bin ich etwas ratlos, wie ich Ihnen meine Absichten seriös vermitteln könnte.

Ich habe mich auch mit Lydia Eccles in Verbindung gesetzt, die Ihnen diesbezüglich einen weiteren Brief schicken wird. Um weitere Vorkehrungen zu treffen, können Sie einen Brief an mich in Hamburg (Deutschland) oder an meinen persönlichen Assistenten in New York, Mr. Dietmar Post, 304 Boerum Street # 44 Brooklyn, NY 11206, schicken.

Ich hoffe auf Ihr Interesse

Alles Gute

Lutz Dammbeck

Hamburg, 2. April 2001


1) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

April 17, 2001

TED KACZYNSKI to

LUTZ DAMMBECK c/o DIETMAR POST

Dear Mr. Dammbeck:

I would probably be interested in seeing the results of the investigation thast you describe in your letter of April 2, 2001, but I am not interested in participating in your project. I know very, very little about the Internet, and I would not be able to help you in any significant way.

You have my best wishes for the success of your film.

Sincerely yours,

Ted Kaczynski

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich wäre wahrscheinlich an den Ergebnissen der Untersuchung interessiert, die Sie in Ihrem Brief vom 2. April 2001 beschreiben, aber ich bin nicht daran interessiert, an Ihrem Projekt teilzunehmen. Ich weiß sehr, sehr wenig über das Internet, und ich wäre nicht in der Lage, Ihnen in irgendeiner Weise zu helfen.

Sie haben meine besten Wünsche für den Erfolg Ihres Films.

Mit freundlichen Grüßen,

Ted Kaczynski


3) 21.05.2001 Englisch

Attn.: Theodore Kaczynski
Federal Register Number 04475-046
US Penitentiary, Administrative Maximum
PO Box 8500
Florence, CO 81226
U S A

Dear Mr. Kaczynski,

Thank you very much for your letter.

Of course, it is true that you are not an Internet specialist. No, I think you know a great deal about the role of computers and their effects, and about what happens when these are connected together, which is what people call the Internet today.

I consider you to be one of the most important and knowledgeable scientists and intellectuals in this respect.

I am afraid that up until now, I may have provided an inadequate explanation for my interest in contacting you. Originally, I was merely interested in a chance to speak to you, without any specific intentions. The questions with which you have concerned yourself were among those upon which my artistic work to date had focused, and so I wrote my first letter.

I then tried again with a more general second letter; this lay, perhaps, in my uncertainty regarding just how openly I could write to you (I know that all your letters are read), since I did not want to cause you any difficulties.

Now a three week journey through the USA - during which I also became acquainted with Lydia Eccles and some other people you know - has helped me to order my thoughts, and has also altered my purpose to some extent. Lydia Eccles encouraged me to write you a completely open letter. And I shall try to do just that.

I am not interested in a depiction of the Internet in technical terms.

In my first letter, I asked you whether you know Viktor Schauberger. I think that in many passages his ideas on the relation between man and nature, on the role of the scientist and his description of the role of civilisation, the modern age and technology in the destruction of air-water-soil coincide with your own ideas in the „Manifesto“ (about Technology). As Viktor Schauberger sees it, the world requires a „new order“ oriented on the example of nature, where this order is already given. He saw his research as continuing the Greek nature tradition of Heraclitus, Thales of Milet, Pythagoras, Leonardo and Kepler, and he was involved in the foundation of the green, ecological movements in Austria after 1945, making suggestions for a change in man‘s way of handling the resources of the earth and of nature.

Now my research centres around the question of what causes there are for the „inverted relations“ in which we live today, in both Europe and the USA. Is the world in which we live at present a „modern age“ which is fulfilling itself, only functioning - after the collapse of the eastern block - according to the regulations of money-market capitalism? (Ironically, according to the German philosopher Oskar Negt, at the moment in which capitalism - victorious over Marxism - begins to sing in triumph, capital will function in the way Marx described in his „Capital“ for the first time in its historical development: „... capitalist production, therefore, only develops technology and combinations of social production processes by simultaneously undermining the sources of all wealth: the earth and the workers.“ In: Frankfurter Allgemeine Zeitung of January 1997)

How did this come about, and what role was played in it by technology and science, the true „spirit of the modern age“?

In this context, I am interested in Utopias and models of thought for an „ideal society“ which prepared the necessary climate and atmosphere long before the technical „nets“, indeed, which first made the technical nets possible.

I am thinking here of the ideas of the Enlightenment, the French Revolution and the artistic avant-garde / modernists. (Interestingly enough, the advertising of dotcoms today makes use of the keywords in the „klassischen“ avant-garde manifestos).

In recent years, an explosion took place in the field of technological development.

This created the preconditions for the current globalisation of the world - in particular the mechanisms of regulation and control necessary for it, the most important element here surely being the computer.

Without the computer, all these simulations, calculations, mechanised processes of regulation and control would be inconceivable. So is this machine now the most important part, or is it just an arbitrary tool among many?

The role of artists and scientists also comes into play here, and of course an old series of problems: do artists, philosophers or scientists have a moral responsibility for those of their ideas which are then misused by others or understood as instructions for a course of action? (see Berthold Brecht‘s play „Galileo Galilei“ or the play about Oppenheimer and the A- bomb, also Viktor Schauberger and his research for the German military during 1942-45).

That is why I am also interested in the „run-up“: the „Zeitgeist“ of the 50s and 60s, when the ideas of „interactivity“ or „networks“ were developed, the period of the Cold War or the Psycho War, when tools of regulation or control like the computer were commissioned and developed - as part of the ideology of an „ideal world order“. I am interested in the early Utopias of the „Net“ (those of the Hippies in the 60s appear different to those of Cage and the New York art scene, or those at MIT or Stanford - or were there overlaps?) and what has emerged from these today.

I am interested in the pioneering theorists and those who commissioned these Utopias, and in those who see this development as wrong and want a change: in favour of nature, of a different concept of life with nature and of a different understanding of technology. People who think about alternatives and who draw the consequences of their insights. It was in this context that I came across you.

During my research about pioneering theorists of the Net I came across books by David Gelernter and his entire role in this connection, and I learnt that you had sent him a bomb. This, and your attacks on flight networks (as route networks of a specific kind) appeared to me to be both a symbolic action and a „real deed“ - not an attack on people, but on a principle (as with Raskolnikov) and on a scientist who bore the responsibility for it.

A scientist who did not seem to have contemplated the consequences of his actions, or perhaps believed he did not need to contemplate them. Or were Gelernter‘s person and his ideas not so important for you?

On my journey through the USA, I also visited the MIT and Harvard, wandering around there and taking in the atmosphere - and it provoked some irritation in me.

I experienced an uncritical atmosphere of agreement and of general acceptance of what is - a liaison between avant-garde, science and power. A well-ordered and unquestioned network of scientific research, privilege, elitism and power.

I also visited the museum in the MIT.

No, it was not the mechanical games of the robots which were disturbing (they reminded me of a museum of Swiss cuckoo clocks, of 19th century mechanics, they were also physically unpleasant and disturbing), the cause for fear lies in what is not shown: science‘s attack on the human cell nucleus, an alteration of man from within. Of course, that opens the doors to hell. A hell of Modern.

I have already mentioned an explosion in the technological field during the last decades, and of course there has also been an explosion in the social and political field in recent years; in the development of new forms of opposition such as the „nonprofits“ and the NGOs, a media guerrilla movement and hackers, „anti-capitalist activists“ and non-state actors. In part, as far as I perceive it, this has been inspired by the remnants of leftist thinking, on the other hand, interestingly, it appears to have also been partly stimulated by ideas and strategies of the 60s artistic avant-garde (Paris 1968, Guy Debord, Situationism). I know that you have contacts with such activists - something which I find interesting and significant -, and this leads me to the question of how you judge these activities (Seattle, Prague etc.).

According to the things I have perceived, a number of these activists only „act“ within the symbolic, rhetorical and artificial field of art and the media (like „fashion2). Their repertoire is already exhausted once they have finished spraying a perfume named „Revolt“, and the „revolution with the mouse“ lacks true consistency. By contrast, I see you as a person and a scientist who has drawn the radical consequences from his insights. For a „change“.

Which now touches on the question of the role of violence in a struggle for „change“. I believe that the evaluation of violence in connection with upheaval and revolutions is different in Europe to the one in the USA, and that this may be explained historically. Here in Germany, the question of the use of violence is currently discussed on the basis of the history and role of the RAF (Red Army Faction); after a certain historical distance has been attained, the time now seems ripe for this discussion. For me, this „revolutionary movement“ is a reflection of and remnant of fascism in Germany - fascism repeated in the sons and daughters (naturally with the fiercest animosity towards the fathers and their fascism, and with a leftist label) and let loose in an Americanised Germany of the economic miracle, where it dissolved some time afterwards.

Some people say, 1989 is also the end of „left“ and „right“, og „Kommunismus“ und „Konservatismus“. Is it?

Your „Manifesto“ has also reached and moved many people in Europe. I hope that a small Hamburg publisher will be producing a German edition very soon.

In conversations I had on my journey through the USA, however, when I mentioned you in the context of my subject and interests, the people I spoke to often reacted with uncomprehending looks, and they were by no means prepared to see you as part of the game, preferring to classify you as a „crazy criminal“, as „Dr. Strangelove“.

But I see you as a man who drew the consequences from his insights: as a sane, radical critic of a technological development which would not have been possible without computers. Your consistency reminds all those who perhaps share your opinion, but who do nothing and keep quiet, of their own lack of consistency or of their opportunism in an unpleasant way.

At one of the most important technological centres in Germany, comparable to the MIT, a symposium entitled „Have computers changed our lives“ was recently held. The answers to this question „sailed as computer-animated paper ships on a sea of words: Playthings for the machine (the computer) which can no longer be questioned...“.

But questions concerning the computer, the NET and how much power or influence over and access to the private sphere of the individual and of groups these „machines“ have, are becoming increasingly important and more urgent.

You made an attempt at raising these questions with your texts and your actions.

For that reason, you have become increasingly important for me and my work on this theme. I would very much like to make your thoughts and insights on the subject accessible to other people, and to show that you are not a monster, but an intellectual, a scientist (is that true, do you still view yourself as a scientist?) a human being who has a face.

I am interested in your entire biography and not only in the spectacular parts in connection with the bombs.

I would very much like to exchange ideas with you regarding the many questions I have mentioned here and others, but I do not want to put any pressure on you. I would leave the decision on this to you, and let you dictate the pace.

So I am interested, among other things, in the „Zeitgeist“ of the 50s and 60s, and the extent to which this contributed to the forerun to THE NET. That also interests me, because as a post-war child in the east of Germany = Russian influence (part of the family lived in western Germany = American influence) I was confronted with the effects of the political development after 1945 in a very concrete way. It also influenced my biography and that of my family.

In my artistic work, which also includes documentary films, I have been concerned with the question of connections between technical, scientific and artistic innovation and their consequences for a long time now.

The film project which I mentioned and on which I continue to work is not a journalistic project or a TV project like those which are common in the USA, but is part of my artistic work.

In the meantime, I have read more about you (my students are now translating the „Manifesto“, and Lydia told me about Joseph Conrad and your interest in this author). I am interested in your concept of „a different life“, and would like to find out what stimulated and inspired this for you.

In Eugene, I saw your photo and the initials FC worn by mainly young people; you are an important figure for them to relate to. That moved me and my wife, who was accompanying me, as did our visit to Florence and the landscape around the penitentiary with its postmodern design. From the (permitted ) distance this recalls a design by the English architect Sir Norman Forster.

I should be delighted if - with these lines - I had managed to convey my interest and my sympathy with you and your ideas more successfully than before, and had thus awoken your interest in an exchange of ideas and contact by letter.

I shall try to send you an English copy of the book by Callum Coats, Living Energies - Viktor Schauberger‘s brilliant work with natural energy explained. Unfortunately it is out of print at the moment, and will only be available again in July. But before I shall try to send you another book about Schauberger by Olof Alexanderson, it's a little bit older, but available. I hope that the books will reach you as soon as possible and that the material interests you. Please write me a few lines to let me know that you have received it.

I wish you all the very best and continued strength, in the name of my wife as well,

Yours,
Lutz Dammbeck


3) 21.05.2001 in deutscher Übesetzung:

Attn.: Theodore Kaczynski
Federal Register Number 04475-046
US Penitentiary, Administrative Maximum
PO Box 8500
Florence, CO 81226
U S A

Dear Mr. Kaczynski, vielen Dank für ihren Brief.

Ja, es stimmt, Sie sind kein Spezialist für das Internet. Nein, ich denke Sie wissen sehr viel über die Auswirkungen und Rolle von Computern und was geschieht, wenn diese zu dem zusammengeschaltet werden, was wir heute das Internet nennen.

Da halte ich Sie für einen der wichtigen und kenntnisreichen Wissenschaftler und Intellektuellen.

Ich befürchte, dass ich mein Interesse am Kontakt zu Ihnen bisher nur unzureichend beschrieben habe. Ursprünglich war ich nur an einem Gesprächskontakt zu Ihnen interessiert, ohne weitere Absichten. Die Fragen, mit denen Sie sich beschäftigten, lagen im Focus der Fragen, mit denen ich mich in meiner künstlerischen Arbeit bisher beschäftigt hatte, und ich schrieb meinen ersten Brief.

Ich habe es dann mit einem zweiten Brief versucht, der allgemeiner war, das lag möglicherweise auch an meiner Unsicherheit, wie offen ich Ihnen schreiben kann (ich weiss dass alle Ihre Briefe gelesen werden), denn ich wollte Sie nicht in eventuelle Schwierigkeiten bringen.

Nun hat mir eine dreiwöchige Reise durch die USA, bei der ich auch Lydia Eccles und eine andere Ihnen bekannte Person getroffen habe, geholfen, mehr Klarheit in meine Gedanken zu bringen und auch mein Vorhaben verändert. Lydia Eccles hat mich darin bestärkt, Ihnen ganz offen zu schreiben.

Das will ich nun versuchen.

Mir geht es nicht um eine Darstellung des technischen Internets.

In meinem ersten Schreiben hatte ich Sie gefragt, ob Sie Viktor Schauberger kennen. Ich fand, dass seine Gedanken zum Verhältnis von Mensch und Natur, zur Rolle des Wissenschaftlers und seine Beschreibung der Rolle von Zivilisation, Moderne und Technik bei der Zerstörung von Luft-Wasser-Boden in vielen Passagen sich mit Ihren Gedanken im „Manifesto“ berühren.

Für Viktor Schauberger braucht die Welt „eine neue Ordnung“, die sich am Vorbild der Natur orientiert, wo diese Ordnung schon vorgegeben ist. Mit seinen Forschungen sah er sich in der Nachfolge der griechischen Naturtradition, von Heraklit, Thales von Milet, Pythagoras, Leonardo und Kepler, war beteiligt an der Gründung der grün-ökologischen Bewegungen in Österreich nach 1945 und machte Vorschläge für eine Umkehr der Menschen im Umgang mit den Resourcen der Erde und der Natur.

Im Zentrum meines Interesses steht nun die Frage nach den Ursachen der „verdrehten Verhältnisse“, in denen wir heute leben, in Europa wie den USA. Ist die Welt, in der wir gegenwärtig leben, nun eine sich erfüllende „Moderne“, die nach dem Zusammenbruch des Ostblocks nur noch nach den Regeln eines Geldmarktkapitalismus funktioniert? (Ironischerweise funktioniert nach Meinung des deutschen Philosophen Oskar Negt das Kapital in dem Augenblick, da der siegreiche Kapitalismus über den Marxismus Triumphgesänge anstimmt, erstmals in seiner historischen Entwicklung so, wie es Marx es in seinem Kapital beschrieben hat: „...die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombinationen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen allen Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Januar 1997)

Wie ist es dahin gekommen und welche Rolle spielt dabei die Technik und Wissenschaft, dieser wahre „Geist der Moderne“?

In diesem Zusammenhang interessieren mich Utopien und Denkmodelle von einer „idealen Gesellschaft“, die lange schon vor den technischen Netzen das nötige Klima und die Atmosphäre vorbereiteten, die dann die technischen Netze möglich machten.

Ich denke hier an Ideen der Aufklärung, der französischen Revolution und der künstlerischen Avantgarde/Moderne. (Die Werbung der Dotcoms bedient sich heute interessanterweise der Keywords der frühen Manifeste der klassischen Avantgarde).

In den letzten Jahren hat eine Explosion im Bereich der technologischen Entwicklung stattgefunden. Dies schuf die Voraussetzungen für die aktuelle Globalisierung der Welt und die dafür notwendigen Steuerungs- und Kontrollmechanismen, das wichtigste Element dafür ist wohl der Computer.

Ohne Computer wären alle diese Simulationen, Rechenoperationen, mechanisierten und Steuerungs- und Kontrollprozesse nicht denkbar, ist dieser „Apparat“ nun nicht das wichtigste Teil? Oder nur ein beliebiges Tool von vielen?

Hier kommt nun auch die Rolle von Künstlern und Wissenschaftlern ins Spiel, und zugleich eine alte Problematik: haben Künstler, Philosophen oder Wisssenschaftler eine moralische Verantwortung für ihre Ideen, die dann von anderen als Anleitung zum Handeln verstanden oder mißbraucht werden? (s. Berthold Brecht's Stück „Galileo Galilei“ oder das Stück über Oppenheimer und die A-Bombe, durchaus auch Viktor Schauberger und seine Forschungen 1942-45 für das deutsche Militär).

Deshalb interessiert mich auch das „Vorfeld“: der „Zeitgeist“ der 50er und 60er Jahre, wo Ideen von „Interaktivität“ oder „Netzwerken“ entwickelt wurden, die Zeit des Cold War oder Psycho War, wo Steuerungs- und Kontrollwerkzeuge wie der Computer in Auftrag gegeben und entwickelt wurden - als Teil einer Ideologie von einer „idealen Weltordnung“. Mich interessieren die frühen Utopien vom „Netz“ (die der Hippies in den 60ern scheinen andere wie die von Cage und der New Yorker Artscene oder am MIT oder Stanford, oder gibt es da Überschneidungen?) und was heute daraus geworden ist.

Mich interessieren die Vordenker und Auftraggeber für diese Utopien wie diejenigen, die diese Entwicklung für falsch halten und einen „change“ wollen: zugunsten der Natur, einer anderen Vorstellung vom Leben mit dieser Natur und für ein anderes Technikverständnis. Menschen, die über Alternativen nachdenken und die Konsequenzen aus ihren Erkenntnissen ziehen.

In diesem Zusammenhang bin ich auf Sie gestoßen.

Bei meiner Recherche zu „Vordenkern“ des Netzes bin ich auch auf Bücher und die Rolle von David Gelernter gestoßen und erfuhr, dass Sie Ihm eine Bombe geschickt haben. Dies und Ihre Attacken der Flugnetze (als Wegenetze besonderer Art) erschienen mir als symbolische Handlung und „wirkliche Tat“ zugleich - kein Angriff auf Menschen, sondern auf ein Prinzip (wie bei Raskolnikov) und einen Wissenschaftler, der es mit ermöglicht hat. Ein Wissenschaftler, der die Folgen seines Tuns nicht bedacht zu haben schien oder glaubte, nicht bedenken zu müssen. Oder war die Person und die Ideen Gelernters gar nicht so wichtig für Sie?

Ich habe bei meiner Reise durch die USA u.a. auch das MIT und Harvard besucht, bin dort herumgegangen, habe die Atmosphere aufgenommen und war irritiert.

Ich empfand dort eine unkritische Atmosphere des Einverständnisses und allgemeiner Akzeptanz mit dem, was ist - eine Liason zwischen Avantgarde, Wissenschaft und Macht. Ein wohlgeordnetes und unhinterfragtes Netz aus wissenschaftlicher Forschung, Privilegien, Elite und Macht.

Ich habe auch das Museum im MIT besucht.

Beunruhigend waren nicht die mechanischer Spielereien der Robots (erinnerten mich an ein Schweizer Kuckucksuhren-Museum, auch an die Mechanik des 19.Jahrhundert, waren aber auch körperlich unangenehm und beunruhigend), sondern Angst macht das, was nicht gezeigt wurde: der Angriff der Wissenschaft auf den menschlichen Zellkern, die Veränderung des Menschen von innen heraus. Hier werden natürlich die Tore zur Hölle geöffnet.

Ich habe zuvor von einer Explosion in den letzten Jahrzehnten im technologischen Bereich gesprochen, es gab in den letzten Jahren ja auch eine Explosion im sozialen und politischen

Bereich, bei der Herausbildung von neuen Widerstandsformen wie den „nonprofits“ und NGO's, bei einer „Medienguerilla“ und bei Hackern, bei „anticapitalist activists und nonstate-actors. Zu Teil ist das meiner Wahrnehmung nach von Resten linken Gedankenguts inspiriert, zum anderen ist das interessanterweise aber scheinbar auch mit angeregt von Ideen und Strategien der künstlerischen Avantgarde der 60er Jahre (Paris 1968, Guy Debord, Situationismus)

Ich weiss, dass Sie mit solchen Aktivisten Kontakt haben, was für mich sehr interessant und bedeutsam ist und zu der Frage führt, wie Sie diese Aktivitäten (Seattle, Prag usw.) beurteilen.

Meiner Wahrnehmung nach agieren eine Reihe dieser Aktivisten nur im symbolischen, rhetorischen und artifiziellen Bereich der Kunst und Medien (fashion). Mit dem Zerstäuben des Parfüms „Revolte“ ist das Repertoire erschöpft, der „Revolution mit der Maus“ fehlt die reale Konsequenz.

Sie dagegen sehe ich als einen Wisssenschaftler, der konsequent und radikal die Konsequenz aus seinen Einsichten gezogen hat.

Das berührt nun die Frage nach der Rolle von Gewalt für einen „change“.

Ich glaube, dass in Europa da ein anderes, historisch erklärbares Verständnis bei der Beurteilung von Gewalt im Zusammenhang mit Umstürzen und Revolutionen herrscht, als in den USA.

Aktuell wird hier in Deutschland die Frage nach dem Einsatz von Gewalt anhand der Geschichte und Rolle der RAF (Rote- Armee-Fraktion) diskutiert, wofür die Zeit nun nach einem gewissen historischen Abstand reif scheint. Diese „revolutionäre Bewegung“ ist für mich ein Wiederschein und Ausklang des Faschismus in Deutschland, der sich noch einmal in den Söhnen und Töchtern (natürlich in schärfster Feindschaft zu diesen Vätern und deren Faschismus und unter linkem Etikett) wiederholt und in ein amerikanisiertes Wirtschaftswunder-Deutschland entlassen wird, wo er sich auflöst.

Ihr Manifesto hat auch viele Menschen in Europa erreicht und bewegt.

Ich hoffe, dass ein kleiner Hamburger Verlag recht bald eine deutsche Ausgabe herausbringt.

In den Gesprächen bei meiner Reise durch die USA haben meine Gesprächspartner allerdings oft bei der Erwähnung Ihrer Person im Kontext meines Sujets und Interesses oft mit verständnislosen Blicken reagiert und Sie durchaus nicht als Teil des Spiels sehen wollen, sondern lieber als „verrückten Kriminellen“, als „Dr. Seltsam“.

Aber, für mich sind Sie ein Wissenschaftler, der die Konsequenzen aus seinen Erkenntnissen gezogen hat: als Nicht-Verrückter und radikaler Kritiker einer technologischen Entwicklung, die ohne Computer nicht möglich gewesen wäre. Ihre Konsequenz erinnert alle, die vielleicht auch Ihrer Meinung sind, aber nichts tun und schweigen, unangenehm an ihre eigene Inkonsequenz oder Opportunismus.

An einem der wichtigsten Technologiezentren in Deutschland, vergleichbar dem MIT, wurde kürzlich ein Symposion unter dem Titel: „Hat der Computer das Leben verändert“ abgehalten. Die Antworten auf diese Frage „segelten als computeranimierte Papierschiffchen auf einem Wörtermeer: Spielmaterial für das nicht mehr hinterfragbare Gerät (Computer).

Aber das Hinterfragen des Computers, des NET und wie viel Macht, Einfluss und Zugriff diese „Geräte“ auf die Privatsphäre des Einzelnen wie von Gruppen haben, wird immer wichtiger und dringender.

Sie haben das mit Ihren Texten und Aktionen versucht.

Deshalb sind Sie für mich immer wichtiger für dieses Thema geworden.

Ich würde gern Ihre Gedanken und Erkenntnisse dazu anderen Leuten zugänglich machen und zeigen, dass Sie kein Monster sind, sondern ein Intellektueller, Wissenschaftler (stimmt das, betrachten Sie sich noch als Wissenschaftler?) und als ein Mensch, der ein Gesicht hat. Ich bin an Ihrer ganzen Biografie interessiert und nicht nur an den spektakulären Teilen im Zusammenhang mit den Bomben.

Gern würde ich mit Ihnen über die verschiedenen angesprochenen und andere Fragen in einen Gedankenaustausch treten, möchte Sie aber dabei nicht bedrängen sondern die Entscheidung darüber Ihnen überlassen, und auch, das Tempo dabei zu bestimmen.

So interessiert mich u.a. die Frage, inwieweit der „Zeitgeist“ der 50er und 60er Jahre mit dazu beigetragen hat, den Vorlauf für DAS NETZ zu schaffen. Das interessiert mich auch deshalb, weil ich als Nachkriegskind in Deutschland-Ost = russischer Einfluß (ein Teil der Familie lebte in Deutschland-West = amerikanischer Einfluss) ganz konkret mit den Auswirkungen der politischen Entwicklung nach 1945 konfrontiert wurde. Das hat auch meine Biografie und die meiner Familie beeinflußt.

Mich beschäftigt in meiner künstlerischen Arbeit, die auch Dokumentarfilme mit einschließt, schon lange die Frage nach den Zusammenhängen von technischer, wisenschaftlicher und künstlerischer Innovation und deren Konsequenzen.

Das Filmprojekt, von dem ich sprach und mit dem ich mich weiter beschäftige, ist kein journalistisches Fernsehprojekt oder TV-Projekt, wie es in den USA üblich ist, sondern Teil meiner künstlerischen Arbeit.

Ich habe mittlerweile mehr über Sie gelesen (meine Studenten übersetzen gerade das Manifesto und Lydia hat mich auf Joseph Conrad und Ihr Interesse für diesen Schriftsteller hingewiesen). Mich interessiert Ihre Vorstellung von „einem anderen Leben“, und was für Sie Inspiration und Anregung dafür war.

In Eugene habe ich Ihr Foto und die Initialen FC vor allem bei jungen Menschen gesehen, für die Sie eine wichtige Bezugsfigur sind. Das hat mich und meine Frau, die mich begleitet hat, ebenso berührt wie der Besuch in Florence und der Landschaft um das Gefängnis in seinem postmodernen Design, das aus der (zulässigen) Entfernung an einen Entwurf des englischen Architekten Sir Norman Forster erinnerte.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mit diesen Zeilen mein Interesse und meine Sympatie mit Ihnen und Ihren Gedanken besser beschrieben hätte wie zuvor und damit auch Ihr Interesse an einem Gedankenaustausch und Briefkontakt geweckt hätte.

Ich werde versuchen, Ihnen eine englische Ausgabe des Buches von Callum Coats Living Energies - Viktor Schaubergers brilliant work with natural energy explained zu schicken.

Leider ist es aktuell vergriffen und wird erst im Juli wieder verfügbar sein. Ich hoffe, dass Sie das Buch baldmöglichst erreicht und die Materie auch interessiert. Bitte schreiben Sie mir dann kurz, wenn Sie das Buch erhalten haben.

So verbleibe ich mit den besten Wünschen für Sie, wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft, auch im Namen meiner Frau

Beste Grüsse

Lutz Dammbeck


2) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

23.Mai 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

in Ihrem Brief haben Sie behauptet, das ich der sogenannte „Unabomber“ bin. Da ich mich noch in einem offenen Verfahren befand, meinte ich, es sei unklug, mit Ihnen Briefe zu wechseln. Aber jetzt ist mein Prozeß abgeschlossen, und ich kann ohne Risiko mit Ihnen Briefe wechseln.

Ich bin kein Wissenschaftler. Vor dreißig Jahren war ich Mathematiker, aber ich habe den größten Teil von dem, was ich über die Mathematik wusste, vergessen.

Neben der Mathematik habe ich nie viel über die Wissenschaft gewußt.

Absatz 3 (Seiten 1 - 2). Ich habe das Buch von Viktor Schauberger erhalten, und ich habe es durchgesehen. Ich meine, das Viktor Schauberger das sei, was wir auf englisch ein „Crackpot“ nennen. Ein crackpot ist ein Mensch, der unvernünftige Theorien hartnäckig beantwortet.

Absatz 4 (Seite 2). Ich verstehe das, was Oskar Negt sagt, nicht. Die industrielle Produktion beschädigt besorgniserregend die Umwelt und gibt den Arbeitern ein unbefriedigendes Leben, und das kapitalistische Wirtschaftssystem und das marxistische Wirtschaftssystem sind in dieser Hinsicht gleich. Ich meine, dass der Wettkampf zwischen dem Kapitalismus und dem Marxismus nichts gebracht hat.

Absatz 5 (Seite 2).

Ich meine, dass der Begriff einer „Utopie“ wahnsinnig und gefährlich ist. Der Glaube, dass man die menschliche Gesellschaft vernüftig verbessern kann, ist auch sehr gefährlich. Die durch die Technologie verursachten Probleme entstünden auch, wenn es keine utopischen Ideen gegeben hätte. Aber wegen des Irrglaubens, das man die Entwicklung der Gesellschaft vernünftig lenken könnte, ist es sehr schwer, den Widerstand gegen das technologische System zu entfachen.

Das wäre leichter, wenn alle Menschen erkennen würden, das es unmöglich ist, die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu regeln. Man kann die Gesellschaft nicht so einrichten, dass sie nur die gute und nicht die schlechte Technologie einsetzt.


Dien Technologie ist eine ganz eigenwillige und deshalb äußerst gefährliche Macht, die uns dahin führt, wohin sie uns führen muss/will.

Absatz 7 (Seiten 2-3).

Moralische Urteile beruhen nicht auf Tatsachen, sie sind willkürlich. Aber wenn Sie mein eigenes Urteil hören wollen: jeder Wissenschaftler, der in einem offensichtlich gefährlichen Gebiet arbeitet (zum Beispiel in der Computerwissenschaft oder Biotechnologie, und die Biuotechnologie ist der gefährlichste und schrecklichste Teil der modernen Wissenschaft) ist ein Verbrecher der schlechtesten Art. Selbst Hitler oder Stalin wären über einige der neuesten Forschungen entsetzt, denn weder Hitler noch Stalin haben sich so etwas Gefährliches und Schreckliches vorstellen können.

Absatz 9 (Seite 3).

Ich will nicht über mich selbst sprechen. Sprechen wir über die Angelegenheiten, die wichtig sind. Einzelheiten meines Lebens sind nicht wichtig.

Absatz 11 (Seite 4).

Ich weiss nicht genau, was Sie unter einem „Neoludditen“ verstehen. Wenn das ein Mensch ist, der die moderne Zivilisation, oder alle Zivilisation, beseitigen will, dann habe ich Briefe mit manchen Neoludditen gewechselt und ihre Zeitschriften gelesen.

Als Auskunftsquelle sind deren Briefe beinahe nutzlos.

Meine Informationen über diese Bewegungen kommen meistens aus deren Zeitschriften, sind aber sicher ungenügend.

(Wenn Sie mir Nachrichten über diese Leute geben könnten, wäre mir das sehr nützlich). Die Bewegung gegen die Zivilisation ist der Linken zugeneigt und befaßt sich zuviel mit linksgerichteten Sachen, zum Beispiel den Rechten der Frauen, der Homosexuellen, oder der Tiere. Deshalb ist sie nicht sehr wirksam gegen die Technologie. Ich habe gern ELF (Earth Liberation Front), aber die wählen ihre Ziele nicht gut aus.

Ich glaube, dass der Kampf gegen die Globalisierung von den wichtigeren Problemen, die von der modernen Technologie verursacht werden, ablenkt.

Absatz 12 (seite 4).

Die Gewalt ist die höchste Quelle der Macht. Wenn es sich um einen Kampf zwischen zwei unversöhnlichen Wertsystemen handelt - wer auf Gewalt verzichtet, verhängt sich die

Niederlage.Linke und Rechte sind psychologische Typen. Die Fragen, über die sie streiten, wechseln. Aber ihr Typus bleibt gleich.

Absätze 13 und 19 (Seiten 4 und 6). (Die Übersetzung des sogenannten „Manifestes“.) Alle veröffentlichten Versionen des MANIFESTES sind unrichtig, denn sie enthalten viele schwerwiegende Fehler. Wenn sie eine richtige Version des Manifestos bekommen wollen, kann ich sie Ihnen liefern.

Absatz 14 (Seite 5).

Sie sagen, dass mich viele Amerikaner für einen verrückten Verbrecher halten. Ja, das amerikanische Propagandasystem hat seine Arbeit mit Hilfe meiner Anwälte sehr gut gemacht.

Absatz 16 (Seite 5).

Meine Biografie ist unwichtig, und ich will nicht darüber sprechen.

Absatz 16 (Seite 5).

Ja, Sie dürfen mir weiter auf Deutsch schreiben.

Sind Ihre Vorfahren vielleicht aus Polen gekommen?

Ich frage mich ob es möglich ist, das Sie ein entferneter Verwandter von mir sind. Der Name meiner Mutter ist in der englischen Schreibweise „Dombeck“, und man spricht ihn wie „Dammbeck“ aus. Der Name bedeutet „kleine Eiche“.

Hochachtungsvoll,

TK


4) 22.6.2002

Attn.: Theodore Kaczynski

Federal Register Number 04475-046

US Penitentiary, Administrative Maximum

PO Box 8500

Florence, CO 81226 U S A

Sehr geehrter Ted Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 23.Mai 2002, über den ich mich sehr gefreut habe. Ich war überrascht, weil ich nicht mehr mit einer Antwort auf meine Briefe an Sie gerechnet hatte. Noch mehr überrascht war ich über die Frage am Ende Ihres Briefes, ob meine Familie aus Polen kommt. Das hat mich elektrisiert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich mit dieser Frage nicht weiter beschäftigt. Ich war der Meinung, daß die Familie meines Vaters aus Berlin kommt und die Familie meiner Mutter aus Mecklenburg-Vorpommern, das ist in Nord-Ostdeutschland. Ich habe nun eine Tante genauer befragt, die mir sagte, daß die Familie meines Großvaters aus Schlesien kommt. Wo in Schlesien, und wo die Familie vorher gelebt hat, will ich nun unbedingt versuchen rauszufinden.

In welchem Teil Polens hat Ihre Familie gelebt?

Es wäre ja mehr als eine Fügung, wenn es da wirklich verwandschaftliche Zusammenhänge geben würde.

Haben Sie oder Ihre Familie noch Kontakte nach Polen?

Oder sind nach der Einwanderung nach Amerika alle Verbindungen zu den europäischen Wurzeln gekappt worden?

Es gibt noch einen Detail, das die „casa polski“ ergänzt: ich habe am Gymnasium in der DDR 4 Jahre Polnisch gelernt. Das Gymnasium war eine Versuchsschule, wo die Schüler bis zum Abitur eine Schul- und Berufsausbildung absolvierten und spezielle „Sprachklassen“ existierten. Leider habe ich, bis auf einige eher kuriose Vokabeln, fast alles vergessen, weil ich es nicht praktiziert habe. Ich habe zwar während des Studiums und auch danach einige Male Polen besucht (Warschau, Krakau und Lodz), habe aber dort meistens englisch oder deutsch gesprochen.


Vielen Dank für Ihre Antworten auf meinen Brief vom 11. Juni 2002, den ich beim Lesen ein Jahr später doch ein bischen sehr bemüht und gestelzt fand. Ich bemerke nun auch, daß ich versucht habe, Sie möglichst schnell zu einem Interview zu überreden.

Daran habe ich zwar immer noch Interesse, aber meine zwischenzeitlichen Reisen in die USA, viele Gespräche und einiges Nachdenken haben meinen Blickwinkel auf das Thema verändert.

Ich bin mir sicher, daß Sie und Ihr Anliegen langfristig nachhaltiger und essentieller als die Ereignisse des 11.September eine starkere Verstörung der amerikanischen (Technologie-) Gesellschaft provoziert haben. Deshalb auch die starken Abwehrreflexe und das Bemühen, das langsam und ohne adäquate öffentliche Reflexion in Vergessenheit geraten zu lassen. Also, Ihnen keinen Prozess zu gestatten.

Ich hoffe sehr, daß wir über einige interessante Fragen sprechen können.

Wenn Sie gestatten, möchte ich auf Ihre Antworten entsprechend der von Ihnen benutzten Absatzmarkierung eingehen:

Absatz 1 (Seite 1):

Ich habe gelesen, daß Sie Ihre (sehr gut bewertete und preisgekrönte) Abschlussarbeit/ Dissertation zum Thema „Grenzfunktionen der Mathematik“ geschrieben haben. Als ich mich mit der Wissenschaftsauffassung des „Wiener Kreis“ und vor allem mit der Auswirkung von Logik und Mathematik auf Ästhetik und die Kunst, speziell Musik, ein bischen beschäftigt habe, bin ich auch auf Fritz Gödel und seine „Unvollständigkeitssätze“ gestoßen.

Das hat mich fasziniert, ohne viel von Mathematik zu verstehen. Weil diese kleine undichte Stelle im Fundament des mächtigen Gebäudes der rationalen, logikbasierten wissenschaftlichen Weltauffassung zu zeigen scheint, daß dieses Gebäude „wackelig“ ist - und einstürzen kann.

Und es schließt sich die Frage an, ob es verantwortungsvoll ist, auf so einem „wackeligen“ Fundament technologische Systeme zu etablieren und ins Unendliche wachsen zu lassen, die so tief und wirkungsvoll in das bisherige Gefüge von Natur und Menschen eingreifen. (Ich habe eine Seite beigelegt, die das etwas ausführlicher formuliert, eventuelle Fehler eines mathematischen Laien bitte ich zu entschuldigen).

Und ich dachte mir, ob Sie nicht auch durch Ihre mathematischen Fachkenntnisse mehr über die eventuellen Risiken einer Technik informiert waren, die ohne Logik und Mathematik nicht entwickelbar gewesen wäre.

Meine Fragen:

Sind meine Vermutungen diesbezüglich richtig?

Was gab den Anstoß und war ausschlaggebend, daß sich Ihre Sicht auf Gefahren der Technologie entwickelte, was waren konkrete Beispiele?

Ist Ihre Abschlußarbeit in Ihrem Archiv in der Universität Michigan einsehbar? Oder die anderen in mathematischen Fachzeitschriften von Ihnen veröffentlichten wissenschaftlichen Beiträge?

Hat Ihnen die Mathematik mal Spaß oder Vergnügen gemacht? Das Arbeiten mit Zahlen, mit Empirie und der Abstraktion von Vorgängen?

Mir ist die Vorstellungswelt eines Mathematikers ein großes Rätsel, ich selbst denke in Bildern. Wie stellt sich ein Mathematiker etwas vor? „Sieht“ er etwas? Sind Bilder wichtig, um etwas „verständlich“ zu machen? Es gibt das Diktum von Niels Bohr gegen Bilder in der Physik, aber auch Zeichnungen von Richard Schrödiger, das z.B. Teilchen eine Welle machen. Aber vielleicht interessiert Sie das ja gar nicht mehr, weil Sie mir schrieben, Sie hätten heute das, was Sie mal davon (von der Mathematik) wußten, ganz vergessen. Ich selbst stelle mir das wie mit der Kunst vor: wenn man so etwas Extremes (Kunst oder Mathematik) als Metier wählt, bleibt immer eine Nabelschnur erhalten. Prägt so eine intensive Beschäftigung und so ein intensives Training im Denken und wissenschaftlichen Arbeiten nicht für lange Zeit, wenn nicht für immer?

Absatz 3 (Seiten 1-2):

Viktor Schauberger. Ich bin auf Schauberger durch eine als Buch veröffentlichte Abschlußarbeit der Fakultät Technische Mathematik an der Universität Wien gestoßen, in dem der Autor „...die Verbindung der Spiralkurven Schaubergers zu den harmonikalen Grundlagen, die in der Musik (Harmonik, Obertonreihe) am deutlichsten erkannt werden können...“ reflektiert und nachweist.

Gegen Ihre Klassizifierung als „crackpot“ spricht nun, daß Schauberger nicht nur im Bereich Obskurantismus und Esoterik Anhänger hat, seltsamerweise aber auch bei studierten Physikern und Mathematikern.

Das ist vielleicht das gleiche Phänomen wie „Esalen“ in den 70er Jahren? Diese Mischung aus Esoterik, Spiritualität, Computerwissenschaft und Neurophysiologie: Gregory Bateson, Heinz von Foerster, Buckminster Fuller, Magret Mead und John Lilly?

Absatz 4 (Seite 2):

Der Kampf zwischen Kommunismus und Kapitalismus (ich sehe wie Sie viele Momente, wo die beiden „feindlichen“ Systeme gleiche Wurzeln und Erscheinungsformen hatten) ist entschieden, es gibt auf absehbare Zeit nur ein Weltsystem: den Geldmarktkapitalismus, der von den USA dominiert wird.

Ich glaube, Oskar Negt meint, daß der Kapitalismus selbst an seiner Abschaffung arbeitet, und daß intelligente Kapitalisten das auch wissen. Weil durch die Globalisierung und immer weiter fortschreitende Miniaturisierung die Arbeiter gänzlich rausgeschmissen werden aus dem ökonomischen Kreislauf (das geht Hand in Hand mit den Thesen von Soziologen/ Philosophen wie Niklas Luhmann, der das „Verschwinden des Subjekts“ proklamiert, das ist natürlich schrecklich: praktisch aus der Firma entlassen und theoretisch als gegenstandslos erklärt) - und weil durch diese Globalisierung immer mehr die Erde/die Natur zerstört wird. Die Globalisierung zerstört auch den Nationalstaat, schafft Regierungen ab, hebt Grenzen und Begrenzungen auf, zerstört nationale Eigenheiten, Traditionen und Wurzeln - und zerstört letztlich auch den Kapitalismus und seine Grundlagen.

Diese selbstzerstörerische Entwicklung ist eine fast poetische Metapher: auch jede Zelle hat ein Todesprogramm = Apoplexie, so wie jedes Datenpaket ein Selbstzerstörungsprogramm inplantiert bekommt.

Sie schreiben auf Seite 3, am Ende von Absatz 11 (Seite 4), daß

„...der Kampf gegen die Globalisierung die Aufmerksamkeit (Achtung) von dem wichtigeren Problem der Technologie ablenkt“. Aber ist nicht Technologie ein (wichtiger) Teil und Antrieb für die Globalisierung? Technologie also nur Werkzeug (tool) für ein Konzept (Globalisierung), um, ja was, Profit zu machen?

Das alles kann man bei Marx sehr schön in seinen Grundrissen der Politischen Ökonomie nachlesen, aber das ist natürlich (wie in jeder „Bibel“) Auslegungs- und Interpretationssache.

Ich bin kein Philosoph oder Soziologe und muß mit verschiedenen Fragen zu den „Schriftgelehrten“ gehen, um mir einiges erklären zu lassen. Allerdings, und kurioserweise: trotz der Drangsalierung mit Marx in der DDR bin ich in letzter Zeit doch wieder zu Marx zurückgekehrt, weil es bei Ihm Erklärungen für die Phänomene der Informations- und Computergesellschaft gibt, die ich woanders nicht gefunden habe.

Es ist doch immer noch der alte gewöhnliche Kapitalismus und die unveränderte Frage, ob er abgeschafft oder reformiert werden soll. Das hat heute meines Erachtens mit „links“ oder „rechts“ nichts zu tun.

Aber hier wären wir dann schon bei der Frage der Gewalt oder dem Thema „Neo-Ludditen“ oder „Neo-Primitivisten“.

Absatz 5 (Seite 2):

Mit Aufklärung „Enlightenment“ meinte ich das, was die „wissenschaftliche Weltauffassung“ vorbereitet hat, deren Anhänger dann im 19.Jahrhundert als Physiker, Mathematiker und Philosophen ein Feld aufgespannt haben, aus dem heraus dann nach dem 2. Weltkrieg all jene Erfindungen und Forschungen kamen, die der heutigen Technologisierung die entscheidende Beschleunigung ermöglichten. Ohne Mathematik, logischen Empirismus und „Enlightenment“ wären die Visionen, Theorien und fundamental neue Technologien nicht möglich gewesen, die seit 1940 für die nächsten Jahrzehnte (und wahrscheinlich auch die nächsten Jahrzehnte) die Fragestellungen dominieren und prägen werden.

Für mich sind es vor allem drei Wissenschaftler, deren Arbeiten die Fundamente für dieses erwähnte „Feld“ legen.

Norbert Wiener mit seiner Forschung in der Kybernetik, Steuerungs- und Regelungstechnik John von Neumann im Bereich der Entwicklung von Computer-Maschinen, deren Architektur und Design, AI, Kybernetik, Kognitionswissenschaften und Systhemtheorie Warren McCulloch im Bereich der Neurowissenschaften, bei der Verbindung von Logik,

Gehirn und neuronalem Netzwerk.

Sehr interessant und provozierend finde ich Ihre Bemerkung, daß der Begriff „einer Utopie wahnsinnig und gefährlich sei“. Wieso? Es gibt doch auch positive Utopien? Ich kann mir schwer vorstellen, wie Menschen ohne Utopien (oder Ideale) überleben können. Allerdings ist die Hoffnung, daß die Technologie neue Ideale und Utopien hervorbringen wird, wohl schon zerstört.

Auch die Hoffnung, daß die Technologie an die Stelle der alten und säkularisierten Religionen tritt.

Aber was soll an diese Stelle treten? Etwas Retrospektives, aus dem Fundus der ReligionsGeistes- oder Kunstgeschichte?

Was könnte also nach dem „Widerstand gegen das Technologische“ kommen? Und, was können wir tun, wenn es keine Möglichkeiten gibt, die Entwicklung der Gesellschaft vernünftig zu lenken? Zurück?

Zurück zum Primitivismus, wie John Zerzan empfielt?

Aber, selbst wenn der Rückbau der Technologie gelingt, auf welchen Fundamenten und Essentials in Moral, Philosophie, Kunst und Wissenschaft (was soll davon einbezogen werden? Ist die Wissenschaft für Sie verzichtbar?) soll diese andere Gesellschaft ruhen? Vernunft scheidet aus? Rückgängig machen der Aufklärung (Führen Sie den „falschen Glauben, daß man die Gesellschaft vernünftig lenken könne“, auch auf die Mechanismen zurück, die Jaques Ellul u.a. in „Propaganda“ analysiert hat?

Absatz 7 (Seiten 2-3):

Was sind für Sie „Tatsachen“? Könnten Sie mir das noch genauer definieren, was Sie damit meinen? Durch Beobachtung gewonnenen Daten? Durch mathematische Berechnung gewonnene Erkenntnisse? Durch Experimente bestätigte Vorhersagen?

Moral = Gefühl? Wissenschaft = Tatsachen? Berührt das für Sie den Bereich Metaphysik - Anti-Metaphysik? Den des (religiösen) Glaubens?


-7-

Absatz 11 (Seiten 4):

Es gibt eine Reihe von interessanten Texten zu diesem Thema, die z.T. auch auf Sie und Ihr Manifesto Bezug nehmen, z.B. von KIRKPATRICK SALE. Oder die einfach sehr interessant sind wie der Text Is It O.K. To Be A Luddite? von Thomas Pynchon aus dem Jahr 1984. Oder ein Essay von Raymond Kurzweil The Law of Accelerating Returns, in dem er, größtenteils kritisch, aber auch zustimmend, auf Sie Bezug nimmt und Ihr Manifesto zitiert. Ich würde Ihnen diese Texte sehr gern schicken. Ist es erlaubt, Ihnen solche Texte als Kopie zu schicken?

Die erwähnten Neo-Ludditen oder Neo-Promitivisten sind aus meiner Sicht kleine Gruppen, eine Subkultur mit Propheten wie Hakim Bey aus New York, und europäischen Adepten und Ablegern wie Luther Blisset in Italien und Deutschland.

Die Aktivitäten aber meistens auf das Agieren im Internet und an Universitäten beschränkt. Es stimmt, daß die meisten dieser Gruppen einen neo-marxistischen Kern haben und altlinke Positionen versuchen, in der Etappe (ein Begriff aus dem Krieg, meint, nicht direkt an der Frontlinie) zu „überwintern“.

Die Aktionen erzielen noch weniger Wirkung als „monkeywrenching“, eher vergleichbar mit der Figur in einem Charly Chaplin Film, der den Schraubenschlüssel in eine riesige Maschine wirft.

Absatz 12 (Seite 4):

Die Frage der Gewalt ist eine ganz besonders wichtige Frage, eine- Schlüsselfrage, da stimme ich Ihnen zu. Künstler haben, in Texten, Filmen, Kunstwerken aller Art immer auch Gewalt propagiert, aber als sublime, ästhetische Dimension.

Es galt die Verabredung, dabei niemals die Grenze zwischen IMAGINATION und TAT zu überschreiten. Diese Grenzüberschreitung in praxi wurde und wird bestraft.

In der sozialistischen Diktatur und der westlichen Demokratie, die ich beide bis jetzt kennenlernte, lag und liegt das Gewaltmonopol beim Staat.

Es ist ein wichtiger und sensibler Bereich, und ich fühle mich im Moment Ihnen gegenüber noch nicht berechtigt, dazu direkte Fragen zu stellen.

Ohne auszuweichen, möchte ich aber aus einem Gespräch zitieren, das ich eine Woche nach


dem Anschlag am 11.11. in New York mit einem Hamburger Philosophen führte. Seine politische Einstellung ist „antikapitalistisch & pro nationalistisch & pro-Technologie“.

Vor seinen Aussagen steht ein O, vor meinen Fragen ein D:

„O: Also das Welthandelszentrum stand wirklich in der Mitte von Manhattan und New York und war auch wirklich ein wichtiges Zentrum und stand in gewisser Weise als Zeichen für ein Weltsystem. Das haben die Attentäter angegriffen und zerstört, und damit die Wahrheit des Zeichens zerstört.

D: Die haben, frei nach Karl Marx, die „Naturalform“ angegriffen, die „Verkehrsform“ aber nicht...

O: Die haben ja nicht alle Handelszentren zerstört und auch nicht den Welthandel zerstört, sondern ein paar Firmen ausgelöscht, deren Daten jetzt zerstört wurden, von denen aber Kopien auf irgendwelchen Servern liegen. Aber ein System wurde ins Zentrum getroffen, ein Wahrzeichen dieses Systems wurde materiell zerstört. Die Twin Towers sind die „Naturalform“. Daß da finanzielle Transaktionen gemacht werden und Werte getauscht werden, das ist die „Verkehrsform“. Und die kann man materiell nicht treffen, die kann man nur gedanklich treffen, weil man, Marx sagt so schön: „So fadenscheinig das Tuch auch ist, es ist eben jetzt ein Gebrauchswert der etwas abgeschlissen ist, aber ich kann immer noch drin keinen Tauschwert erkennen.“

D: Und wie trifft man die „Verkehrsform“, was hätte z.B. der Unabomber angreifen sollen?

O: Die „Verkehrsform“ sieht man nicht, das ist eine Gedankenform.

D: Ja, wie greift man die an?

O: Nicht mit Terror, das wäre falsch. Terror, oder materielle Gewalt, die auf „Naturalformen“ zielt, ist die falsche Kampfform. Deswegen ist es effektiver, die

„Verkehrsform“, also die Gedankenform, so anzugreifen, daß sie aufgehoben wird. Der Gedanke ist ja unzerstörbar, man kann ihn nur in einem höheren, komplexeren Gedanken aufheben, also außer Gültigkeit setzen. Aber natürlich auch sein Recht anerkennen und ihn auch bewahren, das heißt „aufheben“ ja auch. Also es ist diese dialektische Kategorie...und dieses ist nur gedanklich. Also das ist meines Erachtens eine wichtigere Bombe und hat größere Zerstörungskraft, auf lange Sicht, als reale Bombenexplosionen.

D: Wenn aber nun der Angriff auf die „Naturalform“ einen gedanklichen Prozeß in Gang setzt, der auf lange Sicht die „Verkehrsform“ angreift, kann nicht das nicht genau so richtig sein? Ist es nicht viel eindrücklicher, die Bilder von den Attentaten zu sehen, die Gedanken oder Kommentare auszulösen darüber, ob nicht Entwicklungen, zum Beispiel die der Technologie, in die falsche Richtung laufen? Ist das, unter Einbeziehung der durch die Medien multiplizierten Aufmerksamkeit, nicht wirkungsmächtiger als nur ein Text, oder ein Gedanke?

O: Ich find es einfach grausam, die „Naturalform“ anzugreifen. Es ist Zerstörung, es Brutalität. Wirklich geistige Wesen können sich solche Grausamkeiten sparen, und ich würde es auch meinen Gegnern ersparen, deshalb würde ich das auch nie anwenden.

D: Aber wie verschärft man der Klassenkampf so, daß eine neue, nachkapitalistische Gesellschaft erreicht wird? Wie soll die notwendige Umverteilung zustande kommen? Wie schafft man den computerisierten Kapitalismus ab, der massenhaft Menschen freisetzt, die nicht mehr im Arbeitsprozess benötigt werden?

O: Das ist genau die Frage: was macht man mit der industriellen Reservearmee, mit den Millionen Rentnern, mit den Arbeitslosen, mit den viel zu lange im Bildungssystem gehaltenen Jugendlichen, die man auch von der produktiven Tätigkeit fernhält. Jede Machtfrage entscheidet sich daran, ob man das Volk an die Arbeit bringt. Und eine größere Menge als vorher...“

Vielen Dank für Ihr Angebot. Bitte schicken Sie mir unbedingt eine authentische Version des Manifesto.

Gibt es auch eine Fassung in deutscher Sprache? Ein kleiner Verlag in Berlin wollte dieses Jahr eine deutsche Version veröffentlichen, hat das aber, aus mir unbekannten Gründen, wieder zurückgezogen.

Ich schrieb Ihnen in einem früheren Brief, daß ich mit zwei Studenten meiner Klasse angefangen hatte, eine Manifesto - Version (Jolly Roger Press 1995) zu übersetzen. Wir sind aber an einigen Begriffen und Wendungen gescheitert. Ich denke, daß der Text komplexer ist als unsere bisherige Übersetzung. Eine von Ihnen autorisierte Version zu erhalten, wäre deshalb eine ganz wichtige Sache.

Ihnen in deutscher Sprache schreiben zu können, erleichert mir natürlich, meine Gedanken und Fragen zu formulieren.

Ich habe in den letzten Monaten versucht, mein Englisch zu verbessern, aber ich merke immer wieder, daß ich „in Deutsch denke“. Das ist natürlich für den Lernprozess nicht förderlich.

Sie aber schreiben und formulieren erstaunlich gut in deutscher Sprache. Wo haben Sie so gut Deutsch gelernt? Haben Sie in der Familie auch Deutsch gesprochen? Oder hängt es vielleicht damit zusammen, daß zur Zeit Ihres Studiums in Harvard viele Lehrbücher der Mathematik, Physik oder Geometrie in deutscher Sprache verfaßt waren? Haben Sie gar einmal selbst Deutschland besucht? Das alles interessiert mich sehr.

Natürlich merkt man, daß es Ihre Zweitsprache ist. Ich vermute, daß sich trotz Ihrer guten Kenntnisse einige kleine Unklarheiten einschleichen. Vielleicht ist es nicht nur sicherer sondern auch interessant, mit 2 Fassungen zu arbeiten? Eine in deutsch und eine in englischer Sprache? So könnte ich auch mein Englisch verbessern. Ich schicke Ihnen also ein paar Tage später eine englische Übersetzung dieses Briefes, die ich mir von einer in Hamburg lebenden Engländerin übersetzen lassen werde.

Ich fühle mich ein bischen hilflos bei dem Versuch, Ihnen etwas Vernünftiges zu schreiben. Weil ich Ihre Situation nicht nachvollziehen, oder auch nur im Entferntesten vorstellen kann. Das einzige, was ich über das Leben im Gefängnis weiß, sind die Erzählungen eines Freundes, der in der DDR wegen des Versuchs, die Grenzanlagen zu überwinden, 4 Jahre im Zuchthaus gesessen hat.

Ich habe das Gefängnis in Florence bei einem Besuch letzten Jahres von außen gesehen.

Ich habe aber keine Vorstellung, wie es Ihnen da drinnen geht.

Oder gar davon, was Sie wirklich interessiert bzw. womit Sie gänzlich abgeschlossen haben. Obwohl einiges davon sicher ungemein interessant wäre, zu erfahren. Sie haben Ihr Werk vollbracht, einiges davon ist dokumentiert, in verschiedener Qualität, einiges (oder vieles) ist noch unbekannt.

Ich habe das Gefühl, daß mich und meine eigene Arbeit dieses Werk tangiert und würde gern herausfinden, warum. Natürlich wäre für mich auch Ihre Vorstellung interessant, weshalb ich Ihnen schreibe oder was mich interessiert, Ihnen so ausführlich zu schreiben.

Ich hoffe, mit meinem Brief nicht an Ihrer Situation vorbeigeredet zu haben. Mehr wie ein Versuch, mich tastend vorwärts zu bewegen, ist es sicher nicht. Gibt es etwas, was Ihnen Freude machen würde und Sie interessiert, und das ich Ihnen schicken kann?

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in Kontakt blieben, und Sie mir wieder antworten würden.

Mit besten Grüßen

Hochachtungsvoll

Lutz Dammbeck


3) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

23.Juli 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

in Ihrem letzten Brief haben Sie mir soviele Fragen gestellt, dass ich nicht alle derselben in diesem Brief beantworten kann. Aber ich werde versuchen, etliche zu beantworten.

Die Familie meiner Mutter kam aus Galicien gekommen. Ich weiß nicht, wie man „Galicia“ auf deutsch schreibe, aber sie ist die Provinz Polens, in der Krakau liegt. Ich glaube, dass meine Großeltern neben dem Carpathian (karpatischen?) Gebirge gewohnt haben. Daher sind sie in die Vereinigten Staaten eingewandert.

Meines Vaters Eltern sind aus dem damals von Rußland beherrschten Teil Polens gekommen. Wahrscheinlich haben nicht sehr weit entfernt von Warschau gewohnt. Ich glaube, daß meines Vaters Eltern einige Verbindungen mit ihren Verwandten in Polen erhalten haben, aber sie sind gestorben, und meine Eltern haben vor langer Zeit alle derartigen Verbindungen verlassen. Meine Eltern haben vor langer Zeit alle Verbindungen dahin aufgelöst.

Ich habe nie solche Verbindungen gehabt.

Der von Ihnen in Ihrem Brief erläuterte Ursprung Ihres Namens zeigt, dass die Ähnlichkeit mit dem Familiennamen meiner Mutter nur zufällig sei. Deshalb gibt es keinen Grund anzunehmen, daß unserer unsere Familien verwandt seien.

Ihre Idee, daß die Struktur der Wissenschaft und Mathematik wegen des Satzes von Gödel wackelig sei, ist irrig. Gödels Satz sagt nur, dass es einige Probleme in der Mathematik gibt, die niemals gelöst werden können. Es sagt gar nicht, dass man die Richtigkeit der Auflösungen der bereits gelösten Probleme der Mathematik bezweifeln solle.

(Übrigens haben Sie Gödel „Fritz Gödel“ genannt. er heißt gewöhnlich „Kurt Gödel“. Hat er vielleicht zwei Vorm Vornamen?)

Um eine andere Ihrer Fragen zu beantworten. Ja, es gab vor fünfzig Jahren in den USA einen vorbehaltlosen Glauben an die Wissenschaft und die Technologie.


Auf Seite 4 und 5 Ihres Briefes deuten Sie an, dass das wirkliche Problem nicht die Technologie sei, sondern die Globalisierung (des Kapitalismus).

Aber was meinen Sie mit dem Wort „Globalisierung“?

Sie verwenden es so, als ob Globalisierung und Technologie identisch wären. Zum Beispiel schreiben Sie, dass „durch diese Globalisierung die Natur immer mehr zerstört wird“. Aber die Technologie bedarf nicht der Globalisierung, um die Erde zu zerstören. Die Technologie hat schon vor sehr langer Zeit angefangen, die Erde zu zerstören und würde damit fortfahren, selbst wenn das nicht global sondern in jedem Land der Erde isoliert voneinander geschehen würde. Die Globalisierung beschleunigt ein wenig den Zerstörungsprozeß, aber das ist alles.

Also kann ich Ihre Fragen über die Globalisierung nicht beantworten, wenn Sie mir den Sinn, in dem Sie das Wort „Globalisierung“ benützen, nicht genau erklären.

Sie müßten mir auch den Sinn genau erklären, in dem Sie das Wort „Kapitalismus“ benützen. Glauben Sie, dass das Kapitalismus in der ehemaligen Sowjetunion existiert habe? Oder hat die Technologie ohne Kapitalismus in der Sowjetunion existiert? War die in der Sowjetuniuon existierende Technologie weniger übel, als die Technologie der kapitalistischen Länder?

Im letzten Absatz auf Seite 6 Ihres Briefes stellen Sie mehrere interessante Fragen.

Als ich Ihnen schrieb, dass der Begriff einer Utopie wahnsinnig und gefährlich ist, meinte ich nicht, dass alle Ideale wahnsinnig und gefährlich seien. Das, was wahnsinnig und gefährlich ist, ist der Glaube, daß man eine Gesellschaft nach einem bestimmten idealen Muster erschaffen könne. Und selbst wenn es möglich wäre, eine Utopie zu schaffen, doch wäre die Schaffung davon eine eigennützige und sogar totalitäre Tat.

Sie haben zweifellos Ihre eigenen Vorstellungen von einer Utopie.

Ein anderer Mensch hat andere Vorstellungen, was eine Utopie ist, die sehr verschieden von der Ihrigen sein kann. Vielleicht wäre seine Utopie für Sie eine Hölle, wie die Ihrige ebenso für ihn. Würde es Ihnen gefallen, dass er Ihnen seine Utopie auferlegt?

Haben Sie das Recht, ihm Ihre Utopie aufzuerlegen?

Ich würde gern über diese und andere Ihrer Fragen mehr schreiben, und ich wollte Ihnen über die deutsche Sprache und besonders über die deutsche Wortfolge einige Fragen stellen, aber einige schwerwiegende Probleme sind aufgetaucht über die ich mir viel Sorgen machen mache. Deshalb muss ich diesen Brief hier beenden. Später werde ich Ihnen mehr schreiben.

Inzwischen haben Sie am Ende Ihres Briefes angeboten, mir etwas zu schicken, was mir Freude macht.

Dieses Angebot nehme ich gerne an. Mein deutsches Wörterbuch ist klein, schlecht und zerlumpt. Es würde mir Freude machen, ein gutes deutsch-englisches Wörterbuch zu erhalten. Aber, wenn Sie mir ein Wörterbuch schicken, dessen Einband steif oder hart ist, müssen Sie den Einband beiseiteschaffen, denn die Regeln dieses Gefängnisses verbieten, dass die Gefangenen Bücher erhielten, deren Einband hart ist.

(Auf englisch: If you send me a hardcover dictionary, you must remove the cover, for the rules of this prison prohibit inmates from receiving hardcover books.)

Entschuldigen Sie bitte, daß ich an diesem Brief nicht sorgfältig geschrieben habe. Ich bin in Eile wegen der obenerwähnten Probleme.

Ihr ergebener Ted Kaczynski

23 Juli 2002

5) 15. August 2002

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 23.Juli 2002.

Ich hoffe und wünsche Ihnen, dass die schwerwiegenden Probleme, die Sie am Ende Ihres Briefes erwähnen und die Ihnen Sorgen machen, lösbar sind.

Ja, ich hatte Ihnen eine Menge Fragen gestellt und bin auf Ihre Antworten gespannt. Während ich das schreibe, sitze ich am Fenster, höre den Wetterbericht im Radio, der von sintflutartigen Regenfällen spricht, die weite Teile Deutschlands, aber auch Böhmens und des Balkans verwüsten. Meine Hochschule in Dresden (liegt an der Elbe, die von Böhmen her kommt) ist vom Wasser eingeschlossen, das Telefon ist in weiten Teilen der Stadt ausgefallen und der Bahnhof und die Brücken sind geschlossen.

In Hamburg warten wir nun, dass die Flutwelle aus Dresden in ein paar Tagen hier eintrifft. Nun ist die Diskussion im Gange, ob diese Unwetter nicht das Resultat einer Klimaerwärmung sind, verursacht durch den CO2 Ausstoß und Raubbau an der Natur. Ein Professor fordert gerade im Radio „ eine zweite technische Revolution“ und dass „kreative Wissenschaftler und Ingenieure neue Visionen für neue Energieformen entwickeln müssen“. Irritierend ist nur, daß früher viel furchtbarere Hochwasserkatastrophen (1342 am Rhein) stattfanden, da gab es noch keinen Treibhauseffekt.

Aber zu Ihrem Brief. Ihre Mutter kommt aus Galizien, wenn die Information mit Schlesien stimmt, liegen diese Gebiete wirklich weit auseinander. Eine direkte Verwandschaft ist dann eher unwahrscheinlich, ich will aber noch Recherchen einer Tante zur Herkunft der Familie meines Vaters abwarten.

Ihre Replik auf meine Frage zu „Gödels Satz“ hat mich noch nicht ganz überzeugt. Um besser zu erklären, was ich meine, habe ich mal eine Seite beigelegt. Da habe ich Informationen aus verschiedenen Publikationen zusammengefaßt und „collagiert“. Ich bin kein Mathematiker oder Wissenschaftler wie Sie, aber als Künstler würde ich (so ich ein System für meine Kunst gefunden hätte) verrückt werden, wenn ich nicht (wie in einem Bild oder einer Installtion oder einem Film) jedes Detail einer Form oder eines Inhalt dementsprechend „geklärt“ hätte. Natürlich gelingt das nie, aber gerade diese „Unvollkommenheiten“ sind dann das Interessante, Rätselhafte, Geheimnisvolle, was Kunst ausmacht.

Naiverweise denke ich, daß es in der Wissenschaft bzw. in der Mathematik aber darum geht, alles zu klären, nichts „Unerklärliches“ stehenzulassen. Denn sonst wäre es ja in der Wissenschaft ähnlich wie in der Kunst = man benutzt Fakten, Ergebnisse von Empirie und eigenen Erlebnissen für eine Erfindung, für Imaginationen, erfindet damit eine Geschichte.

Ich habe das diffuse Gefühl, Sie verteidigen die Wissenschaft und die Mathematik gegen diese Art von „Unklarheit“. Wenn das so ist, fehlt mir das „link“ zu Ihrer fundamentalen Kritik einer industriellen Gesellschaft, deren Technologien doch wesentlich auf Gesetzen der Mathematik/Physik basieren.

Und gerade dieses „über die missing links im Theoriegebäude hinweggehen“ der Wissenschaftler/Positivisten/Materialisten scheint mir ein gravierendes Problem mit noch nicht absehbaren Folgen.

Oder kann man prima forschen, entwickeln und leben mit einem löcherigen Theoriegebäude?

Wie kann man überhaupt Wissenschaft und Technologie getrennt voneinander reflektieren? Gute Wissenschaft - böse Technologie?

Die Technologie ist doch nur die Materialisierung wissenschaftlicher Ideen in Form von Werkzeugen, tools? Und ist doch unauflösbar mit Wissen- schaft gekoppelt? Mit anderen Worten: ist nicht eher die Wissenschaft „schuldig“ und deren Weltbilder und Ethik? Und die Technologie also eher „unschuldig“? Wie ein Kind, dem nur der rechte Weg gewissen werden muß? (z.B. zu erneuerbaren, Natursysteme kopierenden Umwelttechno- logien, die verbrauchte Energie in einem Kreislaufsystem wieder zurückführen).

Und hier ist vielleicht Gelegenheit, Sie um Ihre Definition von „Technologie“ zu bitten. Was meinen Sie mit „Technologie“? Gehörte der Faustkeil auch dazu? Hatte dessen Gebrauch auch die von Ihnen erwähnten zerstörerischen Wirkungen? Wo ist für Sie der „Anfang“, wo Technologie beginnt, die Erde zu zerstören?

Mit „Fritz“ Gödel haben Sie natürlich recht. Das habe ich erst gemerkt, als der Brief schon weg war und hab mich ein bischen gefuchst (das meint: geärgert).

Ihre Frage nach „Globalisierung“ ist nicht leicht zu beantworten.

Je nach Verortung im politischen Spektrum fallen die Definitionen verschieden aus. Ich würde erst einmal „Welt“ und „Globalität“ unterscheiden wollen. Ein ausdifferenzierter Weltmarkt, zum Beispiel, ist an Nationalökonomien gebunden, die souverän transagieren können. Gegeneinander, aber auch miteinander in ihrer Außenhandelspolitik. Oder zur „Welt“ gehören auch Individuen mit allen ihren Rechten. Und wenn man dieses negiert und einen „Einheitsmarkt“ macht, einen weltweiten, dann hat man „Globalismus“ oder „Globalisierung“.

Das ist weltweiter Einheitsmark, auf dem Waren, Ideen und Meinungen gehandelt werden und der nach „Marktgesetzen“ funktioniert.

Und auf dem z.B. standardisierte Lebensformen in jeden Winkel der Welt getragen werden. Diese Globalisierung ist zugleich die Negation von „Welt“.

Vorausetzung, damit das funktioniert, sind weltweit agierende Funktionssysteme, die zunehmend digitalisiert sind, und in allen wichtigen Bereichen Anwendung finden. Und deren Grundlage sind wiederum Rechenmaschinen und deren Zeichenproduktion- und Verarbeitung.

Diese Automatisierung verlagert die Grenze des Gemeinwesens in den Menschen selbst hinein. Damit sich das entwickeln konnte, war die Entwicklung von bestimmten

Theoriemodellen und der dazugehörigen Technologie/Maschinen nötig, ich würde das als „Denken und Sprache der Moderne“ bezeichnen.

Dazu gehört sicher auch das Aufkommen der „Rollentheorie“ in der Soziologie in den 50er Jahren in Amerika. Die beschreibt ja nichts anderes, als das sich die Gesellschaft ins Individium hineinverlegt.

Und die Gegenbewegung sind dann die „Integristen“, heute ein ideologisches Schimpfwort. Die wollen kein gespaltenes Bewußtsein, keine Ängste durch die Androhung der Auslöschung der Realität, oder daß die Leute getrennt werden von der Realität, von der Leiblichkeit usw...

Wenn jemand sagt, wie der deutsche Soziologe Niklas Luhmann, „das Subjekt brauchen wir doch nicht mehr“, ist das nicht eine Kriegserklärung? Oder zu sagen, wir nehmen nur noch die Form (Laws of Form, George Spencer Brown) oder wir formalisieren Sprache, damit die Maschinen damit arbeiten können.

Heißt das nicht, seinem Gegenüber zu sagen: Subjektivität brauchen wir nicht mehr, Du bist völlig überflüssig, ich werde Dich im nächsten Moment annulieren als Datenmüll, als Umweltverschmutzung! Das klingt alles sehr theoretisch, ist aber vielleicht ganz gut, um sich über die Begriffe und deren Interpretationen zu verständigen.

Kapitalismus würde ich als System bezeichnen, das durch Begriffe wie Kapital, Arbeiter, Maschinen, Markt, Mehrwert, Akkumulation definiert ist.

Die Beziehungen dieser Begriffe (und der Personen, materiellen wie geistigen Dinge, die dadurch bezeichnet werden, dazu gehören auch Wissenschaftler und wissenschaftliche Ideen) zueinander werden durch die ökonom. Gesetze des Kapitalismus definiert und sind denen unterworfen. Wie gesagt, das betrifft die Ökonomie, dazu kommen natürlich noch psychologische-psychische oder transzendale Aspekte, die das Ganze zu

einem ziemlich komplizierten Gewebe machen, weil es vielerlei Verbindungen und Bezüglichkeiten und gegenseitige Beeinflussungen gibt.

Ein wichtiger Begriff des Systems Kapitalismus ist das KAPITAL.

Die Erfindung des Kapitals und der Kapitalfunktion des Geldes (durch Marx) war sicher eine Revolution. Profit ist der Motor für die Entwicklung- und der Bereicherungstrieb. Bei Marx wird das etwa so beschrieben: die ersten Entdecker einer Sache, die Unternehmer, die das Neue wagen, gehen meistens pleite.

Die sind genial, wie zum Beispiel Konrad Zuse, der ist immer wieder pleite gegangen, nach dem Krieg mit seinen Computerfabriken.

Aber er war wirklich einer der Erfinder der programmierbaren Rechenmaschine. Und erst diejenigen, die dann seine Erfindungen billig aufkauften und rationalisierten, und kapitalistische kaufmännische Techniken zur Anwendung brachten, und auf diese neue Technik setzten, natürlich, die machten dann den großen Profit. Und dann entsteht eine ganze Welle, und die bricht sich irgendwann. Wie zur Zeit zu beobachten.

Es gibt also in Schüben eine neue Technologie und dafür einen neuen Markt, aber alles ist und bleibt Teil des ganz gewöhnlichen Kapitalismus und ist dem Wesen und den Mechanismen der Marktgesetze unterworfen. Ob biologisch, digital, analog: wenn so ein Produkt auf dem Markt ist gilt das Marktgesetz mit allen Konsequenzen, und wenn es nur Bruchteile von Pfennigen sind, die da an Wert gebildet und übertragen werden (kompensiert eventuell durch die Massenhaftigkeit).

Ich finde, da hat Marx recht.

Kapitalismus hat es in der Sowjetunion als prägendes Merkmal sicher nicht gegeben. Das schließt nicht aus, daß es kapitalistische Merkmale wie Bereicherung oder Profit, als Surrogat oder Einsprengsel, gegeben hat. Das Kapital und die Schlüsselindustrien waren aber vergesellschaftet, einen echten Markt hat es nicht gegeben.

Aber hier haben wir auch schon ein Beispiel für die Utopie, von der Sie sprechen, die allen übergestülpt wird, ob sie wollen oder nicht.

In der Sowjetunion wollte man zwar auch Wachstum (wie im Westen), aber mit Umverteilung und Domestizierung von Bereicherungstrieb und Egoismus - unter dem Banner eines Ideals von „Egalité-Fraternité-Humanité“. Das ging schief. Aber meines Erachtens nicht wegen der Technologie. Sondern wegen des Charakters des Systems, in dem Technologie angewendet wurde. Das heißt, Technologie wäre a priori nicht schlecht oder gut, sondern müßte in einem System eingesetzt werden, das Wachstum oder den Charakter dieser Technologie - wie der Beziehungen der Menschen untereinander etc etc. - besser definiert.

Das Menschen nicht versucht „zu verbessern“, zu kontrollieren, zu „automatisieren“ oder zu „standardisieren“, weder körperlich noch psychisch.

Wissen Sie, was lustig ist? In der DDR und in der Sowjetunion war Norbert Wiener ein sehr populärer Mann, Kybernetik galt als Schlüssel zur Zukunft.

Natürlich waren die Kommunisten von der Vorstellung fasziniert, mit Kybernetik eine Kontrollwissenschaft in der Hand zu haben, mit der sie alles „planen und leiten“, so hieß das damals im Ost-Jargon, konnten.

Ich erinnere mich, daß ich als 14jähriger bei der „Jugendweihe“, das war eine obligatorische staatliche Feier zur „Initiation“ der Kinder als „junge Sozialisten“, wie jeder das Buch Weltall-Erde-Mensch überreicht bekam. Im Buch bildeten Kybernetik und Atomkraft das Schlußkapitel, als der (kommunistische) Weg in die Zukunft.

Was denken Sie, ist überhaupt ein „System“ notwendig?

Um sich zurechtzufinden, um Alltag und Gesellschaft zu organisieren?

Braucht man Daten, Empirie und deren Bewertung, für die ein „System“ oder eine Idee von einem System den Rahmen bildet?

Weil die Natur ja auch mit biologischen, perfekten, Systemen arbeitet?

In diesem Zusammenhang, war für Sie das Werk von Bertalannfy (Offene , Systemtheorie) in den 60ern von Interesse?

Nur, nach allen meinen persönlichen Erfahrungen mit gesellschaftlichen Systemen, bin ich skeptisch und ratlos, wie es besser laufen könnte.

Sie haben recht mit der „Hölle der Utopie“, so wie Sie es beschreiben.

Jemand anders zwingen, an der Realisierung der eigenen Utopie teilzunehmen, lehne ich ab. Wie wehrt man sich aber gegen solchen Zwang? Besteht das Recht, dagegen gewaltsam vorzugehen? Ist das nicht auch ein Zwang gegen Andere, der die eigenen guten Absichten aufhebt? Wer ist generell berechtigt, „Recht“ zu setzen?

Ich möchte deshalb unbedingt bald eine authentische Fassung des Manifesto lesen, die Sie mir versprochen haben.

So, ich habe den Text in einem Rutsch runtergeschrieben und fühle mich jetzt ein bischen erschöpft. Ich denke, es ist erst einmal genug Stoff für weiteres Nachdenken und einen Austausch.

Seperat von diesem Brief schicke ich Ihnen ein Wörterbuch und hoffe, dass es wohlbehalten ankommt und für Sie nützlich und hilfreich ist.

Leider hatten alle guten deutschen Ausgaben einen harten Deckel.

Den hätte ich entfernen müssen mit dem Risiko, dass das Buch möglicherweise bald auseinanderfällt. Das wollte ich nicht.

Bitte schreiben Sie mir ruhig auch Fragen zur deutschen Sprache und zu Wortfolgen, die ich gern beantworten werde.

Lieber Ted Kaczynski, ich hoffe, dass die am Ende Ihres letzten Briefes erwähnten Probleme keine Unanehmlichkeiten bereiten.

Ich hoffe, Sie haben bald Gelegenheit, mir wieder zu schreiben und verbleibe bis dahin, mit den besten Wünschen für Ihre Gesundheit und Wohlergehen Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 15. August 2002


4) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

15 August 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

Weil ich jetzt ein wenig mehr Zeit habe, setze ich meine Antwort auf Ihren Brief vom 23. Juni fort.

In dem letzten Absatz auf Seite 6 Ihres Briefes fragen Sie: „Was können wir tun, wenn es keine Möglichkeiten gibt, die Entwicklung der Gesellschaft vernünftig zu lenken?“ Vielleicht könnten wir die gegenwärtige Gesellschaft zerstören. Wir können nicht wissen, was danach kommen werde.

Deshalb können wir auch nicht wissen, „auf welchen Fundamenten und Essentials in Moral, Philosophie, Kunst und Wissenschaft“ die nachfolgende Gesellschaft ruhen werde. (Seite 7 Ihres Briefes).

Wenn alle moderene Technologie abgeschafft ist, wissen wir nur, dass es keine Biotechnologie, keine Computer, keine Atombomben usw. mehr gibt. Welche Gesellschaft auch immer nach der Zerstörung des technologischen Systems kommen wird, sie wird nicht so entsetzlich sein, wie die heutige.

Ich glaube, dass Sie das Manifest nicht sorgfältig gelesen haben. Lesen Sie bitte die Absätze 106-108, 182-184 und 207-212. Wenn Sie diese Absätze sorgfältig gelesen hätten, würden Sie mir diese Fragen nicht stellen müssen. Ich will nur hinzufügen, daß John Zerzan ein Narr sei. Er glaubt an lächerliche Theorien, und sein idealisiertes Bild des Lebens der Urmenschen behindert die Entwicklung einer wirksamen revolutionären Bewegung.

Ich habe vor vielen Jahren das Buch Propaganda von Jaques Ellul gelesen, aber ich erinnere mich nicht mehr an seinen Inhalt. Deshalb kann ich Ihre Frage nicht beantworten, die Sie über dieses Buch gestellt haben. Ich will nur darauf hinweisen, dass der Glaube, dass man die Entwicklung der Gesellschaft vernünftig lenken könne, natürlich von der naiv optimistischen modernen Idee des Fortschritts (Progress) stammt. (Ich weiß nicht, ob das deutsche Wort „Fortschritt“ dem englischen Wort „Progress“ genau entspreche, aber das, was ich sagen will, ist „Progress“.)


Der Rest von dem, was Sie auf Seite 7 geschrieben haben, besteht aus Abstraktionen, die bezüglich der von der Technologie verursachten Probleme bedeutungslos sind.

(The rest of what you have written on page 7 consists of abstractions that are irrelevant to the practical problems brought on by technology.)

Bleiben wir bei dem, was praktisch und konkret ist:

Gefiele es Ihnen, wenn die Menschen in einer virtuellen (virtual) Welt leben?

Dass Maschinen klüger wären als Menschen? Dass die Menschen deshalb nutzlos und überflüssig würden? Wenn Ihnen das nicht gefällt, ist die für Sie die Computerwissenschaft offensichtlich gefährlich. Gefiele es Ihnen, dass Menschen, Tiere und die Pflanzen zukünftig Produkte vonD Technologie sind?

Oder dass irgendein Unfall oder irgendein Rechenfehler seitens der Wissenschaftler zerstörende Gene in die Umwelt erließe, und eine Katastrophe erfolgte?

Wenn Ihnen diese Dinge nicht gefallen, dann ist Ihnen die Biowissenschaft offensichtlich gefährlich. Selbst wenn sie keine Katastrophe herbeiführt, wird die moderne Technologie, von der die Computerwissenschaft und die Biotechnologie die umwälzendsten Teile sind, alles auf der Erde grundlegend verändern, und die Folgen davon ganz unabsehbar sind. Wenn Ihnen solche Veränderungen nicht gefallen, sind Ihnen die Computerwissenschaft, die Biotechnologie, und alle moderne Technologie offensichtlich gefährlich.

Die vorhergehenden Gefahren sind sehr einfach und haben keine Beziehung zu der Moral, dem Satz von Gödel, irgendeinem „grundsätzlichen Widerspruch“, oder anderen abstrakten philosophischen Fragen.

In Hinsicht auf den zweiten und den dritten Absatz auf Seite 8 Ihres Briefes verweise ich Sie auf den Artikel über „Critter“, der in der New York Times Sunday Magazine vom 7.4.02 erschienen ist. Ferner sage ich nur, daß jede revolutionäre Bewegung anfangs klein und schwach sein müsse.

Ich kann nicht voraussagen, ob eine wirksame revolutionäre Bewegung erwachsen werde, aber je unverantwortlicher das technologische System wer wird, desto wahrscheinlicher ist die Erscheinung einer wirksamen revolutionären Bewegung. (the more irresponsible the technological system becomes, the more likely is the appearance of an effective revolutionary movement.)

Bezüglich der letzten Absätze Ihres Briefes auf Seite 8 stelle ich Ihnen nur diese Frage: Als die Indianer von Nordamerika die eindringenden Europäer angriffen, als sich die schwarzen Sklaven gegen ihre weißen Herren auflohn auflehnten, als die Juden des Ghettos von Warschau die deutschen Soldaten bekämpften: glauben Sie, dass sie sich fragten, durch wen ihr Einsatz von Gewalt legitimiert werde, wer die Grenzen setze, oder wer die Grenzüberschreitung erlaube?

Auf Seite 9 Ihres Briefes erwähnen Sie Ihren Wunsch nach einer Kopie der authentischen Version des Manifestes. Ich werde Ihnen so eine Kopie schicken, aber ich kann das nicht sofort tun. Ich habe nur eine kaum lesbare Photokopie der authentischen Version, die ich zur Zeit benutze, um eine gute und leicht lesbare handschriftliche Kopie zu machen. Ich weiss nicht, wann ich diese mühsame Aufgabe beenden werde, weil es mir die Zeit fehlt, daran zu arbeiten. Aber ich werde sie dereinst beenden, und damals werde ich Ihnen sofort eine Kopie senden.

Ich glaube, daß irgendein Schweizer vor drei oder vier Jahren eine deutsche Fassung des Manifestes gemacht habe, aber ich erinnere mich nicht sicher daran. Ich vermute, daß seine Übersetzung schlecht gewesen sei. Wenn es Ihnen gefällt, kann ich Ihre Fragen über die „Begriffen und Wendungen“ beantworten, an denen Sie gescheitert sind, als Sie das Manifest zu übersetzen versuchten.

Auf Seite 9 preisen Sie mein Deutsch; aber Sie machen Spaß. Jedoch ist das Englisch Ihres Bekannten, der Ihren Brief übersetzt hat, ausgezeichnet. Es würde uns zuviel Mühe kosten, zwei Fassungen unserer Briefe zu schreiben. Ich glaube, dass das folgende Verfahren leichter wäre:

Ich werde auf Deutsch schreiben, aber wenn ich daran zweifele, ob Sie einen bestimmten Satz gut verstehen könnten, werde ich den zweifelhaften Satz auch auf Englisch zwischen Klammern schreiben.

Sie dürfen mir entweder auf Deutsch oder auf Englisch gemäß Ihrem Vorzug schreiben. Wenn Sie daran zweifeln, ob ich einen Satz gut verstehen könne, dürfen Sie den Satz in der anderen Sprache zwischen Klammern wiederholen.

Aber ich kann Ihre Worte gewöhnlich leicht verstehen, denn es ist leichter, eine Fremdsprache zu lesen, als diesselbe gut zu schreiben. (Aber ich kann Ihre Abkürzungen - zum Beispiel, „u.a.“ auf Seite 7 Ihres Briefes - manchmal nicht verstehen. Und was bedeutet das Wort „vorbeireden“ auf Seite 10 Ihres Briefes?

Ich kann es nicht in meinem Wörterbuch finden. --- Aber ich habe die englische Übersetzung Fassung Ihres Briefes gerade nachgeschlagen; „u.a.“ bedeutet „for example“, und „vorbeireden“ bedeutet „to miss the point of“. Ist das richtig?

Sie fragen mich auf Seite 10, was ich denke, weshalb Sie mir so ausführlich schreiben und was Sie eigentlich interessiert. Aber ich habe keine Ahnung davon.

Also, sagen Sie mir: Warum schreiben Sie mir so ausführlich, und was interessiert Sie eigentlich? Und geben Sie mir bitte eine ausführliche Antwort.

Wenn es Ihnen gefiele, dürften Sie meine sprachlichen Fehler korrigieren.

Auf diese Weise würde ich lernen, die deutsche Sprache besser zu schreiben.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski


6) 11.September 2002

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

Attn.: Theodore Kaczynski
Federal Register Number 04475-046
US Penitentiary, Administrative Maximum
PO Box 8500
Florence, CO 81226
U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

unsere letzten Briefe haben sich gekreuzt.

Ich hoffe, das Wörterbuch ist inzwischen wohlbehalten bei Ihnen eingetroffen. Wenn sie gestatten, werde ich wieder der Reihe nach auf Fragen und Antworten Ihres Briefs vom 15. August 2002 eingehen.

TJK Seite 1, Sie schreiben: „Wir können nicht wissen, was danach kommen wird (Wenn die gegenwärtige Gesellschaft zerstört ist). Deshalb können wir nicht wissen, auf welchen Fundamenten und essentials in Moral, Philosophie, Kunst und Wissenschaft die nachfolgende Gesellschaft ruhen wird...“

In Absatz 184 des Manifesto steht:...es ist nicht nötig, eine besondere (neue?) Art von sozialem System zu kreieren; es ist nur nötig, die Industriegesellschaft loszuwerden...“.

Sie haben recht, wir können nicht wissen, was danach kommen wird.

Das heißt, daß wir die vorhandenen Fundamente und essentials weiter verwenden können und müssen? Religion? Christentum? Was ist mit dem Kapitalismus, mit dem Eigentum? Wieviel Technologie soll/darf/muß nach dem Sturz des technologischen Systems erhalten bleiben?

Wer entscheidet das?

Wer setzt die Grenzen und bestimmt neue Regeln?


Welche vorhandenen essentials würden Sie persönlich für die Zeit nach dem Verschwinden dieser heutigen technologischen Gesellschaft für brauchbar halten?

Sollen das der „geniale Einzelne“ entscheiden oder überläßt man das, wie auch immer gewählten, Gremien?

Wäre nicht vor der Zerstörung des Gegenwärtigen ein klare Vorstellung vom „Danach“ wichtig, um die dafür erforderlichen Aktivitäten damit (für viele andere „Aktivisten“) attraktiver zu machen?

>TJK Biotechnologie, Computer, Atombomben etc., noch Seite 1:

Sie haben recht, daß nach dem Ausscheiden aller modernen Technologie

die genannten Werkzeuge und Geräte nicht mehr existieren würden.

Womit würde sich aber dann die Wissenschaft beschäftigen?

Für welche Ziele sollen die Wissenschaftler dann ihre Ratio und ihren wissenschaftlichen Fähigkeiten einsetzen?

TJK Seite 2/3: ...der Rest von dem, was Sie auf Seite 7 geschrieben haben, besteht aus Abstraktionen, die in Bezug auf die von der Technologie verursachten praktischen Probleme gegenstandslos sind.

Meinen Sie damit: Gödel hin oder her, ich begebe mich mit der Diskussion solcher „Abstraktionen“ nur unnötigerweise auf die Ebene derjenigen, die durch das Umwandeln von „realem Leben“ in „Abstraktionen“ mitschuldig an den von Technologie verursachten Problemen sind?

Anstatt den „gordischen Knoten“ durchzuschlagen, ganz „einfach“ und „brutal“, weil die Gefahren sehr einfach zu beschreiben und zu verstehen sind? Meinen Sie, daß alles andere nur unnötige „Haarspalterei“ ist?

TJK noch Seite 3: „Critter“, NYT 07.04.02

Den Artikel werde ich mir besorgen, das kann ein bischen dauern.

Was meinen Sie mit revolutionärer Bewegung (revolutionary movement)? Im Sinne des marxistisch-leninistischen Definition von „revolutionärer Bewegung“?

Im Sinne der Weathermen oder der Green-Anarchists?

Wer könnte Ihrer Meinung nach potentieller Träger einer solchen Bewegung sein?

>TJK Betreffs der letzten Absätze auf Seite 8...

Ja, das ist eine wichtige Frage. Bei den von Ihnen genannten Beispielen haben Sie recht. Die Benutzung von Gewalt war legitimiert durch vorherigen Einsatz von Gewalt, der Recht verletzte. Im Falle der Partisanen im 2.Weltkrieg wird es schon schwieriger. Aber wie verhält es sich bei der Konfrontation von individueller und staatlicher Rechtsauffassung heute?

Im Falle z.B. der deutschen Terroristen der RAF (Rote Armee Fraktion) in den 70er/80er Jahren versuchten die Akteure und ihre Anwälte, den Status von Combattanten zu erhalten. D.h. sich als politische Kämpfer und Gefangene zu definieren, die sich im Kriegszustand befinden.

Der „Krieg“, den sie führten, sah auf der einen Seite „den Imperialismus

des internationalen Kapitals und seiner Agenten“ und auf der anderen Seite „die den proletarischen Internationalismus praktizierenden Befreiungsbewegungen“.

Weil das so ist, argumentierten RAF und Anwälte, müßten die Kämpfer der RAF als Kriegsfangene nach den Regeln der Genfer Konvention behandelt werden, als ein „Völkerrechtssubjekt“.

Das wurde vom Staat nicht anerkannt, und die RAF als „kriminelle Vereinigung“ behandelt und abgeurteilt. Einige Akteure sind nun seit Mitte der 70er Jahre in Haft. Gestatten Sie mir hier die Frage: sehen Sie selbst sich als politischen Gefangenen?

TjK Seite 4: eine Kopie des MANIFESTO

Ja, eine authentische Fassung des Manifesto hätte ich gern.

Aber was Sie schreiben ist ja Wahnsinn, dafür eine handschriftliche Kopie herzustellen. Dürfen Sie denn keine Fotokopien davon machen und mir schicken?

Eine authentische deutsche Übersetzung wäre auch sehr wichtig.

Deshalb nehme ich gern Ihr Angebot an, nach der Bedeutung einiger Begriffe zu fragen, wo ich das Gefühl habe, daß meine Übersetzungsversuche ungenau sind. Es sind, glaube ich, Schlüsselbegriffe, ohne deren richtige Übersetzung der ganze Text nicht verständlich ist.

Zum Beispiel: LEFTIST. Wahrscheinlich ein ganz wichtiger Begriff, den ich vorher noch nicht gehört habe. Das mit LINKE oder LINKSGERICHTET zu übersetzen ist sicher falsch und ungenau, da auch Liberale oder Anhänger von Ökologiebewegungen anscheinend dazu gehören können.

In der deutschen Umgangssprache haben wir den Begriff „Gutmenschen“.

Das sind Leute, die eigentlich ganz nett sind, politisch sehr korrekt im Sinne von multikulturell-antifaschistisch, aber vor bestimmten Realitäten die Augen verschließen und ein bischen nerven (auf die Nerven gehen). Trifft es das?

Das Manifesto erwähnt auch LEFTISTEN des 19. und 20.Jahrhunderts, wer ist damit gemeint? Die Aufklärer (enlightment's)?

Ich verstehe das so: der LEFTIST ist eine Figur der Moderne, verwirft aber Ratio und wissenschaftliche Vernunft. Ist aber möglicherweise Anhänger von gametheory oder chaostheory? Könnten Sie dafür bekannte Beispiele nennen, die unter diesen Begriff fallen? Porträtiert der Autor des Manifesto also einen Archetypen? oder das Psychogramm dieses Archetypen?

Und was ist die Differenz von LEFTIST und MODERNER MENSCH (z.B. Kapitel 57)?

Zum Beispiel: POWER PROCESS (= Machtprozeß)?

Mit dem Begriff und den vier Elementen des „power process“ habe ich auch meine Schwierigkeiten bei der Übersetzung. Ist „need for power“ gleichzusetzen, oder in der Nähe, zum „Willen zur Macht“ von Nietzsche?

Im Zusammenhang mit AUTONOMY gedacht: es geht um Selbstbestimmung, im Gegensatz zu Fremdbestimmung?

Was meint „When one does not have adequate opportunity to go throughout the power process...“genau?

Oder ist POWER PROCESS eher gleichbedeutend mit „Selbstverwirklichung“ im Sinne von „to realize yourself“?

Überzeugend finde ich die Formulierungen in Kapitel 37 des Manifesto.

Nun steht ja heute in der modernen Gesellschaft das „ich“ und dessen Interessen (dazu gehört auch die schon fast zwanghaft verlangte Selbstverwirklichung + Authentizität) im Mittelpunkt aller Aktivitäten.

Wie verhält sich das mit den in Kapitel 37. beschriebenen Notwendigkeiten „a human beeing need goals whose attainment requires effort...and he must have a reasonable rate of success in attaining this goals“?

Ist das richtig interpretiert: die Möglichkeit, diese Ziele erreichen zu können, ist eines der wesentlichsten Dinge für den Menschen. Und die technologische Gesellschaft hindert Menschen so zu leben, wie sie möchten. Und zwingt zu einer Reihe von Ersatzaktivitäten, die letztlich Welt + Mensch krank machen?

Zum Beispiel SURROGATE AVCTIVITIES

(= Ersatzbefriedigung, Ersatzhandlung)?

Kann ich das im Sinne der Psychoanalyse definieren und verstehen?

>TJK Seite 5: meine Abkürzungen

Ja, „to miss the point of“ ist nicht schlecht. „aneinander vorbeireden“ meint auch: zwar den Sinn des Gesagten oder Geschriebenen verstehen zu können, aber das Falsche zu sagen oder zu schreiben, weil der Angesprochene andere Probleme oder Interessen hat. Er versteht es, es interessiert ihn aber nicht.

„u.a.“ heißt: „unter anderem“ - z.B.. unter anderem ging ich auch in das betreffende Haus...

„z.B.“ heißt: „zum Beispiel“

„etc.“ heißt: „et cetera“ = und so weiter

TjK Seite 5/6: Sie fragen mich auf Seite 10, weshalb ich Ihnen so ausführlich schreibe. Um das zu erklären, muß ich eine Reihe von Dingen aufzählen.

Wie Sie wissen bin ich Künstler. Malerei und Film erzählen Geschichten über die Welt.

Diese Geschichten spielen in einem sogenannten „Bildraum“, der, ganz gleich ob im Film, einem gemalten Bild oder einer dreidimensionalen Installation objektiv existiert.

Die Geometrie z.B. gibt „Sicherheit“ im Raum, damit man sich verorten kann. Als Künstler muß ich auch meinen Bildraum klären und ordnen.

Durch jeden Strich (Albrecht Dürer spricht vom „Aufriß, der den Bildraum öffnet“) auf der Leinwand entsteht ein imaginärer und metaphorischer Tiefen-Raum, in dem wir uns zurechtfinden müssen. Die Perspektive war ein Hilfsmittel, um den Bildraum zu „ordnen“, durch Bedeutungsperspektive wurden Wertigkeiten festgelegt etc.

Der Computer und andere digitale Medien haben das, nicht nur in der Kunst, scheinbar entscheidend verändert.

Die Herstellung von Bildern wird heute von digitalen Bildmedien dominiert, wo Ort, Zeit und Raum beliebig konstruierbar und veränderbar sind. Einige sprechen von zukünftigen „mirror worlds“ (David Gelernter z.B.). In diesen „Spiegelwelten“ würde sich nicht nur der bisher vertraute Raum, sondern auch das bisherige Menschenbild in beliebig konstruier- und collagierbare Partikel und „Ichs“ auflösen.

Ich fühlte mich als Person wie als Künstler von solchen Visionen existenziell tangiert, um nicht zu sagen: angegriffen.

Deshalb habe ich mich dafür interessiert, wer denkt und schreibt so etwas, und warum. So stieß ich auf David Gelernter. In diesem Kontext fand ich auch Informationen über das Manifesto und den „Unabomber“, das führte mich wiederum zum Essay einer Dame aus Berlin über diese Dinge, den ich sehr interessant fand.

Dann hab ich im Internet weiter recherchiert und viel, auch sehr unterschiedliches, Material gefunden, in dessen Mittelpunkt Theodore Kaczynski, der Unabomber und das Manifesto standen.

All diese Dinge berühren meine künstlerische Arbeit und die Fragen, mit denen ich mich seit Jahren auseinandersetze.

Weshalb habe ich nun versucht mit Ihnen in Kontakt zu treten?

Ich halte das Manifesto für eine ungewöhnliche und spannende Gesellschaftsbeschreibung- und -kritik. Mit vielen der dort geäußerten, oder Ihnen in den Medien zugeschriebenen, Gedanken stimme ich überein.

Wo ich divergiere, bin ich sehr an den Gegenargumenten interessiert.

Sie sind für mich eine Person der Zeitgeschichte.

Das waren für mich ausreichende Gründe, den Kontakt mit Ihnen zu suchen.

Das ich so ausführlich schreibe, liegt auch an der Komplexität und Vielgestalt der Problematik.

Darüber hinaus finde ich es schlecht, daß Ihrer Forderung nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens nicht entsprochen wurde und Sie ohne ordentliches Verfahren im Gefängnis sitzen.

Ich habe am Anfang über das Wesen des Bildes gesprochen, und daß Bilder immer Geschichten über die Welt erzählen. Authentizität ist dabei sehr wichtig. Die Geschichten, die über Sie in der Presse und im Internet existieren sind sicher alle aus zweiter Hand (second hand), wie ich vermute. Solchen Geschichten mißtraue ich, aus persönlicher + beruflicher Erfahrung. Ich bin an Informationen aus erster Hand interessiert.

Die können nur von Ihnen kommen.

Ich würde deshalb gern weiter mit Ihnen im Gespräch bleiben, mehr über Ihre Ansichten erfahren und meine Kenntnisse vertiefen.

Ich könnte mir auch vorstellen, so ein Gespräch oder Interview irgendwann mal mit einer Videokamera aufzuzeichnen. Ich bin mir sicher, das wäre ein wichtiges Dokument.

Sie wissen, ich bin Filmemacher und habe daher ein grundsätzliches Interesse daran.

Zunächst würde ich Sie aber bitten mir mitzuteilen, ob ich Ihnen fotokopierte Seiten aus Büchern oder einzelne Seiten aus Zeitschriften im Original schicken darf.

Ich hoffe, es geht Ihnen den Umständen entsprechend gut, und bin auf Ihren nächsten Brief gespannt.

So verbleibe ich

Mit den besten Wünschen und Grüßen an Sie aus Hamburg

Ihr

Lutz Dammbeck

Sept 11 2002

5) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

22 September 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe von Ihnen keine Antwort auf meine Briefe der Daten 23.7.02 und 15.8.02 erhalten. Es ist möglich, daß Sie mir noch keine Antwort geschrieben haben, oder, daß Sie nicht mehr mit mir korrespondieren wollen.

Aber es ist auch sehr möglich, daß Sie mir einen Brief gesandt haben, den ich nicht erhalten habe.

Ich habe erfahren, daß wenigstens vier Briefe, die mir kürzlich geschickt wurden, verschwunden sind, ohne daß ich sie gesehen habe. Sie wurden durch verschiedene Postämter geschickt, also sind sie anscheinend in dem Postsystem dieses Gefängnisses verschwunden.

Natürlich ist es möglich, daß andere an mich gerichtete Briefe verschwinden werden. Deshalb muß ich jedem von meinen Korrespondenten schreiben, um ihm mitzuteilen, wenn er mir einen Brief geschickt und keine Antwort darauf bekommen habe, hätte ich den Brief wahrscheinlich nicht erhalten, und er solle mir nocheinmal schreiben.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

6) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

31 Oktober 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe Ihren Brief vom 6.10.02 samt den Kopien Ihrer Briefe vom 15.8.02 und vom 11.9.02 gerade erhalten.

Ich habe das mir von Ihnen geschickte Wörterbuch erhalten, wovon ich Sie in meinem Brief vom 30.8.02 verständigt habe, aber bis heute hatte ich Ihre Briefe vom 15.8.02 und vom 11.9.02 nicht erhalten.

Bis jetzt sind wenigstens acht an mich gerichtete Briefe während der letzten fünf Monate verschwunden: vier, die mir aus Deutschland entsandt wurden, zwei aus Massachusetts, einer aus New York, und einer aus North Carolina.

Ich bemerke, daß all die verschwundenen Briefe aus dem Osten geschickt wurden. Soviel ich weiß, ist kein Brief verschwunden, der mir aus dem Westen entsandt wurde. Also vermute ich, daß die Ursache des Problems nicht innerhalb des Gefängnisses, sondern in dem Postdienst liegen. Jedenfalls sollten Sie alle Briefe, die Sie mir schicken wollen, als Einschreibebriefe senden.

Leider müssen Sie sich eine Weile gedulden, bis ich Ihre Briefe beantworten kann.

Ich bin übermäßig beschäftigt damit,{1} daß ich die Lagerung meiner Urkunden einzurichten versuche (I am trying to arrange for the storage of my documents).

Und das ist nicht so einfach, wie man glauben könnte.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski 31.10.02

7) 1.November 2002

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

Attn.: Theodore Kaczynski
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US Penitentiary, Administrative Maximum
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Florence, CO 81226
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Dear Mr. Kaczynski,

Thank you very much for your last letter.

I hope you've got my answer. I think you will also receive the mentioned letters dated 15Aug + 11Sept 02, maybe a little bit later, because they are written in German and certainly they have to translate.

Please write me a few lines to let me know that you have received it.

And I'm eager for your answer to my questions.

I wish you all the very best and continued strength, in the name of my wife as well,

Yours,

Lutz Dammbeck

7) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

15.November 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe Ihren Brief vom 1.11.02 erhalten.

Wenigstens glaube ich, daß das Datum 1.11.02 sei, aber es ist schwer zu lesen, weil es nicht klar geschrieben ist. Jedenfalls ist Ihr Brief, auf den ich hinweise, derjenige, der auf Englisch geschrieben ist und mit den Worten „Thank you very much for your last letter“ beginnt.

Sie schreiben in diesem Brief:“ I think you will receive soon the mentioned two letters.“ Ich habe Ihren Brief vom 6.10.02 mit den zwei beigelegten Briefen* (Oder sollte man schreiben: „den beigelegten zwei Briefen“?) vom 15.8.02 und vom 11.9.02 erhalten.

Davon habe ich Sie in meinem Brief vom 31.10.02 verständigt. Ich werde diese Briefe beantworten, sobal ich etwas mehr Zeit habe. Inzwischen sage ich nur, daß ich das von Ihnen erwähnte Buch von Alston Chase nicht gesehen habe, aber ich weiß, daß Herr Chase ein Lügner ist, und deshalb kann ich sein Buch nicht empfehlen.

Ihr ergebener Ted Kaczynski

15.11.02

8) 16. November 2002

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 31. Oktober 2002, den ich am 12. November erhalten habe. Ich freue mich durch diesen Brief zu erfahren, dass Ihnen das Wörterbuch ausgehändigt wurde.

Den von Ihnen erwähnten Brief vom 30. August 2002 habe ich allerdings nicht erhalten. Bisher habe ich von Ihnen 6 Briefe erhalten die wie folgt datiert waren:

April 17, 2001 - Mai 23, 2002 - Juli 23, 2002 - August 15, 2002 - September 22, 2002 - Oktober 31, 2002.

Ja, ich werde mich gedulden, bis Sie Zeit haben auf meine Fragen und Gedanken zu antworten. Ich bin aber sehr gespannt, was Sie mir schreiben werden. Gestern hatte ich ein sehr interessantes Telefonat mit einem Historiker (Geschichte der Wissenschaften), das in einen Disput über das Manifesto, „spirituelle Mathematik“ und die Aufhebung der Descart 'sehen Trennung von Geist und Materie mündete. Ich merke bei vielen Gesprächen, dass die Diskussion immer wieder, fast zwangsläufig, zur Frage nach der Anwendung von Gewalt und dann schnell zu einem Punkt führt, wo sich die Geister scheiden.

Ich muss mich heute leider kurz fassen (*zur angefragten Wortfolge:

„Ich bin übermäßig damit beschäftigt, die Lagerung meiner Urkunden zu organisieren.“ Oder auch möglich: „Ich bin zur Zeit sehr stark damit beschäftigt, die Einlagerung/Archivierung meiner Urkunden zu arrangieren.“

Tja, dieses kleine Beispiel läßt schon erahnen, welchen Spielraum es bei Übersetzungen von einer Sprache in die andere gibt, und auch für eventuelle Über- Miß -oder Fehlinterpretationen. Deshalb sind ja Zusatzinformationen wie Mimik, Tonfall oder Gestik so wichtig.

Ich hoffe, es geht Ihnen den Umständen entsprechend gut

Viele Gruesse aus Hamburg

Ihr

Lutz Dammbeck

16. November 2002

8) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

1.12.02

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Es fehlt mir die Zeit, und ich habe immer zuviel zu tun, aber ich werde versuchen, Ihre Briefe vom 15.8.02, vom 11.9.02 und vom 6.10.02 wenigstens teilweise zu beantworten.

Sie haben Ihrem Brief vom 6.10.02 ein kurzes Zitat aus einem Gespräch „...mit dem Hamburger Philosophen O.“ beigelegt, in dem Sie diesen Philosophen fragen:

Alles, was auf diesem Grund errichtet wird, der dieses Staubkorn enthält, ist dann „unbewiesen“ oder „wackelig“? Und es ist gefährlich, auf diesen „wackeligen“ Fundamenten hohe und komplexe Gebäude zu errichten?...“

Und der Philosoph antwortet: „Na ja, sicher.. “.

Erinnern Sie sich aber daran, daß die mündliche Kommunikation ungenau zu sein neigt; weil man wenig Zeit hat, seine Worte zu wählen, und oft versteht der Hörer das, was ihm gesagt wird, nicht gut, und es fehlt ihm die Zeit, es sich zu überlegen, bevor er antwortet.

Deshalb schlage ich Ihnen dieses Vorgehen vor: Schicken Sie dem Philosophen O. eine Kopie des selben Blattes, das Sie mir geschickt haben, aber unterstreichen Sie die Worte, die ich oben mit Rot unterstrichen habe. Stellen Sie dem Philosophen die folgenden Fragen:

1. Haben diese Worte eine klare und definitive Bedeutung?

2. Wie würde er die Bedeutung dieser Worte erläutern?

3. Stimmt er diesen Worten zu? 2 (Does he agree with these words?)

Und bitten Sie ihn darum, daß er diese Fragen schriftlich beantworte.

In Ihrem Brief vom15.08. fragen Sie auf Seite 2:

„Kann man in der Wissenschaft generell prima mit einem löcherigen Theoriegebäude forschen, entwickeln und leben?“

Nehmen wir an, nur um die Diskussion fortsetzen zu können (let us assume for the sake of argument), das Sie Recht hätten, wenn Sie sagten, dass das Theoriegebäude der Wissenschaft „löcherig“ ist.

Dann haben die Wissenschaftler eben schon immer „mit einem löcherigen Theoriegebäude“ geforscht, entwickelt und gelebt. Hatten sie „prima“ geforscht?

Das hängt davon ab, wie man das Wort „prima“ deutet. Aber dann haben (zum Beispiel) Gauss, Poincare, Einstein und selbst Gödel haben „prima“ damit geforscht.

Was meinen Sie, wenn Sie sagen, dass das Theoriegebäude der Wissenschaft „wackelig“ oder „löcherig“ sei? Was fürchten Sie in Bezug auf den Satz von Gödel? Befürchten Sie, das auf Grund dieses Satzes die Flugzeuge plötzlich zu Fliegen aufhören? Dass das elektrische Licht aufhört zu scheinen und die Atomkraftwerke nicht mehr funktionieren? Das ist lächerlich. Was glauben Sie denn? Was für praktische Folgen des Satzes von Gödel fürchten Sie?

Sie schreiben (15.8.02,Seite 2):“ Sie verteidigen die Wissenschaft und die Mathematik gegen diese Art von „Unklarheit“. Wenn das so ist, fehlt mir das „link“ zu Ihrer Fundamentalen Kritik einer industriellen Gesellschaft...“.

Die Kritik der industriellen Gesellschaft wurde in dem Manifest □ erklärt, und sie hat keine Beziehung (keinen Bezug?) zu dem Satz von Gödel.

Stellen wir uns vor, dass ich einen Verbrecher deshalb kritisiere, weil er mich erschlagen wolle. Jemand sage: „Dieser Verbrecher ist schwach.“ Ich verteidige seine Stärke und sage: „Nein, er ist stark.“ Stünde das im Widerspruch zu meiner Kritik des Verbrechers wegen seines Wunsches, uns zu erschlagen? Je stärker er ist, um so gefährlicher ist er. Gleichfalls: Je vollkommener, kräftiger und unfehlbarer die Technologie ist, um so gefährlicher ist sie.

Die in dem Manifeste dargelegte Kritik wurde nicht auf die angebliche Schwäche der Technologie gegründet, sondern auf ihre übermäßige Kraft.

Möchten Sie in einer Welt leben, in der die Wissenschaftler und die Fachleute, oder vielleicht die übermenschlich intelligenten Maschinen, alles wüßten und alles verstünden und deshalb alles ordneten und regelten?

Wenn Ihnen das nicht gefällt, warum beklagen Sie sich darüber, dass die Wissenschaft nicht alles weiss und Löcher in der Theorie hat. Statt dessen sollten Sie sich Sorgen machen, dass die Wissenschaft zu viel weiss.

Als ich jung und naiv war, befürchtete ich, dass die Technologie eine völlig geordnete, regelmäßige und vollkommene Welt schaffen wird. Heute meine ich, das solch ein Ergebnis unwahrscheinlich ist. Aber der Grund für meinen Meinungswandel ist keineswegs der Satz von Gödel, sondern die Unberechenbarkeit des Verhaltens der komplexen Systeme. (the unpredictability of the behavior of complex systems).

Die Folgen irgendeiner in ein komplexes System eingeführten Veränderung sind gewöhnlich unabsehbar. Ich vermute, daß die unabsehbaren Folgen der Versuche der Technologie, die Natur zu regeln, sich immer schwerwiegender zeigen würden, bis das technologische System einstürze.

Geschieht das, so wird es mir besser gefallen, als die Schaffung einer wissenschaftlich geregelten, geordneten zu vollkommenen Welt.

Die Freiheit ist wertvoller als die Sicherheit, die Sklaverei ist schlechter als der Tod.

Aber man sollte den Sturz des Systems so bald als möglich herbeiführen, denn je größer das System wächst, um so katastrophaler wird sich sein Sturz zeigen.

Auf Seite 3 Ihres Briefes vom 15.8.02 bitten Sie mich um meine Definition des Wortes „Technologie“. Manche Leute nennen „Technologie“ nur die körperlichen Werkzeuge oder Maschinen, die die sichtbaren Anzeichen der angewandten Wissenschaft sind. Andere Leute geben diesem Wort eine weitere Bedeutung:

Sie nennen „Technologie“ nicht nur die körperlichen Wekzeuge oder Maschinen, sondern die Reihe von Techniken oder Methoden, die eine bestimmte Gesellschaft benützt, um angegebene Ziele zu erreichen.

Ich bevorzuge diese weitere Definition, und ich glaube, daß sie dem gewöhnlichsten gegenwärtigen Gebrauch des Wortes „Technologie“ entspreche. Zum Beispiel ist das, was man „Gentechnologie“ nennt, kein körperliches Werkzeug, sondern eine Reihe von Techniken oder Methoden.

Gemäß dieser Definition sind auch der Faustkeil (oder genauer ausgedrückt, die Fähigkeit, einen Faustkeil zu machen), das Feuer (die Fähigkeit, das Feuer zu benützen), und andere Techniken der Urmenschen Technologie.

Aber sehr oft benützt man das Wort „Technologie“, um auf die moderne Technologie (das heißt, die Technologie, die seit der Industriellemn Revolution entwickelt worden ist) speziell hinzuweisen.

Man muß nach dem Zusammenhang erkennen 4 (one must infer from the context), ob „Technologie“ alle Technologie oder nur die moderne Technologie bedeute.

Natürlich kann man alle Zweifel vermeiden, wenn man entweder „moderne Technologie“ oder „Technologie einschließlich der primitiven Technologie“ sagt.

Sie fragen (15.08.02, Seite 3):

„Wie kann man überhaupt Wissenschaft und Technologie getrennt voneinander reflektieren?“

Ich glaube nicht, daß die moderne Technologie von der Wissenschaft getrennt werden könne. Ich habe keineswegs angedeutet, daß die Wissenschaft gut sei und die (moderne) Technologie schlecht sei.

Sie erwähnen (15.8.02, Seite 3) die Idee, daß der Technologie nur der rechte Weg gewiesen werden müsse. Das heißt, dass die Technologie nur auf gute Weisen und nicht auf schlechte Weisen benützt werden müsse.

(Technology must be used only in good ways and not in bed ones.)

Aber sind wir nicht darüber übereingestimmt, daß man die Entwicklung einer Gesellschaft nicht vernünftig lenken könne? (Are we not agreed that one cannot rationally guide the development of a society?)

Und wenn man die Entwicklung der Gesellschaft nicht lenken kann, wie kann man sicherstellen, daß die Gesellschaft die Technologie nur auf gute Weisen benütze? Wenn Sie ein praktikabeles Mittel erfinden können, wodurch man sicherstellen kann, daß die Technologie nur auf gute Weisen benützt werde, kündigen Sie es öffentlich an, bitte, und Sie werden die ganze Welt erstaunen.

Wenn Sie verstehen wollen, wie schwer es wäre, zu garantieren, daß die Technologie nur auf guten Weisen benützt werde, betrachten Sie das Problem der Atomwaffen.

Die Atomwaffen sind vor beinahe sechzig Jahren erfunden worden. Niemand (außer vielleicht einigen Diktatoren) zweifelt daran, dass die Atomwaffen böse sind, und die Welt ohne sie glücklicher wäre.

Trotzdem hat man während sechzig Jahre sehr wenige Fortschritte für die Beseitigung der Atomwaffen erlangt. (Nevertheless, in sixty years very little progress has been made toward the elimination of atopmic weapons.).

Wie können Sie glauben, das man all die anderen Anwendungen der Technologie so regeln könne, daß sie nur auf die gute und nicht auf die schlechte Weisen benützt werden könne? Solcher Glaube wäre lächerlich. Um so mehr, weil es keine allgemeine Übereinstimmung darüber gibt, welche Anwendungen der Technologie (außer einigen extremen Fällen wie dem der Atomwaffen) gut und welche schlecht sind. (All the more because, apart from a few extreme cases like that of atomic weapons, there is no general agreement as to which applications...of technology are good and which are bad.) Wie könnte man das gut auf Deutsch ausdrücken?) * * *

Hier muss ich aufhören. Ich habe Ihren Brief vom 16.11.02 erhalten. Darin geben Sie die Daten meiner von Ihnen erhaltenen Briefe an. Sie haben all meine Briefe bis 31.10.02 außer dem vom 30.8.02 erhalten.

Aber ich habe Ihnen auch einen Brief von dem Datum 15.11.02 geschickt. Der fehlende Brief vom 30.8.02 war nur ein paar Zeilen, in denen ich Ihnen für das Wörterbuch gedankt habe. Deshalb wiederhole ich: Vielen Dank für das Wörterbuch.

Ihr ergebener Ted Kaczynski 7.12.02

Anlage: Weihnachtskarte, 8.12.02

1. Oder hätte ich schreiben sollen:“Die mündliche Kommunikation neigt, ungenau zu sein,...“?

2. Habe ich das richtig gesagt?

3. Ist diese Wortfolge richtig? Oder muß man schreiben: „...daß die Flugzeuge plötzlich wegen dieses Satzes zu fliegen aufhören würden.“

4. Habe ich das richtig gesagt?

5. Ist „über“ hier die richtige präposition?

6. Ist „für“ hier die richtige präposition?

Anlage Weihnachtskarte im gleichen Brief

9) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

8 Dezember 2002

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Fröhliche Weihnachten!

Lydia Eccles hat mir diese Grußkarte gemacht. Ich lasse Fotokopien davon machen, und ich benütze sie für * Weihnachtskarten, Geburtstagskarten, und so weiter.

In einem anderen Umschlag werde ich Ihnen eine Kopie des Artikels über „Critter“ senden, den ich auf Seite 3 meines Briefes vom 15.8.02 erwähnt habe.

Auf Seite 3 Ihres Briefes vom 11.9.02, fragen Sie mich, warum ich Ihnen keine Fotokopie einer authentischen Fassung des Manifestes senden könne.

Ich habe keine authentische Fassung des Manifestes.

Ich habe zwei Fotokopien des ursprünglichen Manuskriptes, aber die beiden sind zum Teil unleserlich. Ich habe auch zwei völlig lesbare Transkriptionen des Manifestes, aber die beiden enthalten Fehler.

Ich bin dabei, eine authentische Fassung des Manifestes zu machen, indem ich die vier erwähnten Fassungen vergleiche, aber ich habe diese Arbeit noch (3) nicht vollenden können, weil es mir die Zeit fehlt...weil ich so viele Briefe beantworten muß!

Also, wenn Sie eine authentische Fassung des Manifestes bekommen wollen, stellen Sie mir nicht so viele Fragen!

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

Ist „für“ hier die richtige präposition?


9) 21.Dezember 2002

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes Neues Jahr wünscht Ihnen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 21Dec02


10) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

3.1.03

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich setze meine Antwort auf Ihre Briefe fort.

Was Sie auf den ersten 25 Zeilen der Seite 4 Ihres Briefes vom 15. August 2002 geschrieben haben, ist wirr und fast bedeutungslos.

Vielleicht verstünde ich besser diese Zeilen, wenn Sie sie ins Englisch übertragen ließen. Aber das ist nicht wahrscheinlich.

Zum Beispiel schreiben Sie „Diese Automatisierung verlagert die Grenze des Gemeinwesens in den Menschen selbst (hinen).“ Ich kann das sehr leicht ins Englische übersetzen: „This automatization dusplaces the boundary of the community into the human beeing himself.“ Aber ich kann garnicht verstehen, was das bedeutet.

Ich schlage Ihnen ein Experiment vor: Geben Sie drei intelligenten Personen diese fünfundzwanzig Zeilen, und bitten Sie sie darum, daß Sie die Bedeutung dieser Zeilen mit eigenen Worten erläutern, und daß sie das ganz unabhängig voneinander, ohne miteinander darüber zu sprechen, und ohne Hilfe von Ihnen machen. Danach vergleichen Sie die Ergebnisse. Wenn die drei Erläuterungen der Bedeutung nicht übereinstimmen, fragen Sie sich, ob Ihre Worte eine Bedeutung hätten, die irgend jemand außer Ihnen verstehen könne.

Wenn ich das richtig verstehe, was Sie in dem oberen Teil der Seite 6 (15/8/02) schreiben, meinen Sie, daß die moderne Technologie gut sein könnte, wenn sie innerhalb eines Systems existierte, das „die Menschen nicht versucht zu verbessern, zu kontrolieren, zu „automatisieren“ oder „standardisieren“, weder körperlich noch psychisch.

Aber die Eigenschaften einer Gesellschaft existieren nicht zufällig und voneinander unabhängig; alle sind miteinander verbunden. Deshalb kann man nicht sagen: “Wir werden eine Gesellschaft machen, die die und die angegebenen Eigenschaften hat“, als ob man die Eigenschaften der Gesellschaft beliebig (arbitrarily) festsetzen könnte.


Wie wissen Sie, daß ein System möglich sei, in dem die moderne Technik existiere, ohne daß man versuche, die Menschen zu verbessern, zu kontrolieren und so weiter?

Tatsächlich ist es sehr unwahrscheinlich, daß solches System möglich wäre.

Dafür gibt es mehrere Gründe (there are several reasons for this), von denen ich nur den folgenden darlege:

Es gibt eine Art von „natürlicher Auslese“, die auch innerhalb der menschlichen Gesellschaft wirkt. (Ich verlasse mich auf keine Theorie des „sozialen Darwinismus“ (social Darwinism) oder dergleichen. Das, was ich jetzt hier darlege, besteht nur aus einfachen und offensichtlichen Ergebnissen des gesunden Menschenverstands 1.

Zum Beispiel, in dem Kampf zwischen Kapitalismus und dem Kommunismus hat der Kapitalismus gesiegt. Ist die Ursache davon, daß die Menschen den Kapitalismus frei und vernünftig gewählt haben? Oder ist die Ursache etwas philosophisch oder ideologisch?

Keineswegs! Die Ursache des Sieges des Kapitalismus ist bloß, daß sich der Kapitalismus leistungsfähiger, oder wirksamer oder effizienter (ich will sagen: „more efficient“) gezeigt hat. Wegen seiner höheren Effizienz (effiency) war der Kapitalismus stärker und kräftiger als der Kommunismus. Hätte sich der Kommunismus effizienter (ökonomisch, technologisch und propagandistisch) als der Kapitalismus gezeigt, so hätte er den Kapitalismus besiegt.

Also war der Sieg des Kapitalismus keine Folge irgendeiner menschlichen Wahl, sondern das Ergebnis einer „objektiven“ Tatsache, nämlich, der höheren Effizienz des Kapitalismus.

Und warum war der Kapitalismus effizienter als der Komunismus?

Wahrscheinlich, weil die „natürliche Auslese“ freier in dem kapitalistischen System als in dem kommunistischen wirken konnte. 2

In dem kommunistischen System gehörte jedes Unternehmen dem Staat.

Wenn sich ein Unternehmen ineffizient zeigte, versuchte der Staat, gewöhnlich mit wenig Erfolg, das Unternehmen zu verbessern. Aber wenn sich ein Unternehmen in dem kapitalischen System ineffizient zeigt, geht es unter, und dann wird es durch ein effizienteres Unternehmen ersetzt. Durch diese Art von natürlicher Auslese werden sehr effiziente Unternehmen innerhalb des kapitalistischen Systems entwickelt.

Wegen der natürlichen Auslese ist es wahrscheinlich unmöglich, ein System zu haben, daß die moderne Technologie besitzt, ohne sie zu benützen, um die Menschen zu manipulieren.

Denn die Gruppen, die innerhalb des Systems die Menschen erfolgreich manipulieren, werden besser gedeihen, als die Gruppen, die die Menschen nicht manipulieren.

Deshalb werden Letztere untergehen und Erstere sie ersetzen. In den Vereinigten Staaten zum Beispiel gebrauchen alle großen Organisationen (die Körperschaften (corporations), die politischen Partei(en?), die Gewerkschaften, die humanitären Organisationen und so weiter) die Propaganda. Warum?

Weil die meisten Menschen die Propaganda lieben? Weil irgendeine Philosophie oder Ideologie uns sagt, das wir die Propaganda haben sollen? Sicherlich nicht!

Die Fähigkeit, die Menschen durch die Propaganda zu manipulieren, bringt Kraft. Je wirksamer eine Organisation Propaganda gebraucht, desto kräftiger ist sie. Die Organisationen, die die Propaganda am wirksamsten gebrauchen, gedeihen und wachsen, während die Organisationen, die sie nicht wirksam gebrauchen, schmachten und gehen unter.

Wirbt eine Herstellungsfirma (manufacturing firm) nicht wirksam für ihre Waren, so wird sie in dem Wettbewerb gegen die anderen Hersteller hinterbleiben; wirbt eine politische Partei nicht wirksam für ihre Kandidaten, so wird sie keine Wahl gewinnen; und so weiter.

Auf diese Weise stellt die natürliche Auslese sicher, das die Organisationen (die, die überleben) die Propaganda immer wirksamer gebrauchen. Deshalb ist das Wachstum der Propaganda unabwendbar, solange existieren die notwendigen Werkzeuge, wie zum Beispiel die elektronischen Kommunikationsmedien, die Computer, die Mittel, ungeheure Mengen von Auskünften zu sammeln, und so weiter. Man könnte die moderne Propaganda nur dadurch beenden, daß man die technologischen Werkzeuge beseitigte, die sie ermöglichen.

Auf diese Weise sehen wir, daß die Entwicklung einer Gesellschaft größtenteils durch objektive und fast mechanische Faktor (e?)3 festgelegt ist. Im Vergleich zu diesen Faktoren ist der Einfluß der Philosophie und der Vorzüge der Menschen sehr schwach. Aber ich postuliere keinen starren historischen Determinismus (I postulate no rigid historical determinism).

Ich will Sie nur darauf aufmerksam machen, wie schwer es ist, die objektiven Faktor (e?) zu überwinden.

Natürlich sind die Schlußfolgerungen der Art von Argumentation, die ich soeben dargelegt habe, nicht völlig sicher.

Solche Argumentation liefert gewöhnlich nur Wahrscheinlichkeit, und nicht vollkommene Sicherheit.

Nehmen wir deshalb an, obwohl es sehr unwahrscheinlich ist, daß ein System unter bestimmten Umständen möglich wäre, das die moderne Technologie besitzte, ohne die Menschen zu manipulieren, und ohne an den anderen übelen Wirkungen der Technologie zu leiden.

Trotzdem wissen wir überhaupt nichts darüber, was diese Umstände wären, oder wie wir solche Umstände herbeiführen könnten. Also verstehen wir nicht, ein solches System zu schaffen. Es ist nur ein undurchführbarer Traum.

In der Tat zeigt die Geschichte, daß alle Versuche gescheitert sind, eine Gesellschaft zu schaffen, die im Voraus festgesetzte Eigenschaften besitzt. Wie ich abermalig betont habe, kann man die Entwicklung einer Gesellschaft nicht vernünftig lenken.

Andererseits fehlen vorherige Beispiele des Sturzes einer Gesellschaft durch die revolutionäre Bestrebung nicht. Die Revolution ist ein realistisches Ziel.

Auf Seite 6 (15.8.02) fragen Sie, ob ein System notwendig sei, oder man „Daten, Empirie und deren Bewertung“ brauche. (Was bedeutet „Empirie“? Ich kann dieses Wort nicht in dem Wörterbuch finden.) Es liegt auf der Hand, daß man keine Daten (in dem wissenschaftlichen und technoloischen Sinn des Worts) braucht.

Bis die letzten Jahrhunderte hatte niemand solche Daten. Aber sicherlich könnte man die moderne Technologie nicht ohne „Daten und deren Bewertung“ haben. Und was meinen Sie mit „System“? Wenn ein paar Menschen zusammen leben, entwickeln sie immer System oder Bräuche, und man könnte das ein „System“ nennen.

Aber die Urmenschen hatten kein System wie den Kapitalismus oder den Sozialismus oder dergleichen.

In Betreff der „Utopie“ fragen Sie auf Seite 7: „Wie wehrt man sich aber solchen Zwang? Besteht das Recht, gewaltsam dagegen vorzugehen?“

Ich meine, daß die Benutzung der Gewalt gegen die Auferlegung einer Utopie, besonders der „Utopie der modernen Technologie“, nur Selbstverteidigung sei. Natürlich, könnte man diese Meinung bestreiten. Wenn Sie glauben, daß die Gewalt unsittlich oder unmoralisch sei, dann benützen Sie sie nicht.

Aber, was die Gewalt betrifft, fragen Sie (23.6.02, Seite 8), wer die Gewalt legitimiere. Wer, außer dem Staat könne die Gewalt legitimieren?

Glauben Sie, dass die durch den Staat genehmigte Gewalt moralisch sei, und die nicht durch den Staat genehmigte Gewalt unmoralisch sei?

In Bezug darauf stelle ich Ihnen zwei Fragen:

1) Was ist der Zweck der Moral? Das heißt, warum sollte man sich moralisch verhalten? Weil das moralische Verhalten das Wohl der Menschheit fördert? Oder gibt es einen anderen Grund, warum man sich moralisch verhalten sollte?

2) Welche Art von Gewalt hat mehr „Harm“ 4 (Schaden) während der ganzen Geschichte der Menschheit gemacht? Die Gewalt, die durch den Staat genehmigt wurde? Oder die Gewalt, die von Einzelnen ungenehmigt begangen wurde?

Sie fragen (15.8.02, Seite 7): „Wer ist generell berechtigt, „Recht“ zu setzen?“

Natürlich ist diese Frage mit der obenerwähnten, auf Seite 8 Ihres Briefes vom 23.6.02 festellten Frage sehr eng verbunden. Aber wie würden Sie diese Frage beantworten?

Meinerseits behaupte ich, daß niemand generell berechtigt sei, das „Recht“ zu setzen.

In den zivilisierten Gesellschaften nimmt man gewöhnlich an, das der Staat das „Recht“ festsetzte. In den „nichtzivilisierten“ Gesellschaften setzen die Bräuche oder Gewohnheiten das Recht fest.

Wenn man den durch den Staat und die Bräuche festgesetzten Maßstab des Rechtes leugnet ablehnt und demgemäß vorgeht, heisst das Revolution. Natürlich wird die Revolution von niemandem berechtigt. Wenn Sie glauben, daß das unmoralisch sei, nehmen Sie an keiner Revolution teil. Aber die Revolution ist das einzige Mittle Mittel, wodurch man dem technologischen System Widerstand leisten kann.

* * *

Jetzt muß ich Ihnen eine Frage über die deutschen Wortfolgen stellen. Um einen Fehler von mir zu korrigieren, haben Sie auf Seite 1 Ihres Briefes vom 16.11.02 geschrieben: „Ich bin übermäßig damit beschäftigt, die Lagerung meiner Urkunden zu arrangieren.“ Dürfte man auch schreiben: „Ich bin damit übermäßig beschäftigt...“?

Oder ist es erforderlich, „damit“ nach „übermäßig“ zu stellen?

Gibt es eine allgemeine Regel, die die Stellung eines Wortes der Form „Da (präposition)“ innerhalb des Satzes festlegt? Muß solches Wort immer entweder am Ende des Hauptsatzes oder unmittelbar vor dem am Ende des Hauptsatzes stehenden Verb gestellt werden, wenn solches Wort auf einen nachfolgenden, mit „daß“ beginnenden Nebensatz hinweist?

Zum Beispiel:

Ich mache mir Sorgen darum, daß ich kein Geld habe. (Richtig?)

Ich mache mir darum Sorgen, daß ich kein Geld habe. (Unrichtig?)

Ich habe ihn deutlich davon verständigt, daß ich zu Hause bin. (Richtig?) Ich habe ihn davon deutlich verständigt, daß ich zu Hause bin. (Unrichtig?)

Später werde ich auf weitere Fragen von Ihnen eingehen.

Inzwischen muss ich andere Arbeiten machen.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

3.1.03

1. Ich will sagen: „What I set forth here consists only of simple common-sense observations“, aber ich verstehe nicht, das gut auf Deutsch zu sagen.

2. Ist diese Wortfolge richtig? Oder hätte ich schreiben sollen: „weil die natürliche Auslese freier in dem kapitalistischen System wirken konnte, als in dem kommunistischen.“

3. Was ist der Plural von „Faktor“? Das Wörterbuch gibt ihn nicht.

4. Mein altes Wörterbuch, das ich weggeworfen habe, sagte, daß das deutsche Wort „Harm“ dem englischen Wort „harm“ entspreche. Aber ich kann das deutsche Wort „Harm“ nicht in dem neuen Wörterbuch finden. Hatte das alte Wörterbuch recht?

10) 13. Februar 2002

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren ausführlichen Brief vom 3.Januar 2003.

Als erstes möchte ich Ihnen ein großes Kompliment machen wegen Ihrer bemerkenswerten Fortschritte im Umgang mit der deutschen Sprache.

Wurde vielleicht in Ihrer Familie auch ab und an Deutsch gesprochen? Oder haben Sie in der Schule an Deutschkursen teilgenommen?

Des weiteren zeigt mir Ihr Brief, das ich unbedingt eine deutsche Übersetzung vom Manifesto brauche. Mir liegt die von Jolly Rogers Press herausgegebene Version vor, die ich allerdings nicht mit den vielen im Internet kursierenden Versionen abgeglichen habe. Mit Hilfe von Bekannten habe ich nun eine Übersetzung ins Deutsche begonnen und schicke ich Ihnen im Anhang ein paar Kapitel.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir mitteilen würden, ob die Übersetzung sinngemäß und richtig ist.

Zu Ihrem Brief, Seite 1, Zeile 8 „Diese Automatisierung verlagert die Grenze des Gemeinwesens in den Menschen selbst hinein...“.

Nun ja, Ihre Bemerkung über die Qualität der ersten 25 Zeilen meines Briefes vom 15.08.2002 ist sehr kritisch.

Ich muss auch einen Schreibfehler korrigieren: es heisst „Gemeinschaft“ statt „Gemeinwesen“, also „...in die Grenzen der Gemeinschaft hinein.“

Was meine ich mit Gemeinschaft? Die kleinste Gemeinschaft ist das ICH. Das ICH ist in Gemeinschaft mit sich selbst. Die Gemeinschaft ist ein Subjekt wie das Individium. Gemeinschaften und Individuen bilden die Gesellschaft. Es muß eine Grenze zwischen den Individuen geben, wie eine Grenze zwischen den Gemeinschaften.

Diese „Grenze der Gemeinschaft“ in den Menschen/in das Individium selbst hineinzuverlagern würde bedeuten, dass das ICH ein VIELES wird,

ICH wird nun selber all das, was vorher VIELE waren. Also: nun habe/bin ICH mehrere ICH's zugleich.

Also, ICH bestehe aus verschiedenen Funktionen, Berufen, Idenditäten, Ethnien und spiele mehrere Rollen - dabei helfen mir Maschinen, Implantationen und verschiedene Prothesen (die „Naturalform“).

Diese verschiedenen Rollen sind natürlich immer vorhanden, z.B. wenn das Manifesto beschreibt, wie das Leben in den small scales aussehen könnte: das ICH ist Jäger, Fischer, Beerensammler, Dichter oder Denker.

Aber, es gibt nur ein ICH. Kein ICH, das sich bewußt aus mehreren ICH's zusammensetzt.

In Deutschland hat die politische Werbung/Propaganda dafür zur Zeit ein Wort kreiert: die ICH AG (AG = Aktiengesellschaft). Damit soll ausgedrückt werden, dass das Individium seine eigene Fabrik ist, oder Büro, Firma, Netzwerk etc. und die verschiedensten Funktionen und Tätigkeiten selbstverantwortlich ausführt; es spielt mehrere Rollen und ist Chef, Arbeiter, Designer und was weiss ich noch alles, in Einem.

Vor allem ist diese ICH AG eines - verantwortlich für das eigene Scheitern und die Tatsache, überflüssig zu sein. Diese „multiple Persönlichkeit“ wurde, wenn ich richtig informiert bin, etwa zu der Zeit „entdeckt“(in den USA bekannt als Rollentheorie, etwa um 1936, Vorläufer und Wegbereiter Simmel oder Dilthey), in der Sie in Harvard und Berkeley studiert und gelehrt haben. Demnach gibt es kein „Subjekt“ mehr. Alles (Biografien, Kultur, Gesellschaft) ist künstlich zusammensetz- und montierbar - wie in den modernen Collagetechniken der Kunst.

Sehr interessant finde ich, was Sie auf Zeile 31 der gleichen Seite schreiben, und in Bezug auf „die Eigenschaften der Gesellschaft“ und auf Seite 2, Zeile 8 in Bezug auf die „natürliche Auslese“ fortführen und auf Seite 3, ab Zeile 5 weiter ausführen.

Dazu möchte ich Ihnen eine Frage stellen: wenn es so ist wie Sie schreiben, das diese „natürliche Auslese“ durch „objektive und mechanische Faktoren (Sie haben den Plural von „Faktor“ schon eine Zeile später selbst richtig verwendet) vorgegeben und unveränderbar ist, dann würde vielleicht durch die Beseitigung „der technologischen Werkzeuge“ die Propaganda verschwinden, aber nicht die objektiven Gegebenheiten („natürliche Auslese“) überwunden.

Die bliebe erhalten und wäre doch das eigentliche Problem?

Sie müssten also diese objektiven Gegebenheiten abschaffen, regulieren oder verändern, die z.B. für die „natürliche Auslese“ verantwortlich sind.

Wie soll diese Begrenzung oder Abschaffung von statten gehen?

Versuche mit der christlichen Moral, den Erziehungskonzepten von Rousseau oder Thoreau haben doch auch nicht funktioniert, um Individuen und die Gesellschaft auf eine für die ganze Welt verbindliche Sittlichkeit, Moral und Ethik zu verpflichten.

Und wissen Sie, wer solche hehren Ziele auch anstrebte?

Die Teilnehmer der Macy Konferenzen, Kybernetiker wie Wiener oder Anthropologen wie Margaret Mead oder Psychiater wie Gregory Bateson, Gestaltpsychologen wie Kurt Lewin oder dessen Bewunderer, der Psychologe Henry A. Murray.

Alle wollten sie die Welt retten. Dafür mußten dann eben bestimmte Versuche und Experimente gemacht werden, deren Auswirkungen ja im Manifesto kritisch beschrieben werden.

Wie würden aber Sie persönlich in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft, in der die moderne Technologie nicht mehr existiert, mit diesen objektiven Faktoren umgehen?

Wenn diese immer wieder zu Konkurrenzsituationen führen und die Gefahr besteht, das dadurch alles wieder von vorn losgeht?

Womit beschäftigt sich z.B. ein Intellektueller und Wissenschaftler wie Sie, mit einem IQ von 170, in solch einer einfachen und im Einklang mit der Natur eingerichteten Gemeinschaft ohne moderne Technologie?

Wofür verwendet er seine Intelligenz und Energie, auf welche Ziele richtet er seinen Drang zur Innovation? Was würden Wissenschaftler wie Sie in so einer Gesellschaft erforschen? Wie würden Sie den Drang und die Energie Ihrer ebenso intelligenten Kollegen begrenzen, die vielleicht nicht so einsichtig sind wie Sie?

Wie wollen Sie deren „objektiven“ Drang zur Innovation, zur Erkenntnis so lenken oder gar eliminieren, damit nicht wieder moderne Technologie erfunden und gebaut wird, um dieses einfache (aber auch ungemütliche und harte) Leben zu erleichtern?

Müssen Sie dann nicht auch Propaganda und Verhaltenskontrolle einführen, damit sich aus diesem „einfachen Leben“ nicht wieder die bekannte Spirale von Erfindungen und Innovationen entwickelt, die zu moderner Technologie geführt hat?

Die Ideen der New Frankfurt School, die Ideen von Kybernetik und Systemtheorie, von Steuerung der Gesellschaft und Bewußtseinsveränderung hatten doch auch das Ziel, die Menschen glücklich und zufrieden zu machen, damit sie harmonisch im Einklang mit sich und ihren Nachbarn leben können.

Aus Angst vor der „autoritären Matrix“ wurden alle diese im Manifesto in den Kapiteln über Verhaltenskontrolle und Brainwash beschriebenen Methoden und Verfahren entwickelt, angewendet und perfektioniert.

Diese Wissenschaftler sahen sehr wohl die Notwendigkeit, objektive Faktoren und Gegebenheiten des Menschen zu verändern, und diesen so ihren eigenen philosophischwissenschaftlichen Konzepten (und ihrer Idee von der zukünftigen Welt als „open system“) anzupassen.

Wie kann man verhindern, das der im Manifesto skizzierte Gegenentwurf zum heutigen „System“ nicht die gleichen Methoden verwenden muss, um die Menschen zu ihrem Glück zu zwingen?

Wenn Sie persönlich davon überzeugt sind, das es diese objektiven Faktoren gibt, kann die im Manifesto beschriebene Alternative meiner Meinung nach nur funktionieren, wenn auch diese objektiven Faktoren verändert werden.

Wie kann das ohne Zwang, Propaganda und Mittel der modernen Technologie geschehen?

Und noch etwas muss ich Sie fragen: Glauben Sie, das Menschen das im Manifesto skizzierte „System“ überwinden oder zerstören können, ohne Teil dieses Systems zu sein?

Sogar Sie, der versucht hat, in Lincoln/Montana in einer selbstgebauten cabin ein autonomes Leben zu führen, sind ja Teil dieses Systems geblieben.

So zynisch es klingt, trotz (oder vielleicht gerade) wegen Ihrer radikalen Kritik haben Sie für die Weiterentwicklung und Perfektionierung dieses Systems einen wichtigen Beitrag geleistet.

Z.B., um möglicherweise eine weitere Begründung für die Verschärfung der Sicherheitsund Überwachungssysteme im Internet- oder Computerbereich zu geben.

Sie, oder auch ich, wir sind, ob wir wollen oder nicht, nicht nur nützlich für das System, wir sind auch selbst das System.

Das System ist heute so intelligent und elastisch, das es kritisches Potential mühelos in eine Energiezufuhr umwandeln oder zur Reparatur undichter Stellen verwenden kann. Das ist nun wirklich zum Verrücktwerden, aber es ist so.

In diesem Zusammenhang möchte ich nochmal auf Ihre Bemerkungen im Brief vom 1.12.2002 zu „Gödels Theorem“ und Ihre Frage eingehen, ob nicht Wissenschaft mit einem Loch in der Theorie/Axiomen „prima“ forschen kann.

Sie fragen mich: „Was sind die praktischen Folgen des Satzes von Gödel? Wovor fürchten Sie sich denn?“

Ich fürchte mich davor in einer Welt zu leben, in der „Wahnsinnige - mad scientists and politicians“ alles das, was sich ein Gehirn ausdenken kann, realisieren wollen - dürfen und können.

Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen mit „Gödel“ nicht auf die Nerven gehe, aber es sind doch nicht nur „Löcher in der Theorie“, sondern ev. „Systemfehler“, möglicherweise mit schwerwiegenden Folgen.

Nehmen wir die um die Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert in Wien entwickelte „Einheitswisenschaft“ des Wiener Kreises, die dann durch Wiener, McCulloch und Rosenblith und andere in den USA weiterentwickelt wurde.

So wie ich es verstanden habe, ist deren „wissenschaftliche Weltsicht“ eine Kampfansage an Religion, Metaphysik und Irrationaliät, alles Dinge die mit unerklärlichen, mystischen und rational nicht erfaßbaren Erscheinungen und Gegebenheiten verbunden sind.

Dagegen sollte sichere Beweisbarkeit, mathematische Präzision und logische Klarheit gesetzt werden, um die „dunklen Winkel des Irrationalen“ auszuleuchten, um die ganze Welt als ein logisch-mathematisch berechenbares Modell verstehen und als „wissenschaftliche Weltordnung“ begreifen und beherrschen zu können.

Der Nachweis der Widerspruchsfreiheit wird zum Existenzkriterium, in der Hoffnung, durch das Aufstellen logischer und mathematisch beweisbarer Systeme endlich Sicherheit und geordnete Verhältnisse zu haben.

Das ist eine ideologische Kampfansage und zugleich die wissenschaftlich-philosophische Grundlage für die Entwicklung jener Technologie, deren Auswirkungen das Manifesto zu Recht so bitter beklagt.

Ein „Loch in der Theorie“, eine bezweifelbare und nicht beweisbare Lücke oder eine „Unabschließbarkeit“ führt sicher nicht dazu, das ein Flugzeug abstürzt oder Computernetze zusammenbrechen, ist aber ein Loch oder Webfehler in der Ideologie.

Praxis sollte doch die Verwirklichung von Theorie sein.

Für Vertreter einer „wissenschaftlichen Weltordnung“ natürlich die Verwirklichung der „richtigen“ Theorie, ihrer eigenen. Das ist doch „neues Priestertum“, die nicht irren wollen/dürfen.

Scheinbar kann ein Mathematiker wie Sie gut mit Axiomen oder „unbeweisbaren und bezweifelbaren Löchern“ leben, die für einen Philosophen eine Katastrophe wären (weil er alles beweisen muß).

Für mich ist das verwirrend: Wenn eine Wissenschaftsauffassung, die Beweisbarkeit zur Maxime macht, die Nichtbeweisbarkeit zulassen muß, ist sie doch gescheitert?

Wenn dann dieses Modell auch auf andere Disziplinen wie Biologie, Psychologie, Biowissenschaft oder Musik „interdisziplinär“ übertragen wird und auf dieser Basis die modernen Technologien entwickelt werden, die sich immer weiter in die Natur (und den Menschen) hinein entwickeln - ist das nicht gefährlich, am Ende sogar tödlich?

Einheitswissenschaft war doch ein pragmatischer „Kampfbegriff‘, wie später Minsky's „Künstliche Intelligenz (KI)“, um an die Töpfe mit den Forschungsgeldern zu kommen. Das theoretische Selbstverständnis war geprägt durch die anti-religöse, aufklärerische Grundhaltung: ICH bin selbst Gott und Schöpfer.

Die Ideen von Norbert Wiener und Warren McCulloch, die Forschungen von Marvin Minsky und den Sozialwissenschaftlern, Verhaltensforschern und Psychologen in den 50er und 60er Jahren waren doch inspiriert von diesem Wissenschaftsbegriff und diesem Sendungsbewußtsein.

Diese Wissenschaftler wußten selbst nicht, ob das gut geht. Denen war doch auch mulmig (unheimlich), weil sie wußten, das sie die Büchse der Pandora öffnen. Das hat sicher sowohl seinen Reiz, wie es auch Angst macht, dass die immer komplexeren Systeme zusammenbrechen (wie Sie ja selbst in Ihrem Brief schreiben).

Wenn Sie ein Loch in der Treibstoffleitung einer Rakete haben, muß die abstürzen.

Gödel's Thorem ist eines dieser Löcher.

Ich habe mich in letzter Zeit mit den sogenannten „Macy-Konferenzen“ beschäftigt wo die Ideen für die Übertragung von Modellwelten aus Kybernetik, Mathematik und Logik auf Sozialwissenschaften, Psychologie und Biowissenschaften erstmals vorgestellt und diskutiert wurden.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle ein Zitat aus einem Buch über die Macy Konferenzen einfügen:

„Auf Formeln aufgebaute logische Systeme, wie das Pitts-McCulloch-Modell, sowie Maschinen, die nach diesen Modellen funktionierten, unterliegen dem Gödel'schen Theorem sowie anderen mathematischen Theoremen, die systeminterne Begrenzung (inherent limitation) aufzeigen.

Als man begann, das menschliche Denken und Gehirn zu beschreiben, war es für die mit mathematischer Logik vertrauten Macy-Teilnehmer eine offene Frage, ob und wie sich diese Begrenzungen zeigen würden.“

Beschreibt nicht das Manifesto die Auswirkungen und Konsequenzen dieser „Begrenzungen“? Und, setzt nicht ein „Loch in der Theorie“ diese „wissenschaftliche Weltsicht“ in den gleichen Rang wie die „unwissenschaftliche (irrationale) Weltsicht“, die bekämpft wird?

Das eine wie das andere ist eventuell nur eine „schöne Erfindung“, wie auch der Gödel'sche Satz?

Weiter gefragt: ist auch Mathematik vielleicht auch nur l'art pour l'art, wie Bildende Kunst z.B.? Ist ein Axiom das Gleiche, wie ein abstraktes Bild oder die Musik von John Cage? Wie die Philosophie von Thoreau?

Andererseits, die Auswirkungen solcher Erkenntnisse oder Formulierungen wie Gödels Theorem, Wieners Kybernetik oder Minsky's Träumereien von KI waren ja nicht nur l'pour l'art.

Die Auswirkungen waren real und sind nachweisbar. Und die Beeinflussung der Sozialwissenschaften, der Psychiatrie und von Verhaltenswissenschaftlern wie Skinner und anderen Behavioristen ist auch nachweisbar.

Der Einfluß auf Psychologen wie Henry A. Murray, an dessen Testreihen und Versuchen in Harvard Sie ja als "subjekt" teilnehmen mußten, auch.

War Ihnen die Relevanz dieser „assessment for men“ - Versuche und der Kontext, in denen das stattfand, damals schon klar?

In diesem Zusammenhang ist mir im Manifesto aufgefallen, das sehr viele Kapitel sich sowohl auf „Leftisten“ und „Leftismus“, als auch auf „Verhaltenskontrolle, also brainwash und mindcontrol“ beziehen.

„Leftisten“ muss der Autor des Manifesto gehasst haben. Im Deutschen ist der Begriff „Leftist“ nicht bekannt. Ist meine Vermutung richtig, dass die Leftisten und Wissenschaftler, die im Manifesto beschrieben sind, ihre Vorbilder an den Universitäten der 60er Jahre in Harvard, Berkeley oder Stanford hatten?

Als Sie selbst in Harvard studiert und in Berkeley gelehrt haben, müssen Sie solche Typen getroffen und gekannt haben, und daher aus eigener Erfahrung beurteilen können, wer und was konkret gemeint ist.

Was waren Ihre Eindrücke in diesen Jahren?

Von den Studentenunruhen, den Anti-Vietnamdemonstrationen, den Drogen auf dem Campus oder den Anfängen von Brainwash und Behavior control?

Hat man davon etwas mitbekommen, war man informiert?

Was war für Sie damals, und für Sie persönlich noch heute, davon

wichtig?

Als Sie in Harvard studierten, spielten Wissenschaftler und Leute wie Dr. Richard Alpert oder Dr. Timothy Leary eine publikumswirksame Rolle (z.B. weil sie LSD an undergraduates verabreicht hatten). Oder Dr. B.F. Skinner, und der Kult des Behaviorismus, der anscheinend maximalen Zulauf von Anhängern hatte (wenn der Literatur zu glauben ist)...“.

Kann es sein, das mit „Leftisten“ Leute wie Skinner, Murray oder Leary gemeint sind? Dient der Begriff „Leftist“ zur Unterscheidung vom Begriff „Links“?

„Links“ oder „linker Effekt“ bezeichnet meines Erachtens ein Verhalten, das die bestehenden Verhältnisse ändern will und Autoritäten angreift, auch mit Rebellion und Gewalt. „Leftist“ wäre dann ein Verhalten, das nur so tut, ein „als ob“?

Für mich selbst sind diese Jahre die Zeit, wo ich anfing mich für Kunst, Popmusik und Film zu interessieren, und den „links-antiautoritären Effekt“ sehr attraktiv fand.

Gegen die Autoritäten zu sein, hiess damals im Osten (der DDR) gegen den sich als „Links“ definierenden sozialistisch-kommunistischen Staat zu rebellieren. Von heute aus betrachtet verwirrend und kurios zugleich. Für die Zusammenhänge von Wissenschaft und Politik habe ich mich erst viel später interessiert.

Ich habe gelesen, das Sie in Harvard einen „Bachelor of Arts degree at Harvard“ erlangt haben, hat das etwas mit „Kunst“ oder „Kunstgeschichte“ zu tun?

Ehe ich auf Ihre Fragen wegen einiger grammatikalischer und orthografischer Formulierungen eingehe, möchte ich Sie noch etwas anderes fragen.

Durch Bekannte habe ich eine große Menge Aufzeichnungen der Sendungen erhalten, die im US Fernsehen auf verschiedensten Kanälen zum Thema Unabomber - Ted Kaczynski - Manifesto gesendet wurden.

Hatten Sie selbst in der Zeit der Vorbereitung Ihres Prozesses in Sacramento Informationen darüber, wie Sie den Medien dargestellt und porträtiert wurden?

Wenn ich es richtig verstanden habe, waren Judy Clarke und Quin Denvir Pflichtverteidiger. Wann haben Sie bemerkt, dass das Team der Anwälte die Strategie verfolgt, Sie als „mentally ill“ zu deklarieren?

Und gab es keine Möglichkeit, zu einem früheren Zeitpunkt Anwälte zu engagieren, die mit Ihrer eigenen Verteidigungskonzeption übereinstimmten?

Wenn Sie erlauben, möchte ich nun auf Ihre Fragen eingehen.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass im Deutschen die der Satzstellung frei ist, es gibt aber Konstellationen, die „klingen“ besser als andere.

Mein Vorschlag für die Stellen in Ihrem Brief vom 12/1/02, Seite 1:

„Erinnern Sie sich aber daran, dass die mündliche Kommunikation dazu neigt, ungenau zu sein, weil man...“

„Die mündliche Kommunikation neigt dazu, ungenau zu sein, weil man...“

12/1/02, Seite 2:

„Stimmt er dieser Bedeutung der Worte zu?“

12/1/02, Seite 3:

„Befürchten Sie, dass die Flugzeuge auf Grund dieses Satzes (von Gödel) aufhören zu fliegen?“ „oder vom Himmel stürzen?“

12/1/02, Seite 6:

„Man muss aus dem Zusammenhang/Kontex heraus bestimmen/entscheiden, ob mit „Technologie“ alle Technologie, oder nur die „moderne Technolgie“ gemeint ist.“

12/1/02, Seite 7:

„Aber stimmen wir nicht darüber überein, dass man... “

„Trotzdem hat man während (der letzten) 60 Jahre sehr wenig Fortschritte bei der Beseitigung/Abschaffung der Atomwaffen gemacht.“

12/1/02:

Neujahrskarte (von wem ist die gute Idee, von Ihnen oder von Lydia?):

„Ich lasse Fotokopien davon machen und benutze/nutze sie für.. “

1/3/03, Seite 2:

„Das, was ich hier darlege, sind nur einfache (und offensichtliche) Beobachtungen mit meinem gesunden Menschenverstand.“ Oder: „Für das, was ich hier darlege, habe ich nur meinen gesunden Menschenverstand benutzt.“ Oder: „Für die folgenden Darlegungen habe ich nur meinen gesunden Menschenverstand benutzt.“

1/3/03, Seite 3:

„Woher wissen Sie, dass die Auslese in dem kapitalistischen System freier als in dem kommunistischen System wirken konnte? Oder: „Im kapitalistischen System konnte sich die natürliche Auslese freier/ungehinderter entwickeln, als im kommunistischen System“.

1/3/03, Seite 4:

Faktor ist schon klar = Faktoren

1/3/03, Seite 6:

Das ist sehr interessant. „Harm“ ist meines Erachtens Althochdeutsch, und ist im Wortstamm von „Harmlosigkeit“ enthalten, bedeutet also „ungefährlich“ sein, etwa „ein harmloser Hund beißt nicht. Ohne „Harm“ sein kann auch bedeuten, ohne Angst oder Befürchtungen zu sein. Das alte Wörterbuch hat Recht.

1/303, Seite 7:

„Ich mache mir Sorgen, dass ich kein Geld habe.“

„Ich habe ihn deutlich davon verständigt, dass ich zu Hause bin.“

Sie schreiben in Ihren letzten Briefen, das Sie sehr beschäftigt sind und viel zu tun haben.

Da möchte ich Sie neugierig fragen, was ist damit gemeint?

Was halten Sie davon, dass Sie einen kurzen Text in deutscher Sprache verfassen, vielleicht kurze Beschreibung eines Tagesablaufs oder dieser Ihrer Beschäftigungen, und ich korrigiere dann den Text?

Ein Duden, das ist ein klassisches deutsches Wörterbuch mit Rechtschreiberklärung, wäre für Sie sicher auch nützlich. Mal sehen, ob ich so etwas auftreiben und schicken kann.

So, das war wieder ein langer Brief, ich bin auf Ihre Antwort gespannt.

(sorry for Gödel again).

Ich hoffe, Ihnen geht es gut.

Mit besten Gruessen aus Hamburg

Ihr

Lutz Dammbeck

13. Februar 2003

und hier unsere ersten Versuche das Manifest zu übersetzen:

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REVOLUTION - EINFACHER ALS REFORM

140.

Wir hoffen, daß wir den Leser davon überzeugen konnten, daß man das System nicht durch Reformen verändern kann, um so Freiheit und Technologie in Einklang zu bringen.

Der einzige Ausweg ist, das gesamte industriell-technologische System abzuschaffen.

Das bedeutet Revolution, eine radikale und fundamentale Veränderung der gesamten Gesellschaft.

VERHALTENSKONTROLLE

143.

Seit es Zivilisation gibt, haben organisierte Gesellschaften physischen oder psychischen Druck auf Menschen ausgeübt, damit der soziale Organismus funktionieren konnte.

In der Vergangenheit hat sich die menschliche Natur kaum oder nur geringfügig verändert. Deshalb konnte auf Menschen nur begrenzt Druck ausgeübt werden. Sind die Grenzen erreicht, was Menschen an Druck ertragen können, dann entstehen Aufruhr, Verbrechen, Korruption, Arbeitsverwei-gerung, Depression odere andere mentale Probleme, erhöht sich die Todesrate, gibt es Geburtenrück-gang. Es tritt etwas ein, das den Niedergang oder Zusammenbruch der Gesellschaft zur Folge hat oder sie dermaßen schwächt, daß sie von einer leistungsfähigeren Gesellschaft abgelöst wird.[1]

144.

Auf diese Weise hat die menschliche Natur in der Vergangenheit der Entwicklung von Gesellschaften gewisse Grenzen gesetzt. Der Mensch konnte nur bis zu einem bestimmten Punkt Druck ertragen. Gegenwärtig setzt eine Veränderung ein, weil die moderne Technologie Wege gefunden hat, die menschliche Natur zu verändern.

145.

Man stelle sich eine Gesellschaft vor, die Menschen Lebensbedingungen unterwirft, die sie sehr unglücklich machen: Daraufhin verabreicht sie ihnen Drogen, die ihr Unglück beseitigen.

Science fction? Dies ist bereits in gewissem Umfang in unserer Gesellschaft üblich.

Weithin bekannt ist, daß die Anzahl von Menschen mit klinischen Depressionen in den letzten Jahrzehnten dramatisch gestiegen ist. Dieser Anstieg von Depressionen ist auf jeden Fall das Ergebnis EINIGER Lebensbedingung-en in der heutigen Gesellschaft. Anstelle die Ursachen dafür zu beseitigen, erhalten sie antidepressive Medikamente. Damit wird der innere Zustand der Person so verändert, daß er nun die sozialen Bedingungen aushalten kann, die sonst nicht zu ertragen wären.

(Ja, wir wissen, daß Depression oft rein genetisch bedingt sein kann. Wir beziehen uns hier auf die Fälle, in denen die Umwelt (Gesellschaft?) dafür verantwortlich ist).

146.

Drogen, die auf das Bewußtsein einwirken, sind nur ein Beispiel für die Methoden, Kontrolle über menschliche Verhaltensformen zu erlangen. Werfen wir einen Blick auf andere Methoden.

147.

Zuerst die Überwachungstechniken. Versteckte Kameras werden in den meisten Läden und an vielen anderen Orten zur Überwachung benutzt. Üblich ist der Einsatz von Computern, um in großem Ausmaß Informationen über Personen zu sammeln und auszuwerten.

Mit den auf solche Weise gesammelten Informationen läßt sich verstärkt Druck ausüben (i.e. Rechtsvollstreckung).[2] Dann gibt es die Propagandamethoden der Massenmedien. Es wurden wirksame Methoden entwickelt, um Wahlen zu gewinnen, um Produkte zu verkaufen, oder die öffentliche Meinung zu beeinfussen. Die Unterhaltungsindustrie dient als wichtiges psychologisches Werkzeug des Systems, auch dann (vor allem dann?), wenn ihre hauptsächlichen Themen Sex und Gewalt sind. Unterhaltung ermöglicht dem modernen Menschen, seiner Realität vorübergehend zu entfiehen.

Der primitive Mensch dagegen ist im Einklang mit sich selbst und der Welt.

Er kann deshalb, wenn er seine Arbeit getan hat, stundenlang herumsitzen ohne etwas zu tun.

Der moderne Mensch dagegen muß immer beschäftigt oder unterhalten werden, sonst fühlt er Langeweile, d.h. er wird unruhig, er fühlt sich unbehaglich und gereizt.

148.

Andere Techniken gehen weiter als die zuvor beschriebenen. Es ist inzwischen eine wissenschaftliche Aufgabe, die Entwicklung eines Kindes zu überwachen. "Mentale Gesundheitsprogramme", Methoden der Vermittlung, Psychotherapie u.a. wurden vorgeblich zum Nutzen der Menschen entwickelt. In Wirklichkeit dienen sie dazu, das Denken und Verhalten der Menschen dem System anzupassen. (Hierin liegt kein Widerspruch: eine Person deren Verhalten zu Konfikten mit dem System führt, stellt sich gegen eine Macht, die sie nicht überwinden und der sie nicht entkommen kann. Somit wird sie unter psychischem Druck, Niedergeschlagenheit und Frustration leiden. Sie hat es wesentlich leichter, wenn sie sich so verhält und denkt, wie das System es erfordert.

In diesem Sinne handelt das System für das Wohlergehen des Einzelnen, wenn es ihn durch Gehirnwäsche dem Anpassungsprozeß unterzieht. In allen Kulturen wird Kindesmißbrauch in seinen erschreckenden und offensichtlichen Formen verurteilt und als grundlose Gewalt gegen Kinder abgelehnt. Viele Psychologen haben aber eine weitergehende Auslegung von Mißbrauch entwickelt.

Ist Prügel als Teil eines bewußt eingesetzten Mittels zur Disziplinierung eine Form des Mißbrauchs? Diese Frage wird letztlich dadurch entschieden werden, ob Prügelstrafe dazu dient, das Verhalten einer Person dem Gesellschaftssystem anzupassen.

Das Wort "Mißbrauch" wird in der Praxis für alle Arten von Kinderaufzucht (-erziehung?) benutzt, die nicht System-gemäßes Verhalten fördern.

Wenn sie also über das Verhindern von offenbar sinnloser Grausamkeit hinausgehen, dienen Programme zur Verhinderung von "Kindesmißbrauch" der Kontrolle von Verhalten, zugunsten des Systems.

149.

Vermutlich werden Forschungen sich verstärkt damit befassen, die Leistungsfähigkeit psychologischer Methoden zur Kontrolle menschlichen Verhaltens zu verbessern. Wir denken aber, daß psychologische Methoden allein nicht ausreichen werden, um die Menschen einer Gesellschaft anzupassen, die durch moderne Technologie bestimmt wird. Man wird wahrscheinlich auch biologischen Methoden anwenden müssen. Wir haben bereits den Gebrauch von Drogen in diesem Zusammenhang erwähnt. Neurologie könnte ein anderer Weg zur Veränderung des menschlichen Bewußtseins sein. Genetische Manipulation des Menschen wird bereits in Form von "Gentherapie" angewendet, es gibt keinen Grund anzunehmen, daß solche Methoden nicht auch angewendet werden, um bestimmte körperliche Aspekte zu verändern, die einen Einfuß auf mentale Funktionen haben.

151.

Die heute sichtbare gesellschaftliche Zerstörung ist keineswegs Ergebnis eines Zufalls, sondern ist Ergebnis der Lebensbedingungen, die das System den Menschen auferlegt hat. (Wie wir bereits dargelegt haben, ist einer der Hauptgründe die Zerstörung der Selbstverwirklichung.) Wenn es dem System gelingen sollte, menschliches Verhalten einer totalen Kontrolle zu unterwerfen, würde die Menschheitsgeschichte in ein neues Stadium eintreten. Während in früheren Gesellschaften die Grenzen der menschlichen Natur die Begrenzung des Drucks vorschrieben ( wie wir in Paragraphen 143,144 erklärten), ist die industrielle-technologische Gesellschaft bald in der Lage, diese Grenzen zu überschreiten, indem sie Menschen verändert, sei es durch psychologische oder biologische Methoden oder durch Anwendung beider Methoden.

In Zukunft werden technologische Systeme nicht mehr den menschlichen Bedürfnissen, sondern die Menschen den Bedürfnissen des Systems angepaßt werden. [3]

152.

Im allgemeinen läßt sich sagen, daß technologische Kontrolle über menschliches Verhalten nicht unbedingt aus totalitären (ideologischen?)^ Gründen eingeführt wird oder aus einem bewußten Verlangen, die menschliche Freiheit zu beschränken.[4]

Jeder Schritt dieser Kontrolle über menschliches Bewußtsein wird eine rationale Antwort auf ein Problem sein, mit dem die Gesellschaft konfrontiert ist, wie z.B. der Kampf gegen Alkoholismus, gegen die Verminderung der Kriminalität oder für die Motivation der Jugend zum Studium von Wissenschaft und

Technik. In den meisten Fällen wird es eine humanitäre Rechtfertigung geben.

Zum Beispiel: wenn ein Psychiater einem depressiven Patienten ein antidepressives Medikament verschreibt, tut er es, um ihm zu helfen. Es wäre geradezu unmenschlich, demjenigen das Medikament vorzuenthalten, der es benötigt. Wenn Eltern ihre Kinder in ein Lern-Center schicken, damit sie dort zum Lernen motiviert werden, dann tun sie das zum Wohle ihrer Kinder. Vielleicht sind einige Eltern der Meinung, daß es besser wäre, ihre Kinder müßten nicht wegen der Perfektion am Computer auf diese Weise manipuliert und einer Gehirnwäsche unterzogen werden. Aber was bleibt ihnen übrig? Sie können die Gesellschaft nicht ändern, und ihre Kinder bekommen vielleicht keine Arbeit, wenn sie nicht bestimmte Fähigkeiten gelernt haben. So werden sie also ihre Kinder in das Lernzentrum schicken.

153.

Somit wird Kontrolle über menschliches Verhalten nicht als vorsätzliche Entscheidung von Behörden eingesetzt, sondern erfolgt im Zuge des gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses (SCHNELLE Entwicklungen). Es ist unmöglich, sich diesem Prozeß entgegenzustellen, weil jeder Fortschritt für sich gesehen nützlich ist, oder wenigstens wird das im Fortschritt enthaltene Schlechte von Nutzen scheinen, oder der Nachteil wird scheinbar den Vorteil nicht überwiegen (vgl. § 127). Propaganda wird beispielsweise für viele gute Zwecke benutzt, wie gegen Kindesmißbrauch oder Rassenhaß. Sexuelle Erziehung ist zweifellos nützlich, dennoch wird durch sexuelle Erziehung (wenn sie erfolgreich ist) der Familie die Einfußnahme auf sexuelles Verhalten genommen und dem Staat als Vertreter des öffentlichen Schulsystems übertragen.

156.

In § 127 haben wir festgestellt, daß wenn der Nutzen einer neuen technologischen Erfndung ANFANGS optimal ist, er nicht immer so BLEIBEN muß, weil die neue Technologie die Gesellschaft dahingehend verändert, daß es schwierig oder unmöglich für den einzelnen wird, ohne diese Technologie auszukommen. Das läßt sich auch auf Verhaltenstechnologien anwenden. In einer Welt, in der die meisten Kinder mittels eines Programms zum Lernen motiviert werden, werden Eltern weitgehend gezwungen, ihre Kinder einem solchen Programm zu unterziehen. Würden sie das nicht tun, wären ihre Kinder vergleichsweise ungebildet und würden später keine Arbeit fnden.

Angenommen, man würde eine biologische Behandlungsmethode entdecken, die keine unerwünschten Nebenwirkungen hätte und mit der die psychologischen Belastungen weitgehend verringert werden könnten, unter denen ein großer Teil der Menschen in unserer Gesellschaft leidet. Wenn ein großer Teil der Menschen sich dieser Behandlung unterziehen würde, wäre damit der allgemeine Grad der Belastung vermindert und das System hätte einen größeren Spielraum, den psychologischen Druck zu erhöhen. Tatsächlich ist dies in unserer Gesellschaft bereits geschehen, nämlich durch die Massenunterhaltung, die als psychologisches Mittel bei Menschen Stress reduziert ( oder wenigstens vorübergehend entlastet) (vgl. § 147). Unser Gebrauch der Massenunterhaltung ist "optimal": kein Gesetz zwingt uns dazu, fernzusehen, Radio zuhören, Zeitungen zu lesen. Dennoch ist Massenunterhaltung ein Mittel, den Stress zu verringern, der die meisten von uns belastet. Jeder beschwert sich über die schlechten Fernsehsendungen, aber jeder sieht sie sich an. Nur wenige sehen prinzipiel nicht mehr fern, und jemand, der überhaupt KEINE Form der Massenunterhaltung wahrnimmt (in der Menschheitsgeschichte haben die meisten bis vor kurzem keine andere Unterhaltung gekannt, als in ihrer eigenen Gemeinschaft und waren damit zufrieden), ist sehr selten. Ohne die Unterhaltungsindustrie würde das System nicht in der Lage sein, uns in diesem Ausmaß einer Stressbelastung auszusetzen.

157.

Angenommen, daß die industrielle Gesellschaft überlebt, wird die Technologie wahrscheinlich in der Lage sein, menschliches Verhalten total zu kontrollieren. Es gibt keinen rationalen Zweifel daran, daß menschliches Bewußtsein und Verhalten vor allem eine biologische Grundlage hat. Wie Versuche gezeigt haben, können Gefühle wie Hunger, Freude, Ärger und Angst durch elektrische Stimulierung gewisser Gehirnteile abgestellt oder hervorgerufen werden. Das Erinnerungsvermögen kann zerstört werden, indem man Teile des Gehirns auslöscht oder durch elektrische Stimulation wiederbelebt.

Halluzinationen und Stimmungen können durch Drogen verändert werden.

Möglicherweise gibt es eine immaterielle menschliche Seele, die aber nicht in dem Maße wie die biologischen Mechanismen auf das Verhalten einwirkt.

Wenn dies der Fall wäre, würden die Forscher nicht in der Lage sein, menschliche Gefühle und Verhalten mittels Drogen und Elektroschocks so leicht zu manipulieren.

158.

Vermutlich wäre es nicht durchführbar, allen Menschen Elektroden einzupfanzen, damit sie von den Behörden kontrolliert werden können. Aber die Tatsache, daß das menschliche Bewußtsein und Gefühlsleben biologischen Eingriffen offensteht, macht deutlich, daß es sich bei der Kontrolle menschlichen Verhaltens lediglich um ein technisches Problem handelt: nämlich ein Problem von Neuronen, Hormonen und komplexen Molekülen. Diese Problemstellung ist mit wissenschaftlichen Mitteln zu lösen, und die bisherigen Leistungen der Gesellschaft bei der Lösung technischer Probleme machen es wahrscheinlich, daß auch bei der Verhaltenskontrolle große Fortschritte erzielt werden.

159.

Würde öffentlicher Widerstand die Einführung technologischer Kontrolle über menschliches Verhalten verhindern? Dies könnte durchaus möglich sein, wenn eine solche Kontrolle ganz plötzlich umfassend eingesetzt würde. Da aber eine technologische Kontrolle nur ganz allmählich in verschiedenen Abschnitten eingeführt wird, ist es unwahrscheinlich, daß es nachhaltigen öffentlichen Widerstand dagegen geben wird. (vgl. § 127, 132, 153.)

160.

Wir möchten diejenigen, die meinen daß sich alles hier gesagte zu sehr nach Science Fiction anhört, daran erinnern, daß die Science Fiction von gestern die Tatsachen von heute sind. Die Industrielle Revolution hat die Umgebung und die Lebensweise des Menschen radikal verändert. Deshalb ist zu erwarten, daß je mehr die Technologie sich mit dem menschlichen Körper und Bewußtsein befaßt, der Mensch sich genauso radikal verändern wird wie seine Umwelt und seine Lebensweise.

"Ich stelle mir eine Zeit vor, in der Roboter Menschen auf die gleiche Weise betrachten, wie Menschen heute Hunde. Und ich stimme für die Maschinen.1"

Oder ist besser:

„Ich stelle mir vor, dass Roboter in Zukunft Menschen auf die gleiche Art und Weise betrachten, wie Menschen heute Hunde. Und ich bin damit einverstanden. 2 Und sie haben recht. 3

Welche Variante finden sie besser?

DIE MENSCHHEIT AM SCHEIDEWEG
161.

Es ist ein Unterschied, ob man mit Laborversuchen psychologische und biologische Techniken zur Manipulation menschlichen Verhaltens durchführt oder diese Techniken in ein Gesellschaftssystem zu integrieren versucht. Das letztere ist weitaus schwieriger.

Ein Beispiel: obwohl die psychologische Erziehung in den sogenannten "Lab Schools", wo sie entwickelt wird, sehr gut funktioniert, ist es doch schwierig, diese Methode in das allgemeine Erziehungssystem einzuführen. Wir wissen alle, was an unseren Schulen heute los ist.

Die Lehrer sind damit beschäftigt, den Kindern die Messer und Waffen wegzunehmen und ihnen beizubringen, mit Computertechnik umzugehen.

Somit ist das System bisher trotz aller Fortschritte nicht sehr erfolgreich in der Kontrolle menschlichen Verhaltens. Die Menschen, deren Verhalten bereits weitgehend vom System kontrolliert wird, sind die sogenannten "Bourgeois". Es wächst die Zahl der Menschen, die gegen das System rebellieren: Wohlfahrtsempfänger, Jugendbanden, Sektenanhänger, Satanisten, Nazis, radikale Umweltschützer u.a.

163.

Wenn das System die Krise in den nächsten Jahrzehnten übersteht, wird es ihm gelungen sein, in diesem Zeitraum die Anpassung der Menschen an das System zu kontrollieren und die Menschen gefügig zu machen, so daß ihr Verhalten nicht länger eine Bedrohung für das System bedeutet.

Ist das einmal erreicht, gäbe es kein weiteres Widerstandspotential (?), die Entwicklung der Technologie aufzuhalten. Dies würde als logische Konsequenz die totale Kontrolle über alles auf der Erde, einschließlich der Menschen und aller wichtigen Lebensformen bedeuten.

Das System würde dann eine einheitliche, monolithische Organisation darstellen, oder aus nebeneinander existierenden Organisationen bestehen, die kooperieren und im Wettbewerb stehen, wie heute die Regierung mit Aktiengesellschaften und großen Organisationen miteinander konkurrieren.

Menschliche Freiheit wird es dann nicht mehr geben, weil einzelne Personen und kleine Gruppen gegenüber den mit Supertechnologien und einem Arsenal von neuesten

psychologischen und biologischen Methoden zur Manipulation von Menschen, neben Instrumenten zur Beobachtung und Anwendung von physischem Zwang ausgerüsteten großen Organisationen völlig machtlos sind. Nur eine kleine Gruppe von Menschen hat dann wirkliche Macht, und selbst diese haben nur begrenzte Freiheit, denn auch ihr Verhalten wird reguliert und genormt werden, wie heute unsere Politiker und einfußreiche Aufsichtsräte ihre Machtpositionen nur so lange innehaben, wie sie ihr Verhalten den vorgegebenen gesellschaftlichen Normen anpassen können.

164.

Man sollte nicht glauben, daß das System aufhören wird, weitere Techniken für

Verhaltenskontrolle über Menschen und Natur zu entwickeln, wenn die Krise der nächsten Jahrzehnte überwunden ist.

Im Gegenteil, wenn diese schwierigen Zeiten vorüber sind, wird das System seine Kontrolle über Menschen und Natur schnell verstärken, um nicht erneut aufgehalten zu werden.

Der Wille zum Überleben ist aber nicht das Hauptmotiv für die ausgedehnte Kontrolle.

Wie wir in § 87-90 erklärt haben, stellt die Arbeit der Wissenschaftler und Techniker für sie selbst eine Ersatzhandlung dar, sie befriedigen ihr eigenes Machtbedürfnis indem sie technologische Probleme lösen. Sie werden damit bei ungemindertem Enthusiasmus fortfahren. Die interessantesten und herausforderndsten Problemen stellen für sie dabei die Erforschung des menschlichen Körpers und Bewußtseins dar, sowie Möglichkeiten, deren Entwicklung zu beeinfussen. Natürlich alles "im Namen der Humanität".

170.

"Oh"! sagen die Verfechter der Technologie, "die Wissenschaft bringt das alles in Ordnung! Wir werden Hunger überwinden und psychologische Krankheiten bekämpfen, jeder wird gesund und glücklich sein!" Sicher, das haben sie schon vor 200 Jahren gesagt. Die Industrielle Revolution sollte Armut beseitigen und jedermann glücklich machen. Aber das heutige Ergebnis ist ganz anders. Die Verfechter der Technologie sind hoffnungslos naiv und betrügen sich selbst in ihrem Verständnis gesellschaftlicher Probleme. Sie merken nicht, oder wollen nicht wissen, daß große Veränderungen der Gesellschaft, die anfangs nützlich zu sein scheinen, auf lange Sicht zu anderen Veränderungen führen, die nicht vorhersehbar sind (§ 103). Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Anhänger der Technologie bei dem Versuch, Armut und Krankheit zu beenden, Gesellschaftssysteme schaffen werden, die viel schlimmer sind als die heutigen. Zum Beispiel brüsten sich Wissenschaftler damit, daß sie Hunger beenden und neue genetisch manipulierte Nutzpfanzen schaffen werden. Aber damit könnte die menschliche Bevölkerung unendlich weiter anwachsen, und es ist bekannt,

daß Menschenmengen zu Stress und Aggression führen. Das ist nur ein Beispiel von den VORAUSSAGBAREN Problemen, die sich ergeben werden. Wir möchten betonen, daß vergangene Erfahrungen gezeigt haben, daß technischer Fortschritt zu anderen neuen Problemen führt, die für die Zukunft NICHT voraussagbar sind (§103).

Seit der Industriellen Revolution hat die Technologie viel schneller neue Probleme für die Gesellschaft geschaffen als alte gelöst. So wird es eine lange und schwierige Periode von Prüfungen und Irrtümern für die Verfechter der Technologie geben, in der sie die Irrtümer ihrer Schönen Neuen Welt wieder in Ordnung bringen müssen (falls sie das jemals tun werden). Das wird große Leiden verursachen. Deshalb ist es nicht sicher, ob das Überleben der industriellen Gesellschaft weniger Leiden bringt als ihr Zusammenbruch. Die Technologie hat die Menschheit an sich gefesselt und es sieht nicht so aus, als würde ein Entkommen daraus einfach sein.

DIE ZUKUNFT

171.

Vorausgesetzt, daß die industrielle Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten überlebt und das System von den Fehlern weitgehend befreit werden könnte, stellt sich die Frage, was für eine Art von System es dann wäre? Wir wollen verschiedene Möglichkeiten betrachten.

172.

Zuerst wollen wir von der Voraussetzung ausgehen, daß es den Computerwissenschaftlern gelingt, intelligente Maschinen zu entwickeln, die alle Dinge besser als der Mensch tun können. In diesem Fall könnten hochorganisierten Maschinensysteme alle Arbeiten verrichten, und dadurch Menschenkraft überfüssig machen

Es könnten dann zwei Dinge geschehen: Maschinen entscheiden ohne vom Menschen beaufsichtigt zu werden, oder der Mensch behält die Kontrolle über die Maschinen.

173.

Wenn Maschinen ihre eigenen Entscheidungen treffen können, dann ist das Ergebnis nicht voraussehbar, weil es unvorstellbar ist , wie Maschinen sich verhalten werden.

Wir können lediglich feststellen, daß das Schicksal der Menschheit dann von den Maschinen abhängen würde. Man könnte entgegnen, daß die Menschheit niemals so wahnsinnig wäre, ihre Macht an Maschinen abzugeben. Wir behaupten weder, daß die Menschheit das freiwillig tun würde, noch daß die Maschinen sich willentlich die Macht aneignen würden.

Was wir behaupten ist, daß die Menschheit einfach in die Situation solcher Abhängigkeit von Maschinen geraten kann, so daß sie keine andere Wahl hat, als alle Entscheidungen der Maschinen zu akzeptieren. Da die Gesellschaft und ihre Probleme immer komplexer und Maschinen immer intelligenter werden, werden die Menschen den Maschinen immer mehr Entscheidungen überlassen müssen, einfach deshalb, weil deren Entscheidungen besseren Ergebnisse erzielen werden als menschliche Entscheidungen. Möglicherweise wird man eine Stufe erreichen, auf der zur Erhaltung des Systems notwendigen Entscheidungen so komplex werden, daß Menschen dann wegen ihrer begrenzten Intelligenz gar nicht mehr in der Lage sein sind, diese Entscheidungen zu treffen. Wenn diese Stufe erreicht ist, werden die Maschinen die Kontrolle erlangt haben. Der Mensch wird dann nicht mehr fähig sein, die Maschinen einfach abzuschalten, weil er so abhängig geworden ist, daß ein Abschalten kollektiver Selbstmord bedeuten würde.

174.

Es ist aber auch möglich, daß der Mensch die Kontrolle über die Maschinen behält. In diesem Fall wird der Durchschnittsbürger die Kontrolle über bestimmte Maschinen in seinem Privatbesitz haben, wie über sein Auto oder seinen Computer, aber die Kontrolle über die großen Maschinensysteme wird in der Hand einer kleinen Elite sein, wie heute auch. Jedoch mit zwei Unterschieden: wegen der fortgeschrittenen Technik wird die Elite eine umfassendere Kontrolle über die Massen ausüben. Da keine menschliche Arbeit mehr notwendig ist, sind die Massen überfüssig und eine unnütze Bürde für das System.

Wenn die Elite unbarmherzig ist, wird sie einfach die Entscheidung zur Ausrottung der Menschenmasse treffen. Ist sie human, dann wird sie mit Hilfe von Propaganda und anderen psychologischen oder biologischen Techniken die Geburtenrate soweit senken, bis die Menschheit ausstirbt und die Welt der Elite überlassen bleibt.

Sollte die Elite aus weichherzigen Liberalen bestehen, dann könnte sie sich für die Rolle des guten Hirten entscheiden, der über die Menschheit wacht.

Dann wird sie versuchen, die natürlichen Bedürfnisse aller zu befriedigen und die Aufzucht der Kinder unter psychologisch-hygienischen Bedingungen überwachen.

Jeder wird (muß dann?)Q irgendein Hobby haben, das ihn beschäftigt. Wer unzufrieden ist, muß sich einer "Behandlung" unterziehen, um sein "Problem" zu lösen.

Natürlich wird das Leben so sinnlos sein, daß die Menschen biologisch oder psychologisch manipuliert werden müssen, um das natürliche Bedürfnis nach Selbstverwirklichung zu ersetzen und durch ein harmloses Hobby zu sublimieren.

Diese manipulierten Menschen mögen sich vielleicht in einer solchen Gesellschaft glücklich fühlen, ihre Freiheit haben sie aber gänzlich verloren. Ihr Zustand hat sich auf die Ebene von Haustieren reduziert.

175.

Angenommen aber, daß die Computerwissenschaft nicht in der Lage ist, künstliche Intelligenz zu entwickeln, so bleibt menschliche Arbeit weiterhin notwendig.

Selbst dann werden Maschinen verstärkt einfache Arbeiten übernehmen und damit einen Überschuß an menschlichen Arbeitskräften schaffen. (Diese Tendenz ist bereits heute sichtbar. Es gibt inzwischen viele Menschen, die keine Arbeit fnden, weil sie aus intellektuellen oder psychologischen Gründen nicht den nötigen Ausbildungsstand haben, der sie brauchbar für das gegenwärtige System macht.) An Arbeitnehmer werden immer höhere Anforderungen gestellt. Sie benötigen weitere Ausbildung, größere Fähigkeiten, sie müssen zuverlässiger und anpassungsfähiger werden, weil sie nur noch Zellen in einem riesigen Organismus sind. Ihr Aufgabenbereich spezialisiert sich immer stärker, durch die Konzentration auf ihren winzigen Bereich verlieren sie den Bezug zur Realität.

Das System muß dann alle psychologischen und biologischen Mittel anwenden, um die Menschen anpassungsfähig zu machen und ihre Bedürfnisse nach Selbstbestimmung zu "sublimieren". Die zukünftige Gesellschaft könnte den Wettbewerb einsetzen, indem sie Wettbewerbsverhalten in solche Bahnen lenkt, die dem System nützen.

Wir können uns eine zukünftige Gesellschaft vorstellen, in der es endlose Konkurrenzkämpfe um Positionen, Prestige und Macht gibt. Aber nur wenige werden an der Spitze der eigentlichen Macht stehen (§ 163). Sehr abstoßend ist eine Gesellschaft, in der jemand seine Machtbedürfnisse dadurch befriedigen kann, daß er viele andere aus dem Weg räumen und DEREN Machtstreben besiegen muß.

176.

Man kann sich Szenarien ausmalen, die Aspekte mehrerer anderer Möglichkeiten enthalten als jene, die wir hier diskutiert haben. So könnte es möglich sein, daß Maschinen vor allem die wichtigsten Arbeiten übernehmen, während die Menschen unwichtige Tätigkeiten verrichten und dadurch beschäftigt werden. Es wurde bereits vorgeschlagen, daß durch weitere Entwicklung des Dienstleistungssektors mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies würde bedeuten, daß Menschen ihre Zeit damit verbringen, einander Schuhe zu putzen, als Taxifahrer einander herumzufahren, handwerkliche Arbeiten für einander auszuführen, einander in Restaurants zu bedienen etc. Dies scheint uns ein menschenunwürdiger Weg zu sein und wir zweifeln daran, daß viele Menschen ein erfülltes Leben in solcherart sinnlosen Beschäftigungstherapien fnden.

Sie würden dann andere gefährliche Auswege suchen (Drogen, Verbrechen, Sekten, Haßgruppen) bis man sie biologisch oder psychologisch so manipuliert, um sie dem gesellschaftlichen Leben anzupassen.

177.

Es versteht sich von selbst, daß mit den hier aufgezeigten Szenarien nicht alle Möglichkeiten erschöpft sind. Sie sollten nur die uns am wahrscheinlichsten scheinenden Folgen aufzeigen. Wir könnten leicht andere einleuchtenden Beispiele fnden, als die beschriebenen. Es ist wahrscheinlich, daß das industrielltechnologische System in den nächsten 40 bis 100 Jahren überleben wird. Dann hätte es bestimmte allgemeine Merkmale hervorgebracht: Einzelpersonen werden mehr als jemals von großen Organisationen abhängig sein (zumindest der Bourgeois, der hauptsächlich für das Funktionieren des Systems verantwortlich ist und deshalb die Macht ausübt). Sie werden mehr als je zuvor "angepaßt" sein, ihre physischen und mentalen Eigenschaften werden aber vor allem Resultat künstlicher Manipulationen sein und nicht mehr Ergebnis des Zufalls (des göttlichen Willens oder was immer sonst). Die Überreste der ursprünglichen Natur wird man zum Zwecke wissenschaftlicher Studien unter Aufsicht und Verwaltung von Wissenschaftlern stellen (damit verliert auch dieser Rest seine Ursprünglichkeit).

Auf Dauer (einige Jahrhunderte von jetzt an) ist es wahrscheinlich, daß weder die Menschheit noch andere wichtige Lebensformen in der heutigen Form fortbestehen werden. Die einmal vorgenommene Veränderung durch genetische Manipulation wird nicht an einem speziellen Punkt gestoppt und deshalb fortgeführt werden, bis der Mensch und andere Lebensformen völlig umgestaltet sind.

178.

Was immer eintreten mag, eines ist sicher: die Technologie schafft für die Menschen eine neue biologische (?) und soziale Umwelt, die sich radikal von der Umwelt unterscheidet, aus der die Menschheit physisch und psychisch hervorgegangen ist.

Wenn der Mensch sich nicht durch künstliche Manipulation an diese neuen Umwelt anpaßt, dann wird er durch einen langen, schmerzhaften Prozeß der natürlichen Auslese dazu gezwungen werden. Das erstere ist wesentlich wahrscheinlicher als das letztere.

179.

Es wäre besser, das ganze verrottete System zu beseitigen und die Folgen auf sich zu nehmen.

STRATEGIE

183.

Wenn man für eine Ideologie begeisterte Unterstützung bekommen will, muß sowohl ein positives wie ein negatives Ideal existieren, das FÜR etwas und GEGEN etwas steht.

Das von uns vorgeschlagene positive Ideal ist die Natur, nämlich die URSPRÜNGLICHE Natur, die Lebensformen der Erde, die unabhängig von menschlicher Lenkung, Eingriffen und Kontrolle existieren. Zur ursprünglichen Natur gehört auch der Mensch, wobei wir die

physischen Aspekte des menschlichen Individuums meinen, die nicht einer Regulierung durch die organisierte Gesellschaft unterliegen, sondern vom Zufall, dem freien Willen, oder von Gott (je nach den religiösen und philosophischen Vorstellungen) abhängig sind.

184.

Die Natur ist aus verschiedenen Gründen ein perfektes Gegenbild zur Technologie.

Natur (die außerhalb der Macht des Systems existiert), ist der Technologie (die ihre Macht innerhalb des Systems (Frage: technologisches System?) unendlich auszuweiten sucht) entgegengesetzt. Die meisten Menschen werden darin übereinstimmen, daß Natur schön ist; sie hat eine unglaubliche Anziehungskraft.

Die radikalen Umweltschützer haben SCHON eine Ideologie, die die Natur als erstrebenswertes Ziel der Technologie entgegensetzt.[1] Um der Natur willen ist es nicht notwendig , eine phantastische Utopie oder eine neue Gesellschaftsordnung zu entwerfen.

Die Natur sorgt für sich selbst. Sie war eine spontane Schöpfung, die lange vor jeder menschlichen

Gesellschaftsordnung existiert hat, und Jahrhunderte lang haben viele Gesellschaften im Einklang mit der Natur gelebt, ohne große Zerstörungen anzurichten.

Erst durch die industrielle Revolution haben die Auswirkungen der menschlichen Gesellschaft in der Natur unermeßlichen Verwüstungen angerichtet. Um die Natur von diesem Druck zu befreien, ist es nicht nötig, ein besonderes Gesellschaftssystem zu schaffen, sondern sich von der industriellen Gesellschaft zu befreien. Natürlich werden damit nicht alle Probleme gelöst.

Die industrielle Gesellschaft hat der Natur bereits unermeßlichen Schaden zugefügt, und es wird lange dauern bis diese Narben verheilt sind. Auch vorindustrielle Gesellschaften können der Natur bedeutenden Schaden zufügen. Dennoch wird erst durch das Verschwinden der industriellen Gesellschaft etwas Wesentliches erreicht werden.

Damit wird die Natur vom schlimmsten Druck befreit, so daß die Narben verheilen können.

Die organisierte Gesellschaft wird nicht mehr fähig sein, die Natur zu kontrollieren (einschließlich die menschliche Natur).

Ganz gleich welche Gesellschaft nach der industriellen Gesellschaft entstehen wird:

die meisten Menschen werden dann in der Natur leben, denn eine fortgeschrittene Technologie wird es nicht mehr geben, die Menschen KÖNNEN dann nicht anders leben. Um sich zu ernähren, müssen sie Bauern, Hirten, Fischer oder Jäger sein.

Die lokale Autonomie wird zunehmen, wenn es keine Technologie, großen Organisationen und schnelle Kommunikation mehr gibt, um lokale Gemeinwesen zu kontrollieren.

185.

Was die negativen Folgen angeht - nun ja, man kann nicht zwei Dinge zugleich haben - um das eine zu bekommen, muß man das andere aufgeben.

10) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

27.Februar 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe Ihren Brief vom 14.1.03 oder vom 13.2.03 heute erhalten. (Die Daten, die Sie auf diesen Brief gestellt haben, stehen zueinander im Widerspruch).

Ich kann Ihre Fragen keineswegs beantworten, ehe wenigstens vier oder fünf Monate vergangen sind. Ich bin zu beschäftigt. Zum Beispiel, haben meine Anwälte meiner Freundin vierzehn große Kartons Papiere geschickt.

Eine unvollständige Liste des Inhalts dieser Kartons ist ein Stoß Papier ungefähr 2,5 Zentimeter dick. Ich muß den ganzen Stoß durchlesen und meiner Freundin vorschreiben, was Sie mit jeder Urkunde machen solle.Und das ist nur eine der vielen Aufgaben, die ich erledigen muß.

Was die letzte Seite Ihres Briefes betrifft, müßen Sie mir kein Wörterbuch schicken!

Das Federal Bureau of Prisons hat eine neue Regel über das Einschicken von Bücher eingeführt, und wenn Sie mir irgendein Buch schickten, würden die Behörden es Ihnen wegen dieser Regel wahrscheinlich zurücksenden.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

27.2.03

11) 17. Februar 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

nachdem ich meinen Brief am 14.Februar abgeschickt hatte, bin ich Ihren Brief vom 3.Januar noch einmal durchgegangen und habe einige Stellen entdeckt, auf die ich geantwortet habe, aber bei denen ich mir auf einmal unsicher war, ob ich nicht Ihre deutschen Formulierungen ungenau interpretiert und gelesen habe.

Damit es keine Mißverständnisse gibt, habe ich Ihren Text nochmal (gekürzt) sinngemäß aufgeschrieben, und auch Ihre übrigen Fragen vom 3.Januar 03 beantwortet. Bitte sagen Sie mir, ob Ihr Text richtig wiedergegeben ist:

Seite 1, Zeile 26:

Wenn ich richtig verstehe, was Sie im oberen Teil der Seite 6 (15/8/02) schreiben, meinen Sie, das die moderne Technologie doch nicht schlecht ist, wenn sie innerhalb eines Systems existiert, das nicht versucht, Menschen zu verbessern, zu kontrollieren, zu standardisieren und zu automatieren, weder körperlich noch psychisch.

Aber die Eigenschaften einer Gesellschaft existieren nicht zufällig und voneinander unabhängig; alle sind miteinander verbunden.

Deshalb können Sie nicht sagen: “Wir werden eine Gesellschaft machen, die diese und jene Eigenschaften hat“ und so tun, als ob Sie die Eigenschaften der Gesellschaft beliebig festlegen und bestimmen können.

Es ist sehr unwahrscheinlich, das ein solches System möglich ist.

Dafür gibt es mehrere Gründe, von denen ich nur folgenden anführen möchte: Es gibt eine Art von „natürlicher Auslese“, die auch innerhalb der menschlichen Gesellschaft wirkt. (Ich meine aber keine Theorie des „sozialen Darwinismus“ oder dergleichen).

Meine Gedanken sind nur das Resultat der Anwendung des gesunden Menschenverstands...

... Zum Beispiel: Im Kampf zwischen Kapitalismus und Kommunismus hat der Kapitalismus gesiegt. Weil die Menschen den Kapitalismus frei und im vollem Bewußtsein gewählt haben?

Oder hat das philosophische oder ideologische Ursachen? Keineswegs. Der Sieg des Kapitalismus war das Resultat einer „objektiven“ Gegebenheit, nämlich der größeren Effizienz des Kapitalismus. Warum war der Kapitalismus effizienter? Weil die „natürliche Auslese“ im Kapitalismus sich freier entfalten konnte...Auf Grund dieser „natürlichen Auslese“ ist es unmöglich, ein System zu haben, das die moderne Technologie besitzt und nicht dazu benutzt, Menschen zu manipulieren. Die Gruppen, die innerhalb des Systems die Menschen erfolgreich manipulieren, werden immer erfolgreicher sein als die Gruppen, die darauf verzichten.

In den USA verwenden alle großen Parteien, Firmen oder Organisationen die Propaganda. Warum? (ist für Sie Propaganda = Manipulation?)

Weil die meisten Menschen Propaganda lieben? Weil irgendeine Philosophie oder Ideologie uns sagt, das wir Propaganda haben sollen? Sicherlich nicht! Menschen durch Propaganda zu manipulieren, bringt Macht. Je effizienter eine Organisation Propaganda gebraucht, desto mächtiger ist sie. Überleben wird die politische Partei oder der Konzern, der die Manipulation durch Propaganda am effektivsten und erfolgreichsten betreibt. Solange Propaganda diese Bedeutung für das Überleben dieser Organisationen hat, wird es auch die dafür notwendigen Werkzeuge geben, wie zum Beispiel die elektronischen Kommunikationsmedien, die Computer und die Möglichkeit, ungeheure Mengen von Auskünften und Daten zu sammeln.

Sie können die moderne Propaganda nur beenden/abschaffen, wenn sie die dafür notwendigen elektronischen Werkzeuge vernichten.

Sie sehen, dass die Entwicklung einer Gesellschaft größtenteils durch objektive und fast mechanische Faktoren (?) determiniert ist.

Im Vergleich dazu ist der Einfluß der Philosophie und der natürlichen Vor-züge (Eigenschaften) der Menschen sehr gering. Aber ich postuliere keinen starren historischen Determinismus.

Ich will Sie nur darauf aufmerksam machen wie schwer es ist, die „objektiven Faktoren“ zu überwinden.

Ist Ihr Text so sinngemäß richtig wiedergegeben? Wenn ja, würde mir zum besseren Verständnis helfen wenn Sie mir genauer erklären könnten, wie Sie „natürliche Auslese“ definieren.

Entspricht nicht dieses davon abzuleitende „schneller als...“ - „klüger als...“ - „besser als...“ genau dem Geist einer Gesellschaft, die sich nur um Dinge dreht? Ist diese „HabenOrientierung“ nicht charakteristisch „für den Geist und die Philosophie der westlichen Industriegesellschaft, in welcher die Gier nach Geld, Ruhm und Macht zum beherrschenden Thema des Lebens wurde“ (Ernst Fromm) - und gilt diese Orientierung nicht auch für eine Wissenschaft, in deren Zentrum nicht der Mensch, sondern die Materie steht?

Wo alles nur Zellhaufen, Kommunikationsknoten, Feedbacksysteme und „objektive Faktoren“ sind?

Aber das ist doch nur eine Möglichkeit, eine wissenschaftlich-materialistische, die Welt zu deuten.

Es gibt aber noch andere Sichtweisen, z.B.:“... weniger „entfremdete Gesellschaften wie die des Mittelalters oder der Zuni-Indianer oder bestimmter afrikanischer Stämme, die noch nicht von den Ideen des heutigen „Fortschritts“ infiziert sind...der westliche Mensch mag den Geist einer Gesellschaft nicht begreifen, die nicht auf Eigentum oder Habgier aufgebaut ist. In der Tat ist Meister Eckhart ebenso schwer zu verstehen, wie Basho oder Zen, doch Eckhart und Buddhismus sind in Wirklichkeit nur zwei Dialekte der gleichen Sprache.“

Also ist „objektiv“ doch nur relativ, und nur eine Sichtweise?

Nehmen wir an, diese „objektiven“ Faktoren wären zweifelsfrei gegeben, wieso verschwinden Ihrer Meinung nach durch die Vernichtung/ Abschaffung von Werkzeugen (Computer etc.) und dem Produkt, das man damit herstellen kann (Propaganda) dann diese Faktoren“, wie z.B. die

„natürliche Auslese“?

Seite 5, Zeile 12:

Sie fragen, „was bedeutet Empirie?“ = „wissenschaftliche Erfahrung“

Seite 5, Zeile 19:

Sie fragen: „Was meinen Sie mit System“?

Im Manifesto wird der Begriff mehrfach verwendet, als „technologisches System“ oder nur

als „System“. Ich verstehe es im Sinne der in den 60er Jahren aufgekommenen „Systemtheorie“ (Bertalannfy, General Systems Theory, usw.)

Seite 5, Zeile 30:

Sie fragen nach dem rechtmäßigen Einsatz von Gewalt, als Recht auf Selbstverteidigung.

In der mir vorliegenden Fassung des Manifesto fand ich folgende Bemerkung:

96. Unsere Verfassung garantiert die Pressefreiheit. Jedoch kann der Durchschnittsbürger von der Pressefreiheit nur wenig Gebrauch machen. Die Massenmedien stehen größtenteils unter Kontrolle großer Organisationen, die selbst Teil des Systems sind. Jeder kann zwar für Geld etwas drucken lassen oder im Internet publizieren, wird aber kaum eine Wirkung erzielen, denn es wird in der Masse der Medieninformationen untergehen. Deshalb ist es für die meisten Einzelpersonen oder kleinen Gruppen unmöglich, damit etwas zu bewirken. Nehmen wir uns (FC), zum Beispiel. Wir hätten das Manifesto einem Verleger anbieten können. Hätte der das Manuskript akzeptiert und veröffentlicht, hätte es kaum Leser interessiert, denn es ist vergnüglicher, die Unterhaltungssendungen im Fernsehen anzusehen, als eine Abhandlung dieser Art zu lesen. Aber selbst wenn dieserText viele Leser gefunden hätte, würden die meisten das Gelesene bald wieder vergessen haben, weil ihr Gedächtnis durch die tägliche Informationsflut der Massenmedien überlastet ist. Damit wir überhaupt eine Chance hatten, unsere Botschaft mit nachhaltigem Eindruck zu veröffentlichen, mußten wir Menschen töten.

Wenn diese Bemerkung authentisch ist, ist sie für mich inakzeptabel.

Die Bomben haben doch nur begrenzt symbolische Ziele des „Systems“ angegriffen.

Viele der Ziele waren von lokaler Bedeutung (Besitzer eines kleinen Computerstores) und nicht geeignet, die gewünschte überregionale oder gar globale Aufmerksamkeit auf die im Manifesto formulierten Ziele zu lenken. Zudem kam die „politische Botschaft“ erst 17 Jahre später, in Form eines Manifests und verschiedener Briefe.

Wie sollten die Bomben durch die Öffentlichkeit irgendeiner Idee zugeordnet werden?

Wie sollte die Botschaft der Bombenanschläge „gelesen“ werden? Warum wurden nicht wirklich symbolische Ziele angegriffen? Der Wissenschaftler James McConnell*, dessen Versuche mit Plattwürmern, die sich selber fressen, müssen mindestens so eklig gewesen sein wie Skinners Experiment, das eigene Baby in einer Skinner-Box zu legen, und war vielleicht so ein symbolisches Ziel? Aber doch nur für Eingeweihte. Wer konnte das Spezialwissen haben, um die darin liegende Botschaft zu entschlüsseln? Wer wußte schon etwas über diese Versuche und deren Kontext in einer breiteren Öffentlichkeit?

In den 1960er Jahren begannen US-Wissenschaftler nach einem Mechanismus zu suchen, der u.a. von dem Psychologieprofessor James McConnell entdeckt worden war: Wenn Plattwürmer (Planarien), denen eine bestimmte Aufgabe beigebracht worden war, in kleine Stücke zerhackt wurden (um die Regeneration zu hemmen) und dann an untrainierte Plattwürmer verfüttert wurden, erledigten die „Kannibalen“ die Aufgabe schneller. 1966 veröffentlichten Jacobson, Fried und Horowitz Ergebnisse, die zeigten, dass es möglich war, RNA aus trainierten Plattwürmern zu entfernen und sie in untrainierte Exemplare zu injizieren, die daraufhin eine konditionierte Aufgabe schneller lernten. Dies deutete darauf hin, dass RNA das wichtige Biomolekül für die Übertragung des Gedächtnisses gewesen sein könnte. McConnel hoffte nun, man könne auch beim Menschen solche Verhaltensänderungen und Lernfortschritte erzielen. Das Ergebnis war eine der meistdiskutierten neurowissenschaftlichen Gedächtnistheorien der 1960er Jahre - Am 15. Juni 1985 erhielt der James McConnell in seinem Haus in Ann Arbor, Michigan per Post ein Paket. Der Absender war ein „Ralph Kloppenburg von der Universität von Utah“. In einem beigefügten Brief hieß es: "Ich möchte, dass Sie dieses Buch lesen. Jeder in Ihrer Position sollte dieses Buch lesen." Bei der Öffnung des Pakets explodierte eine Briefbombe.

So erschienen die Anschläge nur als undefinierter Terror, und wirkten wie eine Montage verschiedener Strategien, oder gar wie die Collage unterschiedlicher Strategien von unterschiedlichen Akteuren. Ich frage mich, wieviel erlebte Kränkung, vermeintliche oder reale Zurücksetzung und Verbitterung dazu führten, solche Anschläge nicht nur in Gedanken durchzuspielen, sondern auch zu realisieren.

Seite 6, Zeile 4:

Sie fragen, warum soll man sich moralisch verhalten?

Es ist eine Unterscheidung des Menschen vom Tier. Ein Vorgang der Bewußtheit und der

Vernunft. Zuerst einmal zum eigenen Wohl und dem Wohl der Menschen, die am nächsten sind. Machen das alle, geht es auch der Gesellschaft gut. Jeder Mensch soll selbst seinen Moralbegriff definieren und seine Grenzen der Moral festsetzen, vermag er das nicht (aus


welchen Gründen auch immer) kann er sich vorgegebenen/vorgefertigten Moralvorstellungen- und maßstäben anschließen.

Sie fragen, wer hat in der Menschheitsgeschichte mehr Schaden durch Gewalt verursacht, der Staat oder Einzelne?

Wahrscheinlich der Staat. Aber, ich frage Sie: Kann Gewalt durch Gewalt begründet werden? Kann ein Unrecht durch ein anderes Unrecht begründet werden?

Aber das könnten wir, glaube ich, nur an konkreten Beispielen diskutieren.

Wissen Sie, was ich bewundere? Wir diskutieren hier Dinge in einer fast „akademischen“ Art und Weise und es ist nicht erkenntlich, in welcher Situation sich einer der Diskutanten, Sie, befindet. Das finde ich sehr bemerkenswert und zeigt, dass Sie viel Kraft haben. Sie müssen etwas besitzen, was Ihnen diese Stärke verleiht.

Das Sie nicht „verrückt“ sind, wie es Ihre Anwälte und einige Medien behauptet haben, läßt sich aus Ihren Briefen klar herauslesen.

Ich habe mit meiner Frau das Gefängnis, in dem Sie sitzen, von außen gesehen. Es wirkt sehr modern, pastellfarben. Man erkennt nicht gleich, dass es ein Hochsicherheitsgefängnis ist. Ich habe keine Vorstellung, wie es innen aussieht. Die meisten Gefängnisse Colorados werden im Internet vorgestellt, dieses nicht.

Bitte schreiben Sie mir, wenn Sie einen DUDEN gebrauchen können.

In Erwartung Ihres nächsten Briefs

Mit den besten Gruesse und Wünschen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 17. Februar 2003


12) 26.April 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 27. Februar 2003.

Sie bestätigen mir den Erhalt meines Briefes vom 14.01.04, der tatsächlich etwas irreführend in der Kopfzeile das Datum 13.02.2003 trägt.

Der Grund ist: ich mußte den Brief unterbrechen und konnte ihn erst später beenden, daher die zwei verschiedenen Daten.

Mit Datum vom 17.02.2003 (Datum Kopfzeile jeweils 18.02.2003) habe ich noch einen zusätzlichen Brief geschickt, der einiges, was mir im ersten Brief unklar erschien, noch ergänzt. Ich hoffe, auch diesen Brief haben Sie erhalten, und würde Sie um eine Bestätigung bitten.

Sie schreiben, dass Sie meinen Brief (vom 14.01.2003) nicht vor Ablauf von 4-5 Monaten beantworten können, weil Sie zu beschäftigt sind.

Entschuldigen Sie meine Neugier, aber womit sind Sie so beschäftigt?

Und was sind das für Papiere, die Sie durchlesen und für die Archivierung vorbereiten müssen? Gibt es denn schon ein Archiv, in dem solche Papiere zugänglich sind (Universität Michigan?). Oder ist eines geplant?

Sie haben sicher bemerkt, das Ihre letzten Briefe für mich Anlass und Anregung waren, einige der diskutierten Gedanken weiter fortzuführen.


Ich habe Ihnen deshalb sehr ausführlich geantwortet und es ging leider auch nicht, ohne Ihnen neue, sich daraus ergebende weitere Fragen zu stellen. Es ist spannend und interessant, und eins ergibt eben das Andere.

Ich deshalb sehr gespannt auf Ihre Antworten, sowohl auf meine neuen Fragen (z.B. „Leftist“, Harvard/Berkeley-Sixties, Ihren Batchelor in Art usw.) als auch auf Ihre Meinung zu den übersetzten Passagen aus dem Manifesto.

Sie schreiben, dass das veröffentlichte Manifesto (im Internet finden sich mehrere leicht voneinander abweichende Fassungen) fehlerhaft und nicht authentisch ist. Wie konnte das Ihrer Meinung nach passieren? Wer veränderte den ursprünglichen Text?

In der Zwischenzeit ist ja in der Weltpolitik einiges passiert. Können Sie die aktuellen Ereignisse im Irak verfolgen?

Vielleicht haben Sie ja bald Zeit und Gelegenheit für eine Replik, und einen neuen Brief.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut. Mit den besten Gruessen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 26.April 2003


11) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

1.April 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

In Ihrem Brief vom 23.6.02, Seite 3, haben Sie mich nach der Vorstellungswelt des Mathematikers gefragt. Diese Frage ist sehr heikel, und ich habe es mir eine lange Zeit sehr ernst überlegt, ob ich sie beantworten solle.

Endlich habe ich beschlossen, aber nicht ohne Zweifel und Zögern, daß ich es wagen dürfe, Ihnen die schändliche Wahrheit zu enthüllen:

Wahrscheinlich glauben Sie, daß die Mathematiker sehr ernste, gelehrte Leute seien, die meistens an intellektuelle Dinge dächten. Sie nehmen an, daß der Mathematiker immer pflege, sich etwas mathematisches vorzustellen.

Aber das ist nicht wahr.

Nur die jungen und unerfahrenen Studenten der Mathematik denken oft an ihr Fachgebiet.

Die erfahrenen Mathematiker denken selten an die Mathematik. Meistens stellen sie sich die Blumen, den Sonnenschein und die im Frühling singenden Vöglein vor. Vielleicht stellen sie sich mitunter die Weiber vor, aber das machen sie nicht oft, denn ihre Herzen sind rein.

Sie werden fragen, wie es möglich sei, daß die Mathematiker nicht an die Mathematik denken. Darum muss ich Ihnen mitteilen, dass die Mathematiker nicht Wissenschaftler seien, sondern Künstler. (Habe ich Ihnen nicht in meinen vorherigen Briefen gesagt, dass ich kein Wissenschaftler gewesen sei?)

Abgesehen von der elementarsten Mathematik, zum Beispiel der Arithmetik und der Gymnasialalgebra, zwei mal zwei macht vier, x mal x ist x2, und so weiter, haben die Symbole, Formeln und Wörter der Mathematik überhaupt keine Bedeutung. Die ganze Struktur der höheren Mathematik ist ein ungeheurer Schwindel, ein Schabernack. Die Mathematiker nur belustigen sich mit ihren Symbolen und Formeln, die sie gemäß einigen willkürlichen Regeln manipulieren, die den Regeln eines Kinderspiels gleichen.


Ja! Das ist alles, was die höhere Mathematik ist! Ein blosses Spiel, eine leichtfertige Belustigung. Sie werden fragen, wie es möglich sei, daß alle glauben, daß die Mathematik eine wichtige Wissenschaft sei, und warum man den Wissenschaftlern große Löhne bezahle, damit sie sich mit ihren bedeutungslosen Formeln nur belustigen.

Das ist aber sehr einfach: Wenn ein Mensch, der kein Mathematiker ist, die Formeln der Mathematik ansieht und keine Bedeutung und keinen Sinn darin findet, glaubt er, daß die Mathematik ihm bedeutungslos nur erscheine, weil ihm die Fachkenntnisse fehlten, die notwendig seien, um die Mathematik zu verstehen.

Nur die Mathematiker verstehen die Mathematik, deshalb können nur die Mathematiker wissen, das die Mathematik ein Schwindel sei, und natürlich wollen die Mathematiker das nicht anerkennen.

Wenn ein Universitätsstudent fängt an, die Mathematik zu studieren, studiert er zuerst die Algebra, und sie versteht er. Dann studiert er die elementare Differentialrechnung und Integralrechnung, und sie versteht er nicht so gut.

Und je weiter er in die Mathematik fortschreitet, desto weniger versteht er, und ehe er sein drittes oder viertes Jahr der Mathematik beendet hat, kann er garnichts (mehr )verstehen.

Er glaubt, daß die Ursache davon sei, daß er zu dumm sei, die höhere Mathematik zu verstehen und er verläßt die Studien der Mathematik.

Aber die wirkliche Ursache davon, daß er die Mathematik nicht verstehen kann, ist, daß die höhere Mathematik überhaupt keine Bedeutung hat und nur ein großes Kinderspiel und ein Schwindel ist.

Aber wenn die Studenten wegen ihrer Unfähigkeit, sie zu verstehen, die Mathematik verlassen, woraus kommen die neuen Mathematiker, die die alten ersetzen, wenn letztere sterben?

Wenn die Professoren einen ungewöhnlich vielversprechenden Studenten finden, bringen sie ihn um Mitternacht in das Verlies eines uralten Schlosses, oder in Amerika, wo sind keine uralten Schlösser, bringen sie ihn in einen dunklen Wald oder in den Schatten eines riesengroßen, wilden Felsens, wo die Fledermäuse hin und her fliegen, und die Eulen „hu, hu“ singen, und dort lassen sie ihn einen schrecklichen Eid ablegen, und denselben mit Blut an Stelle von Tinte (Faust, Mephisto, Goethe) (Beautiful Mind) unterzeichnen, daß er niemals das Geheimnis verraten werde, daß die Mathematik nur ein großer Schwindel sei. Und auf diese Art und Weise wird der Student zu einem richtiggehenden Mathematiker. Als ich meinen Eid ablegte, war ich zu arm, den Professoren die Reise nach einem entfernten Ort zu bezahlen, und in der Nähe Ann Arbor waren weder uralte Schlösser noch wilde Felsen, und wir mußten den Baumgarten der Universität als dunkler Wald dienen lassen.

Wir brachten keine Taschenlampen mit, weil das zu unromantisch gewesen wäre, und als wir durch den Baumgarten gingen, stolperten wir wiederholt über auf dem Boden liegende Liebespaare: denn der Baumgarten war der Lieblingsort der Studenten und Studentinnen, die Sex machen wollten. Das geschah so oft, daß wir den Baumgarten verließen und hinter das Haus eines der Professoren gingen, und ich legte meinen Eid unter der Treppe ab. Dort war es dunkel, obwohl nicht so dunkel wie das Verlies eines uralten Schlosses.

Aber Sie werden fragen, wie die Mathematiker solches Geheimnis verdeckt behalten können. Gebe es keinen Renegat, der die Wahrheit enthülle? Ja, natürlich, könnte das geschehen, aber es würde nichts machen, weil die Tatsache so unglaublich ist, das niemand sie ernst nehmen könnte.

Zum Beispiel, habe ich Ihnen das Geheimnis gerade enthüllt, aber Sie glauben, daß ich nur Spaß machte, und selbst wenn ich Ihnen sagte, daß ich ganz ernst spräche, dennoch würden Sie glauben, daß ich nur scherzweise gesprochen hätte.

Also steht das Geheimnis in keiner Gefahr.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

1 April 2003

13) 25.Mai 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 1.April 2003, den ich, gestatten Sie mir den Ausdruck, als gutgelaunt bezeichnen würde. Allerdings, beim genaueren Lesen fand ich den Text dann auch stellenweise etwas unheimlich.

Doch der Reihe nach. Ich bin nicht überrascht von Ihren Enthüllungen über den „Schabernack der höheren Mathematik“. Das ist etwas, was der „normale“ Mensch insgeheim vermutet und ahnt, aber sich natürlich nicht traut, auszusprechen. Deshalb hat so etwas, wenn es ein (ehemaliger) Mathematiker sagt, Gewicht. Eines verstehe ich aber nicht.

Sie schreiben:

„Abgesehen von der elementarsten Mathematik, zum Beispiel der Arithmetik und der Gymnasialalgebra, zwei mal zwei macht vier, x mal x ist x2, und so weiter, haben die Symbole, Formeln und Wörter der Mathematik überhaupt keine Bedeutung.

Die ganze Struktur der höheren Mathematik ist ein ungeheurer Schwindel.“

Gut. Aber wo ist die Grenze, zwischen diesen einfachen Elementen der Mathematik und der höheren Mathematik? Und wo beginnt der Schwindel?

Bis wohin ist es „seriös“, „begründbar“ und „beweisbar“, und ab wann beginnt die „Kunst“, das heißt, die freie Erfindung?

Also, bis wohin ist die Mathematik relevant, ernst zu nehmen und notwendig, damit z.B. ein Flugzeug nicht abstürzt, und ab wann ist das nicht mehr relevant, (höhere MathematikGödel) und es ist ein freies Spiel, ohne jede Konsequenzen?

Hat ein Wissenschaftler, oder Mathematiker, dafür ein Gefühl, bis wohin die Sache „ernst“ ist? Weiß er, ab wann es gefährlich wird? Wieso? Lernt er das? Ist es Intuition? Für mich sehr interessante Fragen.

Wieso führt aber (sorry for Gödel again) dessen „Erfindung“, oder „schöne poesievolle Geschichte“, der Unvollständigkeitssatz, zu einer Grundlagenkrise der Mathematik? Ist das so ähnlich wie ein Streit in der Kunstwelt um abstrakte oder gegenständliche Malerei? Und das wars?

Sie schreiben, „dass die Mathematiker keine Wissenschaftler sind, sondern Künstler. (Habe ich Ihnen nicht in meinen vorherigen Briefen gesagt, dass ich kein Wissenschaftler bin?)“, das hat mich wirklich überrascht.

Ich weiß, das es in der Kunstgeschichte immer Mathematiker gab, die „das Lager“ wechselten, und Künstler wurden (Marcel Duchamp zum Beispiel). Oder, wenn ich Ihren Gedanken aufnehme, die ihrer eigentlichen Bestimmung folgten.

Aber daß Sie das schreiben...wo Sie in Ihren bisherigen Entgegnungen auf meine Fragen mir näher an der Perspektive der Logik, Ratio und Mathematik auf die Dinge zu sein schienen, als an den Perspektiven der Kunst.

Wollen Sie mir bitte dazu mehr schreiben, das interessiert mich sehr.

Sie haben 1962 in Harvard Ihren „Bachelor of Arts degree“ gemacht, hat das etwas damit zu tun? Was heisst das, „frei“ mit dem Gegenstand (der Mathematik) zu arbeiten? Welche Rolle spielt Ästhetik?

Eine Aufgabe der Kunst ist für mich, „schöne Geschichten“ zu erfinden, als Antwort auf Fragen, die (z.B. von der Wissenschaft) nicht beantwortbar sind.

Würden Sie in diesem Zusammenhang folgendem Gedanken zustimmen, der vielleicht für Wissenschaftler und Künstler gilt:

„Wer Fragen stellt, die man nicht beantworten kann, muss mit einer „schönen Geschichte“ als Antwort zufrieden sein. Wer mehr will, gerät in Gefahr. Er stößt an eine Grenze, hinter der es nur noch Wahrheit oder Paranoia gibt. Paranoia ist die Erlösung ist von der Logik.“

Wann haben Sie den „Schwindel der Mathematik“ bemerkt, was war der konkrete Auslöser? Sie haben doch noch in Ihrer Zeit in Berkeley noch in wissenschaftlichmathematischen Zeitschriften veröffentlicht? Schon im Bewußtsein, damit den „Schwindel“ fortzusetzen? Oder war es Ihnen mit der Mathematik noch ernst?

Am Anfang dieses Briefs schrieb ich, das mir in Ihrem letzten Brief auch etwas unheimlich vorkam. Das war die Passage, als Sie über den Geheimbund der Mathematiker schreiben, in den der junge begabte Mathematikstudent aufgenommen wird. Natürlich hat mich das sehr stark an Goethe's „Faust“ und den Pakt zwischen Mephisto und Faust erinnert.

Aber auch an die Geschichte von Nash und seine Arbeiten für den Geheimdienst in den 1960er Jahren. (In Harvard konnte ich mal für 10sec. in den Speisesaal des großen Gebäudes sehen, das wie eine Kirche aussieht, mit Glasfenstern, und innen wie das Vereinshaus einer deutschen Burschenschaft wirkt. Das fand ich ziemlich gruselig, und wirkte sowohl mittelalterlich wie auch sehr „bündisch“.)

Es erinnerte mich irgendwie an die geheimnisvolle, dunkle deutsche Romantik mit all ihren Serapionsbruderschaften und Geheimbünden. So etwas in Harvard zu finden, überraschte mich.

Das war Timothy Leary + Mittelalter = auch ein Bild.

Während ich das schreibe, sitze ich im Zug nach von Hamburg nach Dresden, und Dresden ist ja einer der Hauptspielorte der Romantik.

Also bei Ihnen war es „Blut“ an Stelle von Tinte, und der Eid wurde unter der Treppe abgelegt. Alles das verweist auf ein dunkles Geheimnis, eine Verstrickung, etwas Verborgenes. Oder überinterpretiere ich da?

Auf jeden Fall macht es mich neugierig. Was steckt dahinter? Steckt etwas dahinter?

Sie hatten mir freigestellt, das Deutsch Ihrer Briefe zu korrigieren. Ich lege die korrigierte Fassung Ihres letzten Briefes bei. Insgesamt machen Sie gute Fortschritte, vor allem wenn man in Rechnung stellt, das wir keinen small talk führen.

Gern würde Ihnen weitere Fragen stellen, zum Beispiel was Ihre aufwendige Arbeit mit den verschiedenen Fassungen des Manifesto macht.

Aber ich will Sie nicht von Dingen abhalten, die Ihnen wichtig sind.

Antworten Sie einfach, wie Sie Lust haben.

Ich möchte Ihnen nur nochmal versichern, das ich auf Ihre Briefe gespannt bin und es auch für mich sehr anregend und interessant ist, Ihnen zu antworten.

Also, ich hoffe es geht Ihnen den Umständen entsprechend gut, und Sie können die von Ihnen erwähnte Ordnung Ihres Archivs so erledigen lassen, wie es notwendig ist.

So verbleibe ich

Mit besten Gruessen

Ihr

Lutz Dammbeck

Anlage Korrektur Brief T.J.K. 1.Apr03

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

In Ihrem Brief vom 23.6.02, Seite 3, haben Sie mich nach der Vorstellungswelt des Mathematikers gefragt. Diese Frage ist sehr heikel, und ich habe es mir eine lange Zeit sehr ernsthaft überlegt, ob ich sie beantworten soll. Endlich habe ich beschlossen, nicht ohne Zweifel und Zögern, daß ich es wagen kann, Ihnen die schändliche Wahrheit zu enthüllen.

Wahrscheinlich glauben Sie, daß die Mathematiker sehr ernste und gelehrte Leute sind, die meistens an intellektuelle Dinge denken. Sie nehmen an, daß der Mathematiker sich immer etwas Mathematisches vorstellt. Aber das ist nicht wahr. Nur die jungen und unerfahrenen Studenten der Mathematik denken oft an ihr Fachgebiet. Die erfahrenen Mathematiker denken selten an die Mathematik. Meistens stellen sie sich die Blumen, den Sonnenschein und die im Frühling singenden Vöglein vor. Vielleicht stellen sie sich mitunter die Weiber vor, aber das machen sie nicht oft, denn ihre Herzen sind rein.

Sie werden fragen, wie es möglich ist, daß die Mathematiker nicht immer an die Mathematik denken? Dazu muss ich Ihnen mitteilen, dass die Mathematiker keine Wissenschaftler sind, sondern Künstler. (Habe ich Ihnen nicht in meinen vorherigen Briefen gesagt, dass ich kein Wissenschaftler bin?)

Abgesehen von der elementarsten Mathematik, zum Beispiel der Arithmetik und der Gymnasialalgebra (zwei mal zwei macht vier, x mal x ist x2 und so weiter) haben die Symbole, Formeln und Wörter der Mathematik überhaupt keine Bedeutung. Die ganze Struktur der höheren Mathematik ist ein ungeheurer Schwindel, ein Schabernack. Die Mathematiker belustigen sich mit ihren Symbolen und Formeln, die sie nach einigen willkürlichen Regeln manipulieren, die den Regeln eines Kinderspiels gleichen. Ja! Das ist alles, was die höhere Mathematik ist! Ein blosses Spiel, eine leichtfertige Belustigung.

Sie werden fragen, wie ist es möglich, das alle glauben, die Mathematik ist eine wichtige Wissenschaft? Und, warum zahlt man den Wissenschaftlern große Löhne, damit sie mit ihren Formeln herumspielen.

Die Erklärung ist sehr einfach. Wenn ein Mensch, der kein Mathematiker ist, die Formeln der Mathematik ansieht und keine Bedeutung und keinen Sinn darin findet, glaubt er, daß die Mathematik ihm nur deshalb bedeutungslos erscheint, weil ihm die Fachkenntnisse fehlen, um die Mathematik zu verstehen. Nur die Mathematiker verstehen die Mathematik. Deshalb können nur die Mathematiker wissen, das die Mathematik ein Schwindel ist. Natürlich wollen die Mathematiker das nicht zugeben.


Wenn ein Universitätsstudent anfängt, Mathematik zu studieren, studiert er zuerst die Algebra, und die versteht er. Dann studiert er die elementare Differentialrechnung und Integralrechnung, und die versteht er nicht so gut. Und je weiter er im Studium der Mathematik fortschreitet, desto weniger versteht er, und ehe er sein drittes oder viertes Jahr der Mathematik beendet hat, kann er garnichts mehr verstehen. Er glaubt, die Ursache davon ist, daß er zu dumm ist, um die höhere Mathematik zu verstehen, und er gibt die Studien der Mathematik auf.

Aber die wirkliche Ursache seines Unverständnisses ist, daß die höhere Mathematik überhaupt keine Bedeutung hat, und nur ein großes Kinderspiel und ein Schwindel ist.

Aber wenn die Studenten wegen ihrer Unfähigkeit, die Mathematik zu verstehen, diese verlassen, woher kommen die neuen Mathematiker, wenn die alten sterben?

Wenn die Professoren einen ungewöhnlich vielversprechenden Studenten finden, bringen sie ihn um Mitternacht in das Verließ eines uralten Schlosses, oder in Amerika, wo es keine uralten Schlösser gibt, bringen sie ihn in einen dunklen Wald oder in den Schatten eines riesengroßen, wilden Felsens, wo die Fledermäuse hin und her fliegen, und die Eulen „hu, hu“ singen, und dort lassen sie ihn einen schrecklichen Eid ablegen, und denselben mit Blut an Stelle von Tinte unterzeichnen, daß er niemals das Geheimnis verraten wird, daß die Mathematik nur ein großer Schwindel ist.

Auf diese Art und Weise wird der Student zu einem richtigen Mathematiker.

Als ich meinen Eid ablegte, war ich zu arm, den Professoren die Reise nach einem entfernten Ort zu bezahlen. In der Nähe Ann Arbor waren auch weder uralte Schlösser noch wilde Felsen, und wir mußten den Baumgarten der Universität als dunklen Wald nutzen .

Wir brachten keine Taschenlampen mit, weil das zu unromantisch gewesen wäre, und als wir durch den Baumgarten gingen, stolperten wir wiederholt über auf dem Boden liegende Liebespaare: denn der Baumgarten war der Lieblingsort der Studenten und Studentinnen, die Sex machen wollten. Das geschah so oft, daß wir den Baumgarten verließen und hinter das Haus eines der Professoren gingen, und ich legte meinen Eid unter der Treppe ab. Dort war es dunkel, obwohl nicht so dunkel wie das Verlies eines uralten Schlosses. Aber Sie werden fragen, wie die Mathematiker ein solches Geheimnis bewahren konnten? Gab oder gibt es denn keinen Renegaten, der die Wahrheit enthüllt? Ja, natürlich kann das geschehen, aber es wird nichts ändern, weil die Tatsache so unglaublich ist, das niemand sie ernst nehmen wird. Zum Beispiel habe ich Ihnen das Geheimnis gerade enthüllt, aber Sie glauben, daß ich nur Spaß mache.

Selbst wenn ich Ihnen sagen würde, daß ich ganz ernst spreche, würden Sie glauben, daß ich nur scherze. Also ist das Geheimnis nicht gefährdet. (Alternative: Also ist das Geheimnis in keiner Gefahr).

Ihr ergebener Ted Kaczynski

1 April 2003

12) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

19.Juni 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe Ihre Briefe von den Daten 17.2.03, 26.4.03 und 25.5.03 erhalten, aber ich weiß nicht, wann ich dieselben beantworten könne.

Wirklich habe ich die Briefe nicht einmal völlig gelesen. In einem Ihrer Briefe (ich erinnere mich nicht daran, in welchem) haben Sie mich gefragt, womit ich so beschäftigt sei. Ich bin damit beschäftigt, diese Frage völlig zu beantworten.

Aber ich werde Ihnen das Folgende sagen:

Sie sind keineswegs der einzige Mensch, der mit mir Briefe wechseln will.

Der Briefwechsel nimmt mir in Anspruch viel Zeit. Aber, handelte es sich nur um den Briefwechsel, so hätte ich Ihre Briefe schon beantwortet. Es gibt auch andere Angelegenheiten, die mir zuviel Zeit in Anspruch nehmen. (Oder hätte ich eher sagen sollen: „die mir zuviel Zeit erfordern“?)

Zum Beispiel glaube ich, dass ich Ihnen vorher gesagt hätte, daß ich den Staat zwingen wolle, mir meine Papiere zurückzugeben; und sähen Sie, wie ich unzählige Stunden verbracht habe, indem ich die relevanten Gesetzbücher * (vielleicht hätte ich schreiben sollen: die entsprechenden Gesetzbücher“?) sorgfältig gelesen habe, so würden Sie nicht fragen, womit ich beschäftigt sei! *

Sie werden vielleicht fragen, wenn ich so beschäftigt sei, warum es mir die Zeit nicht gefehlt habe, Ihnen meinen Brief vom 1.4.03 zu schreiben. Aber wenn man auch sehr beschäftigt ist, muß man sich bisweilen ein wenig belustigen. Nicht wahr?

Man braucht ein wenig Spaß, um die Arbeit zu erleichtern. Ich glaube, daß Sie den gleichen Brauch in Deutschland wie in Amerika haben, daß man am 1 April (April Fool's Day) Streiche macht. Ist das richtig?

Und es wird vielleicht noch ein Rechtsproblem geben.

Die Behörden des Gefängnisses haben mich daran gehindert, einen Artikel, den ich geschrieben habe, aus dem Gefängnis herauszusenden. Das ist keine unereträgliche Katastrophe, denn der Artikel ist nicht sehr wichtig.

Aber was schlechter ist, ist das folgende:

Sie erinnern sich daran, daß ich dabei war, eine authentische oder korrigierte Fassung des Manifestes zu verfassen. Ich habe diese Aufgabe, die mich viel Zeit und Mühe gekostet hat, zuletzt vollendet. Aber als ich jemandem vor zwei oder drei Wochen eine Kopie dieser Fassung des Manifestes zu schicken versuchte, haben die Behörden dieselbe aufgehalten, um die einzusehen und zu entscheiden, ob sie mir erlauben sollten, diese Fassung aus dem Gefängnis herauszusenden.

Wenn sie mir verbieten, die korrigierte Fassung des Manifestes hinauszusenden, wird das ja eine wirkliche Katastrophe sein, und ich werde das in den Gerichten durchkämpfen müssen, und solcher Kampf wird mich eine ungeheure Menge Zeit und Mühe kosten.

Also muß ich diesen Brief jetzt schließen, weil ich so viel Arbeit zu machen habe.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

19.6.03

13) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

23.Juni 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich nehme an, daß Sie meinen Brief vom 19.6.03 erhalten haben.

Ich habe gestern erfahren, daß die Behörden die Kopie der korrigierten Fassung des Manifestes schließlich doch aus dem Gefängnis haben hinausgehen lassen.

In der Tat hat meine Freundin die Kopie schon erhalten.

Wenn Sie das korrigierte Manifest haben wollen, werde ich Ihnen gern eine Kopie davon schicken, aber das wird etwas teuer sein. Für jedes Blatt, das ich fotokopieren lasse, muss ich 10 c (1/10 Dollar) bezahlen. Die korrigierte Fassung des Manifestes besteht aus 185 Blättern, also kostet es mich $ 18.50 (18 1/2 Dollar), eine Kopie davon machen zu lassen.

Das Gewicht einer Kopie ist ungefähr 30 oder 31 ounces, deshalb wird das Porto $ 13.30 sein, und die gesamten Kosten, $ 18,50 + $ 13,30 = $ 31,80 (31,80 Dollar).

Sagen Sie mir bitte, ob Sie bereit seien, diese Kosten zu bezahlen, um eine Kopie des korrigirerten Manifestes zu beschaffen. Inzwischen werde ich mich erkundigen, welche Art Zahlungsanweisung Sie schicken müßten, damit die Behörden des Gefängnisses dieselbe annähmen.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

23.6.03


14) 23.Juli 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihre beiden letzten Briefe.

Wie Sie mit dem Verweis auf das Datum des 1.April (und den damit verbundenen Brauch) sehr geschickt offengelassen haben, ob und wie ernst es Ihnen mit Ihren „Enthüllungen“ ist, das ist sehr elegant auf meine Nachfragen reagiert.

Aber wie ich Ihnen schrieb, würden Ihre „Enthüllungen“, wenn sie ernst gemeint waren, nicht so sensationell sein, da ich Mathematiker kenne, die sich als „Künstler“ betrachten und die Dinge wirklich so sehen, wie von Ihnen „enthüllt“.

Nichts desto trotz, für einige meiner Nachfragen an Sie ist es egal, ob es ein Aprilscherz war, oder nicht. Vielleicht finden Sie ja trotzdem die Zeit, darüber nachzudenken.

Dass Sie eine korrigierte Fassung des „Manifesto“ fertiggestellt haben, freut und interessiert mich sehr.

Ja, natürlich bin ich an einer Kopie der von Ihnen korrigierten Fassung des „Manifest“ interessiert. Eine Freundin aus New York könnte Ihnen einen Scheck über die genannte Summe schicken, um die Kopier- und Portokosten zu begleichen. Bitte teilen Sie mir mit, ob die Dame den Scheck an Sie persönlich oder jemand anderes schicken soll.


Mit welcher Fassung des bisher veröffentlichten „Manifest“ soll ich Ihre Fassung vergleichen? Ich besitze die bei Jolly Rogers Press erschienene Version.

Kann ich Ihnen irgendwas schicken, was Sie interessiert oder Ihnen Freude machen würde? Dann lassen Sie es mich bitte wissen.

Was Sie über Ihre umfangreiche und mühselige Arbeit des Ordnens Ihres Archivs und Ihrer Papiere berichten, verstehe ich. Wie ist denn die Rechtslage nach einem plea bargin?

Alle Gegenstände in der cabin sind Ihr Eigentum? Oder wurde das vom Gericht konfisziert und irgendwo eingelagert, wie die cabin? Eigentlich gehört die cabin doch Ihnen, und Sie könnten darüber verfügen, was damit geschieht?

Hier werde ich schließen. Ich habe mir vor drei Wochen den rechten Finger und das Gelenk gebrochen. Leider ein sehr komplizierter Bruch, ein Trümmerhaufen, der mit vielen Schrauben zusammengehalten wird, ein echter „Minsky-Finger“.

Im Moment ist das noch Gips, und das Tippen und Schreiben ist mühsam.

But nevertheless

Ich hoffe, es geht Ihnen gut

viele Grüße aus Hamburg

Ihr

Lutz Dammbeck

15) 2.Oktober 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO^ 81226-8500

U S3 A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

ich hoffe, Sie haben meinen letzten Brief (23.Juli 2003) mit dem darin geäußerten großen Interesse an der von Ihnen fertiggestellten Fassung des „Manifest“ bekommen.

Ich habe mich gefreut zu hören, das Sie eine Fassung des Manifest an Ihre Freundin schicken konnten. Ich würde gern, wie von Ihnen angeboten, auch eine Kopie haben.

Konnten Sie schon in Erfahrung bringen, wie ich die Kopien bezahlen kann?

Da ich längere Zeit nichts mehr von Ihnen hörte, war ich schon ein bischen besorgt, ob es Ihnen gut geht, aber dann habe ich mir gedacht, dass Sie viel Zeit für die Archivierung Ihrer Dokumente verwenden müssen.

Es macht neugierig zu lesen, wie Sie die Unmengen von Material, sortieren, bewerten und für eine Archivierung vorbereiten. Was sind Ihre Kriterien für diese Arbeit, wie gehen Sie vor? Was soll mit all dem Material später einmal geschehen? Wird es in absehbarer Zeit wissenschaftlich zugänglich gemacht? Wo?

Meiner verletzten Hand geht es wieder besser, geblieben sind Titanschrauben und Drähte in einem Finger, das ist ein merkwürdiges, ein fremdes Gefühl. Ich hatte gerade in der Zeit der Rekonvaleszenz sehr viel Arbeit in der Hochschule, die Studenten haben ihre Abschlußarbeiten für eine große Ausstellung fertiggestellt, und waren natürlich sehr aufgeregt.

Aber ich konnte auch eigene Projekte fertigstellen.

Ich hatte Ihnen ja immer wieder mal Informationen über meine künstlerische Arbeit geschickt. Zusammen mit meinen Studenten habe ich z.B. eine Installation erarbeitet, in die auch der Nachbau einer cabin integriert ist, der sowohl von der Hütte von Thoreau wie auch der von Ihnen gebauten cabin inspiriert ist. Die Installation stand bis vor kurzem im Dom von Aachen*, im Rahmen einer Ausstellung, die sich mit der Geschichte des Wissens seit dem Frühmittelalter beschäftigt.

* (Ausgangspunkt ist die Geschichte/ Fama/Historie vom sogenannten „weißen Elefanten“, den Kaiser Karl der Große vom Kalifen aus Bagdad als Geschenk erhielt, und der über die Alpen und mit einem Floß auf dem Rhein bis Aachen transportiert wurde).

Teil meiner Installation ist u.a. verschiedenes Material, wie z.B. Kopien aus der veröffentlichten Druck-Version des Manifesto, aus Walden und von Jaques Ellul, das die Besucher mitnehmen konnten. Das wurde eifrig genutzt, so dass diese Blätter 2x neu kopiert werden mussten. Die Installation ist dort im Kontext eines Kapitels zu Fragen der „Aufklärung und Moderne“ zu sehen. Im mittelalterlichen Dom von Kaiser Karl dem Großen, einer faszinierenden karolingischen Architektur mit Zitaten maurischer und orientalischer Ornamente, wird mit kostbaren historischen Exponaten aus aller Welt und modernen zeitgenössischen Kunstwerken u.a. die Entwicklung von den frühmittelalterlichen „Wissensbasaren“ im Orient und Gelehrtenschulen in Europa bis hin zum „Öffnen der Büchse der Pandora“ in der Moderne erzählt.

Die erwähnte Installation von mir wurde in der Berichterstattung u.a. als Kommentar zur Entwicklung von „Wissen und Macht“ in der modernen (technologischen) Gesellschaft bezeichnet.

Ich verstehe mich in diesem Fall zwar als der Künstler, aber auch als ein „Transformator“, „Monteur“ oder „Transporteur“ von Ideen Dritter.

Das entspricht meinem Haupt-Arbeitsprinzip, der Montage.

Für viele Besucher der Ausstellung wird es vielleicht ein Anlaß sein, sich z.B. mit Ihren Gedanken und der damit aufgezeigten Problematik weiter zu beschäftigen.

In Kürze soll die Arbeit dann, leicht verändert, in einer Ausstellung in Berlin gezeigt werden. Auch der Film, über den ich Sie mehrmals informiert habe, ist nun fertig, und wird demnächst der Öffentlichkeit vorgestellt.

Wie ich Ihnen anfangs schrieb, sind in diesem Zusammenhang Ihre Gedanken und Ansichten sehr wichtig. Ich habe über zwei Jahre, gegen viele Widerstände und (durch oberflächliche Medienberichte verursachte) Klischees, hart daran gearbeitet.

Es ist ein sehr persönlich geführter Diskurs über die Entwicklung moderner Technologie und Wissenschaft seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts geworden und über den Konflikt, der sich dadurch entwickelt hat. Von Anfang an war mir klar, dass Ihre Gedanken und Ihre philosophisch-inhaltliche Position zu einem „technologischen Utopia“ für den Film ganz wichtig ist, und ich habe versucht, diese so korrekt, verantwortungsvoll und authentisch einzubringen wie möglich.

Dafür war unser Briefwechsel sehr hilfreich und erklärend, weil es jedem Zuschauer verständliche und inhaltlich interessante Gedanken von Ihnen zugänglich machte, von denen ich etwas (in Ausschnitten) zitiert habe. Dabei geht es nur um inhaltlichphilosophische Fragen. Die Reaktion gerade jüngerer Leute bei ersten Testvorführungen war beeindruckend. Sie waren berührt, nachdenklich und wollten anschließend daüber sprechen.

Diese Nachdenklichkeit wird auch durch eine Reihe von Havarien und Zusammenbrüchen technischer Netzwerke in den USA und Europa verstärkt. Ich mußte an Sie denken, als vor einiger Zeit an der Ostküste und in Canada das Stromnetz ausfiel. Es wunderte mich, dass es nicht an der Westküste passierte. Die Leute sind beunruhigt durch solche Sachen.

Vorige Woche brach das Stromnetz in Italien zusammen, am 28.August in London, am 23.September in Schweden und Dänemark.

In den Zeitungen werden Szenarios diskutiert, ob solche „Black out's“ künftig durch Computerviren verursacht werden könnten. In den USA werden angeblich zur Zeit die analogen Netzregler gegen digitale Systeme ausgetauscht - „und dadurch angreifbar

für Hacker und Stromsaboteure“, wie es im Kommentar einer deutschen Zeitung heisst. Der Fehler an dem Desaster in Italien trug, nach dieser Zeitung, ein falsch programmierter Steuerungscomputer.

Ich hoffe und wünsche mir ein großes öffentliches Interesse für meinen Film, viele Diskussionen und bin auf die Reaktionen gespannt. Ich werde Sie darüber weiter informieren.

Nun warte ich auf Ihre Nachricht wegen der Kopie des Manifest, und hoffe, es geht Ihnen gut.

Mit besten Grüßen

Ihr

Lutz Dammbeck


14) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

12.September 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

es tut mir viel leid, daß Sie einen Finger so schwer gebrochen haben, und das sage ich nicht nur deswegen, daß die Höflichkeit es erfordert, sondern auch deswegen, daß ich Ihre Verletzung aufrichtig bedauere; denn mir scheint, daß Sie ein sehr freundlicher und netter Mensch sind.

Sie fragen mich, ob Ihre Freundin aus New York mir einen Scheck schicken solle, damit ich Ihnen eine Kopie der korrigierten Fassung des Manifestes senden könne. Ja, das könnte sie tun, und sie sollte den Scheck an mich persönlich und nicht an jemand anderes schicken, aber ich werde das Geld nicht ausgeben können, bis the check clears the bank.

Ich verstehe es nicht, das auf Deutsch zu sagen, aber das bedeutet, daß ich das Geld nicht ausgeben können würde, bis der Scheck in die Bank angekommen sei, und die Bank dem Gefängnis das Geld gezahlt habe.

Ich werde das Fotokopieren und das Porto nicht bezahlen können, bis ich das Geld ausgeben kann. Deshalb werde ich vielleicht zwei Wochen warten müssen, nachdem ich den Scheck erhalte, ehe ich die Fotokopien machen lassen kann. Wenn Sie die Kopie der korrigierten Fassung schneller erhalten wollen, können Sie mir ein International Money Order* schicken, vorausgesetzt, daß diese Zahlungsanweisung (International Money Order) in amerikanischen Dollar zahlbar sei.

Das heißt, Sie müssen das Geld in amerikanischen Dollar konvertieren, ehe Sie die Zahlungsanweisung kaufen. Ich habe eine Nachfrage gemacht, und die Behörden des Gefängnisses haben mir gesagt, daß sie eine in amerikanischen Dollarn zahlbare International Money Order annehmen würden, und, wenn ich mich nicht irre, werde ich das Geld sofort ausgeben können.Wie ich Ihnen in meinem Brief vom 23.6.03 mitgeteilt habe, werden die Kosten die folgenden sein:

Fotokopieren:

185 Blätter (Handschrift) zu 1/10 Dollar pro Blatt: $ 18.50 (18,5 Dollar)


Das Gewicht ist ungefähr 0,166 ounce pro Blatt;

ungefähr 30,7 ounces, Porto:

$ 31.80 (31,8 Dollar)

Ob Sie eine International Money Order senden oder Ihre Freundin einen Scheck schicken lassen, muß meine Register Number, 04475-046, neben meinem Namen darauf geschrieben werden.

* Ich weiß nicht, wie man das auf Deutsch sagt.

Sie könnten sich eine Kopie der korrigierten Fassung des Manifestes auch auf eine andere Weise verschaffen.

Julie Herrada, die Curator of the Labadie Collection in der Universität von Michigan, hat eine Kopie der korrigierten Fassung und könnte Ihnen eine Kopie derselben zur Verfügung stellen, und vielleicht würden Sie von Ms. Herrada eine Kopie schneller beschaffen können, als von mir.

Andrerseits vermute ich, daß die Kosten höher wären, wenn Sie die Kopie von Ms. Herrada beschafften.

Ms. Herradas Addresse ist: Julie Herrada Curator, Labadie Collection, 711 Hatcher Library, University of Michigan, Ann Arbor MI 48109 - 1205, U.S.A. Ihre Telefon.Nr. ist: 734 - 764 - 9377.

Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, haben Sie mich in einem Ihrer Briefe gefragt, wer an den zahlreichen Fehlern der veröffentlichten Versionen des Manifestes schuld sei.

Schuld daran sind die Leute, die das Manifest sorglos und nachlässig transcribiert haben.

Alle veröffentlichten Versionen des Manifestes beruhen direkt oder indirekt auf der Version der Zeitung The Washington Post. Infolge der Nachlässigkeit der Angestellten dieser Zeitung sind viele Fehler, besonders das Auslassen von Teilen mancher Sätze und sogar von ganzen Sätzen, in dieser Version erschienen.

Zum Beispiel, in „Note 1“ wurde das Wort „not“ ausgelassen, und infolge desssen ist die Bedeutung der „Note“ das Gegenteil der beabsichtigten Bedeutung.

Jedes Mal, wenn jemand das Manifest wieder transcribiert hat, hat er die Fehler der Version der Washington Post übertragen und auch einige eigene Fehler beigetragen, so daß die veröffentlichten Versionen immer schlechter geworden sind.

Der Mensch, der die Version des Jolly Roger Press redigierte, hat behauptet, daß er die Fehler korrigiert habe. Aber das war unmöglich, weil alle Versionen, die ihm zur Verfügung standen, auf der Version der Washington Post beruhten, so daß er die Fehler dieser Version nicht korrigieren konnte.

Aber in Wirklichkeit ist die Version des Jolly Roger Press schlechter als die der Washington Post.

Sie fragen mich, mit welcher Fassung des Manifestes Sie die korrigierte Fassung vergleichen sollten. Es macht nichts, Sie dürfen sie mit irgendeiner beliebigen Fassung vergleichen. Ich verstehe nicht, warum Sie die korrigierte Fassung mit einer anderen vergleichen wollen.

Ich weiß nicht, was Sie mit „plea bargin“ meinen.

Fragen Sie nach der Möglichkeit einer Beilegung des Streites zwischen mir und dem Staat über mein Eigentum?

Bis jetzt weiß ich nichts darüber. Die Lage ist sehr verwickelt, und es wäre zu mühsam, dies darzulegen.

Es genüge zu sagen, daß der Staat einen Anspruch auf mein Eigentum habe, um die Restitution zu bezahlen, die ich meinen sogenannten Opfern gemäß meiner Verurteilung schulde und die cabin mir nicht mehr gehöre.

Bezüglich der Mathematiker, die sich als Künstler betrachten: Das ist lächerlich. Natürlich ist die Mathematik eine Kunst, insofern als dieses Wort eine bloße Fähigkeit bedeuten kann. Aber die schöne Künste können viele verschiedene Gefühle oder Gemütsbewegungen ausdrücken.

Fragen Sie Ihre mathematischen Freunde, ob die Mathematik Freude, Trauer, Liebe, Haß, Furcht, Zorn, Triumph, Humor oder Ruhe ausdrücken könne. Die Idee, daß (die Mathematiker Künstler seien) die Mathematik eine Kunst sei, ist nur eine List, die man benützt, um die Leere von dem zu verdecken, was das Manifest eine „Ersatzbetätigung“ („surrogate activity“) nennt.

Ich hoffe, daß Ihr gebrochener Finger sehr schnell heilen wird.

Ihr ergebener, Ted Kaczynski

12.9.03

16) 8.Oktober 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

zwei Tage, nachdem ich meinen letzten Brief an Sie zum Postamt brachte, kam Ihr Brief, datiert 9/12/03.

Zunächst vielen Dank für Ihre Anteilnahme an meiner Handverletzung.

Das ist sehr nett, aber im Vergleich zu anderen Dingen ist diese Verletzung, die Gottseidank gut verheilt, doch keine so große Sache.

Besten Dank für die gute Nachricht betreffs der Kopien vom Manifest.

Ich habe gleich versucht, so eine „international money order“ loszuschicken, so wie Sie es vorgeschlagen haben. Aber, es gibt zwar auch in Hamburg die Firma Western Union, aber hier von Deutschland aus führen sie solcherart Aufträge nicht aus. Ich werde also meine Freundin in New York bitten, bei der Post eine money order in betreffender Höhe auf Ihren Namen zu kaufen, und Ihnen mit der Post zuzuschicken. Sollte das nicht klappen, muss Sie es mit einem Scheck versuchen.

Sie haben mir den Namen und die Adresse von Julie Herrada genannt.

Ich nehme an, dass diese Dame eine Vertrauensperson von Ihnen ist?

Und mit der Archivierung Ihrer Papiere und Dokumente an der Universität Michigan (in der Labadie Collection) befasst ist?

Sie fragen mich, was ich mit dem Begriff „plea bargin“ meine.

Der Begriff wurde mir genannt, um das juristische Verfahren zu erklären, das zu Ihrer Verurteilung führte. Ein Verfahren, das mir als „typisch amerikanischer Kuhhandel zwischen Verteidigung, Staatsanwälten, Gericht und Angeklagtem“ geschildert wurde, mit dem Ziel, eine reguläre Gerichtsverhandlung zu vermeiden. Also ein Deal im Interesse aller Beteiligten. Ist das richtig? Für „plea bargin“ gibt es im deutschen Strafrecht keine Entsprechung.

Sie fordern mich am Ende Ihres Briefes auf, meine Mathematiker-Freunde zu fragen, ob Mathematik Gefühle ausdrücken kann. Einer dieser Freunde würde bestimmt sagen: Ja. Aber dabei muß man bedenken, das sich die Vorstellung und Klassifizierung dessen, was als „Kunst“ bezeichnet wird, seit den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts entscheidend verändert hat.

Der sogenannte „offene“ oder „entgrenzte“ Kunstbegriff führte dazu, das sich die Grenzen zwischen Kunst und Nicht-Kunst auflösten, dass vorher kunstfremde Materialien, Gedanken und Objekte in die Museen und Galerien Einzug hielten (z.B. auch Computer), das sich Kunstwerke „ent-materialisierten“ oder „unendlich kopierbar“ wurden, und im Rahmen der sogenannten Konzept-Kunst auch mathematische Formeln, Berechnungen oder Theoreme kunstwürdig wurden. Das alles wurde gängige Praxis, hat nun schon eine eigene Geschichte mit Legendenbildung, und wuchert rhizomatisch weiter, der totalen Auflösung und Vermischung von allem mit allem entgegen.

Es ist ein Abbild (oder ein Nachvollzug) von etwas, das sich originär in der Wissenschaft und Technologie entwickelte, und uns heute weltweit vernetzte Maschinensysteme beschert, deren Wesen von Mathematik, Logik und binären Codes bestimmt wird.

Die Idee vom „Mathematiker als Künstler“ als eine „surrogate activity“ zu bezeichnen, könnte stimmen. Die von Ihnen aufgezählten Begriffe wie Freude, Trauer, Liebe, Haß, Furcht oder Zorn führen dagegen hin zu dem, was wirklich wichtig scheint, und bisher das Feld der Kunst war. Und führen darüber hinaus hin zu Begriffen wie „Natur“ und „Schöpfung“. Kunst hat immer versucht, das Verhältnis des Menschen dazu zu beschreiben und zu klären.

Begriffe wie Andacht, Ergriffenheit, Demut und Ohnmacht gegenüber Natur und Schöpfung gehören sicher auch dazu. Und, alle Versuche des Künstlers, „zu bilden“, werden immer noch am Vorbild dieser Natur gemessen, Konzept-Kunst hin oder her.

Ab einem bestimmten Zeitpunkt hat die Wissenschaft der Kunst (und Religion) die Deutungshohheit über diese Felder streitig gemacht. Nun soll es eine neue Natur geben, von Menschenhand. Der Mensch wird Gott und schafft sich eine software-basierte Natur (Mirror Worlds, David Gelernter), die er nach eigenem Belieben gestaltet und kontrolliert. Das wird scheitern, wie die Träume vom „Golem“ des Rabbi Löw in dem immer noch sehenswerten, gleichnamigen Film von 1926. Alles scheint dort schon vorausgesehen.

Ein anderer meiner Mathematiker-Freunde würde wiederum sagen, die Mathematik ist die Königin der Wissenschaften. Nach seiner Meinung geht es heute darum, eine spirituelle, imaginäre Mathematik zu entwickeln, wofür er bei Gödel oder Sheldrake Ansätze sieht. Um aus dem Gefängnis der nur stofflichen Setzung herauszukommen. Sonst wird nichts weiter herauskommen, als dass die Technik ein Gefängnis für die Menschen ist.

Die Hauptfrage, die Ihn beschäftigt ist: wo kommt die Natur her?

Die heutige Wissenschaft heute nehme die Welt nur auseinander, um deren Phänomene zu erklären, beziehe sich aber nur auf eine Hälfte des Ganzen: das materielle Bewußtsein, und spalte eine andere Hälfte ab: das spirituelle Bewußtsein. Das führe zum Verlust von moralisch-sittlichen-geistigen Werten. Natürlich muß, sagt dieser Freund, die Wissenschaft bestehen bleiben. Es sollte aber die moralisch-sittliche Komponente dazu kommen, und die Trennung von Geist und Stofflichkeit/Materie (die es seit Descartes gibt) wieder aufgehoben werden.

Es bedarf also einer Setzung auch aus dem Spirituellen heraus.

Der Mathematiker/Logiker gerate, so mein Mathematiker-Freund, je weiter er in seiner Materie vordringt, in immer größere Unordnung und Chaos, in einen scheinbar immer dunkleren Wald. Der sei, wie die wirkliche Natur, unordentlich, gefährlich und unkalkulierbar.

Die Natur sei ja nicht immer nur „freundlich“, „lieb“ und „schön“, sondern auch „grausam“, „mitleidlos“ und „hart“. (Gestatten Sie mir hier eine Anmerkung: Sie selbst haben viele Jahre in Ihrer cabin unter sehr einfachen und harten Bedingungen in und mit dieser Natur gelebt, und wissen aus eigener Erfahrung darüber Bescheid. Es ist mir unvorstellbar, wie sind Sie z.B. mit diesen Schwierigkeiten in einem harten, schneereichen Winter umgegangen sind. Wie es Ihnen als einem Wisssenschaftler und Intellektuellen unter solchen harten Bedingungen möglich war, intellektuell zu arbeiten und sich die ungebrochene geistige Kraft und den Humor zu bewahren, der aus Ihren Briefen spricht.)

Der Mensch von heute, meint mein Mathematiker-Freund weiter, ist von seiner sinnlichen Wahrnehmung und vom spirituellen Bewußtsein abgeschnitten. „Er sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht“. (= ein deutsches Sprichwort).

Ihr letzter Brief war auf der Rückseite von Kopien geschrieben.

Ich habe diese aufmerksam studiert. Bestimmt ist es für Sie von größter Wichtigkeit und Bedeutung, die Bibliothek aufsuchen zu können. Wird Ihnen das gestattet? Dürfen Sie Radio- und Fernsehsendungen hören und sehen?

Hier muss ich leider schließen. Ich würde mich freuen, wenn Sie bald wieder Zeit finden, zu antworten und hoffe, dass es mit den Kopien bald klappt.

Ihnen alles Gute

Ihr

Lutz Dammbeck

15) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

15 Oktober 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Heute habe ich von Ihrer Freundin, Sabine Schenk, vierzig Dollar erhalten.

Am Montag, 20 Oktober, werde ich dem Counselor oder dem Case Manager die korrigierte Fassung des Manifestes geben, damit er sie (oder die?) fotokopiere.

Wahrscheinlich werde ich am Dienstag, 21 Oktober, die korrigierte Fassung mit der Fotokopie derselben zurückbekommen, und dann werde ich Ihnen am Mittwoch, 22 Oktober, die Fotokopie schicken können.

Wenn ich richtig gerechnet habe, wird das Gewicht des Pakets etwas weniger als 32 ounces sein, so daß das Porto $ 13.30 (13,30 Dollar) sein wird. Wenn das Papier etwas mehr wiegt, als ich geglaubt habe, dann mag das Gewicht des Pakets mehr als 32 ounces sein, so daß das Porto $ 14.50 (14,50 Dollar) sein wird. Jedenfalls werden die gesamten Kosten nicht mehr als $ 33,00 (33,00 Dollar) sein, denn es wird mich $ 18,50 (18,50 Dollar) kosten, die Fotokopie machen zu lassen.

Wenn Sie den Überschuß zurückbekommen wollen, glaube ich, daß die Behörden des Gefängnisses mir erlauben würden, Ihnen das Geld zu schicken.

Aber es wäre wahrscheinlich leichter, daß ich Ihrer Freundin, Sabine Schenk, das Geld schickte.

Ich hoffe, daß Ihr verletzter Finger sehr gut geheilt sei.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

15.10.03

16) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

26. Oktober 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich bedauere, daß ich Ihnen die korrigierte Fassung des Manifestes nicht so schnell habe schicken können, wie ich geglaubt habe. Ich hatte vergessen, daß ich dafür nicht genug Briefmarken habe. (Oder sollte ich schreiben:“daß ich dafür genug Briefmarken nicht habe“?).

Ich habe mehr Briefmarken aus dem Commissary bestellt, ich soll dieselben am Montag (27.10.03) erhalten, und ich werde Ihnen spätestens am Dienstag (28.10.03) die korrigierte Fassung mit diesem Brief schicken können.

Leider habe ich einen Fehler in meiner „korrigierten“ Fassung bemerkt!

Das ärgert mich, weil ich so sorgfältig und mit so viel Mühe diese Fassung ausgearbeitet habe. Ich habe den Fehler auf Seite 37 entdeckt. Der Satz, der teils auf Seite 36 und teils auf Seite 37 steht, lautet: „Advertising and marketing techniques have been developed that make many people they need things that their grandparents never desired or even dreamed of.“

Diesem Satz fehlt das Verb! Das Verb sollte wahrscheinlich „feel“ sein, so daß der Satz also lauten soll: „Advertising and marketing techniques have been developed that make many people feel they need things that their grandparents never desired or even dreamed of.“ Ich bin mir sicher davon, daß das Verb „feel“ dem Satz die richtige Bedeutung gibt, aber ich bin mir nicht ganz sicher davon, daß „feel“ dasselbe Verb sei, das in der ursprünglichen Version des Manifestes gebraucht worden sei.

Ich habe nicht mehr bei mir die Fassungen des Manifestes, die ich benützt habe, um die korrigierte Fassung zu machen. Ich habe der Labadie Collection diese Fassungen gesandt, weil ich geglaubt habe, daß ich die nicht mehr nötig hätte.

Ich muß Julie Herrada schreiben, um zu bestätigen, daß das Verb „feel“ das richtige sei. Wenn ich ihre Antwort erhalte, werde ich Ihnen darüber schreiben. Inzwischen können Sie annehmen, daß der Satz lauten solle, wie ich ich oben angedeutet habe.

Übrigens haben Sie recht auf Seite 1 Ihres Briefes vom 8.10.03: Julie Herrada ist mit der Archivierung meiner Papiere befaßt. Eigentlich ist sie die Curator(in) der Labadie Collection. Ich kann das Wort „Curator“ nicht in dem Wörterbuch finden, aber es bedeutet: en ein Mensch, dessen Pflicht ist, sich um die Ausstellungsstücke in ein einem Museum, oder Dokumente oder seltene Bücher in eiuner Bibliothek, oder so etwas, zu kümmern.

Nachdem ich dem den Fehler bemerkte, habe ich die korrigierte Fassung zweimal mehr gelesen, und ich habe noch einen Fehler gefunden, obwohl er sehr klein ist.

Auf Seite 2, Absatz 4, Zeile 11, habe ich „It's“ geschrieben, wo ich „Its“ hätte schreiben sollen.

Ich hoffe, daß es keine Fehler mehr gebe.

Jetzt muß ich diesen Brief beenden. Ich will nur erwähnen, daß ich auch Ihren Brief vom 3.10.03 erhalten habe, und daß ich mich freue, daß Ihre Verletzung gut verheilt ist.

Ihr ergebener Ted Kaczynski

26.10.03

Anlagen:

Kalkulation der Kosten

Erklärung zu der korrigierten Fassung des Manifestes:

„Concerning the May 31, 2003, draft of „Industrial Society and Its Future“

Die korrigierte Fassung des Manifestes

Diagram


17) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

4. November 2003

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

28.10.03 habe ich den Umschlag, der die korrigierte Fassung des Manifestes enthält, abgeschickt, aber er ist mir heute mit einem Zollerklärungsformular, das ich ausfüllen mußte, zurückgebracht worden. Ich habe das Zollerklärungsformular ausgefüllt und werde den Umschlag morgen wieder abschicken. Hoffentlich werden Sie die korrigierte Fassung ohne weitere Schwierigkeiten erhalten. Sagen Sie mir bitte, ob Sie die erhalten.

Das Gewicht des Pakets wurde auf dem Zollerklärungsformular geschrieben; es war 1 pound 15,4 ounces, das heißt 31,4 ounces. Also habe ich das Gewicht ein wenig überschätzt. Das Porto ist nicht $ 14,50 sondern nur $ 13,30. Aber die Briefmarken sind bereits an den Umschlag geklebt worden.

In Ihrem Brief vom 8.10.03, auf Seite 2, schreiben Sie: „Der sogenannte „offene“ oder „entgrenzte“ Kunstbegriff führte dazu, dass sich die Grenzen zwischen Kunst und NichtKunst auflösten...“, und so weiter.

Wohl weiß ich, daß die Grenzen zwischen Kunst und Nicht-Kunst aufgelöst worden sind. 1978 kannte ich einen Schweden, der Hakan Edwardson hieß, obwohl wir seinen Namen als „Hoken“ zu schreiben pflegten.

Er hatte Philosophie studiert. Einst fing ich eine Fliege, die durch Zufall lebendig in meiner Hand blieb, und der Schwede sah das und sagte erregt:“Ach, du hast eine Fliege! Siehe, ich werde dir etwas zeigen.“ Da nahm er von dem Kopf seiner Fau ein langes, blondes Haar, und er bat mich die Beine der Fliege zu halten, während er versuchte, das Haar um den Hals der Fliege zu binden, aber es gelang ihm nicht. Dann hielt er die Fliege, während ich versuchte, das Haar um ihren Hals zu binden; und mir auch gelang es nicht. Aber nach verschiedenen erfolglosen Versuchen gelang es uns endlich, das Haar um den Hals einer Fliege zu binden. Dann konnte man das Ende des Haares zwischen den Fingern halten, während die Fliege herumflog, als ob sie eine Hündin und das Haar eine Hundeleine wären.

Das war eine unterhaltsame Leistung, sehr komisch. Aber der Schwede behauptete, daß das Kunst sei. (Übrigens, pflegte dieser Schwede die für Kinder geschriebenen Comichefte eifrig zu lesen. Er behauptete, daß er philosophische Aussagen darin finde. Einst fragte ich ihn, ob er glaube, daß die philosophischen Aussagen darin von den Comicschriftstellern absichtlich eingesetzt worden seien, oder daß er selbst die philosophischen Aussagen aus dem Inhalt der Comichefte schaffe. Er antwortete, er wolle das nicht besprechen.)

Es gab einen Englischen des Neunzehnten Jahrhunderts - wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, hieß er Thomas De Quincy - der eine Abhandlung über den Mord schrieb, den er als eine der schönen Künste betrachtete. Ich glaube, daß Herr De Quincy diese Abhandlung nicht ganz ernst geschrieben habe. Aber mein Vater erzählte mir vor etwa 25 Jahren von einem Ausstellungsstück in einem Kunstmuseum, das aus dem Künstler selbst bestand, der nackt und reglos auf einer Glasscheibe lag.

Also, nach der modernen Ansicht, was ist nicht Kunst?

Ist irgendeine Sache nicht Kunst? Ich könnte furzen und das Kunst nennen.

Könnten Sie beweisen, daß ich Unrecht hätte? Aber wenn alles „Kunst“ ist, dann ist das Wort bedeutungslos. Aber das Vorhergehende ist nicht wichtig.

Ich glaube, daß das Folgende wichtiger sei: Sie schreiben (8.10.03, Seite 3): „Der Mensch wird Gott und schafft sich eine software-basierte Natur... die er nach eigenem Belieben gestaltet und kontrolliert.“

Aber sagen Sie mir: Auf welchen Menschen weisen Sie hin? Wer ist „Der Mensch,“ der die „software-basierte Natur“ „kontrolliert“. Sind Sie dieser Mensch? Bin ich das? Ist der Präsident der Vereinigten Staaten oder der Generaldirektor von Microsoft dieser Mensch? Wer ist er?

Mit freundlichen Grüßen, Ihr ergebener

Ted Kaczynski

4.11.03

18) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

30 November 2003

TED KACZYNSKI

to

LUTZDDAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Fröhliche Weihnachten!

Ich hoffe, daß Sie die korrigierte Fassung des Manifestes erhalten haben, die ich Ihnen kürzlich geschickt habe. In Meinem Brief vom 26.10.03, auf Seite 1, habe ich Ihnen mitgeteilt, daß die korrigierte Fassung einen Fehler enthalte. Der Satz, der teils auf Seite 36 und teils auf Seite 37 stehe, solle also lauten: „Advertising and marketing techniques have been developed that make many people feel they need things that their grandparents never desired or even dreamed of.“

Jedoch sei ich mir nicht ganz sicher davon, daß das richtig sei. Aber jetzt habe ich bestätigt, daß das richtig ist: Dieser Satz soll lauten, genau wie ich ihn gerade geschrieben habe.

Ich freue mich, daß Ihr Film fertig ist, wie Sie mir in Ihrem Brief vom 2.10.03 mitgeteilt haben, und ich hoffe und glaube, daß er viel öffentliches Interesse wecken werde. Übrigens gratuliere ich Ihnen zum erfolg Ihrer Installation in der Ausstellung im Dom von Aachen.

Aber die „spirituelle Mathematik“, worüber Ihr Mathematiker-Freund spricht, ist nur eine neue Art von Wirklichkeitsflucht, die den Menschen in seinem Gefängnis fester einschließt. Genau wie die Religion, verschiedene unvernünftige Ideologien, und so weiter. Als ich die Bemerkungen Ihres Mathematiker-Freundes las, habe ich gedacht: „Die Deutschen sind verrückt“„ Dann aber habe ich mich an gewisse Glauben der Amerikaner erinnert, und ich habe gedacht,: „Ja, und die Amerikaner sind wenigstens so verrückt wie die Deutschen!“

Ich glaube, daß Sie die wichtigste Lehre des Manifestes nicht gut verstanden hätten: Es gibt nur ein Mittel, wodurch der Mensch aus dem Gefängnis der Technologie hinausbrechen kann, und dieses Mittel ist die Vernichtung der Infrastruktur und der Geräte der modernen Technologie. Das aber erfordert zuviel Mut.

Deshalb flüchtet man sich in Träume wie die „spirituelle Mathematik“ und anderen philosophischen Unsinn (in Deutschland), oder fundamentalistische Religion, verschiedene politische Ideologien, und so weiter (in Amerika).

In Ihrem Brief vom 8.10.03, auf Seite 4, schreiben Sie, daß ich unter „harten Bedingungen und mit dieser Natur“ gelebt hätte. Und Sie fahren also fort: “Es ist mir unvorstellbar, wie Sie z.B. mit diesen Schwierigkeiten in einem harten, schneereichen Winter umgegangen sind. Wie es Ihnen als einem Wissenschaftler und Intellektuellen unter solchen harten Bedingungen möglich war, intellektuell zu arbeiten und sich die ungebrochene geistige Kraft und den Humor zu bewahren, der aus Ihren Briefen spricht.“

Dies muß ich beantworten. Erst muß ich jedoch darauf hinweisen, daß ich Ihnen wiederholt mitgeteilt habe, daß ich kein Wissenschaftler sei. Ich bin auch kein Intellektueller, wenn ein Intellektueller ein Mensch ist der die Intellektuellen Betätigungen (z.B., Studieren, Denken, schreiben, Kunst, usw.) hoch schätzt und sein Leben in solchen Betätigungen zu verbringen vorzieht. Mir sind die intellektuellen Betätigungen nur ein Mittel oder eine bloße Belustigung, und ich würde die lieber entbehren.

Aber leider sind das Studieren und das Denken notwendig als Mittel, um gewisse Zwecke zu verfolgen; und wenn auch sie nicht notwendig als Mittel wären, dennoch würde ich etwas brauchen, womit ich mich in diesem Gefängnis zu beschäftigen.

Aber jetzt befasse ich mich mit Ihrer Bemerkung über die „harten Bedingungen“, unter denen ich gelebt habe. Solche Bedingungen sind garnicht hart, vorausgesetzt, daß man daran gewohnt und angepasst sei.

Stellen Sie sich eine zukünftige Gesellschaft vor, in der alle Leute von Geburt an in motorisierten Rollstühlen aufwüchsen, so daß ihre Beine äußerst schwach wären und sie kaum zu Fuß gehen könnten. Diese Leute würden auf das Zwanzigste Jahrhundert zurückblicken und denken: „Was für Schwierigkeiten mußten die Menschen jenes Jahrhunderts ertragen! Wenn sie von der Küche zum Badezimmer gehen wollten, mußten sie zu Fuß gehen! Wenn sie in das Auto einsteigen wollten, mußten sie erst mindestens fünf oder sechs Meter zu Fuß gehen! Wie konnten sie so harte Bedingungen aushalten?“ Natürlich würden uns solche Leute leid tun; wir würden sie für unglückliche Krüppel halten.

Aber wir selbst gleichen in gewissem Maße solchen Krüppeln. Unser „Rollstuhl“ ist die moderne Zivilisation, in der wir so verwöhnt aufwachsen, daß wir schwach werden, und die Bedingungen, unter denen die Urmenschen bequem lebten, uns hart scheinen.

Die harten Bedingungen, die uns bedrücken, sind meistens psychologisch; sie sind besonders die Sorgen, der Stress. Ich glaube, daß die Urmenschen gewöhnlich wenig an Stress oder Sorgen gelitten hätten, wenn auch sie unter Gefahren lebten. Es ist schwer, das schlüssig zu beweisen, denn man hat (soviel ich weiß) wenige objektive Untersuchungen dieser Frage unter den Urmenschen, die in das moderne Zeitalter überlebten, vorgenommen. Und jetzt ist es zu spät, weil es keine Urmenschen mehr gibt, deren Kultur durch den Eingriff der modernen Zivilisation nicht schwer verletzt ist.

Aber ich erinnere mich daran, von einer Untersuchung irgendwo gelesen zu haben, die zu dem Schluß gekommen war, daß die Buschmänner von Südafrika außerordentlich wenig an Stress litten.

In seinem Buch; Life in the Rocky Mountains, Warren Angus Ferris, der während eines Teils des Jahrzehnts 1840-1850 unter den Indianern gewohnt hatte, erzählte, daß man manchmal einen Indianer beobachten könne, der seine Pfeife rauchend und sehr ernst und nachdenklich aussehend hin und her vor seiner Hütte gehe. Aber wenn man diesenm Indianer frage, „Woran denken Sie?“, antwortete er „An nichts.“

In einem seiner Bücher erzählte Will Durant, daß der Arktisforschungsreisende Peary einst einen Eskimo gefragt habe: „Woran denken Sie?“ Der Eskimo habe geantwortet:“ Ich habe reichlich Fleisch. Ich habe es nicht nötig, zu denken.“

Wir sind vielleicht geneigt, über solche Anekdoten zu lächeln, aber sie beweisen, daß jene Leute nicht durch Sorgen geplagt waren.

Der Forscher Paul Schebesta schrieb 1938 über die Pygmäen des afrikanischen Urwalds, daß diese Menschenrasse „eine ungewöhnlich derbe Natürlichkeit und Lebensfrische, eine Heiterkeit und Sorglosigkeit ohnesgleichen“ auszeichne.

(Paul Schebesta, Die Bambuti - Pygmäen vom Ituri, I. Band, Institut Roal Colonial Belge, Brüssel, 1938. Seite 205.)

Gontran de Poncins, der ungefähr 1938 oder 1940 unter gewissen Eskimos wohnte, schrieb: “I...sat here clad in the skins and furs of animals in a shelter built of snow, in a land and a season where a temperature of forty degrees below zero was the normal thing - and I was relaxed, content, happy. I was at peace with myself; and surely of all things in the world the rarest is a civilized man at peace with himself.“ (Gonran de Poncins, Kabloona, Time-Life Books, Alexandria, Virginia, 1980. Seite XXVI.)

„(The Eskimo) had proved himself stronger than the storm. Like the ailor at sea, he had met it tranguilly, it had left him unmoved...In mid-tempest this peasant of the Arctic, by his total impassivity, had lent me a little of his serenity of soul.“ (a.a.O. Seiten 212 - 213.)

„(T) ime meant nothing to them; their minds were at rest, and they sleep of the unworried.“ (a.a.O. Seite 273.)

„Of course he would not worry. He was an Eskimo.“ (a.a.O. Seite 292.)

Der Historiker James Axtell behandelt die Gründe, warum viele Weiße vor zwei oder drei Jahrhunderten vorzogen, unter den Indianern zu wohnen, aber nicht umgekehrt.

Er schreibt: „Indian life was atractive (because it offered, among other perfect freedom, the ease of living, (land) the absence of those cares and corrading solicitudes which so often prevail with us.“ (James Axtell, The Invasion Within: The Contest of Cultures in Colonial North America, Oxford University Press, 1985. Seiten 326 - 27.)

Natürlich gibt es Ausnahmen: Die Ainu litten oft an Angstzuständen.

Aber die Ursache davon war keine „harten Bedingungen“ sondern ihr Aberglauben. (Carleton S.Coon, The Hunting Peoples, Little, Brown and Company, Boston, Toronto, 1971. Seite 372.)

Also sind die primitiven Lebensbedingungen, die Sie „hart“ nennen, in Wirklichkeit garnicht hart. Im Gegenteil, sind sie körperlich nicht hart und geistig und psychologisch sehr bequem, wenn man an solche Lebensweise gewohnt ist. Und weil es sehr wenig Stress und Sorgen gibt, bietet solche Lebensweise ideale Bedingungen für das Denken. Anderseits, weil man psychologisch zu bequem ist, wird man versucht, nicht zu denken; denn man hat keinen Beweggrund zu denken, wenn man keine Sorgen hat.

Verzeihen Sie mir, bitte, daß dieser Brief unordentlich ist.

Ich habe es etwas eilig.

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

30.11.03

Nachschrift: Glückliches neues Jahr ! - TJK

17) 3. Dezember 2003

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

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U S A

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

die Kopien der von Ihnen autorisierten Fassung des Manifestes sind bei mir eingetroffen!

Ich habe mich wirklich gefreut, weil ich das Gefühl hatte, etwas Besonderes bekommen zu haben, das mehr ist, als nur ein Stapel Kopien. Ich bin dabei, den Text durchzulesen, und mit der mir bisher vorliegenden Fassung zu vergleichen. Dafür benötige ich noch einige Zeit, weil zum Jahresende an der Kunsthochschule immer verschiedene andere Arbeiten und Abrechnungen abzuschließen sind.

Sie fragten mich, weshalb ich die authentische Fassung mit irgendeiner anderen Fassung vergleichen will. Nun, es ist doch wichtig zu überprüfen, ob es inhaltliche Verfälschungen gegeben hat, und wenn ja, welche Tendenz die haben.

Sie erwähnen einen Restbetrag von den 40 $, die Sabine Ihnen geschickt hat. Ich bitte Sie, diesen Rest so zu verwenden, wie Sie es für richtig halten. Ich habe ohnehin ein schlechtes Gewissen, weil Sie bisher für Ihre Briefe an mich schon viel Geld für Porto ausgegeben haben.

Das war auch der Grund Sie zu fragen, ob ich Ihnen im Gegenzug etwas schicken kann, was Sie freut und Ihnen nützlich ist. Wenn es so etwas gibt, lassen Sie mich es bitte wissen.

Ihr Deutsch wird immer besser, zum Teil verwenden Sie schwierige Zeitformen, die im Deutschen z.T. sehr tückisch sein können.

Im Brief vom 26.10.03 schreiben Sie: Ich hatte vergessen, daß ich dafür nicht genug Briefmarken habe. (Oder sollte ich schreiben: „daß ich dafür genug Briefmarken nicht habe“?). Das erstere ist richtig. Das ist zum Beispiel so eine der verzwickten grammatikalischen Passagen, die ich meine.

Ihre Geschichte mit der Fliege, die mit einem Haar um den Hals wie ein Hündchen an der Leine geführt wird, ist auf den ersten Blick ein lustiges, dann aber schnell ein trauriges, dann ein furchtbares Bild. Das Haar könnte auch ein Draht sein, ein Kabel, ein wire?

Und dann könnte es ein Bild sein, mit dem Sie Ihre Situation beschreiben, und wie Sie sich fühlen. Und je mehr man sich mit diesem Bild beschäftigt, merkt man: es ist ein Bild, das die Situation eines jeden beschreiben könnte. Alle sind am Draht, und alle diese Drähte, die sich kreuzen und unablässig miteinander verknüpft werden, sind ein/das NETZ.

(Es gab in den 70ern einen Spielfilm des deutschen Regisseurs Rainer Werner Fassbinder, der hieß, sehr prophetisch: „Menschen am Draht“.)

Ihr Bild von der Fliege beschreibt sehr schön eine der wesentlichen heutigen Problematiken, das Verhältnis des Individiums zum „System“. Was ist dieses „System“? Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Für Sie ist es „das technologische System“, ich würde „systemisches Denken“ oder „Denken in systemischen Modellwelten“ oder „systematisieren von Natur“, als Beschreibung hinzufügen, und das als Teil einer Haltung bezeichnen, die hin führt zu einer Pose und Attitüde der Machtanmaßung gegenüber der Schöpfung.

Vertreter hierfür sind, stellvertretend, Marvin Minsky oder die Mitglieder der Macy- Gruppe: „Alles ist mach- und veränderbar, du bist, was du sein willst.“

Sie stellen mir am Ende Ihres letzten Briefes Fragen zu einer Stelle in meinem Brief vom 8.10.03: „Ab einem bestimmten Zeitpunkt hat die Wissenschaft der Kunst (und Religion) die Deutungshohheit über diese Felder streitig gemacht.

Nun soll es eine neue Natur geben, von Menschenhand.

Der Mensch wird Gott und schafft sich eine software-basierte Natur (Mirror Worlds, David Gelernter), die er nach eigenem Belieben gestaltet und kontrolliert.“

„Der Mensch“ steht hier für mich stellvertretend für die vorab beschriebene Geisteshaltung - Wissenschaftsauffassung - Wissenschaftsgläubigkeit. Maschinen und Maschinensysteme verschiedenster Art sind die konkreten Ergebnisse dieses Denkens. Indem ich persönlich diese Maschinen und Maschinensysteme benutze, bin ich Teil dieses Systems und unterstütze es.

Zum Beispiel auch dadurch, dass ich diesen Brief auf meinem Laptop schreibe.

Aber auch Sie, indem Sie dieses System attackierten, waren und sind Teil dieses Systems - sind Teil eines feedback-systems, einer endlosen Schleife.

Das wäre ein anderes Bild, als das von der Fliege am haarfeinen wire, aber ein noch gefährlicheres. Das hauchdünne Haar hat sich nun zu einem Feedback-Loop gebogen, in Form einer 8. Nun ist niemand mehr nötig, den Draht - das hauchdünne Haar - zu halten, das geht von ganz allein, damit die Fliege, immer im unendlichen Loop, „im System“ ist.

Ich meine, ein Individium ist berechtigt, sich gegen das „System“ zu wehren, indem dieses Individium eine Grenze setzt. Diese selbstgesetzte Grenze kann und muß es auch verteidigen dürfen.

Nur, wie? Wo verläuft diese Grenze? Ist es das jeweilige persönliche Umfeld? Das ganze „System“? Was ist, wenn dieses System „unendlich“ ist, grenzenlos?

Und wie muß die Taktik aussehen, wenn jedweder Angriff und Attacke auf dieses System nur dazu führt, daß diesem System neue Energie zugeführt wird, die es optimiert und besser funktionieren läßt?

Ich würde Sie gerne noch zwei Sachen fragen:

Kennen Sie das Buch von Robert Kaplan Die Geschichte der 0?

Und, welche Bedeutung haben Zahlen für Sie. Glauben Sie, das Zahlen eine eigene Realität haben?

Wenn ich das Manifest genau studiert habe, melde ich mich wieder.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut. So verbleibe ich mit den besten Gruessen nach Florence

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 3. Dezember 2003

18) 21.Dezember 2003

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Sehr geehrter Herr Kaczynski,

Ihren Brief vom 30.11.03 habe ich erhalten, der Brief hat sich anscheinend mit meinem Brief vom 3.12.03 gekreuzt. Haben Sie meinen Brief vom 2.12.03 inzwischen erhalten? Sicherheitshalber bestätige ich Ihnen noch einmal, dass ich die Kopien des Manifest erhalten und mich sehr darüber gefreut habe.

Ihr Brief vom 30.11.03 enthält sehr interessante Gedanken, vor allem

1) in den Passagen, wo Sie über die Notwendigkeit bzw. Überflüssigkeit des Denkens und von geistigen Beschäftigungen nachdenken, und

2) wo Sie mich erneut rügen, weil ich das Manifest nicht richtig verstanden habe, und noch einmal darauf hinweisen, dass der Mensch nur aus dem Gefängnis der Technologie ausbrechen kann, wenn er die Infrastruktur und Geräte der modernen Technologie vernichtet.

Gestatten Sie mir dazu folgende Frage:

Wäre die Zeit vernichtet worden, wenn es 1894 Martial Bourdin gelungen wäre, das Royal Observatory in Greenwich Park in die Luft zu sprengen?

Es war ein realer Angriff auf die Geräte, mit denen die Zeit gemessen wird, aber die Kategorie des Geistigen wäre von der Vernichtung dieser Geräte unberührt geblieben.

Ein Gedanke ist ja unzerstörbar, man kann ihn nur in einem höheren, komplexeren Gedanken aufheben, also außer Gültigkeit setzen. Dabei wird aber das Recht des vorhergehenden Gedankens so lange anerkannt und bewahrt, bis er durch einen neuen Gedanken „aufgehoben“ wird. Ein neuer und stärkerer Gedanke ist meines Erachtens wichtiger als eine Bombe und hat größere Zerstörungskraft auf lange Sicht, als eine Explosion je wird haben können.

Was wäre gewonnen, wenn wir das Denken, die Mechanik der Sphäre des Geistigen, ausoder abschalten würden?

Geht das, ohne Menschen zu einem Zellhaufen zu deformieren, wie das einige BioIngenieure tun wollen? Das müßten Sie aber tun, um das Erdenken z.B. der Utopie von einer technologischen Gesellschaft zu verhindern.

So ist für Sie, wie Sie schreiben, das Denken im Gefängnis wichtig, um zu überleben (und sich immer wieder neu erfinden zu können.) Die Kehrseite dieser Medaille ist die Tatsache, dass alles, was gedacht werden kann, anscheinend auch Wirklichkeit werden kann.

Ich lese zur Zeit ein kleines, schmales Büchlein, das ein Bekannter aus Hamburg geschrieben hat. (Thorwald Proll/Daniel Dubbe Wir kamen vom anderen Stern Über 1968, Andreas Baaader und ein Kaufhaus, Nautilus-Press) In jungen Jahren war Proll er als Student Teil einer politischen Bewegung, die sich dann teilweise dem Terrorismus zuwendete, und sich heute weitgehend aufgelöst hat.

Obwohl für Sie diese Leute wahrscheinlich „Leftisten“ sind, die Sie sehr kritisch sehen, möchte ich doch eine Stelle zitieren, die mich sehr berührt hat, und mich an Sie denken liess.

Der Autor, Thorwald Proll, bezeichnet sich und seine Mitstreiter (von der sogenannten RAF= Rote Armee Fraktion um Baader-Meinhoff) als dropouts„...wir waren droputs, Tropfen auf heissen Steinen“.

Über seine Zeit im Gefängnis gibt er zu Protokoll:

Frage: Womit hast du dich im Gefängnis beschäftigt?

„Ich habe die Zeitungen gelesen. Die Zeitungen studiert. Ich habe noch nie so ausführlich Zeitungen gelesen wie in so einer Zelle damals. Ich habe viele Bücher gelesen und ein Tagebuch geschrieben, meine sprachliche Artistik ausgelebt und damit versucht, zu überleben, das war für mich auch ein Halt. Ich habe das dann später veröffentlicht.

Besonders schön waren die Besuche. Die Besuche waren etwas Kostbares. Sie waren dann immer ein Schnitt, ein Ausschnitt von draußen. Die Besuche waren so schön wie die Briefe.

Ich bekam natürlich auch unendlich viele Briefe. Das ist wie im Kinderheim, wo man verschickt ist und Briefe bekommt.

Ja, man ist auch wie im Heim. Wenn das Ganze seine gewisse Strenge verliert oder seine Anonymität, das Drohende, dann ist das Ganze auch so eine Art Subkultur. Man kriegt den Bogen raus und weiß, wie es abläuft. Die Briefe schließlich, die ich in der Haft von draußen erhielt, gehörten zu meinem eigentlichen 1968. Sie sind das Zeugnis von Zuneigung und Solidarität für einen Einsamen in seiner Zelle gewesen. Sie sollten mich trösten und mir Mut machen. Sie haben mich beflügelt und mir Stoff gegeben. Sie gaben mir das Gefühl, nicht umsonst zu sitzen, die Handbewegung gewesen zu sein, die der geschlossenen Faust vorausgeht.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest

und ein Gesundes Neues Jahr

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 21.12.2003

19) 16. Februar 2004

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Sehr geehrter Herr Kaczynski,

ich habe lange nichts von Ihnen gehört, Ihr letzter Brief war vom 30.11.03 datiert.

Haben Sie meine Briefe vom 3.12. und vom 21.12.03 erhalten? Ein bischen habe ich mir schon Sorgen gemacht, wie es Ihnen geht, oder ob ich Sie vielleicht mit einer Bemerkung oder Frage unbewußt verärgert oder verletzt habe. Ich hoffe, es geht es Ihnen den Umständen entsprechend gut.

Sehr gern würde ich Ihnen ausführlicher über die bisherigen Erfahrungen mit dem Film berichten, aber das ließe sich besser erzählen, als schreiben. Eines ist bemerkenswert: Es gibt eine grosse Neugier und Interesse, über die angesprochenen Fragen und Probleme zu sprechen. Es kommen viele zusätzliche Fragen auf.

Und, es gibt anderseits ein beredtes Schweigen.

Sie haben mir freundlicherweise viel Erfolg für den Film gewünscht.

Der würde für mich darin bestehen, eine Plattform für Diskussionen über die Probleme zu schaffen, die Sie im Manifest ansprechen.

Daran arbeite ich, die ersten Schritte sind gemacht. Es ist nicht leicht, angesichts einer Medienwirklichkeit, wo auch in Europa zunehmend alles in kurzen Häppchen a la NBC, Channel 4 oder HGBO serviert wird, eine Dokumentarfilm (der das Wort verdient) zu diesen Themen zu placieren.

Ich möchte mit zusätzlichem Begleitmaterial noch mehr Informationen als bisher anbieten, die den Zugang zu den im Film angesprochenen Fragen und Problemfeldern erleichtern und noch umfassender informieren.

Darf ich die authentische Fassung des Manifest verwenden? Ich würde Sie dafür um Ihr Einverständnis bitten. Und wenn Sie noch Ideen für Personen, Material oder Institutionen haben, die ebenso interessiert sein könnten, wäre ich Ihnen für einen Hinweis dankbar. Begleitende Diskussionen und Foren sind unbedingt wichtig.

Zu etwas anderem. Ich bin vor kurzem auf einen Text des amerikanischen Autors Hakim Bey gestossen, der mich an einige Passagen in Ihrem letzten Brief vom 30.November 2003 erinnerte. Mich würde interessieren, wie Sie das beurteilen. Kennen Sie den Autor? Ich schicke hier mal eine auf einige Kernsätze reduzierte Kurz-Kurzfassung.

Hakim Bey, The Temporary Autonomous Zone »Nach Croatan verschwunden«

In der Grundschule wurde uns beigebracht, die ersten Besiedlungen in Roanoke seien gescheitert; die Kolonisatoren machten sich auf und davon und hinterließen lediglich die kryptische Nachricht: »Nach Croatan verschwunden«. Spätere Berichte über »grauäugige Indianer« wurden als Legenden abgetan. In den Schulbüchern hieß es, was sich wirklich zugetragen habe, sei die Massakrierung der hilflosen Siedler durch die Indianer gewesen. »Croatan« war jedoch nicht irgendein Eldorado, sondern der Name eines benachbarten Stammes freundlich gesonnener Indianer. Die erste Kolonie in der Neuen Welt hat es also vorgezogen, den Kontrakt mit Prospero (Dee/Raleigh/dem Empire) zu lösen. Ihre Bewohner liefen mit Kaliban zu den Wilden über.

Sie stiegen aus. Sie wurden »Indianer«, »Eingeborene«, entschieden sich für das Chaos, statt sich dem schrecklichen Elend der Fronarbeit für die Plutokraten und Intellektuellen Londons auszusetzen.

(-)

Während Nordamerika entstand, wo einst »Turtle Island« war, blieb Croatan in seiner kollektiven Psyche fest verankert. Jenseits der Siedlungsgrenzen (Frontier) herrschte noch immer der »Natur«-Zustand vor (d.h. kein Staat) - und im Bewußtsein der Siedler schlummerte stets die Option der Wildheit, die Versuchung, Kirche, Farmarbeit, Bildung, Steuern - all die Lasten der Zivilisation - hinter sich zu lassen, und auf die ein oder andere Weise »nach Croatan zu verschwinden«.

(-)

Jener alte okkulte Schatten liegt noch immer über den Überbleibseln unserer Wälder (die sich, nebenbei bemerkt, seit dem 19. Jahrhundert ausgebreitet haben, da Farmland zu Buschwald wurde. Thoreau träumte auf seinem Totenbett von der Rückkehr von » ... Indianern ... Wäldern ... «: der Rückkehr des Unterdrückten). Wann immer ein Amerikaner aussteigen oder zurück zur Natur möchte, stets »wird er zum Indianer«.

Was halten Sie davon?

Sie haben mir anfangs einmal geschrieben „Ich will nicht über mich selbst sprechen. Sprechen wir über die Angelegenheiten, die wichtig sind.“

Ich glaube, es gibt ein Publikum, das sich dafür interessiert - für diese Angelegenheiten, die (aus Ihrer Sicht) wichtig sind.

Was macht Ihre Arbeit der Archivierung Ihrer Dokumente? Sicher sind Sie nach wie vor damit sehr beschäftigt. Haben Sie denn noch Zeit für eigene Texte? In der Art, wie Sie in Ihrer Antwort auf meine Fragen nach dem „harten Leben“ im Wald, oder in der Geschichte über „die Fliege am Haar“ geschrieben haben?

Während ich Ihnen das schreibe, fällt noch einmal Schnee. Aber man spürt deutlich, dass der Frühling bald kommt. Ab und an sind schon wieder die Vögel zu hören.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut.

Viele Gruesse auch von meiner Frau. Sabine, die Ihnen den Scheck geschickt hat und in NY lebt, hat inzwischen das Manifest gelesen. Sie ist eigentlich ein absoluter Befürworter der neuen Technologien, die sie für ihre tägliche Arbeit braucht. Nun ist sie nachdenklich geworden, und stellt mir komplizierte Fragen. So wie ich Ihnen, in meinen Briefen.

Viele Gruesse also auch von Sabine

Herzlichst

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 16. Februar 2004

19) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

6 März 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZDDAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck;

Ich habe Ihren Brief vom 16.02.04 gestern erhalten. Eher erhielt ich Ihre Briefe vom 3.12.03 und 21.12.03.

Verzeihen Sie mir, bitte, daß ich Ihnen seit langem nicht schreibe.

Gewöhnlich bin ich zu beschäftigt, deshalb ist es mir sehr schwer, mit meiner Korrespondenz mitzuhalten. Und jetzt ist es mir schwerer als gewöhnlich, weil meine Geliebte an Krebs erkrankt ist.

Am 23 Februar hat sie sich einer Operation unterzogen, und ich weiß nicht einmal, wie es ihr jetzt geht, weil meine Kommunikation mit ihr unterbrochen worden ist.

Es wäre zu langweilig, Ihnen diese Schwierigkeiten zu erzählen. Ich selbst verstehe nicht völlig, was geschehen sei. Ich will nur sagen, daß ich meine Geliebte vorläufig nicht anrufen kann und keine Nachrichten über ihren gegenwärtigen Zustand erhalten habe. Nartürlich mache ich mir viele Sorgen darum. Also kann ich Ihnen jetzt nicht viel schreiben.

Übrigens war gestern der Geburtstag meiner Geliebten. Sie ist jetzt nur einundfünfzig Jahre alt. Das ist sehr jung, an Krebs zu erkranken, nicht wahr?

In Beantwortung Ihrer Fragen, die Sie auf Seite 2 Ihres Briefes vom 16 Februar stellen: Ja, natürlich dürfen Sie die authentische Fassung des Manifest verwenden, wwie Sie es für richtig halten.

Ich habe ein wenig von Hakim Bey gehört, obwohl ich keines seiner Werke gelesen habe. Ich glaube, daß er wahrscheinlich den „Anarchoprimitivisten“ (wie zum Beispiel John Zerzan) ähnlich sei. Ds heißt, seine Meinung über die Urmenschen enthalte etwas Wahrheit, trotzdem sei sie im Grunde irrational oder unvernünftig.

Sie haben mir zwei oder dreimal angeboten, mir etwas zu schicken, was mir nützlich sei. Dafür danke ich Ihnen. Das, was mir am nützlichsten wäre, ist Geld, weil es mir sehr schwer ist, das Porto meiner Korrespondenz zu bezahlen.

In diesem Zusammenhang haben wir ein gutes Beispiel des Wahnsinns und der Inkonsequenz der Bürokraten.

Nachdem ich Ihnen die korrigierte Fassung des Manifestes schickte, habe ich einem anderen Menschen angeboten; ihm eine Fotokopie der korrigierten Fassung zu schicken, vorausgesetzt, daß er das Porto und das Fotokopieren bezahle. Deswegen haben mich die Behörden des Gefängnisses (obwohl sehr leicht), denn sie haben behauptet, daß ich die Regel verletzt hätte, die den Gefangenen verbietet, ein Geschäft zu führen.

Ohne Zweifel, scheint Ihnen das lächerlich. Aber man muß sich daran erinnern, daß die Logik der Bürokraten anders als die Logik der normalen Leute ist.

Also darf ich niemanden bitten, das Porto meiner Korrespondenz mit ihm zu bezahlen, weil die Behörden mich vielleicht davon beschuldigen würden, daß ich ein Geschäft führte.

Immerhin darf jeder mir Geld schicken.

Nochmal wünsche ich Ihnen viel Erfolg für Ihren Film

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

6.3.04

20) 11. April 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

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Sehr geehrter Herr Kaczynski,

dass Ihre Freundin so schwer erkrankt ist und operiert werden mußte, tut mir sehr leid.

Es ist bestimmt sehr schwer für Sie, nicht mit Ihr sprechen zu können und nicht zu wissen, wie es ihr geht. Hoffentlich können Sie bald wieder mit ihr Kontakt aufnehmen, damit diese Ungewißheit ein Ende nimmt.

Vielen Dank, daß Sie trotz dieser belastenden Umstände die Zeit gefunden haben, mir zu antworten.

Für Ihr Einverständnis, die authentische Fassung des Manifest veröffentlichen zu dürfen, danke ich Ihnen sehr.

Ich werde immer wieder gefragt, warum ich für den Film nicht ein Interview mit Ihnen geführt habe oder einen Film mache, wo Sie und Ihre Sicht der Dinge im Mittelpunkt stehen.

Ich verweise dann immer darauf, dass Sie ab einem bestimmten Punkt prinzipiell nicht mehr mit den Medien gearbeitet haben (ich glaube, ein Zeitungsinterview gab es, ganz am Anfang), weil Sie schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Aber der Film macht viele, gerade junge Zuschauer, sehr neugierig auf Ihre Person. Die wollen mehr von Ihnen hören und wissen.

Ich sage dann zwar immer, dass Sie darauf verweisen, dass im Manifest alles erschöpfend dargelegt wurde, aber dennoch: es gibt immer wieder diesen Wunsch, Ihre Sicht der Dinge auch audio-visuell zu erfahren.

Sie schrieben mir in einem früheren Brief: „Ich will nicht über mich selbst sprechen. Sprechen wir über die Angelegenheiten, die wichtig sind.“ Es gibt aber ein Publikum, das sich genau dafür interessiert.

Deshalb verzeihen Sie mir bitte, dass ich Sie nochmal frage, ob Sie nicht Interesse hätten, mit mir vor einer Kamera über „die Angelegenheiten zu sprechen, die wichtig sind“.

Wir könnten darüber in deutsch und/oder englisch sprechen.

Wenn ich richtig informiert bin, ist so etwas mit Ihrem Einverständnis möglich. Wenn ich von Ihnen ein Zeichen bekomme, würde ich dem deutsch-französischen Kulturfernsehen (die senden europaweit) dieses ungewöhnliche Porträt anbieten, ein grundsätzliches Interesse ist vorhanden.

Ich würde mit einem kleinen Team nach Florence kommen, wann immer Sie wollen.

Bitte verübeln Sie mir nicht, dass ich Sie noch einmal darauf anspreche. Aber ich bin fest von der grossen Bedeutung und Wichtigkeit solcher Art Dokument überzeugt.

Aber ich möchte Sie auf keinen Fall bedrängen. Sicher haben Sie im Moment andere Sorgen. Lassen Sie sich bitte Zeit mit Ihrer Antwort. Die Sache kann ohnehin nur gelingen, wenn Sie innerlich dazu bereit sind, und Vertrauen haben.

Ich hoffe, die Operation Ihrer Freundin war erfolgreich, und es geht ihr wieder besser. Ihnen alles Gute.

Viele Gruesse auch von meiner Frau

Herzlich

Ihr

Lutz Dammbeck

20) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

13 April 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Gestern habe ich von Ihnen durch Sabine Schenk fünfzig Dollar erhalten. Vielen Dank! Sie sind sehr freundlich und ungewöhnlich großzügig.

Wenn jemand mir Geld schenkt, schickt er mir gewöhnlich nur etwa zehn, zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig Dollar. Nur sehr selten schickt man mir soviel wie fünfzig Dollar. Kürzlich aber hat mir ein Weib hundertzwanzig Dollar gesandt! Ich glaube, daß sie sehr dumm sei, geistig vielleicht ein wenig zurückgeblieben und für ihre Taten nicht völlig verantwortlich. Deshalb mußte ich ihr schreiben, daß sie mir keine großen Beträge mehr schicken solle. Sowieso, bin ich momentan verhältnismäßig reich.

Für Fotokopien kann ich jedoch dieses Geld nicht ausgeben, weil diese Leute beschlossen haben, daß sie den Gefangenen keine Fotokopien mehr machen werden, außer Fotokopien von Papieren, die in das Gericht geschickt werden müssen, und nicht von solchen Papieren, wenn man dieselben von Hand kopieren kann.

Dies ist ein großes Problem...

Ich freue mich Ihnen mitzuteilen, daß die Operation, der meine Geliebte sich unterzogen hat, gut geendet sei. Die Ärzte sagen jetzt, daß die Wahrscheinlichkeit, daß sie wenigstens fünf Jahre mehr leben werde, um 60 oder 80 Prozent sei.

Nach der Operation war meine Geliebte sehr schwach, aber ihre Stärke kommt allmählich zurück. Sie unterzieht sich der Chemotherapie, um die Gefahr zu reduzieren, daß der Krebs zurückkommen werde, und wegen der Chemotherapie sind ihre Haare ausgefallen. Aber sie sollen später zurückwachsen. Sie erträgt diese Qualen mit viel Mut.

Wieder danke ich Ihnen für Ihre Gabe.

Ihr ergebener Ted Kaczynski

13.4.04

21) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

15 April 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe einen Brief von einer italienischen Gruppe erhalten, die „Prometeo“ heißt.

Sie will eine italienische Version des Manifestes, „Industrial Society and Its Future“ veröffentlichen, und natürlich sollte sie die korrigierte Fassung desselben haben.

Ich kann ihr keine Kopie der korrigierten Fassung schicken, weil die Wachmänner dieses Teils des Gefängnisses sich weigern, den Gefangenen mehr Fotokopien zu machen, wie ich Ihnen in meinem Brief vom 13.04.04 mitgeteilt habe.

Also habe ich diesen Italienischen vorgeschlagen, daß sie Ihnen schreibten und anböten, Ihnen das Porto und die Kosten von dem Fotokopieren zu bezahlen, wenn Sie ihnen eine Kopie der korrigierten Fassung von „Industrial Society and Its Future“ schickten.

Ich schreibe Ihnen diese wenigen Zeilen, damit Sie wüßten, wenn diese Italienischen Sie um die korrigierte Fassung des Manifestes bäten, hätte ich nichts dagegen, daß Sie ihnen eine Kopie derselben schickten.

Ihr ergebener, Ted Kaczynski

22) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

4 Mai 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe heute Ihren Brief vom 11.4.04 erhalten. Hoffentlich haben Sie meine Briefe vom 13.4.04 und vom 15.4.04 erhalten.

Bezüglich Ihres Vorschlags, daß Sie mit mir ein Interview führen sollten, gibt es zwei Schwierigkeiten.

Erstens: Wenn ich Sie ein Interview mit mir führen liesse, und dasselbe im Fernsehen aufträte, könnte es scheinen, daß ich einen Personaltätskult (cult of personality) schaffen wolle. Dann hätten die besten Leute keinen Respekt mehr vor mir, und infolge dessen würden sie meine Worte nicht mehr anhören. Trotzdem werde ich mir Ihren Vorschlag überlegen. Aber,

Zweitens: Wenn ich auch beschlösse, Sie ein Interview mit mir führen zu lassen, wäre es dennoch fraglich, ob die Behörden des Gefängnisses das gestatten würden. Die erste Vorbedingung wäre, daß Sie hierher als Vertreter einer Zeitung, einer Zeitschrift, eines Fernsehsenders oder dergleichen kämen. Diese Vorbedingung wäre erfüllt, wenn Sie als offizieller Vertreter des deutsch-französischen Kulturfernsehens kämen.

Trozdem könnten die Behörden Ihnen die Erlaubnis verweigern, ein Interview mit mir zu führen. Ein Gefangener, der etwas berühmt ist, hat mir gesagt, daß sie ihm ein Interview mit einem Fernsehsender verweigert hätten, ohne ihm den Grund dafür mitzuteilen. Diese Bürokraten machen was auch immer sie wollen, und wenn sie glauben, zum Beispiel, daß das Interview negative Publicity über das Bureau of Prisons veranlassen könne, so werden sie das Interview nicht gestatten.

Ich hoffe, daß alles Ihnen gut gehe. Bitte. übermitteln Sie Ihrer gnädigen Frau meine freundlichsten Grüße.

Ihr ergebener Ted Kaczynski

23) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

11 Mai 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Bezüglich des Interviews, das Sie mir vorgeschlagen haben:

Es ist mir eingefallen, daß ich mich besser darüber entscheiden könnte, wenn ich den Inhalt Ihres Filmes kennte. Leider würden die Behörden mir keinen Film zu erhalten erlauben, und wenn auch ich den Film erhielte, würde ich kein Mittel haben, denselben zu sehen.

Ich frage mich aber, ob es Ihnen möglich wäre, mir eine Niederschrift der Worte des Films zu schicken. Wäre das möglich, so könnte ich den Inhalt Ihres Filmes zum Teil verstehen und denselben in Betracht ziehen, um mich besser zu entscheiden, ob ich mit Ihnen ein Interview führen sollte.

(Wenn die Behörden das gestatteten).

Ihr ergebener

Ted Kaczynski

P.S. Hoffentlich haben Sie meine Briefe vom 13.4.04, vom 15.04.04 und vom 4.5.04 erhalten. - TJK


<strong>"Schroeder Ulle"

U-SCHROEDER@arte-tv.com

Datum: 4. Juni 2004 18:06:26 MESZ

An: <strong>"Lutz Dammbeck" lutz.dammbeck@hamburg.de

Betreff: RE: uschr-net

Lieber Lutz, wir können das nicht machen - noch weniger als Martina.

Wir geben doch nie direktes Geld darein, das wäre einfach falsch, so etwas zu schreiben.

Verstehst du?

Gruß von Ulle

---- Message d'origine----

De : Lutz Dammbeck [mailto:lutz.dammbeck@hamburg.de]

Envoyé : mercredi 2 juin 2004 17:47

À : Schroeder Ulle

Objet : Re: uschr-net

liebe ulle, so in etwa würde ich mir das vorstellen. kannst du mich da unterstützen?

zitat aus dem letzten brief von ted:".... Zweitens: Wenn ich auch beschlösse, Sie ein

Interview mit mir führen zu lassen, wäre es dennoch fraglich, ob die Behörden des

Gefängnisses das gestatten würden. Die erste Vorbedingung wäre, daß Sie

hierher als Vertreter einer Zeitung, einer Zeitschrift, eines Fernsehsenders oder

dergleichen kämen. Diese Vorbedingung wäre erfüllt, wenn Sie mit einem

Empfehlungsschreiben des deutsch-französischen Kulturfernsehens kämen.

Trozdem könnten die Behörden Ihnen die Erlaubnis verweigern, ein Interview mit mir zu führen. "

ich würde es gern versuchen.

gruss lutz

RECOMMANDATION

To whom it may concern

RE: Interview with THEODORE JOHN KACZYNSKI, Reg.N. 04475-046

Dear Sirs,

the German-French cultural TV-channel is planning a feature story about das

thema "Zukunft und Probleme von moderner Technologie". Autor und Regisseur ist

Lutz Dammbeck aus Hamburg.

Für dieses Projekt möchte er ein Interview mit Herrn Theodore John Kaczynski führen.

Der Film beschäftigt sich mit Fragen zu Chancen und Problemen von

Wissenschaft und Technik heute und hat ein ausschließlich kulturelles und wissenschaftliches Interesse an diesem Thema und der Person von Herrn Kaczynski.

Lutz Dammbeck ist einer der bekanntesten deutschen Autoren und Regisseure im

Bereich des künstlerischen Dokumentarfilms und hat sich auch als Professor für

neue Medien an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden/Sachsen mit

diesem Thema schon künstlerisch und wissenschaftlich auseinandergesetzt.

Wir bitten sie herzlich, Lutz Dammbeck ein Interview mit Herrn Kaczynski zu

gestatten. Mit bestem Dank für Ihre freundliche Unterstützung des Projekts

Am 17.05.2004 um 15:20 schrieb Martina.Zoellner@swr.de:

Lieber Lutz,

ganz sicher bin ich nicht, ob ich so einen Brief schreiben kann. Denn ich kann ja das Interview mit TK nicht senden. Ich kann höchstens ganz allgemein umschreiben, dass wir so etwas unterstützen o.ä. Würde das reichen? Herzliche Grüße, Martina

PS: Du kannst im übrigen davon ausgehen, dass der SWR und auch arte Netz-Veranstaltungen in der Akademie und im ZKM durch Präsenz, Logo etc. unterstützt.

21) 11. Juni 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

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Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 4.Mai.

Auch Ihre Briefe vom 13.4.04 und vom 15.4.04 habe ich erhalten.

Ich freue mich über verschiedene Dinge, die Sie mir in diesen Briefen mitgeteilt haben. Zum einen, daß es Ihrer Freundin besser geht, und Sie wieder Kontakt mit ihr haben. Auch, daß Sie das Geld erhalten haben. Ich dachte: Sie haben bisher eine Menge Geld für das Porto der Briefe an mich ausgegeben, und wollte Ihnen das gern ersetzen.

Die „Italienischen“ haben sich per Brief gemeldet, und ich werde die gewünschte Kopie schicken. Wer sind diese Leute, sind das Künstler?

Bei einer Vorführung des Films sprach mich kürzlich ein Herr an, der Spezialist für italienische Literatur ist. Er machte mich auf ein Buch des italienischen Schriftstellers Mauro Covacichi mit dem Titel Lapoetica dell'unabomber hinwies. Haben Sie schon von diesem Buch gehört? Ich werde mich bemühen herauszufinden, ob es eine englische oder deutsche Übersetzung davon gibt.

Sie haben mir bezüglich meiner Frage nach der Möglichkeit eines Gesprächs mit Ihnen, das gefilmt wird, Fragen gestellt und Ihre Bedenken mitgeteilt.

Ich verstehe und respektiere Ihre Bedenken, daß Sie die Leute, die Ihnen wichtig sind, nicht durch den Auftritt in einer „personality show“, die Ihr eigentliches inhaltliches Anliegen überdeckt, enttäuschen könnten.

Ich verstehe das, glaube ich, deshalb gut, weil ich mir solch einen Lapsus in meiner Arbeit auch nicht leisten könnte. Meine Arbeit als Dokumentarfilmer und bildender Künstler wird gerade deshalb von den (mir) wichtigen Leuten geschätzt, weil ich versuche, billige und tagessensationelle Effekte zu vermeiden und etwas Substantielles zu reflektieren und zu dokumentieren, das über den Tag hinaus Bestand hat und wichtig ist.

Es gibt ein Publikum dafür. Sicher geht der Trend in den Redaktionen der Zeitungen und Fernsehsender generell in Richtung einer die Kompliziertheit der Materien verkürzenden, und auf Sensation, schnell verständliche Clip- und Magazinästhetik und austauschbare Plothülsen setzende Darstellung. Aber es gibt noch Möglichkeiten, anders zu arbeiten. Ein Gespräch mit Ihnen würde im Rahmen eines kulturell- wissenschaftlichen und zeitgeschichtlichen Kontext erscheinen.

Ich schrieb Ihnen ja schon, daß ich sowohl zu Ihrer Philosophie und zum Manifest viele Fragen bekomme, die ich versuche zu beantworten, so gut ich kann.

Besser wäre es natürlich, wenn ich diese Fragen persönlich weitergeben könnte.

Bitte überlegen Sie sich deshalb in Ruhe meinen Vorschlag.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut.

So verbleibe ich mit den besten Grüßen aus Hamburg, auch meine Frau und Sabine lassen Sie grüßen

Ihr Lutz Dammbeck

21. Juni 2004

22) 25. Juni 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 11.Mai 2004, auf den ich leider erst heute antworten kann.

Ihre Bitte ist für mich etwas problematisch. Ein Film besteht aus Bildern, Ton (Musik, Geräusche, Sprache) und Texten, und ist ein synthetisches Kunstwerk. Schon eine Videokopie gibt nur einen begrenzten und reduzieerten Eindruck von dem, was zum Beispiel in einem Kinoraum bei einer Filmvorführung zu sehen, zu hören und insgesamt wahrzunehmen ist.

Ich befürchte, ein Element wie den Text herauszulösen vermittelt unter Umständen einen falschen Eindruck. Zudem geht es bei meinem Vorschlag für Filmaufnahmen eines Gesprächs mit Ihnen um ein neues Projekt, bei dem Sie im Mittelpunkt stehen würden. Formal würden diese Aufnahmen durch den Ort bestimmt, wo sie stattfinden. Inhaltlich würde das für mich an unseren bisherigen Briefwechsel anschließen. An meinen Fragen konnten Sie sicher das Spektrum erkennen, was mich interessiert.

Das könnte ich gern noch einmal zusammenfassen, so daß Sie eine konzentrierte Vorstellung hätten, worüber ich mit Ihnen gern sprechen würde.

Wenn Sie Themen oder Dinge haben, über die Sie nicht sprechen möchten, würde mich das natürlich genauso interessieren, wie Themen und Dinge, über die Sie gern sprechen würden. Das Gespräch könnte für sich stehen, als ein in sich geschlossenes Filmdokument.

Denkbar wäre auch, einen thematischen Film zu machen, der das Thema breiter angeht.

Aber im Mittelpunkt sollten auch hier Ihre persönlichen Aussagen stehen.

Wir sollten diese Fragen unbedingt besprechen, bevor weitere Schritte unternommen werden können. Ein Schreiben des Kulturfernsehens, das mich und das Vorhaben legitimiert könnte ich sicher vorlegen, wenn nötig.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut, und die Genesung Ihrer Freundin macht weiter Fortschritte.

So verbleibe ich mit besten Gruessen aus Hamburg

Ihr

Lutz Dammbeck

25.Juni 2004

24) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

9 Juli 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Lieber Herr Dammbeck:

Vielen Dank für Ihren Brief vom 11.6.04. Sie fragen mich nach den Italienern, die um eine Kopie der korrigierten Fassung des Manifestes gebeten haben. Sie schreiben: „Wer sind diese Leute, sind das Künstler?“ Sie sind keine Künstler, sondern Anarchiten, die einige meiner Werke, einschließlich des Manifestes, in Italienisch übersetzen und veröffentlichen wollen.

Sie erwähnen ein Buch des italienischen Schriftstellers Mauro Covacichi mit dem Titel „La poetica de ll'Unabomber“, und Sie fragen mich, ob ich vorher davon gehört habe.

Ehe ich Ihren Brief erhielt, hatte ich von diesem Buch nicht gehört, und ich hätte lieber niemals davon gehört, weil es sehr wahrscheinlich ist, daß Herr Covacichi mich falsch dargestellt habe. In der Tat ist es sicher, daß Herr Covacichi mich falsch dargestellt hat, denn wenige genaue Auskünfte über mich sind öffentlich vorhaben- Zuviel Unsinn über mich ist schon veröffentlicht worden, und das Auftauchen zusätzlichen Unsinnes gefällt mir gar nicht.

Ich hoffe, daß Sie meinen Brief vom 11.5.04 erhalten haben, in dem ich nach

TJK to LUTZ DAMMBECK 7/09/04

einer Niederschrift der Worte Ihres Filmes gefragt habe.

Bitte übermitteln Sie Ihrer Frau und Sabine Schenk meine Grüße

Ihr ergebener,

Ted Kaczynski


Von: "malandrini-\@libero\.it" <malandrini-@libero.it>

Datum: 13. Juli 2004 12:39:16 MESZ

An: <strong>"lutz\.dammbeck" lutz.dammbeck@hamburg.de

Betreff: PROMETEO

Hi Lutz

It's a long time ago, when we wrote our last letter for you, Do you remember? We're PROMETEO!

Since we'll have a lot of things to do (translation etc.) and we've not yet received the text we like to know if you've had some problems, we hope that you have not changed your idea about your will to send us a copy of the corrected version of I.S. and I.F.

Morever we don't know how to pay you back the photocopies.

We hope to hear about you as soon as possible.

Ciao by PROMETEO!

23) 15. August 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

gestern erhielt ich Ihren Brief vom 9.Juli 2004. Da Sie mich darin nochmal nach „einer Niederschrift Ihres Films“ bitten, nehme ich an, dass Sie meinen Brief vom 25.06.2004 nicht erhalten haben?

Deshalb lege ich eine Kopie des Briefs bei, der auch eine Antwort auf Ihre Bitte enthält. Inzwischen konnte ich auch etwas mehr über den italienischen Autor und seinen Text La poetica dell 'unabomber in Erfahrung bringen. Der Text scheint eine freie Paraphrase sowohl auf den Fall des Unabombers wie auf eine rätselhafte und bisher unaufgeklärte Bombenserie an Italiens Stränden, die in Italien die Öffentlichkeit beschäftigt (wenn man den Zeitungsberichten folgt).

Zu Ihrer Person äußert sich der Autor nicht, meines Erachtens nimmt er das, was ihm aus Presseberichten über den Fall des sogenannten „Unabombers“ bekannt wurde zum Ausgangspunkt für eine freie literarische Paraphrase auf das Thema, so wie er es sieht.

Die Kopien an die Italiener habe ich abgeschickt, ich hoffe, alles kommt wohlbehalten an. Wie geht es Ihrer Freundin, wie geht es Ihnen, was macht der Fortgang der Ordnung Ihrer Dokumente und Ihres Archivs? Ich hoffe, alles ist bzw. läuft zu Ihrer Zufriedenheit.

So verbleibe ich mit den besten Grüßen, auch von meiner Frau und Sabine, und bin gespannt auf Ihre Antwort betreffs der Aufnahmen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 15. August 2004

25) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

26 August 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Sehr geehrter Herr Dammbeck:

Ich habe Ihre Briefe vom 15.8.04 und vom 17.8.04 (Poststempel) gerade erhalten.

Durch die Methoden, die Michael Ventris zu der Entzifferung der Linear-B-Schrift von

Kreta anwandte, ist es mir gelungen, Ihre Handschrift in dem Brief vom 17.8.04 zu lesen. Ich habe all die Briefe, die Sie in Ihren neuesten Briefen erwähnen, früher erhalten.

Aber ich erhielt den Brief vom 25.6.04 erst, nachdem ich Ihnen meinen Brief vom 9.7.04 abgeschickt hatte.

Verzeihen Sie mir bitte, dass ich meine Antwort auf Ihren Brief vom 25.6.04 so lange verschoben habe, aber ich wusste nicht, wie ich antworten solle. Wir haben in Englisch eine Redensart: „to buy a pig in a poke“, „ein Schwein in einem Sack zu kaufen“.

Wenn man ein Schwein in eine Sack kauft, kann man es nicht sehen, deshalb weiß man nicht, ob es ein gutes oder ein schlechtes Schwein sei. Gegenwärtig weiß ich beinahe nichts von Ihrer Kunst, also würde ich ein Schwein in einem Sack kaufen, wenn ich Sie mich interviewen ließe.

Deshalb muß ich Ihnen vorläufig eine abschlägige Antwort geben. Ich schließe aber die Möglichkeit nicht aus, dass ich Ihnen eines Tages erlauben würde, ein Gespräch mit mir zu filmen. Das wäre wahrscheinlicher, handelte es sich nur um eine bloße Aufnahme eines Gesprächs, und nichts mehr. (Wie Sie in Ihrem Brief vom 25.6.04 geschrieben haben: „Das Gespräch könnte für sich stehen, als ein in sich geschlossenes Filmdokument.“)

Auch in diesem Fall möchte ich aber das Interview verschieben, wofür es gewisse Gründe gibt, von denen eine Erklärung hier nicht nötig ist.

Andererseits ist diese Frage vielleicht bedeutungslos, denn es ist allzu möglich, dass der „Warden“ (der Verwalter des Gefängnisses) das Interview nicht genehmigen würde.

In Ihrem Brief vom 15.8.04 fragen Sie nach meiner Freundin. Leider geht es ihr sehr schlecht. Der Krebs ist nicht zurückgekommen, Gott sei Dank, aber sie hat scharfe Schmerzen in den Händen, und der Arzt hat empfohlen, dass sie einen Facharzt für die Handkrankheiten konsultuiere. Aber es gibt etwas Schlechteres: Sie hat vielleicht eine Krankheit der Schilddrüse. Das kann sehr bedenklich sein. Meine Freundin ist aber stark, und sie erträgt all diese Leiden, ohne ihre heitere Veranlagung zu verlieren.

Was die Gesundheit betrifft, geht es mir gut.

Was mir nicht gut geht, ist die Ordnung meiner Dokumente. Julie Herrada, die Bibliothekarin, der meine Dokumente in der Bibliothek von Michigan anvertraut sind, hat den ganzen Inhalt eines ihr von mir geschickten Umschlags anscheinend verloren.

Ich muss mich fragen, wieviele andere Papiere Fräulein Herrada vielleicht verloren habe. Ich kann mich nicht mehr auf sie verlassen und würde gern eine andere Bibliothek finden.

Mit freundlichen Grüßen an Ihre Frau und an Sabine Schenk sowie an Sie, Ihr ergebener Ted Kaczynski

Nachschrift, 29.8.04: Ich habe gerade nit meiner Freundin telefoniert. Sie hat sich einer medizinischen Untersuchung unterzogen, die bewiesen hat, dass sie keine Schilddrüsekrankheit hat. Das ist eine sehr angenehme Nachricht! -TJK


24) 17. September 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500 U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 26.August 2004.

Ich verstehe Ihre Bedenken, Ihr Zögern und Ihre Skepsis bezüglich von Filmaufnahmen.

Auch deshalb, weil ich, wenn ich das so sagen darf, das Problem von beiden Seiten gesehen kenne - als Interviewter und als Interviewer.

Als Filmeacher und Künstler weiss ich um die grundsätzlichen Möglichkeiten der Montage. Und ich habe auch einiges über Ihre bisherigen persönlichen und konkreten Erfahrungen mit den Medien gehört.

Klar wollen Sie nicht die „die Katze im Sack kaufen“ (wie es im Deutschen heißt). Es ist eine Frage des Vertrauens.

Deshalb habe ich Ihnen auch die Form eines Gesprächs als Filmdokument vorgeschlagen, die zunächst unspektakulär wirkt, weil sehr reduziert , karg und im starken Gegensatz zu zur aktuellen Entwicklung des Dokumentarfilms steht, der sich immer mehr in Richtung Infotainment entwickelt. Ich könnte mir aber vorstellen, daß gerade die ruhige, unspektakuläre und „klassische“ dokumentarische Methode dem vorgegeben reduzierten und konzentrierten der Situation angemessen ist und erlaubt einer Person, Ihnen, beim Sprechen und Denken zuzuschauen.

Es würde einen klar erkennbaren Anfang, Verlauf, und Ende geben. Ich würde dafür eine Kameramann engagieren, der zu den besten deutschen Dokumentarfilm-Kameramännern


gehört, und erfahren, sensibel und gut genug für so eine Aufgabe ist. Das Interesse beim TV-Channel Arte ist noch vorhanden.

Sie schreiben auch, daß Sie wenig oder nicht genug von meiner „Kunst“ kennen, um sich entscheiden zu können. Im Falle eines Dokumentarfilm/Dokuments, und darüber sprechen wir, geht es um etwas ganz anderes wie zum Beispiel in einer bildkünstlerischen Arbeit oder einem Feature, das „freier“ ist im Umgang mit dem Material.

Die „Kunst“ würde bei den Filmaufnahmen mit Ihnen darin bestehen, einen Gesprächsfaden zu finden, den gemeinsam zu entwickeln und, für mich, dann Ihnen zuzuhören.

Dafür bräuchte man schon Zeit. Was meinen Sie, wie lange würde, vorausgesetzt Sie willigen ein und der Warden gibt sein o.k., dafür Zeit für solche Aufnahmen bewilligt werden? Gut wäre, Sie dafür mehrmals, an zwei oder drei Tagen nacheinander oder vielleicht mit einer Woche Pause dazwischen besuchen zu können. Meinen Sie, so etwas ist realistisch und möglich?.

Mit Ihrem Hinweis auf die Linear-B-Schrift von Kreta ist es Ihnen wieder gelungen, mich zu überraschen. Ich mußte in Lexika nachschlagen. Scherzhaft möchte ich Sie fragen: habe ich wirklich mit solchen Hieroglyphen geschrieben, dass Sie zu deren Entzifferung die Methoden von Michael Ventris anwenden mußten?

Aber im Ernst: was sind das für Methoden, die Sie da erwähnen, wie funktioniert das im Detail?

Ich fand nur heraus, dass um 1950 (in anderen Quellen 1953) der englische Architekt Michael Ventris die Zeichen einer geheimnisvollen Schrift, die man Linear -B- nannte, entziffert hat. Es sollen 89 verschiedene Zeichen gewesen sein. Ventris fand heraus, dass jedes Zeichen für eine Silbe stand und dass die Tafeln Inventarlisten darstellen sollten. Das macht mich natürlich neugierig: wann und wieso haben Sie diese Methoden studiert? Während des Studiums? Oder beschäftigen Sie sich aktuell mit griechischer Frühgeschichte?

Ich weiss nicht so viel über diese Zusammenhänge, außer dass ich bei der Recherche für einen Film über die Kunst der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts auch auf Bezüge zu griechischer und dorischer Kunst gestoßen bin, und auf Verweise über die Hethiter in der Architektur oder Pindar im Bereich der Geisteswissenschaften. (Es gab ja ein NeoKlassizistisches revival europaweit und auch in den USA in diesen Jahren, in Deutschland kulminierte das in den Figuren Arno Brekers und der Architektur Albert Speers.)

Ich war auch überrascht, weil ich Sie als einen strengen Rationalisten eingeschätzt hatte. Nun erkennt die Wissenschaft das tatsächlich Beweisbare und Belegbare an, und diese Dinge führen uns in den Bereich der Sagen und Mythen der Völker, bis hin zum Bereich des Wunderbaren und der Wunder. Über das Jahr 3.000 a. Z. oder um 1200 a.Z., über Azteken und Maya, Atlantik, Olmeken oder eine angebliche Verwandschaft zwischen Verwandschaft zwischen Dorern und Germanen und deren Besiedelung von Kanaan und Libanon gibt es ja nur Spekulationen. Für den Beginn des Menschen als geistig befähigtes, kulturschaffendes Wesen gibt es bislang ja keine nur annähernd begreifbaren Erklärungen, wie für die vielen nicht einzuordnenden Funde versunkener Kulturen auf unserem Erdball. Was war/oder ist Ihr Interesse, sich mit so weit zurückreichenden Dingen wie der Linear-B- Schrift zu beschäftigen? Das klingt spannend.

Es freut mich sehr zu hören, daß es Ihrer Freundin besser geht, und der Krebs nicht wieder zurückgekommen ist.

Was Sie über den Verlust von Dokumenten durch die Bibliothekarin in Ann Arbor schrieben, klingt wirklich beunruhigend. Gibt es denn für Sie Möglichkeiten zu kontrollieren, in welchem Zustand sich das Archiv und Ihre Papiere befinden? Sind die Papiere denn schon öffentlich zugänglich?

Hier in Deutschland ist eines der Haupthemen in den Medien zur Zeit die bevorstehende Wahl in den USA. Heute las ich von der unsicheren Technik der Wahlmaschinen, die in


TJK 14. Oktober 04 Seite 3 einigen Bundesstaaten mit touch screens arbeiten. Da es keinen Wahlzettel oder Kontrollausdruck auf Papier mehr gibt, kann jeder Softwarefehler oder manupulatorische Eingriff das Ergebnis entscheidend verändern. Beide Parteien haben angeblich ein Heer von Anwälten engagiert, um den erwarteten Einsprüchen der Gegenseite begegnen und um eigene Einsprüche abgeben zu können. Erwartet wird ein Wahlchaos. Haben Sie denn überhaupt die Gelegenheit, zu wählen?

Verfolgen Sie solche aktuellen Ereignisse, etwa auch die Entwicklung im Irak?

Am 14. Mai hatte ich eine Geburtstagskarte geschickt, ist dieser Kartengruß angekommen?

Ich hoffe, es geht Ihnen gut, und verbleibe mit den besten Gruessen an Sie und Ihre Freundin, auch meine Frau läßt Sie herzlich grüßen

Ihr

Lutz Dammbeck

26) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

30 Oktober 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Lieber Herr Dammbeck,

Vielen Dank für Ihren Brief vom 14.10.04.

Betreffs Ihres Vorschlags, ein Inerview mit mir aufzunehmen, um einen Dokumentarfilm zu machen gefällt mir die Idee eines Dokumentarfilms, aber, wie ich in meinem Brief vom 26.08.04 gesagt habe, möchte ich solches Interview verschieben.

Es gibt gewisse Dinge, die ich sagen will, die ich aber nicht jetzt sagen will, sondern später. Wenn ich Ihnen zu bald ein Interview gäbe, dürfte ich diese Dinge nicht sagen, und wenn wir später ein zweites Interview führen wollten, würde der Warden das wahrscheinlich nicht bewilligen.

Wir könnten wahrscheinlich nur ein einzelnes Interview haben.

Also ziehe ich vor, unser erstes und wahrscheinlich einziges Interview später zu führen.

Sie fragen: „Wie lange würde...dafür Zeit für solche Aufnahmen bewilligt werden?

Gut wäre, Sie dafür mehrmals, an zwei oder drei Tagen nacheinander oder vielleicht mit einer Woche Pause dazwischen besuchen zu können.“

Ich weiß nicht genau, aber ich vermute, dass man uns vielleicht nur eine Stunde, höchstens drei Stunden bewilligen würde. Nachdem eine Woche vergangen wäre, würde man uns vielleicht noch eine Stunde (oder drei Stunden) bewilligen, aber ich glaube, das sei nicht wahrscheinlich. Also müssen wir annehmen, dass wir nur zwischen einer und drei Stunden haben würden. Vorher waren die Behörden großzügiger mit den Interviewen, jetzt aber glaube ich, dass sie sehr restriktiv seien. Ich befürchte selbst, dass sie uns keine Interview bewilligen würden.

Aber sagen Sie mir doch: Wer würde die mit Ihrem Besuch verbundenen Kosten dere Reise, der Ausrüstung, und so weiter bezahlen, wenn Sie hierher als Vertreter der

Fernsehfirma kämen, um ein Interview mit mir zu führen?

Der Grund, warum ich diese Frage stelle, ist das Folgende: Wenn die Fernsehfirma die Kosten bezahlt, dann ich vermute ich, diesselbe werde den Inhalt von dem konrollieren, was im Fernsehen geleitet werde. Die Firma werde beschließen, welche Teile des von Ihnen aufgenommenen Films im Fernsehen geleitet würden, die Firma könne den Film nach ihrem Vorzug schneiden.

Andererseits, wenn Sie die Kosten bezahlen, wenn auch Sie als Vertreter der Firma kommen, dann vermute ich, Sie könnten das Schneiden des Films kontrollieren, Sie können das Kontriollieren, was im Fernsehen tatsächlich geleitet werde.

Oder ist es unwesentlich (irrelevant), wer die Kosten bezahlt? Jedenfalls, wer wird den Inhalt von dem kontrollieren, was im Fernsehen tatsächlich geleitet wird?

Was Michael Ventris und die Linear-B-Schrift betrifft, interessiere ich mich nicht besonders dafür und ich beschäfige mich nicht mit griechischer Frühgeschichte. In der Tat weiß ich sehr wenig über den verstorbnenen Herrn Ventris und die Linear-B-Schrift.

Als ich schrieb, dass ich die Methoden des Herrn Ventris benützt hätte,. um Ihren Brief vom 17.08.04 zu lesen, wollte ich Ihnen nur scherzhaft mitteilen, dass ich viele Schwierigkeiten gehabt hätte, Ihre Handschrift zu lesen, deshalb würde es mir gefallen, dass sie sorgfältiger schrieben.

Betreffs der übrigen Fragen, die Sie mir gestellt haben: Die meisten von meinen Papieren, die in dem Archive sind, sind schon öffentlich zugänglich, aber einige derselben sind noch privat gehalten. Ich kann nicht wirklich kontrollieren, in welchem Zustand sich das Archiv und meine Papiere befinden. Darüber kann ich mit Julie Herrada und den Behörden der Bibliothek nur verhandeln. Wahrscheinlich könnte ich nicht an der bevorstehenden Wahl teilnehmen, aber ich weiß nicht genau, weil ich keinen Wunsch zu wählen habe und die Möglichkeiten nicht untersucht habe. Ich verfolge die aktuelle Ereignisse, aber nicht sehr genau.

Ja, ich habe die Geburtstagskarte erhalten, die Sie mir am 14.5.04 geschickt haben. Vielen Dank dafür. Und verzeihen Sie mir bitte, dass ich bisher vergessen habe, Ihnen dafür zu danken.

Mit freundlichen Grüßen an Sie und Ihre Frau

Ted Kaczynski

27) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

30 Oktober 2004

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Lieber Herr Dammbeck,

Fröhliche Weihnachten ! Ich hoffe, dass Sie und Ihre Frau sich an dem Feiertag sehr erfreuen würden.

Ich hoffe auch, dass Ihr Film großen Erfolg habe. Sie haben ohne Zweifel meinen Brief vom 30.10.04 erhalten.

Mit freundlichen Grußen

Ted Kaczynski

25) 12. Dezember 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 30. Oktober 2004.

Erst einmal freue ich mich über Ihre Bemerkung, dass Ihnen die Idee eines Dokumentarfilms gefällt.

Dann schreiben Sie, dass „es gibt gewisse Dinge, die ich sagen will, die ich aber nicht jetzt sagen will, sondern später. Wenn ich Ihnen zu bald ein Interview gäbe, dürfte ich diese Dinge nicht sagen.................................. Also ziehe ich vor, unser erstes und wahrscheinlich einziges Interview

später zu führen.“

Das klingt spannend und macht natürlich neugierig, was das für Dinge sein könnten. Können Sie mir da nicht ein paar Hinweise geben oder Andeutungen machen, um was es sich dabei handelt?

Ihre Fragen nach der praktischen Realisierung finde ich gut.

Sie fragen: „Wer würde die mit Ihrem Besuch verbundenen Kosten der Reise, der Ausrüstung, und soweiter bezahlen?“

Nun, ich würde als Vertreter meiner eigenen Firma, aber mit Legitimation des Fernsehens kommen. In der Regel stelle ich die Filme nach folgendem Prinzip her: Mich interessiert etwas, ich entwickele dafür eine Idee und ein Konzept und schlage das einem Fernsehsender vor. Da es sich in der Regel um keine journalistischen, sondern eher philosophische, künstlerische oder historische Themen handelt, kommen dafür nur bestimmte

Fernsehsender (wie z.B. der deutsch-französische Sender Arte oder die Kulturredaktionen des Südwestrundfunk in Baden-Baden) sowie bestimmte Redaktionen und Redakteure als Ansprechpartner in Frage.

Wenn die an meinem Vorschlag interessiert sind, zahlt der Fernsehsender einen bestimmten Teil des für die Herstellung des Films notwendigen Budgets, und darf dann dafür innerhalb eines bestimmten Zeitfensters den Film ein- oder zweimal in seinem Programm senden. Entweder kommt das Budget vollständig vom TV-Sender, oder, was ich als Modell favorisiere, ich hole mir einen Teil des Budgets von den regionalen Filmförderungen der einzelnen Bundesländer (Deutschland ist eine förderale Konstruktion aus 16 Bundesländern, wie Sachsen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Baden-Würtemberg, Mecklenburg- Vorpommern usw.).

Einige dieser Bundesländer haben eine regionale Filmförderung, wo Gremien aus Regisseuren, Kritikern, Vertretern anderer Kunstsparten und aus Filmberufen wie Cutter oder Kameraleute darüber entscheiden, welche Filmprojekte mit Geld gefördert werden. Gefördert werden vor allem künstlerisch anspruchsvolle Projekte mit der Hoffnung, dass bestimmte Themen, Werte und filmische Handschriften nicht durch den Druck der Kommerzialisierung vom Markt verschwinden.

Mit der Förderung der Projekte ist keinerlei inhaltliche Einflußnahme verbunden, inhaltlich verantwortlich ist allein der Antragsteller, also der Produzent, Autor oder Regisseur. In diesem Falle bin ich das.

Bei diesem Modell habe ich durch die Tatsache, dass der TV-Sender nicht alles bezahlt, dem Sender gegenüber eine gleichwertige Position. Vor allem bei strittigen Themen ist das von Vorteil.

Natürlich fehlen in dieser Beschreibung die manchmal langen Zeiträume die es braucht, das Budget für einen längeren Dokumentarfilm zusammen zu bekommen.

Sie können sich vielleicht vorstellen, wieviele junge Filmemacher und Absolventen der Filmhochschulen, aber auch viele schon bekannte Filmemacher und Produzenten, inzwischen auch aus anderen europäischen Ländern (das ist ein Ergebnis der europäischen Vereinigung), sich um diese Mittel bewerben. Mehrere Monate, so kann man einkalkulieren, dauert diese Phase der Vorbereitung.

Ja, dann hat man die Mittel zusammen, die man kalkuliert hat, und erhält einen Teil als Vorabzahlung zur Verfügung, um Recherche, Reisekosten und Team bezahlen zu können. Gefordert wird auch vom Produzenten, sich mit einem eigenen Beitrag am Budget zu beteiligen, dass geschieht meistens dadurch, dass man sich selbst nur einen Teil des Honorars zahlt und bestimmte Kosten erstmal vorschießt.

Das ist nicht so riskant, wenn man weiß, daß das Fernsehen wie Arte oder ein deutscher Fernsehsender sich später am Projekt beteiligen will und eine Absichtserklärung gegeben hat.

Das ist ein Modell, was es außer in Deutschland auch noch in einigen anderen europäischen Ländern gibt, und in den USA unbekannt ist.

Deshalb sieht das Fernsehprogramm in diesen Ländern meines Erachtens auch anders (besser) aus, wie in den USA, weil durch dieses Modell Filme und Dokumentationen zur Verfügung stehen und gezeigt werden können, die ohne diese finanzielle Unterstützung nur sehr schwer herstellbar wären.

Natürlich wird von mir als Autor, Regisseur und Produzent auch die Vorlage bestimmter Sicherheiten gefordert, dass z.B. die von mir genannten Interviewpartner auch wirklich bereit sind, an dem Filmprojekt mitzuwirken und ich das dokumentieren kann.

Konkret kann ich Ihre Frage nach der Kontrolle so beantworten, dass im Fernsehen die Fassung gesendet wird, die ich montiert habe und verantworte. Auch ist es mir als erfolgreicher Firma durchaus möglich, bestimmte Leistungen vorzufinanzieren, dann trage ich ohnehin die volle Verantwortung und Kontrolle.

Ich finde es wichtig, dass wir über solche Dinge sprechen, denn wenn ich solche Verpflichtungen eingehe möchte und muß ich mir auch sicher sein, dass Sie sich am Film beteiligen werden und mir vertrauen, das entstehende Material seriös zu bearbeiten.

Was Michael Ventris und die Linear-B-Schrift betrifft, ist es Ihnen wieder gelungen, mich aufs Glatteis zu führen. Ich habe Ihren Scherz nicht bemerkt, und es, in Deutschland würde man sagen: „bierernst“ genommen. Wie bei Ihrem Aprilscherz! (Obwohl, ich finde dass der Text vom 1.April ungewollt etwas klarmacht, das über "„richtig“ und „falsch“ oder „ernst“ und „lustig“ im Brieftext hinausgeht, aber leider nur im Film zu begreifen ist). Aber, so schlecht ist meine Handschrift nicht, allerdings schreiben Sie in einer sehr klaren Handschrift, eine Bekannte sagte mir, dass das aussieht wie die Handschrift von Wissenschaftlern, die ihre Versuchsergebnisse notieren.

Oder, vielleicht habe ich Ihren Scherz auch nicht bemerkt, weil ich möglicherweise den Kopf voll hatte mit bestimmten Klischees aus Filmen und der Literatur; wie es zugeht in so einem Gefängnis, und dass dort alles düster, ernst, schwer, bedrückend und gefährlich ist. Man (ich) kann sich wirklich nur schwer vorstellen, wie so ein Tagesablauf von Ihnen abläuft. Ist Ihnen der Ablauf eines Tages bis ins Detail vorgeschrieben? Können Sie über bestimmte Zeiten verfügen, in denen selbst bestimmen, was Sie tun wollen? Wie verläuft so ein Tag für Sie? Können Sie zum Beispiel die Zelle verlassen? TV-Sendungen anschauen, Video oder Internet benutzen? Oder sind solche Fragen naiv? Ich hoffe auch, ich stelle nicht solche Fragen, die Ihnen Schwierigkeiten bereiten.

Aber sicher gibt es dort auch so etwas wie ein „inneres Feld“, das außer Ihnen niemand betreten kann, in das Sie „emigrieren“ können. Im Deutschen gibt es dafür Begriffe und Vorstellungen, die etwas mit „Innerlichkeit“ und dem Wunsch und der Vorstellung zu tun haben, dass es „einen geheimnisvollen Weg gibt, der nach innen geht. „In uns ist die Ewigkeit. Die Außenwelt wirft nur ihre Schatten in dieses Lichtreich.“ Erscheinen Ihnen solche metaphysisch eingefärbten Gedanken eher kurios, oder sind Ihnen fremd? In einigen Ihrer Texte glaubte ich allerdings etwas zu entdecken, was diesem Versuch, einen Weg nach innen zu finden, nahe kommt. Ansonsten war ich die letzten Wochen sehr damit beschäftigt, einige Vorführungen des Films und anderes Material vorzubereiten.

Anfang nächsten Jahres werde ich Sie über die Ergebnisse informieren.

Ich hoffe sehr, damit wichtige Themen und auch Ihre Ansichten öffentlich machen und zur Diskussion stellen zu können.

Das ist auch gut, um das Interesse für Sie und Ihre Gedanken weiter zu befördern.

Da wir in einer Mediengesellschaft leben, in der Themen und Schicksale immer greller und schneller in Scheinwerferlicht gezerrt und wieder ins Dunkel gestoßen werden, bedarf es großer Klarheit und Intensität/Qualität, sich nicht nur in dieser Kakophonie Gehör zu verschaffen, sondern auch etwas zu schaffen, das den Tag überdauert.

So verbleibe ich für heute mit den besten Wünschen an Sie und Ihre Freundin (wie geht es Ihr?), auch von meiner Frau.

Ich hoffe, Ihnen geht es gut, viel Kraft und Gesundheit wünscht Ihnen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 12.Dezember 2004


Marco Camenisch

PF 3143

8105 Regensdorf

SCHWEIZ

Lieber Marco Camenisch,

vielen Dank für Ihren Brief vom 21.November 2004 und das beigelegte Material.

Es ist gut, dass John (Zerzan) den Kontakt hergestellt hat.

Was wir seit einiger Zeit versuchen zu organisieren, sind Diskussionen und Veranstaltungen, um auf den Film „Das Netz“ und die darin behandelten Themen und Fragen aufmerksam zu machen. Mal sehen, ob uns das gelingt.

Die Positionen von John und Ted sind dafür wichtig und interessant (und natürlich umstritten), ich bin auf das Für und Wider gespannt.

Johns Texte und Arbeiten sind in Deutschland weitgehend unbekannt.

Da ich selber mehr Filmemacher und bildender Künstler bin, ist es für mich im Moment nicht recht einzuschätzen, inwieweit Interesse und Möglichkeiten bestehen, da aktiv zu werden. Aber ich werde mich umhören und wenn John in Deutschland ist, ist die Chance natürlich da, dass etwas passiert.

Da ich keine Ahnung habe, wie die Bedingungen im Schweizer Vollzug sind muß ich einiges fragen: können Sie Zeitungen, Kopien von Texten oder Bücher empfangen? Fernsehen? das Internet benutzen? Videokasetten zugeschickt bekommen und anschauen?

Was ich nicht ganz verstanden habe betreffs einer Zusammenarbeit bei der Verbreitung von Johns Texten: Sie schreiben über Ihre „schwachen Kenntnisse der englischen Sprache“, bezieht sich die angebotene Mitarbeit also mehr auf die Betreuuung und Bearbeitung von in deutscher Sprache vorliegenden Übersetzungen dieser Texte?

Besonders interessiert hat mich der beigelegte Text „Die Fahrt ins Leere.... “.

In meiner eigenen Arbeit spielt die Frage nach der „Beginn-Zeit“, also dem Punkt, wo etwas


anfängt, falsch zu laufen, eine wichtige Rolle.

Dazu muß ich vielleicht einfügen, dass ich mich seit meiner Studienzeit an der Kunstakademie in Leipzig mit mehreren künstlerischen Medien beschäftige: früher mit Malerei, Grafik und Animationsfilm, dann später mehr mit Fotografie, raumbezogenen Medioencollagen aus Foto, Film, Tanz und Musik, dann noch später und gegenwärtig vorwiegend mit Dokumenrarfilmen und Kunstprojekten, wo auch journalisische Methoden und verstärkt Recherche eine Rolle spielen.

Das Filmprojekt, bei dessen Vorberetiung ich auch John besuchte und kennenlernte, beschäftigt sich mit dem Schnittstellen von Kunst, Wissenschaft und Technologie und fragt nach der „Beginn-Zeit“ einer Nachkriegsmoderne.

In der Synopsis zum Film heisst es:

„1930 erschüttert der Wiener Mathematiker Kurt Gödel mit seinen Unvollständigkeitssätzen die Grundlagen der Mathematik. 1968 arbeitet der Physiker und Ingenieur Heinz von Foerster in seinem Biological Lab an der Universität von Illinois an der Verschmelzung von digitalen und biologischen Systemen. 1995 verhaftet das FBI in der Wildnis Montanas den ehemaligen Mathematikprofessor Theodore J. Kaczynski als den „Unabomber“. Was verbindet diese Personen, Orte und Ideen zu einem Netz? Die Suche nach einer Antwort führt zurück in die 40er bis 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wo sich in Wissenschaft, Kunst und Technologie die Horizonte nach allen Seiten zu öffnen scheinen. Mit Kybernetik, Multimediakunst und militärischer Forschung werden die Fundamente der Moderne neu gesetzt. Das wird die Basis für heute weltweit vernetzte Maschinensysteme, die von Mathematik, Logik und binären Codes bestimmt werden. „Das Netz“ zeigt Konstrukteure, Maschinisten und Agenten dieser Systeme. Einer steigt aus, und versucht die Maschinen zu stoppen. Aber um welchen Preis?

Also interessiert mich die Frage von Red Sloan natürlich sehr, die im von Ihnen mitgeschickten Text zitiert wird: „Wo liegt das Problem mit der Moderne?“, die von John mit Fragen zur Rolle von Sprache und der Abstraktion erweitert wird.

Das ist spannend und macht nachdenklich: wodurch entstanden Furcht und Spannungen im

sozialen Leben, und welche Rolle hatten Kultur und später Kunst als Mittel zur Spannungsmilderung und als Ausgleich für nun plötzlich (?) gefügte und empfundene Spannungen.

Auch wenn es natürlich angreifbar ist als These, die möglicherweiser nur auf Projektionen von heute zurück in eine Gesellschaft und Zeit von der wir wirklich nichts wissen können beruht, ist es doch spannend.

Und führt zur Frage der Ungleichheit. Zum Teilen von etwas, was vorher anscheinend als „ganz“ betrachtet und empfunden wurde.

Und führt zur Frage in Ihrem Text nach dem Kampf auf „dem Feld des Symbolischen“.

Ich möchte mit diesen kurzen Bemerkungen erstmal den Kontakt aufnehmen und würde mich freuen, wenn wir uns weiter austauschen.

Wenn der Januar vorbei ist werde ich mich wieder melden und informieren, wie es mit John und dem Film gelaufen ist.

Ich hoffe, es geht Ihnen den Umständen entsprechend gut

und verbleibe für heute mit freundlichen Gruessen aus Hamburg

Lutz Dammbeck

12.Dezember 2004

Marco Camenisch: Der Sohn eines Zollbeamten besuchte das Gymnasium in Schiers und verliess die Schule ohne Abschluss. In den 1970er Jahren war er in der Anti-Atomkraftbewegung aktiv und entwickelte sich zu einem militanten Gegner der Kernenergie. In den Jahren 1979 und 1980 beging er zusammen mit Mittätern mehrere Sprengstoffanschläge auf Hochspannungsmasten und Transformatoren von Kraftwerken in der Schweiz. Camenisch wurde vom Kantonsgericht Chur zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Dezember 1981 gelang ihm und fünf Mitgefangenen die Flucht aus der Strafanstalt Regensdorf. Dabei erschossen die Flüchtenden einen Wärter und verletzten einen weiteren. Camenisch wurde zu einer der meistgesuchten Personen der Schweiz. Im November 1991 wurde Camenisch in der Toskana verhaftet. 1993 wurde Camenisch in Italien wegen Körperverletzung und Sprengstoffdelikten zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt und am 18. April 2002 an die Schweizer Behörden ausgeliefert. Am 10. März 2017 wurde Camenisch bedingt aus der Haft entlassen. Damit endet eines der längsten Kapitel der Schweizer Justizgeschichte.


26) 30. Dezember 2004

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

auch ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten, und dazu noch ein gesundes und gutes

Neues Jahr. Vielen Dank für Ihre guten Wünsche für einen Erfolg des Films.

Ein Erfolg wäre für mich, dass wir es schaffen, eine Diskussion über die im Film angesprochen Fragen und Probleme in Gang zu bringen.

Wenn das gelingt, dann wäre es auch Ihr Erfolg. Denn wenn der Film interessant ist, dann nicht zuletzt durch Sie und Ihre Gedanken.

Haben Sie meinen letzten Brief vom 12.Dezember schon erhalten?

So verbleibe ich mit herzlichen Gruessen aus Hamburg, auch von meiner Frau, und bitte gruessen Sie auch Ihre Freundin von uns

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 30.Dezember 2004

Anlage: Kunstpostkarte mit der Grafik „Angelus Novus“, den Walter Benjamin als „Engel der Geschichte“ bezeichnet hat.

28) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

TED KACZYNSKI
to

LUTZ DAMMBECK

8 Februar 2005

Lieber Herr Dammbeck,

Vielen Dank für Ihre Briefe vom 12.12.04 und vom 30.12.04.

Erstens will ich Ihnen erwähnen, dass ich einen Brief von einem amerikanischen Filmemacher erhalten habe, der ein Interview mit mir führen will. Ich habe ihm gesagt, dass ich Ihnen die erste Gelegenheit geben müsse, mich zu interviewen, weil ich lange mit Ihnen korrespondiere. Dieser amerikanische Filmemacher heisst Avi Weider, und seine Firma ist Loop Filmworks, 45 Maion Street, Suite 504, Brooklyn NY 11201, U.S.A.

Wissen Sie irgendetwas über ihn?

Mir gefällt das, was Sie in Ihrem Brief vom 12.12.04 schreiben, des Inhalts, das die im Fernsehen gesendete Fassung unseres Interviews die von Ihnen montierte Fassung sein werde.

Sie schreiben auch „wenn ich solche Verpflichtungen eingehe, möchte und muss ich mir auch sicher sein, dass Sie sich am Film beteiligen werden............ “.

Wenn ich verspreche, mich am Film zu beteiligen, so werde ich das sicherlich tun.

Ich will kein Versprechen brechen, und das ist der Grund, warum ich zögere, anstatt Ihnen ohne weiteres zu sagen, dass ich das Interview führen würde. Ich muss mir ganz sicher sein, dass ich das Interview führen will, ehe ich ein Versprechen gebe.

Aber Sie müssen sich immer daran erinnern, dass der Warden sich weigern kann, das Interview zu gestatten, wenn auch ich mich dazu bereit erkläre.

Außerdem müssen wir einen Dolmetscher haben, denn ich spreche Deutsch so schlecht, dass wir höchstens einen Bruchteil des Interviews auf Deutsch führen können, und Lydia Eccles hat mir gesagt, dass Sie mit ihr durch einen Dolmetscher hätten sprechen müssen. Also müssen drei Personen außer mir beim Interview anwesend sein: Sie, der Dolmetscher, und der Kameramann, und ich bin mir nicht sicher, dass die Behörden sovielen Leuten erlauben würden, anwesend zu sein.


Auf Seite 4 Ihres Briefes vom 12.12.04 fragen Sie mich nach meinem Leben in diesem Gefängnis.

Sie fragen, ob ich die Zelle verlassen könne. Nein.

Die Gefangenen der Zellenreihe, in der ich wohne, sind immer in ihren jeweiligen Zellen geschlossen, nur dass jeden Tag (außer Samstag und Sonntag), bietet man uns die Gelegenheit, Rek (Rec, Recreation), Belustigung, Entspannung) zu haben.

Nimmt der Gefangene das Rek an, so setzen ihn die Wächter die Fesseln auf die Handgelenke und führen ihn entweder in ein Innenrekzimmer oder in den Außenrekhof.

An abwechselnden Tagen haben wir Innenrek und Außenrek. Wenn man in einem Innenrekzimmer ist, kann man mit keinem anderen Gefangenen sprechen. Deshalb macht man gewöhnlich nichts Anderes im Innenrekzimmer, als Gymnastik, Laufen oder dergleichen.

Der Außenrekhof ist in aus Maschendraht bestehende Käfige aufgeteilt, und die Wächter setzen jeweils einen Gefangenen in einen Käfig hinein, damit die Gefangenen nicht miteinander kämpfen könnten. Aber die Gefangenen können miteinander sprechen.

Die meisten Gefangenen nur unterhalten sich miteinander im Außenrekhof, aber einige machen auch Gymnastik oder laufen, obwohl man nicht bequem laufen kann, da die Abmessungen der Käfige nur höchstens 4 Meter x 6 Meter sind.

Nachdem die Gefangenen etwa anderthalb oder zwei Stunden im innenrekzimmer oder im Außenrekhof gewesen sind, setzen ihnen die Wächter die Fesseln wieder auf die Handgelenke und bringen sie wieder in die Zellen zurück.

Außer dem Vorhergehenden, oder einem Besuch beim Zahnarzt oder so etwas, bleiben die Gefangenen immer in den Zellen, und nur ein Gefangener wohnt in jeder Zelle.

Weil die Gefangenen so voneinander getrennt sind, gibt es hier keine Gefahr.

Sonst aber wäre dieses Gefängnis ziemlich gefährlich, denn man schickt hierher die gefährlichsten Gefangenen.

Wenn der Gefangene in seiner Zelle ist, darf er machen, was auch immer er will.

Er hat keine Gelegenheit, Video, Internet oder dergleichen zu benützen, aber er kann TV- Sendungen anschauen. Ich schaue jedoch TV-Sendungen niemals an, aber ich höre einen Radiosender, der klassische Musik spielt.

Ich verstehe das, was Sie über das „innere Feld“ schreiben, in das man „emigrieren“ kann, und ich habe so ein inneres Feld. Dieses Thema betrachte ich aber nicht als metaphysisch sondern als psychologisch. Jedenfalls kann die Gelegenheit, in das innere Feld zu „emigrieren“, eine Versuchung sein, der man widerstehen sollte. Denn für manchen Menschen ist es leichter, sich in das innere Feld zurückzuziehen, als die äußeren Umstände zu bekämpfen, und wenn er unterlässt, die äußeren Übel zu bekämpfen, können diese ihn schließlich auch in dem inneren Feld überwinden.

Um ein einfaches Beispiel zu geben, gibt es psychologische Techniken, die man benützt, um einen Kriegsgefangenen zu zwingen, Auskünfte zu geben. Der Zweck dieser Techniken ist, den Willen des Gefangenen zu brechen, und man sagt, dass wenige Leute diesen Techniken erfolgreichen Widerstand leisten könnten.

Sie fragen mich, wie es meiner Freundin gehe. Zum Glück geht es ihr etwas besser. Ich habe ihr Ihren Gruß übermittelt, und sie schickt Ihnen auch ihre Grüße.

Was Ihren Brief vom 30.12.04 betrifft, vielen Dank dafür, dass Sie so klar und sorgfältig geschrieben haben. Aber, wer war Walter Benjamin?

Mit freundlichen Grüßen an Sie und an Ihre Frau

Ted Kaczynski

P.S. Ich möchte Ihnen eine Frage stellen.

Was bedeutet das Wort „Baumklippschliefer“? Ich kann es nicht in dem Wörterbuch finden. Paul Schebesta schreibt in seinem Werk, Die Bambuti - Pygmäen vom Ituri, I.Band, Seiten 72 - 73: „Tiefe Stille senkt sich mit der schwarzen Nacht auf den Urwald nieder. So still ist es ringsum geworden, dass man jeden fallenden Zweig im Wald und das Fallen der Tropfen von den Bäumen nach einem Regen deutlich hört Auf einmal jedoch durchreisst ein plärrender Schrei die tiefe Stille der

Nacht: zunächst kreischt es irgendwo weit aus dem Wald heraus, dann kommt es näher und näher. Es wird wieder still, aber nach etwa einer Stunde wieder diesselben Schreie, die durch Mark und Bein gehen, diesmal von der anderen Seite, dann wieder ferner und ferner. So plärrt und kreischt es eine Weile lang, um dann abermals zu verstummen. Fast auf die Stunde wiederholen sich die beängstigenden Schreie, die dem Mombuti wohl bekannt sind. Ihn stören sie nicht, er würde sie vermissen, blieben sie aus, ja, man freut sich ihrer gar. Es sind die Lockrufe des Baumklippschliefers “

Also, was für ein Tier ist der Baumklippschliefer?
- TJK

27) 23. Februar 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D- 22767 Hamburg
THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 8 Februar 2005, den ich am 21.Februar 05 erhalten habe. Ich war gerade dabei, meinen Brief abn Sie zu beginnen, als die Post kam und Ihr Brief dabei war. So werde ich in meinem Brief nun das, was ich Ihnen vor dem schreiben wollte mit den Antworten auf Ihre Fragen verbinden.

Sie erwähnen, dass Sie einen Brief von einem amerikanischen Filmemacher erhalten haben, der ein Interview mit Ihnen führen will, und fragen mich, ob ich etwas über Avi Weider und seine Firma Loop Filmworks weiss.

Dank meiner Partnerin in NY, Sabine Schenk, die ja mit ihrer Firma in NY sitzt und sich in der Film- und Medienbranche sehr gut auskennt, kann ich Ihnen dazu folgendes mitteilen.

1) Sie glaubt nicht dass Loop Filmworks die Firma von Avi Weidner ist. Er hat 1998 einen Kurzfilm gemacht hat, für den im Internet damit geworben wird, dass einer der Darsteller bekannt wurde durch seine Rolle in einem Broadway-Theaterstück, wo am Schicksal eines Homosexuellen den US-Amerikanern die untergegangene DDR erklärt werden sollte - sehr spektakulär und nach Sabines Meinung eher Boulevard.

Dann war Avi Weider als Webdesigner tätig, als Gestalter der Website für ein „Jewish Film Festival“ in Brooklyn, ein sehr kleines und möglicherweise garnicht mehr existierendes Festival. Von längeren Filmen ist Sabine nichts bekannt.

Loop FILMWORKS ist eine Firma, die Animationsfilme, Werbespots- und -clips und in geringerem Umfang auch Dokumentationen produziert. Auf deren Website heisst es:

„LOOP FILMWORKS is responsible for award-winning network branding for dozens of "A" list clients, such as, HBO, Bravo Network, MTV, Noggin and many others, as well as supplying a plethora of fine work to the Commercial Industry. We offer the ability to deliever projects from pitch to post-production, whether it is live action, traditional animation or digital.

Please check out our Digital Division, LOOP Digitalworks. It is responsible for creating efficient and attractive e-solutions for various clients.

Trio Network's Tentpole Stunt, "Uncovered TV" was just designed and produced by the capable folks here at LOOP. Inevitable press is in the near future and we are all aglow Just delivered the next installment of the Invention Submission Co.'s Caveman

campaign. Comeback in the near future for QTs.“ Und so weiter.

Meiner Meinung nach hat Avi Weider Loop FILMWORKS ein Thema angeboten und die Firma würde das produzieren, ich nehme an, um es dann den genannten Networks zum Verkauf anzubieten. Sabine weiss, dass zum Umfeld von Avi Weider auch deutsche Filmemacher gehören, die zwischen Deutschland und New York pendeln, und wir nehmen an, dass er oder die meinen Film gesehen haben, der ja zur Zeit in den Arthouse-Kinos läuft.

Möglicherweise kam so die Idee, Ihnen zu schreiben.

Fairererweise muss ich zum Firmenprofil von Loop NETWORKS noch sagen, dass es sehr schwer ist, in den USA als Filmfirma zu existieren, ohne Werbung oder formale Zugeständnisse an den Markt zu machen, die im Grunde genommen Zugeständnisse an die Erfordernisse der neuen Technologien sind (Medientechnologie = immer mehr channels, immer größerer Kampf um Aufmerksamkeit, deshalb immer schnelleres Erzähltempo, immer mehr Überbieten in der Zuspitzung auf Sensation, Thrill, Spektakel, immer mehr Mischung von Dokument und Fiktion, zunehmend Inszenierung von Realität auch im Dokumentarfilm, Untermalung mit Musik damit keine „ruhigen“ und „stillen“ Stellen bleiben, die Publikum stören oder zum Ab- oder Umschalten verleiten usw.)

In Deutschland und anderen europäischen Ländern gibt es, vergleicht man es mit den USA, dagegen noch paradiesische Zustände, durch einen möglichen Finanzierungsmix aus LD to Geldern des Kulturfernsehens (wie von Arte z.B.) und der regionalen Filmboards in den jeweiligen Bundesländern wie Hamburg oder Sachsen z.B. inhaltliche oder formalkünstlerische Freiräume zu erhalten.

In den deutschen Privat-TV-channels sind die Produktionsbedingungen wie in den USA, und Fernsehen ist nur noch reines Geschäft.

Arte z.B. wie das deutsche „öffentlich-rechtliche Fernsehen“ dagegen finanziert sich aus den Gebühren die Leute zahlen müssen die ein TV-Gerät angemeldet haben (das ist Pflicht). So können diese Gelder für das Programm verwendet werden und das ist nicht abhängig von Werbung. (Natürlich wächst der Druck auf dieses Modell und diese Freiräume, aber um das auszuführen müßte ich zu sehr ins Detail gehen).

Ich würde Ihnen also raten, vorsichtig zu sein und danke Ihnen für Ihre Mitteilung, dass Sie im Falle Ihrer Zustimmung zu einem Interview mir das Erstrecht und Exklusivität einräumen würden.

Selbstverständlich würde ich den Inhalt und auch die Machart und die künstlerische Form des Films bestimmen können, über den wir sprechen.

Nicht nur, weil ich als Autor, Regisseur und Produzent gegenüber dem deutschfranzösischen TV-Sender Arte durch den Erfolg meiner bisherigen Filme ein solides Renommee und Ansehen erworben habe, dass mir diesen Status einräumt, sondern auch weil ich eben durch die Co-Finanzierung durch eigene Mittel + der von regionalen Filmboards die Einflußnahme des Fernsehens begrenzen kann.

Es ist richtig , wie Sie schreiben, dass Sie sich ganz sicher sein müssen, dass Sie das Interview führen wollen, ehe Sie ein Versprechen geben.

Die Frage eines Dolmetschers. Es ist richtig, dass ich Lydia Eccles mit einem Assistenten besucht hatte, der, beim ersten Besuch mehr, später dann weniger, übersetzt hat. Aber die Interviews für den Film habe ich dann alleine geführt und mich dementsprechend LD to

vorbereitet. Sicherer ist natürlich jemand dabei zu haben, der sowohl eine technische Funktion hat (Tonaufnahme) als auch als Dolmetscher zur Verfügung stünde, Sabine Schenk etwa könnte das sein.

Vom Umfang her wäre es ein normales kleines Team, und die Behörden würden das sicher akzeptieren, weil wir nicht mehr wären, als allgemein üblich.

Wir könnten ja auch noch vorher korresspondieren und uns inhaltlich verständigen.

Wichtig wäre auch zu wissen, wieviel Zeit zur Verfügung steht. Man muss dabei ja auch noch die Zeitaufwendung für Auf- und Abbau der Geräte bedenken, das sind zwar beim Dokumentarfilm nicht so viele und meine Leute sind schnell und professionell, aber man muss das von der bewilligten Gesamtzeit abziehen und genau kalkulieren.

Jetzt komme ich aber zu dem was ich Ihnen ursprünglich schreiben wollte:

nämlich Sie ein bischen über die Reaktionen auf die Vorführungen meines Films zu informieren. Die Reaktionen sind sehr konträr, und reichen von großer Begeisterung und Zustimmung bis hin zu ganz starker Ablehnung, Beleidigungen bis hin zu haßerfüllten Injurien.

Der Hauptvorwurf ist, dass ich Ihrer Position und Ihren Ansichten

a) zu viel Raum gebe

b) diese zu kritiklos darbiete bzw.

c) Sie und Ihre Ansichten zu positiv darstelle.

Hier sind ein paar Ausschnitte von den Reaktionen:

„Ein Roadmovie zwischen LSD-Kybernetik und Technophobie. Der Film von Lutz Dammbeck beleuchtet die Faszination für jene positive Vision einer globalen Vernetzung, in der Welt durch das Prisma des Negativs. In einer Genremischung aus Roadmovie und kriminalistischer Enquête demonstriert er, wie Kybernetik, Systemtheorie, Psychologie und Militärprogramme vernetzte Maschinensysteme hervorbringen, indem er die Argumentation der Technologie-Gegner des "Freedom Clubs" durchspielt.“

„Kaczynski ist die tragende Person in Dammbecks Film. Dank den von ihm aufgeworfenen Fragen lebt der Film: Wo liegt die Grenze zwischen Mensch und Maschine? Werden Mensch, Tier und Pflanze künftig nur noch Produkte von Technologie sein? Wo bleibt die Moral in der Computer- und Biowissenschaft?“

„Der Film ist eine talibanistische Technikkritik und eine paranoide Darstellung der Geschichte der Kybernetik mehr oder weniger aus der Sicht des Unabombers Ted Kaczinsky...die Auferstehung des guten alten DDR-Propagandafilms aus den Zeiten des Kalten Krieges.“

„Dammbecks brisante Collage kreist um eine Wissenschaft, die nur das Gute will und oft das Böse schafft................... Die Computer sollten „uns in eine Renaissance der humanen Welt

führen“, so eine der Visionen. Kaczynski jedoch - und vielleicht nicht er allein - sah dadurch die Gefahr einer Abhängigkeit der Menschheit von den Wissensmaschinen und ihren Programmierern heraufziehen...Welche Art von Gewalt mehr Leid über die Menscheit gebracht habe, die staatliche oder die individuelle, fragt er Dammbeck.“

Also, sie sehen, es gibt viel Diskussionen und Auseinandersetzung, und das ist gut so.

Der Film war z.B. der Eröffnungsfilm eines wichtigen Antiglobalisierungsfestivals in Berlin mit dem Titel „globale05“, wo Filme und Videos aus aller Welt gezeigt wurden, die sich mit Fragen wie Globalisierung, der Rolle von Technologie und neuen Widerstandsformen befassen.

Die Vorführung war überfüllt, viele Leute standen noch draußen und bekamen keine Karten. Einer der jungen Besucher schrieb mir anschließend:„Einen kleinen Einwand habe ich noch zu Ted Kaczynskis Haltung, was die Frage der Gewaltausübung angeht. Ob es tatsächlich der Staat ist, der mit seiner Gewalt mehr Menschen schadet als die Summe der einzelnen Individuen, oder besser ob das überhaupt ein ernstzunehmender Vergleich ist, weiß ich nicht. Zuallererst besteht jeder Staat aus einzelnen Menschen. Jeder muss zu jeder Zeit mit seiner Moral zurechtkommen. Und dann: Wenn ich an die individuelle Ausübung und den Missbrauch von Gewalt in der Familie und in Beziehungen denke, dann überfällt mich das

Gefühl, dass das möglicherweise am Ende sogar die Ursache für die staatliche Gewalt sein könnte, die Gewalt eines Staates, an dessen Spitze in einem kapitalistischen - wohlgemerkt offenen System oft diejenigen gelangen, die gelernt haben, mit Gewalt umzugehen.

Da muss etwas getan werden.“

So wie diese wurden mir eine Reihe anderer Fragen gestellt, die eigentlich nur Sie beantworten können. Es wäre m.E. wichtig und der richtige Zeitpunkt, dass Sie das tun, sobald Sie sich sicher sind.

Es gab es auch einige Einladungen von anderen globalisierungskritischen Organisationen und Festivals, den Film in Kroatien, in London, in Österreich, der Schweiz und auch in Polen zu zu zeigen.

Dadurch bin ich auch in Kontakt mit Marco Camenisch gekommen, der sehr viel von Ihnen hält, der von dem Film durch Freunde in Italien und der Schweiz gehört hatte und mir seitdem mehrmals schrieb. Er hat sehr interessante Gedanken zum Thema radikaler Ökologismus (seine Geschichte wird in Achtung Banditen! Lecologismo radicale di Marco Camenisch von Piero Tognoli, Nautilus) anschaulich erzählt. Kennen Sie ihn?

Wichtig für die Arbeit mit dem Film und die vielen Diskussionen ist auch, dass wir endlich eine deutsche Übersetzung des Manifest fertig haben.

Ein kleiner Verlag hat es, versehen mit einem Text zum Film, veröffentlicht. Für die Diskussionen ist das ganz wichtig und ich weiss, dass das Manifest in dieser deutschen Fassung vor allem an Schulen und Universitä-ten Verbreitung findet und in einigen Seminaren als Unterrichtsmaterial verwendet wird.

Ich will auch versuchen die Leute in Polen dafür zu begeistern, den Text ins Polnische zu übersetzen, und werde denen die korrigierte Fassung zur Verfügung stellen.

Wundern Sie sich bitte also nicht, wenn Ihnen Sabine ab und an kleinere Geldbeträge zuschickt. Oder lieber an Ihre Freundin? Sie könnten auch mir schreiben, was für Sie nützlich ist oder Ihnen eine Freude macht, und ich oder Sabine schicken Ihnen das dann.

Also das ist alles im Prozess und es gibt sehr interessante Reaktionen zu beobachten, die zur Sprache bringen, was zwar bekannt oder schon mal veröffentlicht wurde, was aber nun in einem neuen Zusammenhang gestellt Nachdenken und Fragen provoziert.

Was Sie über den Gefängnisalltag schreiben, klingt sehr hart. Dass Sie keine TV-Sendungen anschauen verstehe ich, bei Kenntnis des amerikanischen Fernsehprogramms.

Welchen Radiosender hören Sie denn täglich? Ist das ein regionales Programm im Bundesstaat Colorado?

Sie fragen: Wer war Walter Benjamin? Hier eine kleine enzyklopädische Zusammenstellung einiger wichtiger Daten:

born July 15, 1892 - September 27, 1940. W.B. was a German Jewish Marxist literary critic and philosopher.Benjamin was known during his life primarily for his philosophical essays and as a critic. As a sociological and cultural critic he combined ideas of Jewish mysticism with historical materialism in a body of work which was an entirely novel contribution to Marxist philosophy. As a literary scholar, he translated texts written by Marcel Proust and Charles-Pierre Baudelaire, and Benjamin's essay "The Task of the Translator" is one of the best-known theoretical texts about translation. His most important writings were: „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (The Work of Art in the Age of Its Technological Reproducibility / 1936), „Geschichtsphilosophische Thesen“ (Theses on the Philosophy of History / 1939, published posthumously).

„The Passagenwerk“ or "Arcades Project," Benjamin's lifelong project, was to be an enormous collection of writings on the city life of Paris in the 19th century, especially concerned with the roofed outdoor "arcades" which created the city's distinctive street life and culture of flânerie. The project, which many scholars believe might have become one of the great texts of 20th-century cultural criticism, was never completed; it has been posthumously edited and published in many languages in its unfinished form...Benjamin corresponded extensively with Theodor Adorno and Bertolt Brecht and occasionally received funding from the Frankfurt School under Adorno's and Horkheimer's direction. Benjamin committed suicide in Port Bou at the Spanish-French border, while attempting to escape from the Nazis, when it appeared that his party would be denied passage across the border to freedom. The rest of the group was allowed to cross the border the next day, possibly because their desperation was made clear by Benjamin's suicide.

An dieser Stelle möchte ich nochmal zurück zum Anfang Ihres letzten Briefes. Wenn Sie sich entschlossen haben, den Filmaufnahmen zuzustimmen, lassen Sie es mich bitte umgehend wissen, damit ich (über Sabine) Kontakt mit dem Warden aufnehmen kann und dann ganz formal meine Bitte nach einer offiziellen Genehmigung von der Leitung des Gefängnisses vortragen kann. Darauf werde ich warten.

Noch eine Frage dazu, die vielleicht naiv oder töricht ist: ist es möglich, dass Häftlinge telefonieren dürfen? Oder von außerhalb des Gefängnisses jemand (Sabine, ich) zu bestimmten Zeiten Sie anrufen kann? Oder Sie nach draußen telefonieren dürfen? (In Filmen sieht man manchmal solche Szenen).

Ich hoffe, dieser Brief ist nicht zu lang und unübersichtlich geraten. Bestimmt erhalten Sie viel Post (ich schätze mal 10 Briefe am Tag?), und brauchen viel Zeit, um alle zu lesen oder gar zu beantworten.

Ich wünsche Ihnen sehr, dass Sie Ihr „inneres Feld“ bewahren können und allen Versuchen erfolgreichen Widerstand leisten können, da etwas von außen zu verändern.

Von Sabine und meiner Frau soll ich Ihnen Gruesse übermitteln, bitte grüßen Sie auch Ihre Freundin von mir.

So verbleibe ich mit den besten Wünschen für viel Kraft und Gesundheit, viele Gruesse Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 23.Februar 2005

P.S.: Sie fragten: was bedeutet das Wort „Baumklippschliefer“? Ich muss gestehen, ich hatte das Wort bis dahin noch nie gehört. Bei Nachforschungen habe ich aber folgendes herausgefunden:

der SCHLIEFER Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)

Reihe:Landwirbeltiere (Tetrapoda)

Klasse: Säugetiere (Mammalia)


Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)

Überordnung: Afrotheria

Ordnung: Schliefer (Hyracoidea)

Gattungen

Baumschliefer (Dendrohyrax)

Buschschliefer (Heterohyrax)

Klippschliefer (Procavia)

Die Schliefer (Hyracoidea) bilden eine Ordnung gut kaninchengroßer, murmeltierähnlicher Säugetiere (Mammalia). Sie sind, obwohl es nicht so scheint, doch nahe Verwandte der Elefanten (Proboscidea) und Seekühe (Sirenia), mit denen sie manchmal als Uranotheria zusammengefasst werden, und werden heute in die sehr heterogene Gruppe der Afrotheria eingeordnet. Die Schliefer erreichen ein Gewicht von etwa 3,5 Kilogramm. Es gab in der Eiszeit aber noch größere Arten. Sie leben in Afrika, südlich und östlich der Sahara in tropischen Regenwäldern und dichten Waldinseln in den Savannen bis in steinige Steppen. Es gibt Arten, die in bis zu 3'700 m Höhe leben.

Schliefer sind sehr robuste, stämmige Tiere. Sie zeichnen sich alle durch einen muskulösen, massiven, kurzen Hals und einem langen, nach oben gewölbten Leib aus. Ihre Farbe variiert nach Gattung und Art und reicht von hellbraun bis dunkelbraun. Die englische Bezeichnung lautet Dassie oder Hyrax, die französische Daman.

Alle heute lebenden Arten werden in der Familie der Kletterschliefer (Procaviidae) zusammengefasst, die sich weiter in drei Gattungen unterteilt:

Die Baum- oder auch Waldschliefer (Dendrohyrax) umfassen drei Arten: SteppenwaldBaumschliefer (D. arboreus), Eigentliche Baumschliefer (D. dorsalis) und Bergwaldbaumschliefer (D. validus).

- Die Busch- oder auch Steppenschliefer (Heterohyrax) umfassen zwei Arten: H. antineae und H. brucei.

- Die Klipp- oder auch Wüstenschliefer (Procavia) setzen sich nur aus einer Art Procavia capensis zusammen. Eine Aufteilung in zwei Arten wird aufgrund genetischer Merkmale allerdings in Betracht gezogen.

Allgemeines:

Auch wenn die Schliefer gut kaninchengroße, murmeltierähnliche Pelztiere sind, so sind sie doch nahe Verwandte der >Elefanten und >Seekühe. Nach langem Hin und Her hat man die Zugehörigkeit zu den >Vorhuftieren erkannt. Sie haben nämlich Eigentümlichkeiten, die eindeutig die Huftierverwandtschaft nachweist: Der Bau der "Krallen", der nashornähnliche Aufbau der Backenzähne, eine an die südamerikanischen >Nabelschweine erinnernde Duftdrüse auf dem Rücken und die wie bei den Elefanten ständig wachsende Schneidezähne.

Die Schliefer erreichen ein Gewicht von 2,5 bis 4,5 kg. Es gab in der Eiszeit aber noch größere Arten. Die ursprünglichen Schliefer waren langschnäuzig, die heutigen sind rundlich mit einem stumpf-kegelförmigen Kopf und kleinen, rundlichen Ohren.

Die Schliefer haben keine Eckzähne. Die beiden Schneidezähne des Oberkiefers haben keine Wurzeln und können daher ständig nachweisen.

Der Hals ist kurz, der Rumpf plump und gedrungen. Auf der Rückenmitte liegt ein Gebiet mit abweichender Fellfärbung. Dieses ist ein kahler Hautfleck, der von einem Kranz aufrichtbarer Haare umgeben ist. Diese nackte Stelle ist ein Drüsenfeld. Diese Rückendrüse tritt besonders gut während des Droh- und Imponierverhaltens in Erscheinung. Das Sekret, was dort abgesondert wird, hat ein honigfarbenes, milchig-weißes Aussehen und oft stark duftend. Bei einigen Formen kann es z.B. nach frisch gebranntem Zucker riechen.

Die Beine der Schliefer sind kurz. An den Vorderpfoten haben sie 4, an den Hinterpfoten 3 Zehen. An den abgerundeten Fingerbeeren sitzen flache, schwarze Nägel, die sich teilweise deutlich bis auf die Unterseite der Zehen ausdehnen, so dass man erkennen kann, wie sich einmal der echte Huf der Huftiere entwickelt haben könnte. Nur an der inneren Hinterzehe befindet sich eine lange, gebogene Kralle, die als Putzwerkzeug dient. Die Fußunterseite besteht aus gummiartig-elastischen Hautkissen, die mit zahlreichen Schweißdrüsen durchsetzt und schlecht an eine Grabtätigkeit angepasst sind. Wegen der Haftfähigkeit ihrer Füße sind Schliefer gute Kletterer.

Der Schwanz ist kurz, stummelförmig und äußerlich nicht sichtbar. Das Fell ist kurz und dicht und meist einheitlich schwarzbraun bis sandfarben ohne stärkere Zeichnung. Büschel langer Tasthaare befinden sich am Kopf. Das Riech- und Sehvermögen ist ausgezeichnet.

Verbreitung:

Sie leben in Afrika, südlich und östlich der Sahara. Der Lebensraum reicht von tropischen Regenwäldern, Galeriewäldern und dichten Waldinseln in den Savannen bis in lockere, felsigsteinige Steppen. Geröllflächen und Steinwüsten. Der Klippschliefer geht im Bergland bis auf eine Höhe von 3700 m.

Lebensweise:

Die Schliefer haben unterschiedliche Lebensweisen. Es gibt Tag- (Klipp- und Buschschliefer) und Nachttiere (Baumschliefer). Entweder sind sie Einzelgänger oder leben gesellig. Sie sind revierbildend und ortstreu. In Erd- und Baumhöhlen und Felsspalten leben sie. Die Schliefer haben einen Hauptfeind, den Leoparden. Außerhalb der Erdhöhlen sind ständig einzelne Tiere als Wachposten anzutreffen, die beim Nähern eines Feindes leise Alarm- und schrille Warnpfiffe ausstoßen. Auch können verschiede Schlieferarten nebeneinander im gleichen Lebensraum leben.

Ernährung:

Baumschliefer, die im Regenwald leben, äsen saftige Blätter, Knospen und junge Triebe. Die anderen Schliefer fressen Kräuter, Gräser und Stauden. Während der Trockenzeit nehmen sie auch Rinden und Blätter zu sich, bzw. im Gebirge dann Flechten und Moose und in Wüsten dann Wüstengräser und Akazienblätter.

Fortpflanzung:

Während der Paarungszeit finden erbitterte Kämpfe statt. Es bilden sich dann Haremsfamilien und Junggesellengruppen, die immer wieder Ärger machen. Die Tragzeit liegt wahrscheinlich bei 7-9 Monaten. Es werden zwischen 1 und 4 Junge geboren, die voll entwickelt sind. Die Jungtiere werden gemeinsam in Mutterfamilien betreut. Die Männchen werden vor der Geburt weggebissen. Die Geschlechtsreife tritt im Alter von 16-17 Monaten ein.

Das scheint ein merkwürdiges Tier zu sein. Gab es in Ihrer Umgebung in Lincoln ähnliche Tierarten? Das bringt mich auf eine abschließende Frage:

Hatten Sie im Wald einen Fotoapparat mit dabei? Und bei Ihren Erkundungen und Erfoschungen der Natur auch Fotos gemacht? Oder nur gezeichnet und schriftliche Aufzeichnungen gemacht? Woran haben Sie sich dabei orientiert, gab es dafür Anregungen oder Vorbilder bei historischen Forschern und Erkundungsreisenden?

Sind Ihre viele tausend Seiten umfassenden Aufzeichnungen, die Sie im Wald und Ihrem Haus in der Nähe Lincolns machten, im Archiv an der Universität Michigan, bei Julie Herrada?

29) Ted Kaczynski an Lutz Dammbeck

2 März 2005

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

Lieber Herr Dammbeck,

Als Anlage sende ich Ihnen eine Kopie eines vom 1.3.05 datierten Briefes von mir an Avi Weider, weil ich vermute, dass Ihnen die darin enthaltenen Auskünfte über die mit Gefangenen geführten Interviews interessieren würden.

Ich hoffe, dass Sie meinen Brief vom 8.2.05 erhalten haben.

Mit freundlichen Grüßen

Ted Kaczynski

Kopie:

TED KACZYNSKI to

AVI WEIDER

March 1, 2005

Dear Avi, Mr. Weider: (See Postscript)

Thanks for your letter of February 4. To answer your questions about the process of getting an interview with me - -

I've given only three interviews in the past, all in 1999. One was with a prepresentative of the radical Earth First! Journal, another was with a prepresentative of a small local newspaper in Montana, and the third was with Stephen Dubner, who came as a representative of Talk Magazine, though his article ended up being published not in Talk but in Times. These interviews were easy to get; but in 1999 we had a different warden here. Warden Pugh was not all bureaucrat, he was part human being.


As far as I'm able to tell, our present warden, Warden Hood, is all bureaucrat. It's also possible that in regard to me Warden Hood may be more subject than Warden Pugh was to restraint by people above him in the B.O.P. (Bureau of Prisons) hierarchy. I'll explain about that below. For the moment let me just say that of the three interviews mentioned above, I don't thinkl I would have been allowed to do the first two under present circumstances. The third would be questionable. Prisoners have a constitutional right to communicate, and that includes communication with the news media. Federal courts have held, however, that that right does not go beyond communication by letter. There is no constitutional right to give in - person interviews.

According to B.O.P. policy, federal inmates can give interviews to representatives of the news media if the warden gives his approval. Wardens are probably given guidelines to follow in deciding whether to allow interviews, but I doubt that such guidelines are accessible to the public. Moreover, wardens may be subject to pressure or control from above, regardless of any guidelines.

It's my impression that during the last few years the B.O.P. has been growing more restrictive in its treatment of inmates, I know a prisoner here - - I would'nt be allowed to mention his name, but his case was a very high - profile one - - who had an offer of an interview from an foreign TV station, and to judge from what he told me it seemed that there were good reasons for allowing the interview and no legitimate reason for refusing to allow it. Yet he was not permitted to have the interview.^ Like all bureaucracies, the B.O.P. has only one objective, namely, its own survival and well - being. It is interested in fulfilling its ostensible public functions only to the extent that it is to the B.O.P.'s advantage to fulfill them. Since the well-being of the B.O.P. and its officials depends to a great extent on the public's perception of the way the B.O.P. fulfills its functions, the B.O.P. is very concerned with its public image, and is very sensitive to any negative publicity. Especially in the current political atmosphere, you can see why the B.O.P. would be leery of allowing controversial inmates to give interviews in which they might say something that would people get upset.

Until two or three years ago I was allowed to publish articles under my own name in small radical periodicals, and I did in fact publish four articles that way. Nobody in the B.O.P. cared. Then the Washington Post found out about one of my articles, called the prison about it, and printed an article of their own on that subject. Of course, you know how some people react to that sort thing: „You mean the B.O.P. actually lets this horrible person publish articles!?“ So the prison authorities go upset over the risk of negative publicity and dug up an obscure rule - - one that obviously is not consistently enforced - - according to which federal prisoners are not allowed to „publish under a byline“.

Some staff members here are more communicative than others, and one of these relatively communicative staff members has told me that the B.O.P. intentionally makes many of its regulations vague so that B.O.P. officials can do more or less what they want and still claim that they are operating within the rules. Anyway, I requested clarification of the rule prohibiting inmates from publishing under a byline, and here's what I got: A federal inmate can't publish an article with his name attached in a periodical. (such as a newspaper or magazine). But he is free to write a letter - to - the - editor with his own name, and he is free to publish under his own name in a non - periodical, such as a book or pamphlet. I was given this interpretation of the rule orally; the staff declined to put it in writing for me. (Another relatively communicative staff member has told me that, apart from routine matters, a B.O.P. staff member never wants to put anything in writing if he can avoid it, because he can be held responsible for what he puts in writing.) I subsequently was allowed to publish an article in a radical journal that arguably might be called a periodical, using not my own name but the psyeudonym „Nikto“, which is Russian for „nobody“. Later however a Fellow offered to put things on the Internet for me, and I tried to send him an article that he was to put on the Internet under the name „Nikto“. The prison authorities refused to let the article go out, which meant that they were now stretching the meaning of the word „byline“ to include a pseudonym like „Nikto“, and were stretching the meaning of „periodical“ to include the Internet.

Normally when something that a prisoner tries to mail but is returned to him, he is given a written notice stating the reasons for its return. But in this case the article was returned to me informally, without the usual written notice. This suggests that the prison authorities felt unsure of their justification in turning back the article and therefore preferred not to put their reasons in writing.

The rationale the the B.O.P. has used in federal court to justify the nop - byline rule is that an inmate who publishes a series of articles in his own name may thereby acquire notoriety among other inmates; he may-become a „big wheel“ in the prison and have a dangerous degree of influence over the other inmates. This rationale has no application in my case because: (i) Any notoriety I might acquire by publishing articles would be insignificant in comparison with the notoriety that I already have as a result of publicity over the Unabom case. (i) I am kept isolated on „celebrity row“, a range of eight cells accupied by high - profile inmates. I am never allowed contact with any inmates other than those on „celebrity row“, and the guys here are all „big wheels“ themselves and wouldn't be impressed by the fact that I had published some articles. (III) Even in the highly unlikely wevent that I acquired influence over the other seven inmates on this range there would be no security risk, because we would be unable to do anything dangerous given the extremely rigorous conditions under which we are confined.

That the B.O.P. itself is not worried about this type of security risk in my case is shown by the fact that I was allowed to publish under a byline until the B.O.P. got some negative attention from the Washington Post for letting me do so. It's pretty clear that what the B.O.P. is worried about is not prison security, but the risk of negative publicity. This by the way is the opinion also of one of those relatively cummunicative staff members whom I mentioned. Anyway, since the flap with the Washington Post, I think it's possible that decisions concerning my communications with the media may not be left to the warden alone, but may be subject to oversight from above.

I've gone through all this just to show you why I'm not optimistic about getting permission to do an interview, wether with you or with Herr Dammbeck.

The way I figure it, the B.O.P. is likely to think that it has nothing to lose by refusing to allow the interview, whereas if it does let me do an interview there's always some risk of negative publicity. The one thing we may have going for us is this: If the B.O.P. refuses to allow you to interview me, you presumably will state the fact at the appropriate point in your film, and that in itself will make the B.O.P. look bad In that respect you may have an advantage over Herr Dammbeck: The fact that a European filmmaker was refused permission to interview me is unlikely to mentioned publicly in the United States. On the other hand, Herr Dammbeck has the advantage that he apparently has all the right connections and will have no difficulty in getting a contract with a European TV station according to which the TV station will not receive his raw footage, but only the right to show his finished film. By the way, if you do get a chance to see Herr Dammbeck's film, „Das Netz“, I would be interested in anything you might be able to tell me about it. Do you know enough German to be able to understand the film it it's not available with English subtitels? I wouldn't be able to understand it myself. I can read and write German - - at a snails pace and with the help of a dictionary - - but I can't understand the spoken language unless it's spoken very slowly.

I'd like to comment on a couple of other points in your letter. Professor Lessig's claim that copyright law will prevent the development of intelligent machines is absurd. No law is ever going to stop technological progress, except perhaps locally and for a relatively short time. In the first place, if someone feeds a lot of copyrighted material into a machine on order to develop artificial intelligence, who is ever going to be able to prove it? People may know that the machine has superhuman intelligence, and they may infeer that the machine's owners must have fed the machine copyrighted material, but the owners can't be sued for copyright infringement unless the copyright holder of a specific piece of copyrighted text can prove that that specific text was fed to the machine.

In the second place, in view of the fantastic powers that superhuman intelligence will put in the hands of its possessors, there are plenty of people and plenty of organizations that will simply ignore copyright law in order to develop such intelligence. If they owe a hundred million dollars in damages for copyright infringement, so what?

A superintelligent machine will make billions for them. Certain government agencies such as the CIA are well known to operate outside the law at times. Does Professor Lessig seriously believe that the CIA or other government intelligence agencies will allow copyright laws to prevent them from developing superintelligent computers? Also --and this is something about which you might ask Profesor Lessig - - it may be that the U.S. government is immune to lawsuits for copyright infringement.

In the third place, even if we make the wildly improbable assumption that copyright laws could prevent the development of superhuman intelligence in the U.S., that certainly will not be the case throughout the world copyright laws will not deter the Russians, the Chinese, the North Koreans or the Iranians from developing artificial intelligence. These other countries would then simply be so much smarter than the U.S. that the U.S. would rapidly fall behind.

Of course, what will happen in practice will be that as soon as the U.S. realizes that its copyright laws are causing it to the fall behind, Congress will change those laws so as to permit the development of artificial intelligence in this country.

You end your letter with the question, „what...are the costs of trying to make a machine that would pass the Turing test?“ I'm much more worried about the costs of having a machine that would pass the Turing test. The costs of having superintelligent machines will be, quite simply, the end of the human race. It's the iron law of natural selection: Once machines surpass humans in intelligence, people will be only useless baggage and a heavy burden on the system. Nations or other organizations that allow themselves to be weighed down by this useless baggage will be at a serious competitive disadvantage vis-a-vis nations or organizations that get rid of their useless baggage as soon as possible. Consequently, those nations or organizations that dispense with people will destroy or absorb those that try to retain (vetain) people. See The New Encyclopaedia Britannica, 15th edition, 2003, Vo. 27, article „Social Structure and Change“, page 369:„These processes were not inevitable in the sense they corresponded to any „law“ of social change. They had the tendency, hoever, to spread whenever they occured. For example, once the set of transformations known as the agrarien revolution had taken place anywhere in the world, their extension over the rest of the world was predictable. Societies that adopted these innovations grew in size and became powerful. As a consequence, other societies had only three options: to be conquered and incorporated by a more powerful agrarian society; to adopt the innovations; or to be driven away to marginal places of the

TJK to AVI WEIDER 3/1/05 5.

globe. Something similar might be said of the Industrial Revolution and other power-enhancing innovations, such as bureaucratization and the introduction of more destructive weapons.“

The same obviously will apply to the replacement of humans by superintelligent computers, if and when such machines are developed.

Sincerely yours,

Ted Kaczynski

P.S. Since you addressed me a „Ted“ in your letter of February 4, I felt obliged to address you as „Avi“ at the head of this letter so as not to seem cold. But then I thought, why should I conform to the modern American custom, which I find irritating, of using First names with people whom one hardly knows? I'm old-Fashioned enough to feel that the use of first names should be a sign of real familiarity. Si I changed the „Avi“ at the head of this letter to „Mr.Weider“. No coldness is implied. - TJK

28) 03. März 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

als Nachtrag zu meinem Brief vom 27.02.05 mit dem Ergebnis der Recherche zum „Baumklippschliefer“ möchte ich Ihnen noch diese Ausdrucke mit einigen Fotos des Tieres schicken.

Mit den besten Gruessen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 3.März 2005

29) 24. März 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg
THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 1.März mit der Kopie Ihres Briefes an Avi Weider.

Deute ich Ihren Brief an den Herrn Weider richtig, dass Sie persönlich bereit sind zu einem Interview, und es geht hauptsächlich um die Einwilligung des Warden Mr.Hood?

Haben Sie meine mit 25.02.2005 und 3.03.2005 datierten Briefe bekommen?

„Das Netz“ läuft weiter sehr erfolgreich, und hat den Preis eines europäischen internationalen Festivals bekommen. Mittlerweile lief der Film auch in Asien und Südamerika und demnächst (April) in Paris und San Francisco. Es zeigen nun auch amerikanische Veranstalter und Verleiher verstärkt Interesse, und ich werde das durch meine Partner in den USA prüfen zu lassen.

Wie Ihnen schon schrieb, hat die bisherige große Aufmerksamkeit für „Das Netz“ das Interesse an einem Film über Sie, bei dem Sie und Ihre Person im Mittelpunkt stehen, geweckt. Es gibt ja schon einige US-amerikanische TV-documentaries (die ich z.Teil gesehen habe), aber ich werde immer wieder gefragt, warum ich nicht einen neuen Film mache, und Sie dafür interviewe.

Es sollte ein deutsch-europäisch produzierter Film sein, der aber international zur Vorführung kommt, natürlich auch in den USA. Ich würde also gern bald den Warden um eine Gehmigung zu bitten, Sie für einen Film interviewen zu dürfen.

Ich erstmal optimistisch, dass das genehmigt wird, weil der geplante Film einen kulturellen und philosophischen Hintergrund hat, und ich daher keine Anlass für die ev. Sorgen der B.O.P. sehe.

Ich lege zu Ihrer Information zwei der vielen erschienen Kritiken zum Film „Das Netz“ bei, und werde auch den Verlag bitten, Ihnen ein Exemplar des Buchs zu schicken, das die deutsche Übersetzung des Manifest enthält. Ich hoffe, es gefällt Ihnen und würde mich freuen, wenn wir bald das Interview machen können, und dass sie mir die erste/exclusive Gelegenheit dafür geben (wie Sie mir letztens schrieben). Daran hat der das Projekt unterstützende TV-Sender grosses Interesse. Ich hoffe Ihnen und Ihrer Freundin geht es gut

Mit den besten Gruessen

Ihr

Lutz Dammbeck

P.S.: Ich lege auch den Entwurf einer englischen Fassung des Briefs bei, die ich als einen ersten Schritt zur Anfrage beim Warden ansehe.

30) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

25.März 2005

Lieber Herr Dammbeck,

Ich habe Ihren Brief vom 23.2.05 vor einer Woche erhalten; den vom 3.3.05 habe ich heute erhalten. Vielen Dank für die sehr interessanten Auskünfte über den Klippschliefer. Dort, wo ich in Montana wohnte, kamen keine ähnlichen Tiere vor.

Vielen Dank auch für die Auskünfte über Avi Weider. Ich hoffe, dass Sie meinen Brief vom 2.3.05 erhalten haben, dem ich eine Kopie meines Briefes vom 1.3.05 an Herrn Weider beigelegt habe.

Der Erfolg Ihres Filmes, „Das Netz“ , ist ein Beweis für Ihre große künstlerische Fähigkeit. Aber ich mache mir Sorgen um diesen Film. Er ist aus zwei Gründen vielleicht schädlich.

Erstens, Sie schreiben auf Seite 4 Ihres Briefes: „Der Hauptvorwurf dabei ist, dass ich Ihrer Position und Ihren Ansichten zuviel Raum gebe...“. Wenn jemand das sagt, hat er wahrscheinlich Recht. Wenn man ernsten und intelligenten Widerstand gegen den technologischen Götzen (Fernlastwagen) erregen will, muss man jede Tendenz ablehnen, zuviel Aufmerksamkeit auf eine einzige Persönlichkeit zu richten*.

* Weil ich nicht verstehe, diesen Gedanken gut auf Deutsch auszudrücken, wiederhole ich diesen Satz auf Englisch, damit es kein Mißverständnis gebe: If one wants to arouse serious and intelligent opposition to the technological juggernaut, one must avoid any tendency to focus too much attention on any one personality.

Ihr Film hätte keinen Star haben sollen.

Zweitens, die Gefängnisbehörden haben gar nicht gern die Publicity. Wenn Sie mir zuviel Raum in Ihrem Film gegeben haben, und der Film in den Vereinigten Staaten vorgeführt wird und etwas Publicity bekommt, dann werden die Gefängnisbehörden vielleicht verstimmt werden. Vielleicht werden Sie einen Vorwand suchen, meine Kommunikation mit der Außenwelt weiter einzuschränken.

Wegen des Vorhergehenden, werde ich mit Ihnen kein Interview führen, wenn Sie mir keine Niederschrift der Worte Ihres Films schicken. Ohne solche Niederschrift werde ich nicht wissen können, ob Sie mir übermäßigen Raum in dem Film gegeben hätten.

Wenn Sie das getan hätten, und ich Ihnen ein Interview gäbe, könnte das die Lage nur verschlechtern, weil es scheinen würde, dass man einen Persönlichkeitskult (cult of personality) herzustellen versuchte. Also ist die Niederschrift eine unentbehrliche Vorbedingung, ohne die wir kein Interview führen werden.

Auf Seite 5 Ihres Briefes schreiben Sie: „Wundern Sieh s Sie sich bitte also nicht, wenn Ihnen Sabine ab und an kleinere Geldbeträge zuschickt.“

Aber Sie und Sabine müssen mir kein Geld schicken. Es gibt eine Verrückte, die mir schon zuviel Geld schickt. Es wäre besser, dass Sie das erwähnte Geld sparten und bei einer Bank guthätten, damit Sich Sie mich mit einem Anwalt versorgen könnten, wenn die Behörden meine Kommunikation mit der Außenwelt wegen Ihres Filmes sperrten.

Sie schreiben auch auf Seite 5, dass Marco Camenisch mich „sehr verehrt und schätzt“, und Sie fragen mich:“ Sagt Ihnen der Name etwas?“

Der Name sagt mir nichts. Leider aber sind die meisten mich verehrenden und schätzenden Leute Linke, die die das nicht verstehen, was ich eigentlich gesagt habe.

Sie sprechen über die Wichtigkeit einer deutschen Übersetzung des Manifestes. Ja, eine deutsche Übersetzung wäre wünschenswert. Vor einigen Jahren hat mir ein Schweitzer eine deutsche Übersetzung des Manifest gesand.

Wahrscheinlich habe ich diesselbe an Julie Herrada geschickt. Ich habe diese Übersetzung nicht gelesen und weiß nicht, ob sie eine gute oder schlechte sei.

Jedenfalls kann ich Ihnen bei der Übersetzung nur wenig helfen, weil ich Deutsch nicht gut kann. Zum Beispiel, haben Sie mich einst gefragt, wie man das Wort „leftist“ übersetzen solle. Aber das Manifest erklärt ausführlich, was ein „leftist“ ist. Wenn Sie kein deutsches Wort finden können, das diese Idee gut ausdrückt, sicher kann ich kein solches Wort finden.

Auf Seite 7 Ihres Briefes fragen Sie mich, ob ich nach draußen telefonieren kann.

Ja, dreimal pro Monat kann ich nach draußen telefonieren, aber all meine Anrufe sind meiner Freundin vorbehalten.

Niemand außer Anwälten kann mich von außerhalb des Gefängnisses auf anrufen.

Auf Seite 4 Ihrer Auskünfte über den Schliefer fragen Sie mich, ob meine Aufzeichnungen im Archiv an der Universität Michigan seien. Ja, es sind dort Fotokopien der meisten von den Aufzeichnungen (welche Fotokopien vielleicht zum Teil unleserlich sind), aber sie sind geschlossen, und niemand kann diese Aufzeichnungen vor dem Jahre 2050 sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ted Kaczynski


Von: RSchenk@aol.com

Datum: 3. April 2005 02:25:12 MESZ

An: lutz.dammbeck@hamburg.de

Betreff: Re: The Net

Lieber Lutz, habe gerade einige Resumes von Leuten uebersetzen muessen, fuer die wir (fuer die Prod., die ich in Florida betreue) Visa beantragen - da habe ich auch Deinen Namen oefters gelesen - und zwar beim Kameramann Eberhard Geick kleine Welt ueberall und immer.

Also, hier noch die Korrekturen, für den warden würde ich die Redakteurin um folgendes Schreiben bitten:

RE: documentary „nature and technology“ (working title)

Dear Mr. Hood:

Süwestrundfunk ARD/Arte France is planning a documentary which will

be a feature lenght, to be broadcast on German public televission and and on the tvchannel Arte, which is a public cultural channel airing in Germany and France.

For this documentary we would like to ask you if it is possible to interview Mr. Theodore J. Kaczynski. We'd like to record the interview with him on a video camera and use the footage in the documentary. This interview would be an important part of the film. The topic of the documentary is science and technology and the film will have a general scientific and artistic tone.

The filmmaker for our documentary is Prof. Lutz Dammbeck, one of our most highly acclaimed directors for documentary films. Mr. Dammbeck is known for his serious and sensitive work and has won many awards for previous programs. He is also a teaching professor at one of Germany's best universities.

We'd highly appreciate if you could let us know soon if our interview request can be granted.

You can contact us.....

I'm looking forward to hearing from you.

Thanks for your cooperation.

Sincerely

Meinst Du das reicht? Sollte nicht noch mehr ueber den Film erklaert werden??? Weiss auch nicht.

Jetzt ist es spaet und ich bin super hungrig.

Also, bis spaeter, Sabine

30) 08. April 2005

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500 U S A

Lieber Herr Kaczynski,

ich möchte Sie über einige Neuigkeiten informieren. Kürzlich hat mich Herr Avi Weider per e-mail kontaktiert. Ich habe Ihm geantwortet und auch gefragt, was er für einen Film plant und offen über mein eigenes Projekt gesprochen, und dass ich mit ihnen schon längere Zeit in Kontakt bin. Herr Weider hat mir daraufhin einiges über sein Filmprojekt mitgeteilt, was Sie aber sicher von ihm selbst schon wissen: The genesis of the project is a bet made between two technologists, Ray Kurzweil and Mitch Kapor as to whether a machine or computer will pass the Turing Test by the year 20290. The film is exploring the facets of rapidly accelrating technology and its effects on society as we approach the year 2029. I'm interviewing many scientists, futurists, computers and everyday people to get reaction on the topic - and (if possible) also you.

Diese Reaktion und die Art wie Herr Weider geantwortet hat, klingt nicht unsympatisch. Was er vorhat scheint ähnlich zu sein wie das, was ich in meinem Film "Das Netz" gemacht habe, mit dem Unterschied, daß der Aspekt der Technologiekritik, vertreten durch Sie, bei mir anscheinend einen umfangreicheren Platz einnimmt.

Nun möchte ich in dem neuen Film einen Schritt weiter gehen, und es hier noch einmal versuchen zu beschreiben. Es soll ein Film werden, wo Sie, Ihre Philosophie und auch die Zeitabschnitte Ihres Lebens, wo Sie versucht haben, nach diesen Ideen zu leben - in Montana, im Mittelpunkt stehen - sehr konzentriert, reduziert und auf das Wesentliche beschränkt.

Ihre Ansichten und die Philosophie, die Sie in den Briefen an mich und Ihren Texten so klar und pointiert auf den Punkt gebracht haben, sollen zu Wort kommen.

Ich möchte ich Ihnen zuhören, was Sie jetzt, nach all Ihren Erfahrungen im Rückblick zu sagen haben und auch einige Fragen zu Ihren Texten und Ihrer Philosophie stellen, die Sie zu einem entschiedenen Kritiker von Technologie und einer technologischen Gesellschaft werden ließen und über Ihre Vorstellungen, wohin diese Entwicklung führen wird.

Einigen Bemerkungen in Ihrem Brief an Herrn Weider (den Sie mir als Kopie schickten) entnehme ich, dass es Ihnen lieber ist bzw. Sie sich sicherer fühlen, wenn wir in Englisch kommunizieren. Deshalb werde ich Ihnen fortan sowohl eine deutsche wie eine englische Fassung des jeweiligen Briefes schicken.

Ihren letzen Briefen an mich wie auch Ihrem Brief an Herrn Weider sowie Herrn Weiders E-mails an mich entnehme ich, dass Sie mit einem Interview nun prinzipiell einverstanden sind. Deute ich das richtig?

Dann würde ich zusammen mit meinen Partnern in den USA (Sabine Schenk, Schenk Productions, Inc. in NY) gern den Warden kontaktieren. Bleibt es bei Ihrem Versprechen im Brief vom 8.Februar 2005, dass Sie mir dabei den Vorrang bzw. die erste Gelegenheit vor anderen eventuellen Interessenten geben werden? Das Projekt ist finanziert, und hat auch ein großes Potential, um nicht nur in Europa, sondern auch in den USA gezeigt zu werden, was mein Interesse ist.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut, bitte gruessen Sie auch Ihre Freundin, viele Gruesse auch von meiner Frau und Sabine Schenk wünscht Ihnen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg, 8.April 2005

P.S.: Haben Sie meine Briefe vom 25.Februar, 3.März und 24.März 2005 erhalten?


E-Version:

Dear Mr. Kaczynski,

I would like to pass on some recent news. A short time ago, Mr. Avi Weider contacted me via email. I replied and asked him what kind of film he is planning, and spoke openly about my own project. I mentioned that I have been in contact with you for some time now. Following this, Mr. Weider told me something of his own film project, but I am sure you already know much about it from him. The genesis of the project is a bet made between two technologists, Ray Kurzweil and Mitch Kapor, as to whether a machine or a computer will pass the Turing Test by the year 2029. The film explores the facets of rapidly accelerating technology and its effects on society as we approach the year 2029. He is interviewing many scientists, futurists, computer experts and everyday people to get their reactions to the topic - and (if possible) he would also like to talk to you. The reaction and the way that Mr. Weider responded sounded quite sympathetic. What he is planning appears to be similar to what I did in my film “The Net”.

Now, in my new film I would like to go a step further, and I shall try to describe it again here. It is to be a film focusing more on you and your philosophy. I want it to be very dense, reduced and restricted to the essentials. The idea is to express your views and the philosophy that you sum up so clearly and pointedly in your letters to me and your texts.

I would like to listen to you and to know what you have to say now - in retrospect, after all your experiences - and also to pose some questions about your texts and your philosophy, about what made you into such a decisive critic of technology and the technological society, and your ideas as to where the present developments will lead and which meaning this will be have for society, nature and all human beings.

I assume from some of your remarks in your letter to Mr. Weider (of which you sent me a copy) that you would prefer it if we communicated in English - that it would make you feel more secure.

From now on, therefore, I will send both German and English versions of each letter.

I gather from you recent letters to me, your letter to Mr. Weider, and from Mr. Weider’s emails that you are now prepared to give an interview, in principle. Do I interpret that correctly? If this is so, I would like to contact „“official“ the Warden, together with my partners in the USA (Sabine Schenk, Schenk Productions Inc., in New York). Does the promise given in your letter of 8th February 2005 still apply, when you said that you would give me precedence, or the first opportunity, before any others who might be interested? The project is already funded, and it has great potential to be shown not only in Europe, but also in the USA.

I hope that you are well.

Please give our regards to your partner, too, and greetings from my wife and Sabine Schenk

Sincerely yours

P.S.: Did you get my letters dated Feb 25th, March 3th and March 24th?


Von: Lutz Dammbeck <lutz.dammbeck@hamburg.de>

Datum: 19. April 2005 12:11:14 MESZ

Betreff: Re: The Net-Avi Weider

Hi Avi,

thanks very much for your message. Yes, the contact with Mr. Kaczynski

brings together very different people. For example, I came in contact with Italian anarchists and people who are living in illegally occupied houses in England.

Yes, we had and still have a lot of press and discussions with the audience after each screening.

My new project is a full lenght documentary in which Mr. Kaczynski, his philosophy and also his criticism of technology and science will be in the center; very pure and concentrated on him. I'm interested only in his life story in connection with his thoughts and I only want to focus on periods of his life that are important for his philosophy and writings. I'm not interested in a film about the story of his life as it's been done by various TV-feateures in the us (and i think he also isn's interessted in anything like it).

Unfortunately there is no NTSC tape with English subtitles of "The Net".

But if when the film is shown in New York (I hope that will happen) I will inform you immediately. Who is the professor you mentioned through whom you've got in contact with Mr. Kaczynski? All the best

Lutz Dammbeck

31) 26.April 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 25.März, der mich ein bischen verwundert hat.

In meinem Film „Das Netz“ wie in dem geplanten Interview mit Ihnen geht es nicht um Sie als „Star“ oder um einen Kult um Ihre Person (cult of personality), sondern um Ideen und persönliche Haltungen.

Sie schreiben:“Wenn man ernsten und intelligenten Widerstand gegen den technologischen Götzen erregen will, muss man jede Tendenz ablehnen, zuviel Aufmerksamkeit auf eine einzige Persönlichkeit zu richten.“ Das ist sicher richtig.

Andererseits ist es doch noch kein „Personenkult“ jemand zu interviewen, um aufzuzeichnen was er zu sagen hat und was er denkt?

Ich habe Ihrer Person und Ihren Ansichten in dem Film „The Net“ keinen „übermäßigen Raum“ eingeräumt, wie Sie zu befürchten scheinen, sondern den Raum, der nötig ist, um die von Ihnen vertretene Position dem Publikum ansatzweise verständlich und nachvollziehbar zu machen.

Das steht im Film in Relation und im Diskurs mit den Positionen anderer Personen, die z.B. diametral zu den Ihrigen sind. Jeder Zuschauer kann sich so sein eigenes Urteil bilden, und das fällt durchaus unterschiedlich aus.

Es wird nach den Vorführungen viel und kontrovers diskutiert. Das ist gut. Ich kann mir nicht vorstellen, in unserem Briefwechsel seit Anfang 2001 oder in dem Film irgendeinen

Anlaß gegeben zu haben, dass Sie, wie Sie andeuten und zu befürchten scheinen, Unannehmlichkeiten bekommen könnten.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut

Mit freundlichen Gruessen

Ihr

Lutz Dammbeck

E-Version:

Dear Mr. Kaczynski,

Thank you very much for your latter dated 25th March, which rather surprised me. In my film “The Net” and in the planned interview with you, it is not a matter of you as a “star” or of a cult of personality, but of ideas and personal attitudes. You wrote: “If one wants to arouse serious and intelligent opposition to the technological idols, one must reject any tendency to direct too much attention towards one individual personality.” ^ I am sure that is right. On the other hand, surely it is not yet a “cult of personality” to interview someone, to record what he has to say and what he thinks? I did not give "excessive space" to your person and your attitudes in the film "The Net", as you seem to fear - but the space that was necessary in order to at least begin to make the position you represent comprehensible and logical to the audience. In the film, this is quite balanced and set in a discourse that includes the standpoints of other people who, for example, represent diametrically opposite views. In this way, every viewer can form his own opinion, and those opinions certainly do differ. After the screenings, there are always hefty and controversial discussions, which is a good thing. I cannot imagine that in our exchange of letters since the beginning of 2001, or in the film The Net, I have given cause for you to experience any trouble, which you appear to suggest and to fear.

I hope you are well, Yours sincerely


Marco Camenisch-Centi

Postfach 3143

8105 Regensdorf SCHWEIZ

Lieber Marco Camenisch,

ich hätte mich gern schon eher wieder gemeldet, aber da der Film gut läuft und sich viele verschiedene Aufführungen, die mit Diskussionen verknüpft sind, ergeben haben, war ich einfach zu viel unterwegs. Deshalb bin ich auch noch nicht dazu gekommen, Ihnen eine Fassung Ihrer Übersetzungen von Johns Texten zurückzuschicken, wo ich kleinere Änderungsvorschläge vermerkt habe. John war ja zwischenzeitlich wieder in Europa, im ehemaligen Jugoslawien.

Ich lege den Katalog bei, der im Zusammenhang mit einer Ausstellung entstand und den Film, der hoffentlich bald auch in der Schweiz zu sehen sein wird, begleitet.

So verbleibe ich mit den besten Gruessen aus Hamburg

Ihr

Lutz Dammbeck

18.Juni 2005

32) 10. Juli 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500 U S A

Lieber Herr Kaczynski,

nach Ihrem Brief vom 25.März habe ich nichts mehr von Ihnen gehört.

Wie geht es Ihnen? Geht es Ihnen gut? Auch Ihrer Freundin?

Ich hab mir schon ein bischen Sorgen gemacht, auch weil ich in Ihrem letzten Brief so etwas wie Unbehagen und Sorge zu spüren meinte.

Der Film findet nach wie vor großes Interesse sowohl in Deutschland, wie auch international. Ich war zu Vorführungen und Diskussionen z.B. auch in Polen, in Krakau, Breslau und Warschau, und seit Juni wird der Film als DVD auch in einer Reihe von Veranstaltungen in der ökologisch- und green-orientierten Szene in England gezeigt, im August wahrscheinlich auf einem EarthFirst! gathering.

Haben Sie meine Briefe vom 24. und 26.April 2005 erhalten?

Gerade war in Berlin eine zweitägige Konferenz an der Universität, wo es zwei Programmpunkte gab: zum einen den Film „Das Netz“, und zum anderen das Buch eines Wissenschaftlers das die Geschichte der Macy-Konferenzen und neuen Technologien zwischen 1945 und 1980 zum Gegenstand hat. Der Titel der Konferenz war „Travestien der Kybernetik“, und es gab heftige inhaltliche Diskussionen über die Frage Pro- oder AntiTechnologie, und wie man künftig damit umgehen sollte. Die verschiedenen Positionen waren dabei heftig und heiss umstritten. Aber es war sehr interessant, und nachwirkend.

So wünsche ich Ihnen alles Gute und würde mich freuen, bald wieder von Ihnen zu hören.

Was wird aus dem Interview, über das wir schon öfter korrespondierten?

Es ist nicht so einfach, das Interesse für so wichtige Dinge wach zu halten, angesichts der Flut von aktuellen Ereignissen die täglich die Medien überfluten.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut, bitte gruessen Sie auch Ihre Freundin, viele Gruesse auch von meiner Frau und Sabine Schenk wünscht Ihnen

Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg 10. Juli 2005

33) 22. Juli 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Lieber Herr Kaczynski,

vielen Dank für Ihren Brief vom 21.Mai 2005, den ich am 13.Juli 2005 erhalten habe.

Mein letzter Brief an Sie war vom July 10th 2005.

Sie bitten mich in Ihrem Brief noch einmal um „die im Film gesprochenen Worte“, und ich erfülle diese Bitte gern. Allerdings bin ich gespannt (und auch dein bischen besorgt), ob Sie dadurch die richtige Vorstellung vom Film bekommen. Denn es ist für einen „Film-Laien“ (entschuldigen Sie bitte diese Bezeichnung) nicht so einfach sich nur auf der Grundlage des Textes - also ohne alle anderen wichtigen Elemente wie Bilder, Musik, Original-töne und Montage - die Gesamtwirkung vorzustellen.

Dass das erwähnte Buch bei Ihnen nicht eingetroffen ist, wundert mich.

Ich bin Ende August wieder in Hamburg zurück und werde dem nochmal nachgehen.

Von Avi Weider habe ich seit Mai nichts mehr gehört.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut. Was macht Ihre Arbeit für das Ordnen und Bearbeiten Ihres Archivmaterials?

So verbleibe ich mit den besten Wünschen und Gruessen, auch von meiner Frau und Sabine Schenk, Gruesse ebenso an Ihre Freundin

Ihr

Lutz Dammbeck


Originaltext Film „DAS NETZ“

PROLOG (schrifttitel auf szene)

1930 erschüttert der Wiener Mathematiker Kurt Gödel mit seinen Unvollständigkeitssätzen die Grundlagen der Mathematik.

Er weist nach, dass es in jedem formal-logischen System Probleme gibt, die nicht lösbar und entscheidbar sind.

Die Wahrheit ist der Beweisbarkeit überlegen.

(weisse Schrift auf schwarzem Untergrund)

1 DAS NETZ

2 EIN FILM VON LUTZ DAMMBECK

IM FLUGZEUG VON HAMBURG NACH NEW YORK

( Netzzeichnungen auf einem Schreibblock / Laptop / Off-Kommentar)

Mit diesen Film bin ich in eine seltsame Sache geraten...

einen der spektakulärsten Kriminalfälle der USA.

Angefangen hat es harmlos.

Mir war aufgefallen,

dass es im Umfeld meines neuen Computers von Begriffen wimmelte, die ich schon aus anderen Zusammenhängen kannte:

Multimedia, Virtualität,

Grenzüberschreitungen und Revolutionen aller Art:

das gehörte auch zum Programm einer in den 60er Jahren

revoltierenden Kunst-Avantgarde,

die alle Grenzen zwischen Kunst und Leben aufösen wollte: CHANGE NOW!

Also ein Cocktail aus Revolte, Rock und Pop... faszinierend.

Die Botschaft war:

alles ist möglich - Realität ist beliebig veränderbar -

du bist, was Du sein willst...

Merkwürdig, wie sich diese beiden Welten berührten:

Computer und Kunst.

Wieso verwendeten Künstler und Wissenschaftler beim Bau ihrer

Maschinen anscheinend ähnliche Muster und Begriffe?

Gab es ein geheimes Grundmuster und System?

Bei der Recherche stoße ich auf einen Verleger in New York...

John Brockman gehört in den 60er Jahren zur New Yorker Multimediaszene um John Cage, Jonas Mekas und Andy Warhol.

Reich und berühmt wird er in den 80er Jahren, als aus Multimediakunst und neuen Technologien ein Geschäftsfeld wird..

Brockman wird Agent für die Bücher

von Physikern, Genforschern und Computerwissenschaftlern, die er wie Popstars vermarktet.

Sein Verlag ist in den 90er Jahren Zentrum eines globalen Netzwerks

von Wissenschaftlern, Künstlern und Medienmanagern, die er DIGERATI nennt...

eine „Cyberelite“, die erfolgreich Multimedia, Computer und Geschäft miteinander verbindet.

1993 wird John Brockmans Netzwerk mit einem Bombenanschlag attackiert.

Das Opfer ist der Computerwissenschaftler David Gelernter...

als Täter verhaftet das FBI den ehemaligen Mathematikprofessor und Absolventen der Harvard Universität: Ted Kaczynski.

Warum wird ein Mathematiker anscheinend zum Terroristen?

John Brockman ist mein erster Gesprachspartner.

1963 kommt er nach New York und startet eine Karriere als Investment banker...

(INTERVIEW MIT JOHN BROCKMANN)

I was walking through Central Park one day, playing my banjo and along comes Jonas Mekas with his little 8 mm camera and he strarts filming me. And we started to talk, and within a day I was the new director of Filmmaker‘s Cinemathek. And I quit my job and he said he wanted to put together a festival based on cinema but incorporating other acts.

And,that was the mandat, he made some suggestions, we thought about it, talked about it, and It was up to me to put it together, so I called it the Expanded Cinema Festival. And, I went to Rauschenberg, Oldenburg, Nam June Paik, the Usco-Group, Carolee Schneemann, dancers, artists, poets, audio-visual people. And the only requirement was cinema somehow was incorporated into the piece...just a totally re-aranging the senses, you didn‘t know just what you were looking at.

And all these people were experimenting with media, they were dealing with technological stuff, you know, ah, nobody was talking about cybernetics at the time, but they were all reading McLuhan...Rauschenberg told me about McLuhan...then Cage handed me a copy of Cybernetics by Norbert Wiener and said: This is something for you...because I was extremely interested in notions of feed-back and non-liniarity...

I got a call from A.K. Salomon, who was head of biophysics at Harvard and he had read

about the Expanded Cinema festival, he said: You know, well we have all these

scientists up here at Harvard and MIT and a group of us would like to invite a group of

artistists to spend a couple of days in a seminar, you know, and talk about mutual

interests. So, I was invited to put this together, which I did...and then they took us to see THE computer!

There was a room, and everybody there was wearing white coats, and they were cold, and we were cold, watching the computer... with all these cards, and,

you know, file cards...and I just stood there like a kid with my nose against the window, and it was so exciting, and I have no idea why.

J.Z.Young, an Oxford biologist, in his book „Doubt, Incertainty and Science„

said „We create tools and then we mold ourselves to are use of them„, and I read that in 1964 and something went off and I suddenly realized that reality isn‘t this thing in front of us at the persidium stage stage, it is a movable feast. We are creating technologies, then we are the technologies, it‘s not your heart is like a pump, your heart is a pump, it‘s not, your brain is like a computer, your brain is a computer until the next thing comes along. Now you‘re a neural net or now you are an information system...

...and the circles widened...

...so, there was Heinz von Foerster, who was the dean of the World Cyberneticists, there was Gregory Batson, Stuart Brand...almost all these people were authors, as I was, I read all their books, and ah, no one in New York had a clue that there was something happening, that there was a conciousnes or mind set that evolved and you could connect all these people...like you can connect this and this, you know, there are ways to put it together...and to (seek?) of keys of (as a) whole (?), and they were bestselling authors, and they were getting screwed by the publishing industry, so I was dragooned into becoming an agent, because I had business background and they said: Well why don‘t you just go back and look after our interest, you know, it‘ll take you an hour a day. And I thought it would be a nice way to pick up some money while I wrote books, and I found out very quickly that I was sitting on an oil well and, I couldn‘t control, and that was 30 years ago.

Question: In 1993 someone attacked your network, we talked about your network, and David Gelernter, one of your fabolous writers, received a letterbomb from the Unabomber.

Right.

Question: Why, do you think, he was a target?

Well, I know he was a target...this mad man, criminal mad man would read the New York Times, and a lot of the people he picke...these targets were people that John Markoff had profiled. So, Gelernter was the subject of one of the biggest profiles ever in the Times in 1991, and I‘m sure that had something to do with it.

Question: But the Unabomber, he studied in Harvard, and he was a Mathematician...

Yeah, and he‘s a sick criminal...I wouldn‘t have a serious discussion about this guy you know, he doesn‘t rise to the level. I think he‘s a guy that wrote his manifesto

which he couldn‘t possibly get published because it‘s written so badly and is so flawed, and so, in order to get published he killed people. End of the story. People can have arguments about environment and science, and, but you don‘t need to kill people to make a point, and I wouldn‘t dignify him by discussing him any further. Let‘s change the subject.

So, call a car!

EASY-INTERNET CAFÉ NEW YORK

(Computerscreen im Internetcafe - Archivmaterial / Netzzeichnung / Off-Kommentar)

John Brockmans Reaktion auf meine Frage nach Ted Kaczynski überrascht mich. Was ist das für ein „Manifesto“, das er erwähnt?

Zwischen 1978 und 1995 erschüttert eine Serie von Bombenanschlägen die USA, drei Menschen sterben und 23 werden zum Teil schwer verletzt. Ziel der Bomben sind Manager großer Fluggesellschaften und Wissenschaftler verschiedener Eliteuniversitäten...

Die Fahnder des FBI gehen von einem intelligenten Einzeltäter aus, dem sie den Codenamen „Unabomber“ geben, das Computerkürzel aus „Universities“ und „Airlines“...

1995 erhalten die New York Times und die Washigton Post Briefe, in denen eine bisher unbekannte Terrorgruppe „FC“, die Abkürzung von „Freedom Club“,'

die Veröffentlichung eines MANIFESTO fordert, und dafür die Einstellung der Anschläge anbietet.

Mit Genehmigung des FBI erscheint am 2. August 1995

der Vorabdruck des 56-seitigen Manifesto, und führt zur Verhaftung des Mathematikers Ted Kaczynski.

Dessen Bruder David glaubt nach der Lektüre Zitate seines Bruders Ted zu erkennen, und verständigt auf Drängen seiner Frau das FBI.

1996 verhaftet das FBI Ted Kaczynski in der Wildnis Montanas, wo er 25 Jahre in einer selbstgebauter Hütte lebte.

SAUSALITOD CA (Archivmaterial Film (Kesey) / Off-Kommentar) Mein nächster Gesprächspartner ist John Brockmans Freund und Klient Stewart Brand. Wir treffen uns in Sausalito, einem ehemaligen Fischerdorf in der Nähe San Franciscos.

Stewart Brand gehört in den 60er Jahren zu einer Szene von Hippies und Künstlern, die auf einer Hausbootsiedlung am Rande Sausalitos lebt.

Eine zentrale Figur dieser Szene ist der Schriftsteller Ken Kesey. 1960 ist er eines der studentischen Versuchskaninchen, an denen im Auftrag der amerikanischen Regierung LSD getestet wird. Später ist er mit Musikern und der Theatergruppe Merry Prankster "on the road", um bei sogenannten "Acid Tests" für LSD und andere Drogen zu werben, die das Bewußtsein in ein „offenes System“ verwandeln...eine alternative Form von Kybernetik.

Stewart Brand war einer dieser „alternativen Kybernetiker“ und hat noch heute in Sauselito ein kleines Büro und Atelier...

------------------------------------------------------------------------- Ende Rolle 1

Brand ist der Erfnder des Begriffs "Personal Computer", und in den 60er Jahren Herausgeber des WHOLE EARTH CATALOG, einem Versandkatalog für alternative Lebensweise.

In den 80er Jahren installiert er auf einem Hausboot in Sausalito das erste alternative Computernetzwerk der Welt: THE WELL... in den 90er Jahren ist er Berater für die californische Computerindustrie.

Wie kommen Computer, LSD und Hippies zueinander?

(INTERVIEW MIT STEWART BRAND)

In 1960 and 61 I was a lieutenant in the US army, based in Fort Dixon in New Jersey... and on week ends, when I could get away, I went to the Lower East Side of New York and hang out with artists, because by then I‘d been hanging out with artists in San Francisco in 1959 and 60. John Brockman was part of that, a fellow named Steve Durkey, a poet named Gerd Stern and a group of artists and engineers called Usco, was taking shape about then, standing for „us company“...

The mechanism of meeting Ken Kesey was very straight forward. It was through indians. By chance I was a photo journalist then and I got a job through a friend photographing indians in Oregon at the Warm Springs Indian Reservation...So I photographed these guys , I thought this was a real interesting different America that I didn‘t know about, that is fundamental and profound, and then Kesey‘s book came out „One flew over a Cuckoos Nest“ which had a character in it named Chief Broom, and Chief Broom was portrayed as an Indian from the reservation from where I had been working. So, I was moved by that, and it sort of gave me the rest of the permission to think what I was thinking that Indians were important. And so I sent Kesey photographs, through a mutual friend I knew his address, that I‘d taken, and he basically sent back a note: come on down...and I just was welcomed right in and blended in and became part of it...

...Being on the bus, going from acid test to acid test basically, which was Kesey‘s form of performance art using...a band was a group called „The Warlocks“ whichlater became the „Grateful Dead“, a number of people around the group were ex-army like I was, a number of them were artists, and it was an intensely improvisational...

Was it a moving laboratory? Yes. In Kesey‘s mind it was a moving laboratory, he said the scientists talk about doing research, that‘s really all they‘re doing, it‘s „research“. We‘re doing „search“. And if we don‘t „boil rocks“ and drink the water, how do we know that it (what?) won‘t make strong drunk? And what we do is „boil rocks“, that was try any damn thing. And some of them were pretty interesting experiments, one for example would be take a whole bunch of garden hose, people were sitting around basically stoned, 15 people, take a bunch of garden hose, cut it up into 8 or 10 foot lengths, tie it all together in a knot, grab 2 pieces, talk into one and listen to another, and everybody was doing this, and so you know who you‘re hearing, but you don‘t know who you‘re talking to, and this is happening at a group of 15 people, just to see what happens. That was search.

The Whole Earth Catalogue project certainly had all that frame of reference but it specificly came out of an LSD afternoon where I was on a roof top with about 200 micrograms of LSD in me, hadn‘t better to do, and thinking about in context of lectures I recently I had heard by Buckminster Fuller... and Fuller like McLuhan was one of the people we were paying attention to then...and...

...Wiener was in there, Cage was a little bit in there...

...the initial audience in my mind was communes, was people trying to re-invent civilization and I was trying to provide the tools for this to re-invent civilization, and it turned out, a lot of people were interested in that...

The communes that tried to go back to basics, you know, just farm... made a really good try doing that, some of them learned a fair amount of serious farming, a book that we purveyed in the Whole Earth Catalog called Goat Husbandery was a very popular book, it‘s a good book, you know, get the book, get a goat,and you can do it, milk and everything.

But it didn‘t play out very far, it was basically a different kind of dead end from what drugs were. Whereas some of the technology, some of the alternative energy technology showed real promise, solar energy basically took off gradually and it takes off to this day, computer technology obviously and... because the counter culture hippie frame of reference was there for outlaws of all kinds, that basically swept right through the outlaw computer people, hackers, and became their frame of reference, then in a kind of gifty, ecommie, optimistic approach became then the basis for personal computers, personal computer software, then the internet and the web and on and on. And that‘s the main legacy from the 60s, as far as lam concerned: is the open system approach to everything having to do with computers.

Question: Stewart...you offered two lines in the catalog: how to use a computer and how to built a cabin in the woods like Thoreau, one of the American icons...one one side you offered technology, and on the other side anti-technology, in one book..

Hmm, I'm agree...

Question: Was there a discussion about that among the users of the cataloge... or, was it a conflict? What was your position in this time?

We came down on one side of the conflict between technology and anti-technology, we came down on the side of technology, basically on the theory that the way to make technology work for you is: just grab it and run with it and do whatever you want with that technology. And if that happens, and everybody does that and these technology is basically get democratized, then they will work out OK. If you fail to do that and just say they are very, very evil and I will not touch them, then they have complete freedom to be as evil as they want.

Well, you know the one who built Thoreaus cabin was the Unabomber, Ted Kaczynski, he was saying this is evil, evil, evil, evil, and I‘ll prove it by killing some of the people who do it. And then that line leads to Bill Joy, saying Ted Kaczinsky is right about a few things, you read his stuff and there‘s some sensible

crtitique in there, that we need to take seriously, because what if we democratize weapons of mass destruction, is that a good thing? It is OK to democratize personal computers and the internet, but what about weapons of mass destruction, it‘s a fair question and thats one that we‘re now dealing with in the early 21st century. I think it will eventually sort out, but it‘s a real question.

Oh well, he was saying the culture is going a whole direction here, and I think it‘s a dangerous direction I will personally prevent it from going there. And he got heard, by vile means, but he got heard.

BUCHLADEN „BOUNDD TOGETHER“ SAND FRANCISCO

(Kauf eines „Manifesto“) Dann:

(Autofahrt über die Golden Gate Brigde , auf dem Screen des Laptops während der Autofahrt Archivbilder der „Battle of Seattle“, dazu im Off-Kommentar Auszüge aus dem Manifesto)

„Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft...von „FC“...

Die Folgen der Industriellen Revolution sind eine Katastrophe für die Menschheit. Deshalb treten wir für eine Revolution gegen das technologische System ein.

Anhaltender wissenschaftlich-technischer Fortschritt wird die Freiheit des Individiums vernichten.

Es wird bald keinen Ort mehr geben, wo sich ein Individium

vor der Überwachung durch Supercomputer und Bewußtseinssteuerung verstecken kann.

Es wäre hoffnungslos,

das System anzugreifen, ohne selbst moderne Technologie einzusetzen. Wir müssen alle Medien nutzen, um unsere Botschaft zu verbreiten:

Natur ist der Technologie entgegengesetzt, und die perfekte Alternative zu diesem System.

Je eher dieses System zusammenbricht, desto besser für die Menschheit.

HOTELZIMMERD INO BOSTON (M.I.T.D HOTEL)

(BRIEFE 1 / Archivmaterial / Netzzeichnung/ Off-Ton)

Florence, Colorado

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

vielen Dank für Ihren Brief und Ihre Fragen, die ich versuchen werde, zu beantworten.

Ich nutze diese Gelegenheit, um meine Kenntnisse

der deutschen Sprache zu verbessern. Ich bin kein Wissenschaftler.

Vor dreißig Jahren war ich Mathematiker, aber ich habe den größten Teil von dem, was ich über die Mathematik wusste, vergessen.

Ich meine, dass „Utopien“ wahnsinnig und gefährlich sind, besonders die von einer technologischen Gesellschaft.

Die Technologie ist eine ganz eigenwillige und äuferst gefährliche Macht, die uns dahin führt, wohin sie uns führen muss.

Das wird weder durch den Zufall, noch die Willkür arroganter Bürokraten,

Politiker oder Wissenschaftler bestimmt, sondern das technologische System muss einfach menschliches Verhalten seinen eigenen Erfordernissen anpassen.

Sie fragen mich auch einiges zum „Manifesto“.

Alle veröffentlichten Versionen des „Manifesto“ sind unrichtig, denn sie enthalten schwerwiegende Fehler.

Wenn sie eine richtige Version des „Manifesto“ bekommen wollen, kann ich sie Ihnen liefern.

Sie können mir auch weiter auf Deutsch schreiben.

M.I.T.-ARCHIVES, Boston

(Archivmaterial, Fotos, Filmausschnitte usw., Off-Kommentar)

Wie entsteht eine Utopie?

Entsteht so etwas zufällig, gibt es einen oder mehrere Erfnder...

oder gibt es einen Plan?

Am „MIT“ wird die Elite amerikanischer und internationaler Ingenieure und Wissenschaftler ausgebildet. Das MIT ist auch Vorreiter für eine enge Partnerschaft zwischen dem Militär und den Universitäten.

Diese Zusammenarbeit beginnt im ersten Weltkrieg, und setzt sich im Zweiten Weltkrieg fort, wo Technologie kriegsentscheidend wird.

Am 13. August 1940 eröffnet die deutsche Luftwaffe die "Schlacht um England".

Kurz nach Beginn der deutschen Angriffe bietet der 1886 in Chicago geborene Mathematiker und Physiker Norbert Wiener sein Wissen für den Abwehrkampf gegen den Faschismus an.

Wiener lehrt am MIT als Professor für Mathematik,

und hat sich schon im 1.Weltkrieg mit Fragen der Ballistik und Artillerie beschäftigt.

Wie kannn man eine Maschine bauen,

die Bewegungen von Jagdfiegern im voraus berechnet, um diese dann abschießen zu können?

----------------------------------------------------------- Ende Rolle 2

Wiener muss dabei das Wesen des technisierten Krieges berücksichtigen, wo Menschen, Schiffe und Flugzeuge auf dem Radarschirm nur mehr abstrakte weiße Punkte und Zeichen sind.

Der Pilot verschmilzt mit seiner Maschine, die Grenze zwischen Mensch und Maschine verwischt und es entsteht ein anonymes, mechanisiertes Gegenüber, dessen Handlungen nun in den Kriegslaboratorien modelliert und berechnet werden.

Obwohl Wieners Maschinen bis Kriegsende nicht einsetzbar sind, entwickelt er davon ausgehend das Modell einer neuen Wissenschaft, die als Kybernetik bekannt wird.

Kybernetik beschäftigt sich mit der Frage, wie Nachrichtenübertragung in Maschinen und Lebewesen funktioniert.

Basis der Kybernetik ist die Annahme, daß das menschliche Nervensystem Realität nicht abbildet, sondern errechnet.

Der Mensch erscheint nun als ein informationsverarbeitendes System...

dasD Denken als Datenverarbeitung

und das Gehirn als eine Fleischmaschine...........

Das Gehirn ist nicht mehr der Ort, an dem sich auf geheimnisvolle Art und Weise das „Ich“ und „Identität“ durch Erinnerung und Bewußtsein bildet...es ist eine Maschine, die aus Schalt- und Regelkreisen...aus Rückkopplungsschleifen... und aus Kommunikationsknoten besteht.

Eine Black Box, in der in einem Kreislauf die Ursache Wirkung, und die Wirkung Ursache ist...

ein geschlossenes Rückkopplungssystem mit In- und Output, den man kontrollieren und berechnen kann...

nicht mehr wie bisher ausgehend von Naturanschauung, sondern von unbezweifelbarer Mathematik und Logik.

Wieners Zukunftsvision von einer kommenden kybernetischen Gesellschaft liefert nun für den neuen politisch-militärischen Status der USA als Supermacht die wissenschaftliche Legitimation:

Kybernetik wird zur neuen globalen Leitwissenschaft, die fortan unter wechselnden Etiketten weiterentwickelt wird.

Aus einer Theorie wird weltweite Praxis.

AUTOFAHRT (DURCHD DASD SILICON VALLEY) (BRIEF 2, Off-Ton) Florence

Weil ich jetzt ein wenig mehr Zeit habe, setze ich meine Antwort auf Ihren Brief fort.

Sie fragen, „Wie soll eine nach-technologische Gesellschaft aussehen?“ Nun, wenn alle moderne Technologie abgeschafft ist, wissen wir nur, dass es keine Biotechnologie, keine Computer, keine Atombomben usw. mehr gibt.

Bleiben wir bei dem, was praktisch und konkret ist:

Gefele es Ihnen, wenn die Menschen in einer virtuellen Welt leben?

Dass Maschinen klüger sind als Menschen?

Dass Menschen, Tiere und Pfanzen künftig Produkte von Technologie sind?

Wenn Ihnen das nicht gefällt, ist für Sie

die Computer- und Biowissenschaftwissenschaft offensichtlich gefährlich.

Das ist sehr einfach und steht nicht in Beziehung zur Moral, zum Unvollständigkeitssatz von Gödel oder anderen abstrakten philosophischen Fragen.

Sie haben angeboten, etwas zu schicken, was mir Freude macht.

Dieses Angebot nehme ich gerne an.

Mein deutsches Wörterbuch ist klein, schlecht und zerlumpt. Es würde mir Freude machen, ein gutes deutsch-englisches Wörterbuch zu erhalten.

Aber, Sie dürfen keines mit hartem Einband schicken.

SILICON VALLEY - COMPUTERMUSEUMD MOUNTAIND VIEW

(Ein Museumsmitarbeiter erklärt die Exponate)

With the cold war, with world war II over now as turning our attention to the Russians, we needed various ways to 1. literally protect our skys and 2. to give our, the people of the United States a sort of a feeling of security, and that‘s where SAGE came in. SAGE is the largest computer ever made, and this is only one portion, and all of this is another portion... and we have less than 10% of one SAGE machine.

First wide scale use of modems was on this machine, and how it worked was: you would actually see a blip on the screen that was moving and you would access that blip with the light gun by actually clicking on it.

And if there was any information in air traffic control it would show up in one area, but if not the intercept technician would have to have it shut down... and you can see the large screen here and first wide scale use of modems it was a decentralized network, so if a bomb was to take out one of them, you could still control the out put, ah, the inputs from another station, so it was very influencied on the early days of the Arpanet..with the whole concept to be able keep the network going if you lose one of the nodes.

...and then you would have to indicate what was coming...and then you could scramble jets or even launch missiles from the ground...you can also see that you have the ability to dial up other sectors and control their airspace also. And if you wanted to zoom in and just deal with a specific devision and you can access that and it would actually give you a full screen of that, very, very advanced system and see you would have standby, off, power, or you can just keep the cooling(?) to it at any time. You also had a cigarette lighter and a ashtray, so if you were smoking you could keep you from going insane.

HOTEL IM SIILICON VALLEY

(Archivmaterial auf dem Screen des Laptops, Bücher, Zeitungsausschnitte, Off-Kommentar)

Zurück zu Ted Kaczynski.

1958 beginnt der 16jährige mit einem IQ von 170 das Mathematikstudium an der Harvard Universität...

1967 wird er Professor für Mathematik an der Universität von Berkeley.

Warum landet Ted im Lager der Technologiegegner, und wird kein begeisterter Computer-Hippie wie Stewart Brand oder John Brockman?

Woher rührt seine spätere Angst vor Computern, und psychologischen Kontrolltechniken, wie sie in diesen Jahren in den geheimen Laboren der US-Army entwickelt werden?

WOODSIDE, SILICOND VALLEY

(Off-Kommentar)

Wie werden aus einzelnen Computern weltweite Computernetze?

Das ist die Aufgabe, an der Ende der 60er Jahre der ehemalige NASA- Ingenieur Robert Taylor arbeitet. Taylor gehört zu den jungen Ingenieuren und Wissenschaftlern, die von Norbert Wieners Kybernetik und den ersten Computern begeistert sind.

Von der NASA wechselt der Raketenspezialist bald als Wissenschaftsmanager ins Pentagon.

Dort kann er entscheiden,

wieviel Geld die Laboratorien der Universitäten, Firmen oder einzelne Wissenschaftler für ihre Forschungsprojekte vom Verteidigungsministerium erhalten.

Er entscheidet, wer dabei ist, und wer nicht.

Das unter seiner Leitung in den 70er Jahren entwickelte „Arpanet“ ist die Urform des heutigen Internets und aller Kommunikationsnetze für das voll-elektronische Schlachtfeld der Gegenwart.

INTERVIEW MIT ROBERT TAYLOR

Arpa was founded in 1957/58 as a result of sputnik. Sputnik occurred in October ‘57 and it greatly surprised the United States. We had no idea.

In ‘58, very soon after Sputnik, Eisenhower, who was President then, asked the department of defence to set up a special agency, called Arpa, the Advanced Research Projects Agency, to look for research projects, that had a longer term-expectations associated with, so, in a hope that we would not get surprised again, like the Russians surprised us. So, the initial Arpa-programs were all space-related, not computer-research by (en-?) large. Then in 1960 Nasa was formed by Kennedy. All the Arpa spaceprograms were transformed to Nasa. That left Arpa, - by ,61/62 - , that left Arpa an opportunity to do some other things. And one of the things they decided to get into was computer-research.

For my office in Arpa and for some of the other offices in Arpa, the policy was: go find people with really big ideas that you think might work, and if they do work, the pay-off will be very large.

QUESTION: And then, there were people, labs, offices and companies..

Yes..

QUESTION: ...and...how...could you draw a sketch for me: how evolved then a network...

Okay, so - , so - this group here has it‘s own computer and this group has it‘s own computer and this group and so on. But these computers can not talk, - communicate with one another unless you put a little translator next to each one of these. So, this computer is sending something over here; it goes through this translator. The translator sends, - translates this language if you will or these bits into a common language, that he can understand and he can understand, but he can‘t and he can‘t.

And so the translation goes through here, it comes here; - this guy then translates this stuff into something that this guy can then receive. And the same is true over here and over here and even over here. - So then everything is sort of multiple connected.

But, some historians have looked at this and said, well, the reason that ARPA build the ARPAnet was in the case of nuclear disaster ... - No! - that’s not the reason we build the ARPAnet. We build the ARPAnet to enable people in different places, who had common interest, to share those interests. The Internet is simply a evolution of the ARPAnet, both - both in philosophy and in technology .

All that took place from- over the period 1971 to 1976 or so and we had the first internet up and running in '75 or '76 when we put the Ethernet and the Arpanet together. So, those were good years, there was a lot do, and it was obvious, what to do, and all these different things had to fit together, nicely, had to work together. That was a lot of fun.

QUESTION: Robert, for you it was a lot of fun but other people are afraid of these growing networks, for them it seems like cancer or a machine which we, perhaps, could'nt control...what do you think about such critics like Ted Kaczynski?

He's crazy! We have people like that in our society.

QUESTION: But he was a mathematician, he studied in Harvard

Yeah, and Hitler was an artist, studied in Vienna.

Question: Did you read the „Manifesto“?

You mean „Mein Kampf“?

Frage: No, the „Manifesto“ by the unabomber..

No, I didn't read it. I didn't read „Mein Kampf“ either.

What am I afraid of? I'm afraid of the Al Qaida, I'm afraid of cancer.

But I don't know enough. If we knew how to cure cancer, if we had more knowledge in other words, about cancer, then we wouldn't be afraid of it!

Frage.: But, you know, cancer is an illnes of the modern society, is an illness of the civilisation...

Yeah, but -but some day, we -I believe we will understand how to cure cancer. Or prohibit cancer. I think that will happen long before we'll have an electronic battlefield or a machine that we can't control. And when we know how to cure or prohibit cancer, we will no longer be afraid of it. It's a question of knowledge; of iliminating ignorance; ignorance is a state of no knowledge. Ig-no-rance. Not stupidity! That's something else.

Ignorance...causes fear.

------------------------------------------------- Ende Rolle 3

RESTAURANTD NEWD YORK

(Laptop, Archivmaterial, Skizzenblock, Netzzeichnungen)[ Was habe ich bisher: ich habe einen ehemaligen Mathematiker,

über dessen Systemkritik keiner meiner Interviewpartner reden will... und ich habe Ingenieure und Künstler, die von Technologie besessen sind. All das gehört offensichtlich zu einem System, dessen Konturen ich erst erahne. Anscheinend ein geniales Feedback-System, das jeden Angriff

und jede Störung umgehend als Energiezufuhr für seine weitere Perfektionierung nutzt. Wer braucht so etwas?

Wer denkt sich so etwas aus?

Zwischen 1946 und 1953 treffen sich im New Yorker Beekman Hotel auf Einladung der Josiah Macy, Jr. Foundation führende Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete:

unter anderem Norbert Wiener, Margaret Mead, Gregory Bateson, Kurt Lewin und John von Neumann.

Ziel dieser später „Macy-Konferenzen“ genannten vertraulichen Treffen, an denen gelegentlich Beamte der CIA teilnehmen, ist eine Wissenschaft, die Vorhersage und Kontrolle menschlichen Verhaltens möglich macht.

Das ist eine Waffe, die Amerika auf dem neuen Schlachtfeld des Unterbewußten im „Kalten Krieg“ dringend braucht.

Aufmerksam registriert die „Macy-Gruppe“ deshalb

die 1950 erschienene Studie "Die autoritäre Persönlichkeit"

des International Institute of Social Research, eine Neugründung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung um Max Horkheimer und Theodor W. Adorno.

Die Studie ist das bisher umfassendste Sozialprofl einer Gesellschaft, der USA, und soll eine wissenschaftliche Erklärung für religiöse und rassistische Vorurteile liefern.

Aus Tausenden von Interviews entsteht eine riesige Datensammlung, die durch modernste Computer ausgewertet wird, und vor allem auf eine Frage Antwort geben soll:

Wie kommt es zu autoritärem Verhalten als Massenphänomen?

Die Ursache sehen die Autoren in der "autoritären Matrix" des Menschen, die den Schlüssel zur Psychologie des Faschismus und totalitärer Systeme überhaupt bietet.

Diese Matrix bildet sich durch Erziehung und Tradition und ist scheinbar unaufösbar verbunden mit der metaphysischen Vorstellung von einer „übernatürlich geschaffenen Natur“.

Wie konnte man die Anfälligkeit für Faschismus und Rassismus, speziell gegen Juden, gezielt aufspüren und nachweisen?

Dafür konstruieren die Soziologen eine Skala zur Messung des faschistischen Potentials, die sogenannte „F-Skala“*. * Faschismus-Skala

Darüber hinaus sollen mit neuesten psychologischen Verfahren,

zum Beispiel den Tests des amerikanischen Psychologen Henry A. Murray, einem der Väter der heutigen Assessment-Center, bisher verborgene Tendenzen der Persönlichkeit aufgespürt werden.

Um Faschismus und Antisemitismus für immer zu verhindern, scheint es notwendig, die Natur des Menschen und dessen kulturelle Muster so zu verändern, dass diese autoritäre Matrix für immer verschwinden würde.

Wie kann man unblutig und ohne Operation

tief in die Persönlichkeit und das Bewußtsein von Menschen eindringen, um dieses dann gezielt zu verändern?

Wie wird aus Agression Harmonie?

Nach dem Gestaltpsychologen Kurt Lewin, einem Mitglied der Macy Gruppe, müssen dafür zuerst die alten Werte und Gleichgewichte zerstört werden, um die Verhältnisse „füssig“ zu machen.

Dann können neue Gleichgewichte und Werte etabliert werden.

Diese müssen dann durch Selbst-Regulierung dauerhaft befestigt werden... Umerziehung soll in Selbst - Umerziehung übergehen...

Das wird die Welt in eine postnationale, multi-ethnische Weltgesellschaft ohne festgeschriebene Grenzen verwandeln.

Die erforderlichen Werkzeuge und Baupläne für diese neue Weltordnung glaubt die „Macy-Gruppe“ anbieten zu können: neue und schnellere Rechenmaschinen - Systemtheorie und kybernetische Modellwelten, mit denen alle Bereiche von Wissenschaft, Kultur und Politik kontrollier- und steuerbar erscheinen.

Das verspricht auch die Programmierung „neuer Menschen“... „anti-autoritärer Menschen“ nach Maß.

AUTOFAHRT WESTKÜSTE CALIFORNIEN (NACHD ESALEN)

(BRIEFE 3 / Off-Ton / Laptop)

Florence

In Ihrem letzten Brief haben Sie mir soviele Fragen gestellt, dass ich nicht alle gleich beantworten kann.

Als ich Ihnen schrieb,

dass der Begriff einer Utopie wahnsinnig und gefährlich ist, meinte ich nicht, dass alle Utopien wahnsinnig und gefährlich sind, sondern vor allem die Utopie, dass man eine Gesellschaft nach einem bestimmten idealen Muster erschaffen könnte.

Sie selbst haben zweifellos Ihre eigene Vorstellung von einer Utopie.

Ein anderer Mensch hat eine andere Vorstellung, die sehr verschieden von der Ihrigen sein kann. Würde es Ihnen gefallen, dass er Ihnen seine Utopie aufzwingt?

Haben Sie das Recht, ihm Ihre Utopie aufzuzwingen?

Ich würde Ihnen gern mehr auf diese und andere Fragen antworten, aber einige schwerwiegende Probleme sind aufgetaucht, über die ich mir viele Sorgen mache.

Deshalb werde ich den Brief hier beenden.

Später schreibe ich Ihnen mehr.

ESALEN AND DER WESTKÜSTE CALIFORNIENS

(Aufnahmen vom Ort / Laptop Archivmaterial / Bücher / Fotos)[

An Orten wie hier in Esalen,

einem Esoterik- und Konferenzzentrum an der Küste Californiens, treffen sich in den 70er Jahren Künstler mit Teilnehmern der Macy-Konferenzen.

Es geht um eine neue Spiritualität mit Hilfe von Kybernetik und Drogen... und um die Popularisierung der Macy-Visionen.

Teilnehmer sind neben Stewart Brand und John Brockman

auch Gurus der Avantgarde wie John Cage oder Buckminster Fuller.

Durch solche Treffen gelangen die Ideen von Kybernetik

und Systhemtheorie in die internationalen Netzwerke der Boheme...

und erhalten so eine andere - eine nicht-militärische - Aura.

An einem der Treffen in Esalen

nimmt auch der Physiker und Philosoph Heinz von Foerster teil.

Der 1911 in Wien geborene Foerster

hat schon als Student Kontakt zu dem Philosophen Ludwig Wittgenstein und den Wissenschaftlern des „Wiener Kreises“, den frühen Vordenkern von Kybernetik und Systemtheorie.

1953 wird Heinz von Foerster in den USA

Sekretär der Macy Konferenzen...und hat damit Zugang zum inneren Kreis der amerikanischen Wissenschaftselite.

Foerster zählt zu den Pionieren der Theorie des Konstruktivismus, nach der wir Menschen unsere Wirklichkeit selbst konstruieren. Eine unabhängig vom Beobachter existierende objektive Wirklichkeit gibt es nicht.

In den 60er Jahren leitet Heinz von Foerster ein eigenes Forschungslabor, das „Biological Computer Lab“ an der Universität Illinois.

Im Auftrag der Forschungsabteilungen der amerikanischen Marine und Luftwaffe arbeitet er hier unter anderem an der weiteren Verschmelzung von digitalen und biologischen Systemen.

Einen eigenen Computer hat Heinz von Foerster nie besessen, weil er offenbar glaubt, selber einer zu sein.

IMO HAUSO VON FOERSTER (DERO IMO ROLLSTUHLO SITZT)

(gemeinsame: Betrachtung eineso Interviews aufo demo laptop)o

Heinz von Foerster (Archivton vom Laptop): „...bin ich durch Zufall auf den Wiener Kreis gestoßen, und diese Vorträge die dort gehalten wurden, haben mich tief beeindruckt...

HvF (Originalton):...das ist das letzte Mal gewesen, ja...

HvF Archivton:... ich bin durch Zufall auf einen Wiener Philosophen gestoßen, der hiess Ludwig Wittgenstein...

HvF: Da habe ich das selbe blaue Hemd an, also bin ich immer noch derselbe Heinz...

HvF Archivton: Wie ich diesen „Tractatus Logico Philosophicus“ zum ersten Mal gelesen habe, war ich völlig hingerissen. Ich habe sofort den ganzen Tractatus auswendig gekonnt, habe aber niemanden gefunden, mit dem ich darüber reden kann.

Nur wenn bei uns zu Hause in der Familie irgendwelche philosophische Sätze gesprochen worden sind, habe ich gesagt: Nein, so geht das nicht! Ludwig Wittgenstein sagt: „Proposition vier komma fünf zwei, so und so und so ist der Fall !“ Und meine armen Eltern und Verwandten haben gesagt, was machen wir mit diesem armen Buben, der ist völlig „brainwashed“ von Wittgenstein, können wir irgend jemand fnden, der ihm da hilft, aus dieser Falle herauszukommen. Im Gegenteil, ich bin in diese Falle immer tiefer und tiefer hineingerutscht.

HvF Archivton: Was ich sehe, und was glaube ich in Ihren Fragenkomplex eintaucht, ist, das Wissenschaft, oder „Sciencia“ auf lateinisch, in diesen zweitausend Jahren seit Aristoteles einen unerhörten Erfolg gehabt hat. Und auf was zieht sich „Sciencia“ zurück? Das indoeuropäische Urwort für „Sciencia“ ist ein Wort das heißt: „Scy“, und das ist in „Science“, und „Sciencia“ und „Scicophrenie“ und in „Scism“, das ist das Wort für „trennen. Und eben „Systemics“ ist genau eine parallele Entwicklung, nur das Gegenteil von „Science“, es integriert.

Also wenn Sie heute bedenken, diese ganze Systemtheorie und Systemforscher, die sowohl in der Kunst als auch in der Wissenschaft auftauchen. Ich würde eben das nicht mehr „Wissenschaft“ nennen, ich würde das eben „Systemics“ nennen.

Die heutige Wissenschaft ist übergegangen in eine Haltung, die zusammen sieht: eine Systemics. Also von „Science“ zu „Systemics“sehe ich die heutigen Schritte.

INTERVIEWD MITD HEINZD VOND FOERSTER

HvF: Ich habe erkannt im Laufe meines Lebens, je mehr ich mich mit der Physik beschäftige, daß ich eigentlich ein „Meta-Physiker“ bin.

Und damit hab ich dann mehr und mehr gespielt.

Und wenn Sie mich fragen, ja lieber Heinz von Foerster, was ist ein Metaphysiker, dann sag ich folgendes:

Es gibt unter den Fragen, die wir stellen über die Welt, gibt es solche, die man beantworten kann. „Heinz von Foerster, wie alt sind Sie?“ Das kann man beantworten, da kann man nachschlagen im Katalog, also 1911 geboren - ist er 91 oder man kann Fragen stellen, die nicht

beantwortet werden können...wie zum Beispiel „Heinz von Foerster, sag - einmal, wie ist das Weltall entstanden?“ Na, da kann ich eine von den 35 verschiedenen Theorien aufsagen. Und ich frage einen Sternkundigen und der sagt: „Da war doch dieser Big-Bang vor 20 Millionen Jahren“...oder ich frag einen braven Katholiken: „Jeder weiß wie das entstanden ist, da hat Gott die Welt erschaffen...und nach 7 Tagen war er müde und hat eine Pause gemacht, das war der Sonntag“...also da gibts verschiedene sehr interessante Hypothesen, wie das Weltall entstanden ist. Das heißt, es gibt deswegen so viele Hypothesen, weil die Frage nicht beantwortbar ist. So kommt es nur darauf an, wie interessant ist die Geschichte, die jemand erfndet, wie das Leben im Weltall entstanden ist...

Frage D: Da ist man natürlich ganz nah bei der Kunst...wenn's darum geht eine gute Geschichte zu erfnden...eine poetische Geschichte...

HvF: Genau, genau...... das ist dieD Sache. Es besteht ein Zweikampf, oder ein

Dreikampf oder ein Zehnkampf between den verschiedenen Poeten. Wer erfndet eine lustige, amüsante oder interessante Geschichte, wo jeder sofort glaubt: so muß es gewesen sein!

Frage D: Aber, die Wissenschaft, auch Ihre eigenen Forschungen... das sind doch nicht nur Erfndungen...oder schöne Geschichten? Das beruht doch auf Mathematik, auf Zahlen, auf Beweisbarkeit, auf wissenschaftlich unbezweifelbaren Daten...?

HvF:D Ja...na, ja, aber es gibt jetzt schon so viele Daten, daß man garnicht mehr die ganzen Daten in seine „Geschichte“ hinein bringen kann...und dann werden dann künstliche Daten erfunden...das sind zum Beispiel Partikel,

Teilchen, da werden Teilchen erfunden die das machen, was wir nicht verstehen. Also meiner Meinung nach sind Teilchen immer Lösungen von Problemen, die wir nicht andernweits lösen können. Also Erfndungen, um gewisse Probleme erklären zu können. Das sind Teilchen.

Frage D: Jetzt muß ich dumm fragen...

HvF: Ja, das versteh ich. Ja, lassen Sie's mich a bisser'l besser erklären.

Sagen wir, es ist eine Lücke in meiner Theorie, da kann ich nicht mehr drüber springen. Da sag ich einfach: na, hier sind neue Teilchen, die entweder grün, gelb oder ich weiß nicht was sind...die ersetzen das Loch in meiner Theorie. So behaupte ich: jedes Teilchen, von dem wir heute in der Physik lesen, ist die Antwort auf eine Frage, die wir nicht beantworten können.

Frage: Aber das ist doch schrecklich...wie kann man denn auf der Grundlage einer Theorie, die anscheinend Löcher hat............................................ also, auf so einem wackeligen

Fundament...also, Maschinensysteme...weltweit, sich weltweit ausdehnende Maschinensysteme...quasi ins Unendliche wachsen lassen?

Ist das denn nicht gefährlich?

HvF: Ja. In diesem weltweit funktionierenden Maschinensystem sind alle Aussagen richtig, und das ist natürlich das, was man gerne haben möchte. Und warum sind die richtig? Weil sie sich alle von anderen Aussagen ableiten lassen. Frage D: Wo führt das hin? Wie geht das denn weiter?

HvF: Immer mit weiter ableiten.

D: Ja aber, es gibt doch irgendwo Grenzen.

HvF: Eben nicht, das ist das Schöne, da kann man immer wieder weiter.

D: In der Logik.

HvF: Yes, genau.

D: Aber in der Realität?

HvF: Wo ist die Realität? Wo haben Sie die?

ende rolle 4

HOTELZIMMERD BOSTON

(Laptop / Archivmaterial / Bücher / Fotos)

1971 kündigt der Mathematikprofessor Ted Kaczynski seine Professur an der Universität Berkeley, und baut sich in den Wäldern Montanas eine Hütte. Hat er das unverbindliche Angebot zu ernst genommen, das Stewart Brands Whole Earth Catalog für ein "anderes, ein einfaches Leben" im Einklang mit der Natur macht?

Sucht er hier in einem strengen Selbstexperiment nach wirklichen Erfahrungen und einer Realität, die sich im grenzenlosen Raum von Mathematik und Logik in abstrakte mathematische Strukturen und Formeln aufgelöst hat?

Wann stößt dieses Experiment an eine Grenze und verlangt nach einer „Steigerung“?

Wann macht es „Klick“,

und wird die Flucht aus Mathematik und Logik

zu einer Flucht in Paranoia...wie ihm von den amerikanischen Medien unterstellt wird?

...in Paranoia wie bei seinem Mathematiker-Kollegen Kurt Gödel,

der mit seiner Formel vom „Unvollständigkeitssatz“ eine der Fragen stellt, die man nicht beantworten kann...und auch an eine Grenze stößt, hinter der es nur noch Paranoia - oder Wahrheit gibt.

Im Internet fnde ich den Vorabdruck eines Buches mit Hinweisen auf geheime Drogenexperimente der CIA

Anfang der 60er Jahre an der Harvard Universität.

Eine der Testpersonen ist der Mathematikstudent Ted Kaczynski.

Leiter der Experimente ist der Psychologe Henry A. Murray, Mitbegründer der Abteilung für „Soziale Beziehungen“ in Harvard.

HARVARD CAMPUS, CAMBRIGDE

(Aufnahmen vom Leben auf dem Campus, Mathematikunterricht mit einer Gruppe Studenten an einer Tafel im Freien, im Mathematik Department innen)

BRIEFD 4, Off-Ton)

Florence

Ihre Idee, daß die Fundamente der Wissenschaft und Mathematik wegen des Satzes von Gödel wackelig sind, ist irrig.

Gödels Satz sagt nur, dass es einige Probleme in der Mathematik gibt, die niemals gelöst werden können.

Als als ich jung und naiv war, befürchtete ich, dass die Technologie eine völlig geordnete, regelmäßige und vollkommene Welt schaffen wird.

Heute meine ich...das solch ein Ergebnis unwahrscheinlich ist.

Aber der Grund für meinen Meinungswandel ist keineswegs der Unvollständigkeitssatz von Gödel, sondern die Unberechenbarkeit des Verhaltens komplexer und offener Systeme.

Möchten Sie in einer Welt leben, in der Wissenschaftler und übermenschlich intelligente Maschinen alles wissen, verstehen und deshalb alles ordnen und regeln können?

Wenn Ihnen das nicht gefällt, warum beklagen Sie sich darüber, dass die Wissenschaft nicht alles weiss, und Löcher in der Theorie hat? Statt dessen sollten Sie sich Sorgen machen, dass die Wissenschaft zu viel weiss.

Hier muss ich aufhören. Vielen Dank für Ihr Wörterbuch.

HARVARDD ARCHIVES

(Laptop / Archivmaterial / Bücher / Fotos / Off-Kommentar)

1958 wird Ted Kaczynski mit 20 anderen Harvard-Studenten als Versuchsobjekt für Studien über die Persönlichkeitsstruktur von hochbegabten männlichen Collegestudenten ausgewählt.

Alle Studenten erhalten einen Codenamen...

der von Ted Kaczynski ist LAWFUL, gesetzestreu.

Leiter der Versuchsreihe ist der Psychologe Henry A.Murray, im zweiten Weltkrieg hochdekorierter Major der amerikanischen Armee.

Für die Abteilung psychologische Kriegsführung des OSS, des „Offce of Stratetic Service“, einem Vorläufer der CIA, entwickelt Murray ein System von Tests zur Überprüfung der Führungsqualitäten von Offzieren.

Die Tests fnden in der geheimen Station „S“ statt, einer Villa in der Nähe Washingtons, und sollen zeigen, wie sich Eliten unter psychologischem Druck verhalten.

Aber Murray sieht größere Aufgaben für die Psychologie...

Wie die Autoren der Studie über die „Autoritäre Persönlichkeit“, die mit seinen Testverfahren arbeiten, sieht Murray Psychologie und die neuen Sozialwissenschaften berufen einen Beitrag zu leisten, damit die Welt in Frieden und Harmonie leben kann: in einer neuen Weltordnung...mit Weltgesetzen...einer Weltpolizei... und einer Weltregierung.

"Die Vereinigten Staaten", so Murray, „sind die Abstraktion der ONE WORLD, die jetzt ihrer Erschaffung entgegensieht.

Das Los ist auf die USA gefallen, die Führerschaft bei der Durchführung dieses letzten und schwierigsten Experiments zu übernehmen, einem globalen Feldzug des Guten gegen das Böse.

Indem wir uns völlig einer Weltregierung verpfichten, erquicken wir die Herzen aller Menschen auf der Erde mit der Aussicht auf Sicherheit, die dem Zauber jedweder Art von Totalitarismus entgegenwirken kann.

Der „nationale Mensch“ ist obsolet, und muss in einen „Weltmenschen“ verwandelt werden."

Für diese Transformation setzen Wissenschaftler im Auftrag der CIA auch LSD 25 ein, eine neue synthetische Droge, die von der Firma Sandoz in der Schweiz entwickelt wird.

Wie kann man mit Hilfe der Droge tief ins Unterbewußte eines Menschen eindringen, um dieses dann neu zu programmieren?

Henry A. Murray selbst ist davon besessen,

in seinem Institut in Harvard ein „Superego“ zu entwickeln, das den geplanten „Weltmenschen“ gegen alle Spielarten von Totalitarismus immunisieren soll.

Er entwickelt ein System von Tests, bei denen die Studenten extremen psychischen Stress ausgesetzt werden.

Das Ziel ist die totale Ausforschung von Persönlichkeit und Verhalten, um dann wünschenswerte Strukturen des Charakters erzeugen und steuern zu können.

Zur gleichen Zeit taucht auf dem Campus der Harvard Universität LSD auf, das in Form von Würfelzucker verteilt wird.

Der junge Psychologieprofessor Timothy Leary hat in Harvard, mit Zustimmung von Henry A. Murray, ein LSD-Forschungsprojekt etabliert, das von der CIA mit-kontrolliert wird.

Gemeinsam mit Leary nimmt Murray an Drogen-Trips teil.

Setzt er, wie im Internet behauptet, seine früheren Versuche für den OSS nun für die CIA fort, die zwischen 1953 und 1964 unter Codenamen wie „MK- ULTRA“ oder „Artischocke“ spezielle psychologische Kontrolltechniken entwickeln lässt, und daran Wissenschaftler aller amerikanischen EliteUniversitäten beteiligt?

Welchem Ziel dient Murrays geplanter Einsatz des SACRED MEXICAN MUSHROOM, ein in Mexiko beheimateter Drogenpilz und das Vorbild für die synthetische Droge LSD?

Alle Experimente Murrays werden geflmt. Die Filme sind, wie alle Ted Kaczynski betreffenden Testergebnisse, verschwunden, sagt die Leiterin des Murray-Archivs und zeigt mir im Keller Stapel mit leeren Filmbüchsen. Als einige amerikanische Medien Ted Kaczynskis Codenamen „Lawful“ veröffentlichten, seien alle Ted Kaczynski betreffenden Testergebnisse für jede Veröffentlichung gesperrt worden.

COLLAGE AUS TV-ARCHIVMATERIAL

„Tonight the trial of Ted Kaczynski, when mental illness meets the law!“

„It was a crazy beginning for the Unabomber-trial, and crazy seems to be the right word...“ „Prosecutors believe he is linked to as many as sixteen bombings...bombings that killed three people and insured twenty three others in states across the nation...“„The former hermit has refused all court ordered mental tests. His attorneys say, he is afraid of psychiatrists, gets upset at the near mention of their profession...“ „Paranoid delusional thinking dictates Mr. Kaczynski's life. Kaczynski has concern over governement agents, satellites, electrodes and mind control.“ „It's not surprising to me, that a bornfight/bornfied paranoid

scyzophrenic person believes their delusions are reality. And in terms of Ted Kaczynskis selfappointed ventions(?) mission: if he is be considered insane than everything he is done have no political effect and it will have no meaning to societies...attorneys and psychiatrists agree, Ted Kaczynski clearly is not like the rest of us!“ „Thanks for joyning us on this Friday evening. Now its ether a bomb-factory or the home of a scizophrenic? That what attorneys on both side in the Unabombertrial are saying about Ted Kaczynski's cabin, which arrived on the back on a big truck just before noon today...“

„...mean-while a key piece of evidence is on its way to Sacramento... Kaczynskis cabin leaving Great Falls Montana this morning been brought here as a piece of evidence for the defense...“

„...expected to take three days for the driver to complete the eleven hundred miles trip to Sacramento...the cabin which will be stored at Major Field is important for the defense strategy to portraying Kaczynski as mentally disturbed...“

„ The cabin measures just ten by twelve feet, there is no electricity, no running water, inside FBI investigators found volums of evidence connceting the former professor to nearly all the Unabomb-crimes...

„Ted Kaczynski had more then one cabin! His own laywers maintained the governement was supposed to find other secret shacks that Kaczynski had built apparently to escape civilisation...“

FLUGD NACHD HELENA

(Laptop / Bücher über Montana / Autofahrt nach Lincoln)

(Brief 5, OFF-Ton): FLORENCE erster April,

In Ihrem letzten Brief haben Sie mich nach der Vorstellungswelt des Mathematikers gefragt.

Sie nehmen sicher an, das sich die Mathematiker immer etwas Mathematisches vorstellen.

Aber das ist nicht wahr.

Die erfahrenen Mathematiker denken selten an die Mathematik.

Meistens stellen sie sich die Blumen, den Sonnenschein und die im Frühling singenden Vögel vor.

Vielleicht stellen sie sich mitunter die Weiber vor, aber das machen sie nicht oft, denn ihre Herzen sind rein.

Wie kommt es, werden sie fragen, das die Mathematiker nicht immer an die Mathematik denken?

Dazu muss ich Ihnen mitteilen, dass die Mathematiker keine

Wissenschaftler sind, sondern Künstler.

Erinnern Sie sich daran, dass ich Ihnen anfangs schrieb, ich sei kein Wissenschaftler?

Abgesehen von der elementarsten Mathematik, zum Beispiel der Arithmetik oder der Gymnasialalgebra, haben die Symbole, Formeln und Wörter der Mathematik überhaupt keine Bedeutung.

Die ganze Struktur der höheren Mathematik ist ein ungeheurer Schwindel, ein blosses Spiel, ein leichtfertiger Schabernack.

Sie werden fragen, gibt es denn keinen Renegaten, der die Wahrheit enthüllt?

Ja, natürlich, aber die Tatsache ist so unglaublich, das niemand sie ernst nehmen wird.

Also ist das Geheimnis in keiner Gefahr.

LINCOLN MONTANA

(Bilder vom Ort / Off-KOmmentar)

1971 wird Ted Kaczynski Bürger der Gemeinde von Lincoln, Montana.

Seine Nachbarn sind der Sägewerksbesitzer Butch Gehring und der Klavierlehrer von Lincoln, Chris Waits.

Butch und sein Freund Chris helfen den FBI-Agenten bei der Überwachung und Verhaftung ihres Nachbarn Ted.

Im Auftrag des FBID sucht und fndet Chris eine zweite Hütte von Ted: angeblich dessen geheime Werkstatt für den Bombenbau...

Das ist wichtiges Beweismaterial für die Theorie des FBI: Ted Kaczynski ist der Unabomber.

INTERVIEWS BUTCH & CHRIS

(beide führen ein selbstgedrehtes Video vor, und zeigen Fotos und Kopien u.a. von von FBI-Dokumenten)

Ted's home cabin...there came more and more people.

More people moving in. There was noise, he wasn't - he didn't have the privacy he had when he first moved here,

I told you before... when Ted moved here in 1971, there was only four people living up here around, and so Ted had things pretty private.

Well, as the time of his arrest, Butch and all kinds of neighbours move in and Ted liked to be by himself, where he could work without being surprised, having somebody knock on his door or just show up or somebody come by, so he built this little cabin where he could go out into the woods and live off -43- the land and be completely content and not have to be worried or to be surprised by anybody. -You'll see here there's kind of a scrap pile right here, and right underneath of this tin, there was quite a few links, short links of pipe that had been drilled, the beginnings of explosive device, bombs.

-------------------------------------------------------- Ende Rolle 5

Question: And who is the photographer?

Chris: Me

Chris: But I got some FBI photos, too.

This was the cabin before...

Butch: Anything happened...

Butch: When I talked to the FBI agents, just about everytime Max Noel... and I were in constant contact - prior to the arrest - I worked with him for about thirty days doing photography missions, taking video, catching Ted out behind the house, but never on the camera, all just sounds.

This was Ted's map, and this is - Question: Ted's map?

Chris: Yes this is his writing, right down here what it says is, „routes followed on foot from late autumn ,71“.

Chris: All these black lines , handwritten lines are Ted's trails. Now Butch...

Butch: Written in by Ted!

Chris: Yes written in by Ted.

It's -it's an enigma, that's the best word I can come up with because, everything that he did, he did experiments on and he wrote down very systematically.

Err - and not just bomb-experiments but other things -very scientifically, would write how much of this and that did he used what - how successful it was. And in the areas of his bombs he was very maticolous when he was - was - would come up with a new mixture a new type of det-nating-cap. you know..he would write down ranges and how affective they were and -and all of those kinds of things.

Chris: And when then later on finally after the FBI finally started to cooperate with me, then they gave me some copies of some of his writings about some of his camps... and he writes - uses words like: my most favorite place, my most sacred place...

Butch: We just looked at these a minute ago..

Chris: Yeah, I brought those along.

Butch: In fact, you have some of them right here

Chris: I've got the coded, I've got a bunch of coded...

Butch: This is coded! And he can read to you as Ted writes it... It's all down right here and it's amazing.

Question: And the FBI group, they are waiting here in Lincoln, they are sitting here and waiting...?

Butch: The FBI were scattered all around in the surrounding area hiding.

Chris: Yeah, they had.

Butch: Posing as geologist, posing as truck-drivers, posing as this or that, very low cover. Little did we know out up the 7up Ranch, there were 70 more -on computers! And working other areas. So they covered it real well. In the field right around here there were probably what .15?, that were pretty regular...

Chris: Oh, yeah, yeah!

Butch:..I'd say...Max called me the night before the arrest, he said: is it OK if I use the mill as a staging area for the arrest, he says I think I've got enough. And I asked him, I said , Max, how much do you expect to happen tomorrow, what do you have involved? He says, it's gonna be overwhelming. There's gonna be press, there's gonna be a lot of press.

And on the arrest deal he said, how do you get him out of the house? And I said, well just have Jerry, the forest service man carry him out of the house, and stand on the road and just yell at Ted and say: Hey Ted! four or five times, and he'll come out. And he'll come to you and you don't have to go to him, he'll come to you and once he gets close enough to you, you'll be able to grab him.

And that's exactly what they did.

And it worked just great.

WALDSTÜCK AUSSERHALBD VOND LINCOLNder ehemalige Standort der „cabin“)

BILDERE DESD PLATZESD WOD TEDD KACZYNSKISD CABIND STAND / DERD PLATZD WURDED VOMD FBI EINGEZÄUNT - : AMD ZAUND ISTD EIND SCHIILDD MITD DERD AUFSCHRIFT „DANGER“

AUTOFAHRT DURCHD MONTANAD RICHTUNGD HELENA

(BRIEFD 6, Off-Ton)

Florence

Sie fragen mich: „Wie wehrt man sich gegen den Zwang, an der Realisierung irgendwelcher Utopien teilnehmen zu müssen?“ „Wer gibt mir das Recht, gewaltsam dagegen vorzugehen?“

Ich denke, der Einsatz von Gewalt, zum Beispiel gegen die Realisierung der Utopie von einer technologischen Gesellschaft, ist nur Selbstverteidigung.

Natürlich kann man das bestreiten.

Wenn Sie glauben, das ist unsittlich oder unmoralisch, dann setzen Sie eben keine Gewalt ein.

Dazu stelle ich Ihnen eine Frage:

Welche Art von Gewalt hat mehr „harm“, oder Kummer, in der Menscheitsgeschichte verursacht: die Gewalt, die vom Staat genehmigt wurde?

Oder die Gewalt, die von Einzelnen ungenehmigt angewendet wurde?

Später werde ich auf weitere Fragen von Ihnen eingehen.

Bis dahin muss ich andere Arbeiten machen.

NEW HAVEN CT

(Firma „Mirror Worlds“, innen, Off-Kommentar)

1993 erhält der Computerwissenschaftler David Gelernter

eine Briefbombe, durch die Explosion verliert er ein Auge und die rechte Hand.

David Gelernter ist Professor für Informatik an der Yale-Universität

und Chefwissenschaftler der Firma „MIRROR WORLDS“, „Spiegelwelten“, die Software für den elektronischen Handel

und die neuen Informationstechnologien herstellt.

„Mirror Worlds“ ist auch der Titel des Buchs, das Gelernter berühmt

machte: die Vision einer zukünftigen virtuellen Gesellschaft, die nur noch auf Software basiert.

Gelernter ist ein scharfer Kritiker der amerikanischen Medien, denen er vorwirft, durch ihre Gier nach Sex, Blut und Gewalt das moralische Wertesystem Amerikas zu zerstören.

INTERVIEW' MIT DAVID GELERNTER

The idea of Mirror Worlds the book was that the institutions and the organisations that we deal with every day, that are becoming more complicated all the time would be mirrored in software, so that if I wanted to know what‘s happening at the university, I could look at the software image at the university and find out what is being taught and who is saying what and what is happening today and so forth, if I needed to deal with a government agency or with a company or with a hospital or with any organization, the organization would be reflected in software like a building reflected in the water, and the software version of the organization would be easier for me to understand and to deal with...

it seemed to me that with the rise of global computer networks and more and more powerful desktop computers, that this would inevitably emerge.

Nobody can control it, that‘s true, but it‘s not necessarily bad. It‘s an organic system, it‘s a distributed system, it‘s a system made of many 10s and 100s and millions of human beings, each one making his own decisions, and the uncontrolability is not necessarily bad, it makes things interesting. Certainly, on, there are conflicting trends, for a long time a quality of American journalism declined because...we at Yale university and American universities were not training students, high schools are not training students, because computers made it easier and easier to have fancy pictures instead of good writing, but on the other hand we are now seeing new, it‘s easier to have a new TV station, it‘s easier to have a new newspaper...and computers have a lot to do with that also, because now you don‘t need a factory and a lining typemachine and it‘s much easier to produce a newspaper and to make it available, sell it on the internet or the web. So technology helps to correct the errors and right the wrongs that technology created in the first place, the pendulum swings, an old theory, but nevertheless...

Frage: But David, what's the outcome of more and more TV stations?'When you got a letter bomb, that wasn't virtual, it was reality...and you, the victim, and the supposed perpetrator...were a real feast for the media...you were even portrayed together in a fictive dialogue.

Why did you criticise the media for that?

It strikes me as always dangerous to approach human life as if it were no moral component. As if a murderer and a normal human being are comparable and interchangeable, that‘s a point of view with catastrophic implications, moral rela vism, which I am implacably against and always will be.

Frage: As I prepaired the film I had a talk also with Stewart Brand...you know him, he is also a „Digerati“...and he said to me: This is a genuin „counterculture-phenomenon“, that the Unabomber was doing. He was just saying, culture is going in the wrong direction, I will fight it...

I think that‘s a contemptable, that‘s a dispicable thing to say, that‘s a dispicable thing to say. We‘re talking about somebody who murdered human beings. If he had met the widows and the children as I have, of men this criminal has murdered, he would be less eager to describe him as a mere countercultural phenomenon. Now that‘s the sort of thing that makes me angry.

Frage: For you its no attack in a political language...you know in the history...

Once a man is a murderer I don‘t give a damn what his opinions are, his opinions are of no interest to me. What I know about him is, that he is a murderer, a creator of pain and suffering, and his opinions are disqualified from being of interest to any civilized human beings.

HOTELZIMMERD FLORENCE

(Laptop, Bücher, Netzzeichnungen - dann Autofahrt am Gefängnis vorbei)

(BRIEFD 7, Off-Ton)

Florence

Sehr geehrter Herr Dammbeck, Ich setze meine Antwort auf Ihre Briefe fort.

Sie fragen: „Wer ist berechtigt, das Recht zu setzen?“

Ich behaupte, niemand ist dazu berechtigt.

In den zivilisierten Gesellschaften nimmt man gewöhnlich an, dass der Staat das Recht festsetzt.

In nichtzivilisierten Gesellschaften setzen Bräuche und Gewohnheiten das Recht.

Wenn man den durch den Staat und die Bräuche festgesetzten Maßstab des Rechts ablehnt und dagegen vorgeht, heisst das REVOLUTION.

Natürlich wird man dazu von niemandem berechtigt.Wenn Sie glauben, dass das unmoralisch sei, nehmen Sie an keiner Revolution teil.

Aber die Revolution ist das einzige Mittel, wodurch man dem technologischen System Widerstand leisten kann.

Sie fragen mich, warum ich Ihnen noch keine Kopie

der authentischen Fassung des MANIFESTO geschickt habe.

Aber ich besitze noch keine authentische Fassung.

Ich habe zwei Fotokopien des ursprünglichen Manuskripts, aber die sind zum Teil unleserlich.

Ich habe zwei gut lesbare Transkriptionen des MANIFESTO, aber beide enthalten Fehler.

Ich bin dabei, eine authentische Fassung des MANIFESTO zu machen, indem ich die vier erwähnten Fassungen miteinander vergleiche, aber mir fehlt die Zeit, um damit fertig zu werden...

weil ich so viele Briefe beantworten muss!

Also, stellen Sie mir lieber nicht so viele Fragen.

Meine Biografe ist unwichtig, und ich will nicht darüber sprechen.

Sprechen wir über die Angelegenheiten, die wichtig sind.

Ihr ergebener Ted Kaczynski

EPILOG

(weisse Schrift auf schwarzem Grund)

Der Mathematiker Kurt Gödel stirbt 1978 an den Folgen seiner Paranoia.

Der Mathematiker Ted Kaczynski wird 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. Gegen seinen Willen kommt es vor Prozeßbeginn zu einer Absprache zwischen Verteidigung, Staatsanwalt und Gericht:

kein regulärer Prozeß, keine Einweisung in die Psychatrie, kein Todesurteil und keine Möglichkeit auf Begnadigung.

Ted Kaczynski verwahrt sich bis heute dagegen, als der „Unabomber“ bezeichnet zu werden.

(ROLLTITEL - ALLED CREDITS)

FILMENDE

31) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

TED KACZYNSKI

to

LUTZ DAMMBECK

August 15, 2005

Dear Mr.Dammbeck,

The person who formerly reviewed letters written in German is no longer at this prison, and consequently any letter that I receive or write in German must be sent to another prison to be reviewed. This involves inconvenience for the staff, and delay.

Therefore I write to you in English.

On August 11 I received your letter dated July 10.

On May 23 I sent you a latter dated May 21, whoch apparently you have not received.

The substance of that letter was as follows:

You wrote to me that you were going to have a copy pf your book (related to your film)

sent to me from the publisher. I have not yet received the book.

I have asked you at least twice for a transcript of the words of your film- I have not yet received the transcript.

If and when I receive a copy of your book and a transcript of your film, then we can discuss further the question of an interview. But until I receive the book and the transcript, I will not waste my time by writing to you again.

Yours truly

Ted Kaczynski

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

die Person, die früher Briefe in deutscher Sprache geprüft hat, ist nicht mehr in diesem Gefängnis, und folglich muss jeder Brief, den ich in deutscher Sprache erhalte oder schreibe, zur Überprüfung in ein anderes Gefängnis geschickt werden. Dies ist mit Unannehmlichkeiten für das Personal und mit Verzögerungen verbunden. Daher schreibe ich Ihnen auf Englisch. Am 11. August erhielt ich Ihren Brief vom 10. Juli. Am 23. Mai habe ich Ihnen einen zweiten vom 21. Mai geschickt, den Sie offenbar nicht erhalten haben. Der Inhalt dieses Briefes war wie folgt: Sie schrieben mir, dass Sie mir ein Exemplar Ihres Buches (zu Ihrem Film) vom Verlag schicken lassen würden. Ich habe das Buch noch nicht erhalten.

Ich habe Sie mindestens zweimal um eine Abschrift der Worte Ihres Films gebeten - ich habe die Abschrift noch nicht erhalten. Wenn und sobald ich ein Exemplar Ihres Buches und ein Transkript Ihres Films erhalte, können wir die Frage eines Interviews weiter diskutieren. Aber bis ich das Buch und das Transkript erhalte, werde ich meine Zeit nicht damit verschwenden, Ihnen erneut zu schreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Ted Kaczynski


34) 28. August 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Dear Mr. Kaczynski,

I received your letter dated 15th August, and because of the new situation - which means that you apparently receive letters written in German after a considerable delay (the same applying to your letters to me) - I will send you everything in English from now on.

The following, therefore, is a repeat of my letter dated 22nd July 2005.

I hope that by now you will have received the film script - that there hasn’t been a delay in handing it over to you because of the parts in German.

I will get in touch with the publisher again and ask about the book.

He shall send it again. However, the book is all in German.

Do you suppose all of it will be read, translated and checked before it is handed on to you? That could take a very long time.

In my last letters I mentioned some planned screenings of the film in England (UK), especially at the TECHNOPOLIS-conference in Leeds. The feedback which I've got sounds interesting and frustrating at the same time, I will report you in a following letter more about the discussions there between pro- and contra-technologists.

to TJK 28 August 2005 Seite 2

Anyway, here is - first of all - my letter to you dated 22nd July, which ought to have a German postmark from the 25th July, and included the textlist of the film.

Yours,

Lutz Dammbeck

Hamburg, August 30th 2005

In deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

Ihren Brief vom 15. August habe ich erhalten, und wegen der neuen Situation - die dazu führt, dass Sie offenbar Briefe in deutscher Sprache mit erheblicher Verzögerung erhalten (das Gleiche gilt für Ihre Briefe an mich) - werde ich Ihnen von nun an alles in englischer Sprache schicken. Nachfolgend also eine Wiederholung meines Briefes vom 22. Juli 2005. Ich hoffe, dass Sie inzwischen das Drehbuch erhalten haben - dass es nicht zu einer Verzögerung bei der Übergabe an Sie gekommen ist, wegen der Teile in Deutsch. Ich werde mich nochmals mit dem Verlag in Verbindung setzen und nach dem Buch fragen. Er wird es wieder schicken. Allerdings ist das Buch komplett auf Deutsch. Meinen Sie, dass es komplett gelesen, übersetzt und geprüft wird, bevor es an Sie weitergegeben wird? Das könnte sehr lange dauern. In meinen letzten Briefen erwähnte ich einige geplante Vorführungen des Films in England (UK), insbesondere bei der TECHNOPOLIS-Konferenz in Leeds. Die Rückmeldungen, die ich bekommen habe, klingen interessant und frustrierend zugleich, ich werde Ihnen in einem folgenden Brief mehr über die dortigen Diskussionen zwischen Pro- und Contra-Technologen berichten. Wie auch immer, hier ist - zunächst einmal - mein Brief an Sie vom 22. Juli, der einen deutschen Poststempel vom 25. Juli haben sollte, und die Textliste des Films enthalten.

Mit freundlichen Grüßen, Lutz Dammbeck

Hamburg, 30. August 2005

Brief vom 22. Juli 2005 in englischer Sprache:

“Dear Mr. Kaczynski,

Thank you very much for your letter dated 21st May 2005, which I

received on 13th July 2005. My last letter to you was written on 10th July 2005. In your letter, you asked me once again for the “words spoken in the film” and I am very happy to fulfil your request. However, I am intrigued (and also a little worried) as to whether this will give you the right impression of the film. After all, it is not so easy for a “film layman” (please excuse me calling you this) to imagine the overall effect on the basis of the script alone - without all the other important elements such as pictures, music, original sounds and montage.

I am surprised that the book which you mentioned has not yet reached you. I will be back in Hamburg at the end of August and will look into the matter then. I have heard no more from Avi Weider since the end of May.

I hope you are well. How is the work organising and processing your archive material coming along? With best wishes and greetings - also from my wife and Sabine Schenk - to you and to your partner, I remain

Yours,

Enclosure: Film script in original language German/English

Because of the mentioned reasons I think it's useful to send the textlist - all parts complete in English- again. I hope you are well and wish you all the very best and continued strength, in the name of my wife as well, Yours,

35) 24th October 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Dear Mr. Kaczynski,

I received your letter dated October 5, 2005.

The problems with the many disappearing letters that you describe are certainly very annoying. Did you, for example, get the newspaper criticism that I included in one of my recent letters? It was reviews of the book and the film that appeared in one of Germany's largest, most important newspapers, which is also well-known and read in America.

My last letter to you was dated 30th August 2005.

As the publisher confirmed to me yesterday, the book has been sent a second time - posted in Hamburg on 8th September 2005. The publisher is called “Nautilus Verlag Hamburg“. But the fact that you have received the film texts does seem to indicate that the officials found nothing dangerous that might have caused them to hold back the texts.

I had promised to tell you about the screenings in England at the Earth First! gathering.

Here's what my acquaintance from England wrote on the subject:

“During the 90s, Earth First! was quite a big network with a few dozen local groups, and there was even an EF!-network in Germany from 1994 to 96; villages of huts in protest against motorway projects and fields of genetically manipulated plants.

The Reclaim-the-Street-Party in London in 1999 was the high point of the English protest movement and the EF!-Network in the UK. (-) But today the “technology critics” within the radical scene are a disappearing minority, and people smile at them as naive. TECHNOPOLIS, the conference in Leeds, was discouraging. The main theme was nanotechnology, which appears to be the next industrial revolution after the mass exploitation of natural oil and computerisation. The perspectives are frightening; probably the final, physically manifest consequences of cybernetics, and yet we (the opponents of technology) were a tiny group of people without the slightest idea of what to do to stop things. It almost felt as if we were facing the same problem as the Luddites 300 years ago - only with fewer people, and this is a global problem”. So much for - excerpts from - the report from Leeds from the Earth First! gathering, where the film was also shown and discussed.

It is rather a shame that our exchange of letters recently has been compelled by external influences to leave matters of content, and that we have only been concerned with technical questions in connection with an interview, or the difficulties over post.

One aspect that repeatedly arises in the discussions after the film screenings is the question of using violence and your definition of “revolution”, which I quote at the end of the film.

The controversy centres around your position of the right to “self-empowerment”.

On that subject, one woman who had seen the film recently sent me the following question: “There is no right outside the state and no state outside of right, and right and state are Godgiven. Hegel was the first to subsume society and the state, and history and world consciousness, thus reconciling both categories. What does Ted Kaczynski think of this statement?”

Would you care to answer that?

The film continues to tour; in November in Germany, England, France, Switzerland, Hong Kong and Austria. It is often accompanied by discussions after the screening, whereby the problems addressed frequently move away from the computer to the current questions of bio- and genetic technology; a new attempt to solve "the problem of good and evil using technical apparatus".

Yesterday was the 200th birtday of one of the most important German writers, Adalbert Stifter. Do you know them? I think you would like his thinking and writings about nature, writings like this about an little see in the mountains...der wie ein schwarzes Auge ist, überragt von der Stirne und Braue der Felsen, gesäumt von der Wimper dunkler Tannen, drin das Wasser regungslos, wie eine versteinerte Träne.“ (from: BUNTE STEINE, 1853)

And have you also heard that two men with the same name as you, the Kaczynski brothers, have been experiencing a remarkable political career in Poland recently? One of them (Lech) is even a presidential candidate, and yesterday he was really the winner and is the new president in Poland. Are the two related to you in any way?

I hope that you will soon have an opportunity to read the film text, and also trust that you will soon be able to let me know that you have received the book.

I will look forward to hearing from you, and hope that both you and your partner are well

Best regards

Yours

Lutz Dammbeck

Hamburg, October 24th 05

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

ich habe Ihren Brief vom 5. Oktober 2005 erhalten.

Die Probleme mit den vielen verschwundenen Briefen, die Sie beschreiben, sind sicherlich sehr ärgerlich. Haben Sie z.B. die Zeitungskritik erhalten, die ich in einem meiner letzten Briefe beigefügt habe? Es handelte sich um Rezensionen des Buches und des Films, die in einer der größten und wichtigsten deutschen Zeitungen erschienen sind, die auch in Amerika bekannt ist und gelesen wird.

Mein letzter Brief an Sie war vom 30. August 2005. Wie mir der Verlag gestern bestätigte, ist das Buch ein zweites Mal verschickt worden - aufgegeben in Hamburg am 8. September 2005. Der Verlag heißt "Nautilus Verlag Hamburg".

Aber die Tatsache, dass Sie die Filmtexte erhalten haben, scheint darauf hinzuweisen, dass die Beamten nichts Gefährliches gefunden haben, was sie veranlasst hätte, die Texte zurückzuhalten. Ich hatte versprochen, Ihnen von den Filmvorführungen in England bei der Earth First!-Versammlung zu berichten. Hier ist, was mein Bekannter aus England dazu schrieb: "In den 90er Jahren war Earth First! ein ziemlich großes Netzwerk mit ein paar Dutzend lokalen Gruppen, und von 1994 bis 96 gab es sogar ein EF!-Netzwerk in Deutschland; Hüttendörfer im Protest gegen


Autobahnprojekte und Felder mit genmanipulierten Pflanzen. Die Reclaim-the-Street-Party in London 1999 war der Höhepunkt der englischen Protestbewegung und des EF!-Netzwerks in Großbritannien. (-) Doch heute sind die "Technologiekritiker" innerhalb der radikalen Szene eine verschwindende Minderheit, und sie werden als naiv belächelt. TECHNOPOLIS, die Konferenz in Leeds, war entmutigend. Hauptthema war die Nanotechnologie, die nach der Massenausbeutung des Erdöls und der Computerisierung die nächste industrielle Revolution zu sein scheint. Die Perspektiven sind beängstigend; wahrscheinlich die endgültigen, physisch manifesten Folgen der Kybernetik, und doch waren wir (die Technologiegegner) eine winzige Gruppe von Leuten ohne die geringste Idee, was man tun könnte, um die Dinge aufzuhalten. Es fühlte sich fast so an, als stünden wir vor dem gleichen Problem wie die Ludditen vor 300 Jahren - nur mit weniger Menschen, und das ist ein globales Problem". Soweit - in Auszügen - der Bericht aus Leeds von der Earth First! Versammlung, wo der Film auch gezeigt und diskutiert wurde. Es ist etwas schade, dass unser Briefwechsel in letzter Zeit durch äußere Einflüsse gezwungen war, inhaltliche Fragen zu verlassen, und dass wir uns nur mit technischen Fragen im Zusammenhang mit einem Interview oder den Schwierigkeiten bei der Postzustellung beschäftigt haben.

Ein Aspekt, der in den Diskussionen nach den Filmvorführungen immer wieder auftaucht, ist die Frage der Gewaltanwendung und Ihre Definition von "Revolution", die ich am Ende des Films zitiere. Die Kontroverse dreht sich um Ihre Position des Rechts auf "Selbstermächtigung". Zu diesem Thema hat mir eine Frau, die den Film gesehen hat, kürzlich folgende Frage geschickt: "Es gibt kein Recht außerhalb des Staates und keinen Staat außerhalb des Rechts, und Recht und Staat sind gottgegeben. Hegel war der erste, der Gesellschaft und Staat sowie Geschichte und Weltbewusstsein zusammenfasste und damit beide Kategorien versöhnte. Was hält Ted Kaczynski von dieser Aussage?" Würden Sie das bitte beantworten?

Der Film tourt weiter; im November in Deutschland, England, Frankreich, der Schweiz, Hongkong und Österreich. Er wird oft von Diskussionen im Anschluss an die Vorführung begleitet, wobei sich die angesprochenen Probleme häufig weg vom Computer hin zu den aktuellen Fragen der Bio- und Gentechnologie bewegen; ein neuer Versuch, "das Problem von Gut und Böse mit technischen Apparaten" zu lösen. Gestern war der 200. Geburtstag von einem der bedeutendsten deutschen Schriftsteller, Adalbert Stifter. Kennen Sie ihn? Ich denke, sein Denken und seine Schriften über die Natur würden Ihnen gefallen, Schriften wie diese über einen kleinen See im Gebirge...der wie ein schwarzes Auge ist, überragt von der Stirne und Braue der Felsen, gesäumt von der Wimper dunkler Tannen, drin das Wasser regungslos, wie eine versteinerte Träne." (aus: BUNTE STEINE, 1853) Und haben Sie auch gehört, dass zwei Männer mit dem gleichen Namen wie Sie, die Kaczynski-Brüder, in letzter Zeit eine bemerkenswerte politische Karriere in Polen gemacht haben? Einer von ihnen (Lech) ist sogar Präsidentschaftskandidat, und gestern hat er tatsächlich gewonnen und ist der neue Präsident in Polen. Sind die beiden in irgendeiner Weise mit Ihnen verwandt?

Ich hoffe, dass Sie bald die Gelegenheit haben werden, den Filmtext zu lesen, und vertraue auch darauf, dass Sie mir bald mitteilen können, dass Sie das Buch erhalten haben.

Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören, und hoffe, dass es Ihnen und Ihrer Partnerin gut geht Mit freundlichen Grüßen

Ihr Lutz Dammbeck

32) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

November 6, 2005

Dear Mr.Dammbeck,

The mail situation has changed, and if we wrote to one another in German the letters would probably be delayed less than two weeks for translation. Nevertheless, haste is necessary, so I will write you in English in order to avoid any delay for translation, and also because I write German slowly.

Thank you for to getting me the date on which the publisher sent me a copy of your book for the second time. The book has not been legitimately rejected by the prison authorities; if it had been, then I would have rejected a „rejection notice“ explaining the reasons for the rejection.

There is every reason to believe that the problems with the mail have been due to illegitimate actions by certain members of the prison staff. However, the mail problems may now have been solved in part. Can you have your publisher send me a copy of your book by registered mail? If so, the book should reach me.

Very bad things have been happening here.

On Oct. 27, the prison authorities confiscated most of my books and personal papers. Most of my time and energy have been absorbed in efforts to save some of this material, so in this letter I can cover only the most essential points.

First, there is a man named Dr.David Skrbina who is teaching a course in the Philosophy of Technology at the University of Michigan-Dearborn.

It is a new course, and Dr.Skrbina says he has been having good success in making his students aware of the danger of technology. He is hoping to publish a book about my ideas that would include a selection of my writings, but he thinks that publication in the United States might entail certain legal difficulties that would deter publishers.

It has occurred to me, that publication in Germany, in German translation, might involve no such difficulties. Since I think you will be interested in Dr. Skrbina's project, perhaps you would be willing to help him find a translator and a German publisher, assuming that he wants that, which for the moment remains an open question. (I am only just now calling his attention to this idea.) Dr.Skrbina probably would be willing to send you copies of some essays of mine that you have not seen. His adress is:

DR.DAVID SKRBINA

UNIVERSITY OF MICHIGAN-DEARBON

COLLEGE OF ARTS, SCIENCES, AND LETTERS

HUMANITIES DEPARTMENT

4901 EVERGREEN ROAD

DEARBORN MI 48128 - 1491

U S A

If you would like to write him he will no doubt be able to answer your questions.

I have no time.

Second, the government attorney in my return-of-property case has said that everything I have written since my conviction should be sold to pay restitution to my alleged victims, and it is possible that the government may actually try to seize papers of mine that are already in the University of Michigan Library.

However, until the government actually levies upon the papers, I can legally dispose of the papers that I still own in any way that I like. I think that if the papers were in Germany, they would be legally beyond the reach of the United States Government.

Do you think there is a library in Germany that would like to have some of my papers? Because I am extremely pressed for time, I can't write any more at the moment.

Sincerely yours,

Ted Kaczynski

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

Die Postlage hat sich geändert, und wenn wir uns auf Deutsch schreiben würden, würden die Briefe wahrscheinlich weniger als zwei Wochen für die Übersetzung brauchen. Trotzdem ist Eile geboten, also


schreibe ich Ihnen auf Englisch, um jede Verzögerung für die Übersetzung zu vermeiden, und auch, weil ich langsam Deutsch schreibe. Ich danke Ihnen, dass Sie mir das Datum mitgeteilt haben, an dem der Verlag mir zum zweiten Mal ein Exemplar Ihres Buches geschickt hat. Das Buch ist nicht zu Recht von der Gefängnisbehörde abgelehnt worden; wenn es so gewesen wäre, dann hätte ich einen "Ablehnungsbescheid" zurückgewiesen, in dem die Gründe für die Ablehnung erläutert werden.

Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass die Probleme mit der Post auf unrechtmäßige Handlungen bestimmter Mitglieder des Gefängnispersonals zurückzuführen sind. Die Probleme mit der Post könnten nun aber teilweise gelöst sein. Können Sie Ihren Verleger veranlassen, mir ein Exemplar Ihres Buches per Einschreiben zu schicken? Wenn ja, sollte das Buch mich erreichen.

Hier sind sehr schlimme Dinge passiert. Am 27. Oktober beschlagnahmten die Gefängnisbehörden die meisten meiner Bücher und persönlichen Papiere. Die meiste Zeit und Energie habe ich in die Bemühungen gesteckt, einen Teil dieses Materials zu retten, so dass ich in diesem Brief nur auf die wichtigsten Punkte eingehen kann.

Erstens gibt es einen Mann namens Dr. David Skrbina, der an der Universität von Michigan-Dearborn einen Kurs in Philosophie der Technologie unterrichtet. Es ist ein neuer Kurs, und Dr. Skrbina sagt, er habe guten Erfolg damit, seine Studenten auf die Gefahren der Technologie aufmerksam zu machen. Er hofft, ein Buch über meine Ideen zu veröffentlichen, das eine Auswahl meiner Schriften enthalten würde, aber er denkt, dass eine Veröffentlichung in den Vereinigten Staaten gewisse rechtliche Schwierigkeiten mit sich bringen könnte, die Verleger abschrecken würden.

Es ist mir in den Sinn gekommen, dass eine Veröffentlichung in Deutschland, in deutscher Übersetzung, keine solchen Schwierigkeiten mit sich bringen könnte. Da ich denke, dass Sie an Dr. Skrbinas Projekt interessiert sind, wären Sie vielleicht bereit, ihm zu helfen, einen Übersetzer und einen deutschen Verlag zu finden, vorausgesetzt, dass er das will, was im Moment noch offen ist. (Ich mache ihn erst jetzt auf diese Idee aufmerksam.) Dr. Skrbina wäre wahrscheinlich bereit, Ihnen Kopien einiger Aufsätze von mir zu schicken, die Sie noch nicht gesehen haben. Seine Adresse ist: DR.DAVID SKRBINA

UNIVERSITY OF MICHIGAN-DEARBON

COLLEGE OF ARTS, SCIENCES, AND LETTERS

ABTEILUNG FÜR GEISTESWISSENSCHAFTEN

4901 EVERGREEN ROAD

DEARBORN MI 48128 - 1491

U S A

Wenn Sie ihm schreiben möchten, wird er Ihre Fragen zweifellos beantworten können. Ich habe keine Zeit.

Zweitens hat der Regierungsanwalt in meinem Fall der Eigentumsrückgabe gesagt, dass alles, was ich seit meiner Verurteilung geschrieben habe, verkauft werden soll, um meine angeblichen Opfer zu entschädigen, und es ist möglich, dass die Regierung tatsächlich versuchen wird, Papiere von mir zu beschlagnahmen, die sich bereits in der Bibliothek der Universität von Michigan befinden.

Solange die Regierung die Papiere jedoch nicht beschlagnahmt, kann ich über die Papiere, die ich noch besitze, ganz legal auf jede beliebige Weise verfügen. Ich denke, wenn die Papiere in Deutschland wären, wären sie rechtlich außerhalb der Reichweite der Regierung der Vereinigten Staaten.

Glauben Sie, dass es in Deutschland eine Bibliothek gibt, die gerne einige meiner Papiere haben möchte? Da ich extrem unter Zeitdruck stehe, kann ich im Moment nicht mehr schreiben.

Mit freundlichen Grüßen,

Ted Kaczynski

36) 28. November 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Dear Mr. Kaczynski,

I received your letter dated November 6, 2005.

Unfortunately I'm pressed for time at the moment too and can't answer you in a longer letter.

So I will send you only these short informations:

- the publisher will send you the book again by „registered mail“

- I contacted Mr. Skrbina. I found out very quickly his e-mail adress for faster corresponding and he was answering me promptly. We are in contact.

To find a good German-translater is no problem. The German version of the „corrected“ version of the Manifesto which we produced is surely the German version which is possible.

- Yesterday I was talking & negotiating with one of the most important and famous archives & libraries in german-speaking countries about giving them some materials (papers, fotographs, several documents like film scripts, graphics and other documents) of my art- and filmwork, which they are interested to get.

The name of the archive is „Academy of Art and Science Berlin-Brandenburg“.

Here is the place where the estates of Bertold Brecht, Walter Benjamin, Heinrich Mann, Georg Grosz or John Heartfield are collected.

I ask them also for eventualy archivising some of your papers.

Yes, maybe it's possible.

But for further discuss it would be helpful to give me some more informations:

How much material is it? Which kind of material is it (handwritten text/manuscripts/ photographs/books/essays/copies)? How many pages?

Which procedure would be necessary? Under whoch conditions could such transfer work?

"Das Netz" continues to run very successfully, in my next letter I will tell you more.

I hope you are well. With best wishes and greetings - also from my wife and Sabine Schenk

- to you and to your partner, I remain

Yours

Lutz Dammbeck

Hamburg Nov 26th 2005

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Kaczynski,

ich habe Ihren Brief vom 6. November 2005 erhalten.

Leider stehe ich im Moment auch unter Zeitdruck und kann Ihnen nicht in einem längeren Brief antworten.

Daher werde ich Ihnen nur diese kurzen Informationen zukommen lassen:

- Der Verlag wird Ihnen das Buch nochmals per "Einschreiben" zusenden

- Ich habe mit Herrn Skrbina Kontakt aufgenommen. Ich habe sehr schnell seine E-Mail Adresse für schnellere Korrespondenz herausgefunden und er hat mir prompt geantwortet. Wir sind in Kontakt.

Einen guten Deutsch-Übersetzer zu finden, ist kein Problem. Die deutsche Version der "korrigierten" Version des Manifests, die wir erstellt haben, ist sicher die deutsche Version, die möglich ist.

- Gestern habe ich mit einem der wichtigsten und bekanntesten Archive & Bibliotheken im deutschsprachigen Raum gesprochen & verhandelt, um ihnen einige Materialien (Papiere, Fotos, diverse Dokumente wie Filmdrehbücher, Grafiken und andere Dokumente) meiner Kunst- und Filmarbeit zu überlassen, die sie gerne haben möchten.

Der Name des Archivs ist "Akademie der Künste und Wissenschaften Berlin-Brandenburg".

Hier ist der Ort, an dem die Nachlässe von Bertold Brecht, Walter Benjamin, Heinrich Mann, Georg Grosz oder John Heartfield gesammelt werden. Ich frage dort auch nach einer eventuellen Archivierung einiger Ihrer Nachlässe.

Ja, vielleicht ist das möglich. Aber für die weitere Diskussion wäre es hilfreich, wenn Sie mir ein paar mehr Informationen geben könnten:

Um wie viel Material handelt es sich? Um welche Art von Material handelt es sich (handschriftlicher Text/ Manuskripte/Fotos/Bücher/Aufsätze/Kopien)? Wie viele Seiten? Welches Verfahren wäre notwendig? Unter welchen Bedingungen könnte eine solche Übertragung funktionieren?

"Das Netz" läuft weiterhin sehr erfolgreich, in meinem nächsten Brief werde ich Ihnen mehr berichten.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut. Mit besten Wünschen und Grüßen - auch von meiner Frau und Sabine Schenk - an Sie und Ihrer Partnerin verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Dammbeck

Hamburg 26. November 2005

37) 23. Dezember 2005

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg

THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Dear Mr. Kaczynski,

Merry Christmas and a Happy New Year to you from Hamburg.

Did you get my last letter dated Nov 28th (with my questions regarding archivising some of your material/papers)?

The publisher was sending you by registered mail the book again and I hope that you 've got it already.

I'm actuelly intensivly in contact with Mr.Skrbina and potentially we can do something together next year.

So I hope you are well. With best wishes and greetings to you and to your partner, I remain

Your s

Lutz Dammbeck

Hamburg Dec 23th 2005

in deutscher Übersetzung:

Lieber Herr Kaczynski,

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wünsche ich Ihnen aus Hamburg.

Haben Sie meinen letzten Brief vom 28. November (mit meinen Fragen bezüglich der Archivierung einiger Ihrer Materialien/Papiere) erhalten? Der Verlag hat Ihnen das Buch wieder per Einschreiben geschickt und ich hoffe, dass Sie es schon erhalten haben. Ich bin zur Zeit in intensivem Kontakt mit Herrn Skrbina und vielleicht können wir nächstes Jahr etwas zusammen machen. Ich hoffe also, dass es Ihnen gut geht. Mit besten Wünschen und Grüßen an Sie und Ihrer Partnerin verbleibe ich Ihr

Lutz Dammbeck

Hamburg 23. Dezember 2005

33) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

January 22, 2006

Dear Mr. Dammbeck,

Thanks for your letters of November 28, 2005 and December 23, 2005.

I'm sorry I've taken so long to answer, but I'm even more pressed for time than previously. With regard to the possible donation of some of my papers to a German archive, you ask in your letter of November 28: „Which procedure would be necessary? Under what conditions could such a transfer work?“

But these are the questions to which I need the answers. I hope that the archive can answer them. If the archive can't answer these questions, then I certainly can't answer them either.

The United States Government claims to have a lien on all of my property, including my papers. This, if true, means that if I gave my papers to an American archive, the Government could take the papers away from the archive and sell them to pay restitution to my alleged victims.

I think that maybe the lien could not be enforced in Europe, and this would be my only reason for giving my papers to a European archive rather to an American one.

So the most important question is this: Could the United States Government's lien be enforced against my papers if they were in a European archive? Perhaps the archive you mentioned can find the answer to this question. If not, then I don't know how to answer the question either.

Can you give me the adress of the archive so that I can communicate with it directly?

Best regards

Ted Kaczynski


in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Dammbeck, vielen Dank für Ihre Briefe vom 28. November 2005 und 23. Dezember 2005.

Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, um Ihnen zu antworten, aber ich stehe jetzt noch mehr unter Zeitdruck als zuvor. Im Hinblick auf die mögliche Schenkung einiger meiner Papiere an ein deutsches Archiv fragen Sie in Ihrem Brief vom 28. November: "Welches Verfahren wäre notwendig? Unter welchen Bedingungen könnte eine solche Übergabe funktionieren?" Aber das sind die Fragen, auf die ich die Antworten brauche. Ich hoffe, dass das Archiv sie beantworten kann. Wenn das Archiv diese Fragen nicht beantworten kann, dann kann ich sie sicherlich auch nicht beantworten.

Die Regierung der Vereinigten Staaten behauptet, ein Pfandrecht auf mein gesamtes Eigentum zu haben, einschließlich meiner Papiere. Wenn das stimmt, bedeutet das, dass, wenn ich meine Papiere einem amerikanischen Archiv übergeben würde, die Regierung die Papiere dem Archiv wegnehmen und sie verkaufen könnte, um meinen angeblichen Opfern eine Entschädigung zu zahlen. Ich denke, dass das Pfandrecht in Europa vielleicht nicht durchgesetzt werden könnte, und das wäre mein einziger Grund, meine Papiere einem europäischen Archiv zu geben und nicht einem amerikanischen. Die wichtigste Frage ist also diese: Könnte das Pfandrecht der Regierung der Vereinigten Staaten an meinen Papieren durchgesetzt werden, wenn sie sich in einem europäischen Archiv befinden? Vielleicht kann das von Ihnen erwähnte Archiv die Antwort auf diese Frage finden. Wenn nicht, dann weiß ich auch nicht, wie ich die Frage beantworten soll. Können Sie mir die Adresse des Archivs geben, damit ich mich direkt mit ihm in Verbindung setzen kann?

Mit freundlichen Grüßen

Ted Kaczynski

38) 10. Februar 2006

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500

U S A

Dear Ted Kaczynski,

Thanks for your letter of January 22, 2006.

In that letter, you passed back to me some of the questions that I had asked you - after my conversation with the person responsible for the archive - about an archive in Germany possibly undertaking to keep your papers.

What I would like to establish, basically, is that I think it is important that your “papers” don't end up in any old archive, but in a significant archive, where the material can be made available to serious, important international academics and researchers - at a time and to an extent that you can determine yourself.

I suggested a suitable archive, and I have had some early conversations of a very general nature there to inform people about you and the possible nature of the material - and to “advertise” it.

I met with some interest in this matter, because the fact that this archive is interested in a large part of my own archive material - including all the material connected with the film “The Net“ - means I have a personal contact there.

This situation might lead eventually to an opportunity to place your material in the archive (under this mentioned „roof“) + under your own heading “Ted Kaczynski Papers” (or whatever you suggest).

That would be one solution - meeting the formal requirements - because in principle the archive of the Academy of the Arts in Berlin only stores the estates of Academy members or winners of prizes for art and science endowed by the Academy.

In order to clarify your questions in the letter dated January 22 - whether it is possible for a German archive/or more exactly the archive of the Academy of the Arts Berlin/ to take on your papers and whether your papers would be secure there - I must again ask you to answer some questions that I already posed in my letter of November 28.

Those were the questions that arose during my preliminary talks at the Academy of the Arts. In very concrete terms, and this is essential for us to know: what do you mean by “my papers?” More precisely: How much material is it? What kind of material is it (handwritten text/ manuscripts/ photographs/ books/essays /copies)? How many pages?

As far as the questions are concerned that you touched upon - and that you seem a little uncertain about: “Which procedure would be necessary?”, I will try and express myself more clearly this time:

What this means is - what ideas do you have about the rights that the archive would then have to work with your papers? Would the papers just be stored there, or could the archive assess them and make a catalogue of them, or would it be able to make them available to others for research purposes? Would it be possible for the academics of the archive or third parties to publish the papers, or parts of the papers?

I am sure you have very concrete ideas about the conditions under which you are prepared to pass on your papers. And of course the archive would like to know these details before any concrete discussions or any decisions can be made about them there. It is not a private archive, but one of the best-regarded, important archives in Germany or even in Europe, and there is a committee of academics, artists and archivists there who decide what material is taken on.

So what rights would the archive receive, and what rights do you not wish to hand over, but retain for yourself? And - without a more concrete list from you of what the material in question consists of, it will be difficult for me to trigger a more lasting, definitive interest in it at the archive.

That is the precondition, if we are to get matters moving. For that reason, I am asking for your understanding and your continued trust that I will continue to hold these conversations and preliminary negotiations in your interests and to your benefit. I can only do that because I am better informed about the relevant persons and conditions, I have personal contacts at the archive, and these people trust me. I would like to go on using the credit that I enjoy there for your benefit and your cause.

But to do that, I urgently need the information I have mentioned.

You also asked me: “Under what conditions could such a transfer work?”

What I meant by this question was whether you wanted to employ a lawyer to draft out a contract between you and the archive after all the details concerning the nature and extent of the material have been sorted out;

Do you want a contract at all, or simply an agreement? When there is agreement on the details it could be drafted either in Berlin and then sent to you, or you could send a draft by post and I would be happy to pass it on. And that question also means - what ideas do you have about how your papers could be transferred from Florence to Berlin? By post, by Fedex? It remains to be seen whether there will be problems with that in practice. No one can be expected to know that before the archive in Berlin is in a position to apply to the warden or to the relevant authorities. I am aware that the question of your papers has been a matter of concern for you for some time, and that it troubles you. I understand that very well, which is why I don't like to press you at the moment with questions about the interview (where we had already made considerable progress - has Dr.Skrbina written to you about it?) or for your opinion on the film text or the book. But of course I am curious to hear your comments on both. But first of all, I would like to help you to clarify the questions in connection with your papers to your satisfaction.

As far as the “Net” is concerned, let me just say: a DVD edition will shortly be appearing in the USA, and in the autumn it will be going on a short tour - with additional material - through various university cities, where there will be discussions and talks on the film. Dr.David Skrbina has also been approached in that context, and we will soon be sorting out the details. I hope that you and your partner are well, and remain yours

Lutz Dammbeck

Hamburg Feb10th 2006

in deutscher Übersetzung:

Dear Ted Kaczynski,

Thanks for your letter of January 22, 2006.

Sie geben mir darin einige der Fragen zurück, die ich Ihnen bezüglich der eventuellen Übernahme eines Archivs in Deutschland nach einem Gespräch mit dem Archivverantwortlichen gestellt hatte.

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass ich es für wichtig halte, dass Ihre „Papiere“ nicht in irgendein Archiv kommen, sondern in ein wichtiges und bedeutsames Archiv, wo das Material zu einem von Ihnen zu bestimmenden Zeitpunkt und in von Ihnen zu bestimmenden Umfang seriösen und wichtigen internationalen Wissenschaftlern zugänglich ist.

Dafür hatte ich einen Vorschlag gemacht und Vorgespräche ganz allgemeineret Art geführt, um über Sie und die mögliche Art des Materials zu informnieren und zu werben. Ich fand ein offenes Ohr dafür, weil ich einen persönlichen Kontakt durch die Tatsache habe, dass dieses Archiv an einem großen Teil meines eigenen Archivmaterials interessiert ist, unter anderem am gesamten Material zum Film „Das Netz“.

Das ergäbe eventuell die Möglichkeit, auch Ihr Material unter einer eigenen Rubrik „Ted Kaczynski“ (oder was Sie vorschlagen) dort zu archivieren. Das waere formal eine Lösung, weil das Archiv der Akademie der Künst ansonsten grundsätzlich nur die Nachlässe von Akademiemitgliedern oder Preisträgern der von der Akademie ausgelobten Kunst- und Wissenschaftspreise aufgenommen werden. Um nun Ihre Fragen im Brief vom 22.Januar klären zu können, ob es möglich ist, dass ein deutsches Archiv/konkret das der Akademie der Künste Berlin/Ihre Papiere übernimmt und ob die Papiere dann dort sicher sind, muß ich Sie nochmal um die Beantwortung einiger Fragen bitten, die ich Ihnen in meinem Schreiben vom 28.November schon gestellt habe, die im Ergebnis meiner Vorgespräche in der Akademie der Künste aufkamen.

Ganz wichtig und unerläßlich ist zu wissen: was verstehen Sie unter „my papers?“ Konkret: How much material is it? Which kind of material is it (handwritten text/ manuscripts/ photographs/books/essays /copies)? How many pages?“ Zu den von Ihnen angesprochen Fragen „Which procedure would be necessary? u.a., die Ihnen unklar erscheinen, möchte ich versuchen, das nochmal klarer formulieren:

Gemeint ist, was Sie sich vorstellen, welche Rechte das Archiv dann hat, mit Ihren Papieren zu arbeiten. Sind diese dann nur eingelagert, oder können sie vom Archiv bearbeitet und katalogisiert werden, oder sind sie für wissenschaftliche Zwecke einsehbar? Ist es möglich, von den Wissenschaftlern des Archivs oder Dritten, die Papiere oder Teile der Papiere zu veröffentlichen? Sicher haben Sie konkrete Vorstellungen, unter welchen Bedingungen Sie die Papiere weggeben wollen. Das Archiv möchte natürlich diese Details wissen, ehe dort darüber konkret beraten werden kann. Es ist ja kein Privatarchiv, sondern eines der renomiertesten und bedeutendsten Archive Deutschlands und sogar Europas, und es gibt dort ein Gremium von Wissenschaftlern, Künstlern und Archivaren, die über die Aufnahme von Material entscheiden.

Also: welche Rechte erhält das Archiv, welche Rechte wollen Sie dagegen nicht vergeben und behalten? Und, ohne eine konkretere Auflistung von Ihnen, um was für Msaterial es sich handelt, wird es für mich schwierig sein, das Archiv dafür zu nachhaltiger und definitiv zu interessieren.

Und das ist die Voraussetzung, dass die Sache in Gang kommt.

Deshalb bitte ich Sie um Verständnis und weiterhin um Ihr Vertrauen, dass ich in Ihrem Sinne und Interesse diese Gespräche und Vorverhandlungen weiter führe, weil ich einfach besser mit den entsprechenden Personen und Gegebenheiten vertraut bin, die persönlichen Kontakte habe und das Vertrauen dieser Personen habe. Ich werde diesen Kredit gerne weiter für Sie und Ihre Sache einsetzen.

Dafür bitte ich Sie aber dringend um die genannten Informationen.

Sie fragen mich weiter:“Under what conditions could such a transfer work?“ Diese Frage meint, ob Sie nach Klärung aller Details über Art und Umfang des Materials einen Rechtsanwalt einschalten wollen, um einen Vertrag zwischen Ihnen und dem Archiv zu entwerfen, soll es einen Vertrag geben? Der könnte in Berlin entworfen werden, wenn über4 die Details einvernehmen besteht, und Ihnen dann zugeschickt werden. Wie stellen Sie sich vor, dass Ihre Papiere von Florence nach Berlin geschickt werden können? Per Post, per Fedex? Ob es dann Probleme dabei gibt, wird sich in praxi zeigen. Das kann niemand wissen, bevor sich das Archiv in Berlin an den Warden oder die entsprechenden Beamten wendet.


Ich merke, dass Sie die Frage Ihrer Papiere seit einger Zeit sehr stark beschäftigt, und unruhig macht. Das kann ich gut verstehen. Deshalb möchte ich Sie im Moment auch nicht mit Fragen nach dem Interview (wo wir ja schon relativ weit waren. hat Dr.Skrbina Ihnen diesbezüglich etwas geschrieben?) oder Ihrer Meinung zum Filmtext bzw. dem Buch bedrängen. Natürlich bin ich auf Ihre Kommentare dazu neugierig. Aber ich ich würde Ihnen erstmal gern helfen, die Fragen im Zusammenhang mit Ihren Papieren in Ihrem Sinne zu klären.

Zum „Netz“ nur soviel: in Kürze erscheint in den USA eine DVD-Edition, und im Herbst wird es mit zusätzlichem Material eine kleine Tour durch verschiedene Universitätsstädte mit Diskussionen und Filmgesprächen geben. Dr.David Skrbina ist auch dafür angesprochen worden, und demnächst werden wir die Details besprechen.

Ich hoffe, es geht Ihnen und Ihrer Freundin gut

34) TED KACZYNSKI to LUTZ DAMMBECK

March 8, 2006

Dear Mr. Dammbeck,

On March 2, 2006, I received your letter dated February 10, 2006.

In that letter you indicate that you plan to show your film, Das Netz, in the United States in the near future.

I have read the English-language and German-language transcripts of „Das Netz“ that you sent me earlier. Your film is defamatory. Therefore, if Das Netz in its present form, is shown in the United States, I will have to coinsider taking appropriate legal ection, for defamation, against everyone involved in showing or distributing Das Netz in the United States.

The defamatory portions of Das Netz include, but are not limited to, the following:

(1) Page 27 of your English-language transcript, page 27 of your German-language transcript. You say that I participated in „secret drug experiments“ („geheime Drogenexperimente“) at Harvard. This is false. I have never participated in, or been a subject of, drug experiments of any kind.

(2) Pages 30-31 of your English-language transcript, pages 31-32 of your German- language transcript. You quote passages from a letter that I sent you as an April-fool joke, without informing the viewers of your film that the passages were written in jest. Thus you lead your viewers to believe that I wrote crazy-sounding things. There is no passible excuse for this.

After you made the mistake of taking my letter seriously, I told you explicitly that it was an April-fool joke. and in your reply you made clear that you did then understand that it was an April-fool joke.

In citing the pages of your English-language transcript, I have used the numbers that appear at the top of the pages. However, the pages are incorrectly numbered: There is no page 26 and there are two pages 28. The pages of your German-language transcript were not numbered; I have numbered them consecutively in the oder in which the pages were when I received them.

In regard to the quality of your film as a whole, I will only quote the words of a French physician, author of several books, who is the only person I know (other than yourself) who has seen Das Netz. After viewing your film he wrote to me: „the spirit of your manifesto has been betrayed.“

There would be no point in my answering your questions about archives, because I have already decided that my papers will be deposited inb certain archives in the United States.

Ted Kaczynski

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Dammbeck,

am 2. März 2006 erhielt ich Ihren Brief vom 10. Februar 2006. Darin teilen Sie mit, dass Sie planen, Ihren Film "Das Netz" in naher Zukunft in den Vereinigten Staaten zu zeigen.

Ich habe die englisch- und deutschsprachigen Abschriften von "Das Netz" gelesen, die Sie mir zuvor geschickt haben. Ihr Film ist diffamierend. Wenn "Das Netz" in seiner jetzigen Form in den Vereinigten Staaten gezeigt wird, werde ich daher gegen jeden, der an der Vorführung oder dem Vertrieb von "Das Netz" in den Vereinigten Staaten beteiligt ist, geeignete rechtliche Schritte wegen Verleumdung einleiten müssen.

Die verleumderischen Teile von "Das Netz" beinhalten, sind aber nicht beschränkt auf, die folgenden:

(1) Seite 27 Ihres englischsprachigen Transkripts, Seite 27 Ihres deutschsprachigen Transkripts. Sie behaupten, ich hätte an "geheimen Drogenexperimenten" in Harvard teilgenommen. Dies ist falsch. Ich habe nie an irgendwelchen Drogenexperimenten teilgenommen und war auch nie Gegenstand von solchen.

(2) Seiten 30-31 Ihrer englischsprachigen Abschrift, Seiten 31-32 Ihrer deutschsprachigen Abschrift. Sie zitieren Passagen aus einem Brief, den ich Ihnen als Aprilscherz geschickt habe, ohne die Zuschauer Ihres Films darüber zu informieren, dass die Passagen im Scherz geschrieben wurden. Damit gaukeln Sie Ihren Zuschauern vor, ich hätte verrückt klingende Dinge geschrieben. Hierfür gibt es keine plausible Entschuldigung.

Nachdem Sie den Fehler gemacht haben, meinen Brief ernst zu nehmen, habe ich Sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um einen Aprilscherz handelt. und in Ihrer Antwort haben Sie deutlich gemacht, dass Sie damals verstanden haben, dass es sich um einen Aprilscherz handelt.

Beim Zitieren der Seiten Ihres englischsprachigen Transkripts habe ich die Nummern verwendet, die oben auf den Seiten stehen. Die Seiten sind jedoch falsch nummeriert: Es gibt keine Seite 26 und es gibt zwei Seiten 28. Die Seiten Ihrer deutschsprachigen Abschrift waren nicht nummeriert; ich habe sie fortlaufend in der Reihenfolge nummeriert, in der die Seiten waren, als ich sie erhielt.

Zur Qualität Ihres Films insgesamt möchte ich nur die Worte eines französischen Arztes, Autor mehrerer Bücher, zitieren, der der einzige mir bekannte Mensch (außer Ihnen) ist, der Das Netz gesehen hat. Nachdem er Ihren Film gesehen hatte, schrieb er mir: "Der Geist Ihres Manifests ist verraten worden."

Es wäre sinnlos, wenn ich Ihre Fragen über Archive beantworten würde, denn ich habe bereits entschieden, dass meine Papiere in bestimmten Archiven in den Vereinigten Staaten hinterlegt werden sollen.

Ted Kaczynski


39) 02. April 2006

Lutz Dammbeck Lornsenplatz 11 D-22767 Hamburg THEODORE JOHN KACZYNSKI

Reg.N. 04475-046

US. PENITENTIARY - MAX

P.O. Box 8500

Florence, CO 81226-8500 U S A

Dear Mr. Kaczynski,

I have received your letter dated 8th March 2006.

To be honest: I was rather shocked by the letter, and it annoyed me, too.

Of course I was happy to send you both the film-text and the book, but at the same time, I did also express my concern that you might not be able to get an impression of the impact and effect of the film on the basis of the text alone, when the images and the sound are missing.

I am still of the opinion that both the text, and in particular the film, make my attitude quite clear; that I don't maintain that you took part in drug experiments. Far more, in the text, but also in the film - which of course conveys a different impression - it is clearly indicated that I am only making a reference to claims that are being spread via the Internet. At the same time, I did not simply take over those claims about supposed drug experiments, but portrayed them in question form. At no point in my film do I maintain that there is any proof of your supposed participation in drug experiments.

I would like to try and make that clearer to you:

Let's take page 27 of the text, which you cite yourself. In the image, the scene begins in the following way: The viewer sees a screen, and my hands that are clicking on something on the Internet; he sees various websites, e.g. that of "Spirit of Freedom" with an interview with you under the heading "Prisoner Profiles" and your photo, and then (in the image) there follows - per mouse-click - a move to other websites.


It is only then that the commentary begins, off-screen, and in the German text this is "Im Internet finde ich Hinweise auf geheime Drogenexperimente der CIA Anfang der 60er Jahre an der Harvard Universität.............................. ", in the English translation (as a subtitle): "On the Internet I

find references to secret drug experiments carried out by the CIA at Harvard University during the early 60s."

This is accompanied in turn by various websites, including "Ted K., the CIA & LSD” (results among others if you are searching for „Ted Kaczynski + Harvard“ on the Internet). While the commentary text continues, these sites are clicked on and opened, and they include one page, which makes the suggestion that you object to. In the picture the film shows following single words of the text as a close-up shot like „mind control experiments“ and others, the commentary at this moment „Eine der Testpersonen ist der Mathematikstudent Ted Kaczynski “, in the English translation „One of the test

participants is the mathematics student Ted Kaczynski.“ What is wrong with that? Weren't you a participant in Prof. Murray's experiments?

However, the combination of image and commentary makes clear to the viewer that this is a claim made by that authors, and that I am only quoting them. In the next scenes of the film, my research takes me to Harvard, where I then make some enquiries of my own - but without adopting as mine the claim made of others earlier; on the contrary, in my images and the film action I show that there is no evidence to support it: by showing and saying in the film that no documents and evidence exist at Harvard that you were part of those (drug) experiments.

This is the end of this chapter of the film. You couldn't read this (in the film-script), because it can only be seen - and understand (in the film).

For me it was important to show this all because it gives the viewers impressions of the situation, the athmosphere and the media-echo on the Internet about your case.

That is only one example of the understanding difficulties that I had already surmised might occur. I also attempted to explain my artistic method to you from the very beginning.

This is not a matter of journalism, but an artificial film essay, an piece of arthouse-film, which is suited to the subject and does it justice. And I had sent the text of the film to you more than six months ago without you having made any comment; that was another reason why I felt I could, and had to assume that you had no objections.

You also quote a French professor who believes that, "the film betrays the spirit of the Manifesto". That is incorrect, and up until now only an untypical individual opinion. I could send you more than a hundred press opinions and excerpts from many, many letters and emails from normal viewers that prove the opposite. I have entirely positive reactions from people associated with Earth First or European political initiatives and environmental organisations such as Attac, for example.

I already sent you two press clippings that would have told you the same.

You wrote to me: "In regard to the quality of your film as a whole, I will only quote the words of a French physician, author of several books, who is the only person I know (other than yourself) who has seen Das Netz...".

And I must contradict you there as well, I am afraid.

You know at least one other person who has seen the film, and that is John Zerzan.

He thinks that the film is very good and that is why last year he was more than willing to participate as a guest in several events in Germany connected with the film's launch - for example in Berlin at a international film festival critical of globalisation, entitled "globale 05"; it was opened with a screening of "Das Netz".

Afterwards, he participated in a discussion entitled "PROGRAMMIERTE DEMOKRATIE - DIE GLOBALISIERTE KONTROLLGESELLSCHAFT UND FORMEN DES WIDERSTANDS” (Programmed democracy - the globalised, controlling society and forms of resistance).

So you can see in which spectrum the film meets with interest, sympathy and distribution.

I have also heard that John made a positive reference to the film in "Green Anarchy".

In 2004, the film won the "European Media Award". Allow me to quote from the arguments of the international jury: "EMAF (European Media Art Festival): Award for pioneering work in Media Art was awarded to Lutz Dammbeck for his film "Das Netz" (The Net). Excerpt from the jury's findings: "We unanimously chose "Das Netz": an intellectual roller coaster ride through art, technology, philosophy, politics, psychology and sociology that strongly impresses us but simultaneously makes us uncertain.

The ride is resistant to a one-dimensional version because, although set in the linear medium of film, it triggers non-linear reception. The film is an enormous catalyst for interdisciplinary associations for a network in the mind, the perception of which suddenly surprises us. Still in a daze, we present the 2004 EMAF Award to "Das Netz" by Lutz Dammbeck."

Jury members for the EMAF Award: - Prof. Michael Bielicky, Academy of Fine Arts, Prague - Alice Koegel, curator for Film & Video at the Ludwig Museum, Cologne - Maria Pallier, editor of Metropolis of TVE (Spain), free-lance curator

One pleasing effect of the film screenings and of the book has been more demand for the Manifesto; more people are reading it. I know of special seminars at various universities such as Vienna, Zurich, Hamburg or Berlin, where lecturers and students are concerning themselves with the Manifesto and your philosophy and ideas. There is evidence that this has been inspired by my film and it is certainly supported by the - as yet best - German translation of the Manifesto that we have made.

In this letter form, and with the additional risk of translation, it is perhaps difficult for me to get the fact across to you that the film in its present form is neither “defamatory”, nor does it “betray the spirit of the Manifesto.”

The film leads nobody „to believe that you wrote crazy-sounding things“. Quite the opposite.

Your quotations in the film appears very clear, logic oriented, „at the point“ (as me one viewer wrote), but also wise, poetic & ironic grounded - especially in the second sequence/quotation you mentioned.

This is labeled clear as „April 1“ in the commentary and with subtitels - in the film. But seems unfortunately not included in your script. In no way the film is disrespectful to you or your words.

To conclude, I would like to quote to you from a letter I received from a scientist in Vienna, who wrote to me: “...one thing that becomes very clear in your film: Gelernter and others are supposedly working on utpias of the technological society, but if you look at them and listen to what they are saying, it is quite tangible: they don't even believe in these visions for the future themselves, for them they are entertaining speculation, but with no obligations attached, one they see no reason to fear.

And that is precisely where their strength lies - they rely on their inexhaustible, stifling pragmatism. The decisive question, surely, is what exists to counter this intellectual attitude and its repressive force? And you answer that question in your marvellous film by pointing to the Manifesto and ideas of Ted Kaczynski and presenting many viewers with some stimulating material that will also make them stop and think."

I 've got a lot of other wounderful letters, e-mails, critics and response.

This is why I am not only surprised by your letter and your accusations, but also very disappointed, for I regard them as entirely unjustified.

I invested a lot of time, energy and personal money into the film, and have been prepared to face some sometimes harsh attacks and reproaches, accusing me of having given too much space and publicity to your ideas and criticism of the technological society and progress.

I regret very much that you appear to have lost faith in me and my work.

I can see no objective and legal reason for any alteration of the film in its present form. If certain publications on the Internet or in printed publications bother you or if they are wrong, I recommend that you take legal action against the authors. Then, if there is a new version of my film, I am happy to consider these corrections respectively the wording that you mentioned in order to prevent any possible misunderstandings in the future. I will do this because I am still very much interested to be in touch with you and I still hope that the filming of you will take place as discussed for quite a while.

I am glad to hear that you have now found suitable archives in the USA for your papers.

It means that I can now abandon the efforts that I had begun - on your request - to find an archive for them in Germany.

I hope you are well,

Yours sincerely

Lutz Dammbeck

Hamburg April 2nd 2006

in deutscher Übersetzung:

Sehr geehrter Herr Kaczynski, ich habe Ihren Brief vom 8. März 2006 erhalten.

Um ehrlich zu sein: Der Brief hat mich ziemlich schockiert und auch geärgert.

Natürlich habe ich Ihnen gerne sowohl den Filmtext als auch das Buch zukommen lassen, aber gleichzeitig habe ich auch meine Bedenken geäußert, dass Sie sich anhand des Textes allein keinen Eindruck von der Wirkung des Films verschaffen können, wenn die Bilder und der Ton fehlen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sowohl der Text, als auch insbesondere der Film meine Haltung deutlich machen, und dass ich nicht behaupte, dass Sie an Drogenexperimenten teilgenommen haben. Vielmehr wird im Text, aber auch im Film - der natürlich einen anderen Eindruck vermittelt - deutlich darauf hingewiesen, dass ich mich nur auf Behauptungen beziehe, die im/über das Internet verbreitet werden. Gleichzeitig habe ich diese Behauptungen über angebliche Drogenexperimente nicht einfach übernommen, sondern in Frageform dargestellt. An keiner Stelle in meinem Film behaupte ich direkt, dass es irgendeinen Beweis für Ihre angebliche Beteiligung an Drogenexperimenten gibt.

Ich möchte versuchen, Ihnen das noch deutlicher zu erklären:

Nehmen wir die Seite 27 des Textes, die Sie selbst zitieren. In dem Bild beginnt die Szene folgendermaßen: Der Betrachter sieht einen Bildschirm und meine Hände, die etwas im Internet anklicken; er sieht verschiedene Webseiten, z.B. die von "Spirit of Freedom" mit einem Interview mit Ihnen unter der Überschrift "Prisoner Profiles" und Ihrem Foto, und dann (im Bild) folgt - per Mausklick - ein Wechsel zu anderen Webseiten.

Erst dann beginnt der Kommentar aus dem Off, und zwar im deutschen Text: "Im Internet finde ich Hinweise auf geheime Drogenexperimente der CIA Anfang der 60er Jahre an der Harvard Universität ", in der englischen Übersetzung: "On the Internet I find references to secret drug

experiments carried out by the CIA at Harvard University during the early 60s."

Dazu gibt es wiederum verschiedene Websites, u.a. "Ted K., the CIA & LSD" (Ergebnisse u.a., wenn man im Internet nach "Ted Kaczynski + Harvard" sucht). Während der Kommentartext weiterläuft, werden diese Seiten angeklickt und geöffnet, darunter auch eine Seite, die die von Ihnen beanstandete Behauptung aufstellt. Im Bild zeigt der Film folgende einzelne Wörter des Textes als Großaufnahme wie "mind control experiments" und andere, der Kommentar in diesem Moment "Eine der Testpersonen ist der Mathematikstudent Ted Kaczynski................................................................... ", in der englischen

Übersetzung "One of the test participants is the mathematics student Ted Kaczynski." Was ist daran falsch? Sie waren doch Teilnehmer der Experimente von Prof. Murray?

Die Kombination aus Bild und Kommentar macht zudem dem Zuschauer (hier) deutlich, dass es sich hierbei um eine Behauptung der genannten Autoren handelt, die ich lediglich zitiere.


In den nächsten Szenen des Films führen mich meine Recherchen nach Harvard, wo ich dann eigene Nachforschungen anstelle - allerdings ohne die Behauptung, die andere zuvor aufgestellt haben, als meine zu übernehmen; im Gegenteil, ich zeige in meinen Bildern und in der Filmhandlung, dass es dafür keine Beweise gibt (leere Filmbüchse): indem ich das zeige und im Film sage, dass es in Harvard keine Dokumente und Beweise dafür gibt, dass Sie an diesen Experimenten beteiligt waren. Dies ist das Ende dieses Kapitels des Films. Das konnte man nicht (im Film-Drehbuch) lesen, denn das kann man nur sehen - und (im Film) verstehen.

Für mich war es wichtig, das alles zu zeigen, weil es den Zuschauern einen Eindruck von der Situation, der Athmosphäre und dem Medienecho im Internet über Ihren Fall vermittelt.

Das ist nur ein Beispiel für die Verständnisschwierigkeiten, die ich schon vermutet hatte. Ich habe auch versucht, Ihnen von Anfang an meine künstlerische Methode zu erklären. Es tut mir leid, wenn Sie das verletzt hat.

Es geht hier nicht um Journalismus, sondern um einen künstlichen Filmessay, ein Stück ArthouseFilm, der dem Thema angemessen ist und ihm gerecht wird. Und ich hatte Ihnen den Text des Films schon vor mehr als einem halben Jahr geschickt, ohne dass Sie sich dazu geäußert hatten; auch deshalb konnte und musste ich davon ausgehen, dass Sie keine Einwände haben.

Sie zitieren auch einen französischen Professor, der meint, dass "der Film den Geist des Manifests verrät". Das ist falsch und bisher nur eine untypische Einzelmeinung. Ich könnte Ihnen mehr als hundert Pressestimmen und Auszüge aus vielen, vielen Briefen und Emails von normalen Zuschauern schicken, die das Gegenteil beweisen. Ich habe durchweg positive Reaktionen von Menschen, die mit Earth First oder europäischen politischen Initiativen und Umweltorganisationen wie z.B. Attac verbunden sind. Ich habe Ihnen bereits zwei Presseausschnitte geschickt, die Ihnen das Gleiche gesagt haben.

Sie haben mir geschrieben: "Zur Qualität Ihres Films insgesamt möchte ich nur die Worte eines französischen Arztes, Autor mehrerer Bücher, zitieren, der die einzige Person ist, die ich kenne (außer Ihnen), die Das Netz gesehen hat...".

Und auch da muss ich Ihnen leider widersprechen. Sie kennen mindestens einen weiteren Menschen, der den Film gesehen hat, und das ist John Zerzan. Er findet den Film sehr gut und war deshalb im vergangenen Jahr gerne bereit, als Gast an mehreren Veranstaltungen in Deutschland teilzunehmen, die im Zusammenhang mit dem Filmstart standen - zum Beispiel in Berlin bei einem internationalen globalisierungskritischen Filmfestival mit dem Titel "globale 05"; es wurde mit einer Vorführung von "Das Netz" eröffnet.

Anschließend nahm er an einer Diskussion mit dem Titel "PROGRAMMIERTE DEMOKRATIE - DIE GLOBALISIERTE KONTROLLGESELLSCHAFT UND FORMEN DES WIDERSTANDS" teil. Sie sehen also, in welchem Spektrum der Film auf Interesse, Sympathie und Verbreitung stößt. Ich habe auch gehört, dass John in "Green Anarchy" einen positiven Bezug auf den Film genommen hat.

Im Jahr 2004 gewann der Film den "European Media Award". Erlauben Sie mir, aus der Begründung der internationalen Jury zu zitieren: "EMAF (European Media Art Festival): Award for pioneering work in Media Art" wurde an Lutz Dammbeck für seinen Film "Das Netz" verliehen. Auszug aus der Begründung der Jury: "Wir haben uns einstimmig für "Das Netz" entschieden: eine intellektuelle Achterbahnfahrt durch Kunst, Technik, Philosophie, Politik, Psychologie und Soziologie, die uns stark beeindruckt und gleichzeitig verunsichert. Die Fahrt widersetzt sich einer eindimensionalen Darstellung, weil sie, obwohl im linearen Medium Film angesiedelt, eine nichtlineare Rezeption auslöst. Der Film ist ein enormer Katalysator für interdisziplinäre Assoziationen für ein Netzwerk im Kopf, dessen Wahrnehmung uns plötzlich überrascht. Noch ganz benommen verleihen wir den EMAF Award 2004 an "Das Netz" von Lutz Dammbeck."

Jurymitglieder für den EMAF-Preis: - Prof. Michael Bielicky, Akademie der Bildenden Künste, Prag - Alice Koegel, Kuratorin für Film & Video am Museum Ludwig, Köln - Maria Pallier, Redakteurin von Metropolis von TVE (Spanien), freie Kuratorin.

Ein erfreulicher Effekt der Filmvorführungen und des Buches ist die verstärkte Nachfrage nach dem Manifest; mehr Menschen lesen es. Ich weiß von speziellen Seminaren an verschiedenen

Universitäten wie Wien, Zürich, Hamburg oder Berlin, wo sich Dozenten und Studenten mit dem Manifest und, falls Sie der Autor waren, Ihrer Philosophie und Ihren Ideen beschäftigen. Es gibt Anzeichen dafür, dass dies durch meinen Film angeregt wurde, und es wird sicherlich durch die - bisher beste - deutsche Übersetzung des Manifest unterstützt, die wir gemacht haben.

In dieser Briefform und mit dem zusätzlichen Risiko der Übersetzung ist es für mich vielleicht schwierig, Ihnen zu vermitteln, dass der Film in seiner jetzigen Form weder "diffamierend" ist, noch "den Geist des Manifest verrät."

Der Film führt niemanden dazu, "zu glauben, dass Sie verrückt klingende Dinge geschrieben haben". Ganz im Gegenteil. Ihre Zitate im Film wirken sehr klar, logisch orientiert, "auf den Punkt" (wie mir ein Zuschauer schrieb), aber auch weise, poetisch & ironisch geerdet - besonders in der von Ihnen erwähnten zweiten Sequenz/Zitat.

Diese ist im Kommentar und mit Untertiteln deutlich als "1. April" gekennzeichnet - im Film. Scheint aber leider nicht im Ihnen zugeschickten Text enthalten zu sein.

Der Film ist in keiner Weise respektlos gegenüber Ihnen oder Ihren Worten.

Abschließend möchte ich Ihnen aus einem Brief zitieren, den ich von einem Wissenschaftler in Wien erhalten habe, der mir geschrieben hat: "...eine Sache wird in Ihrem Film sehr deutlich: Gelernter und andere arbeiten angeblich an Utopien der technologischen Gesellschaft, aber wenn man ihnen zuschaut und zuhört, was sie sagen, ist es ganz greifbar: Sie glauben nicht einmal selbst an diese Zukunftsvisionen, für sie sind es unterhaltsame Spekulationen, aber ohne Verpflichtungen, vor denen sie keinen Grund sehen. Und genau darin liegt ihre Stärke - sie setzen auf ihren unerschöpflichen, erstickenden Pragmatismus. Die entscheidende Frage ist doch: Was gibt es, um dieser intellektuellen Haltung und ihrer repressiven Kraft etwas entgegenzusetzen? Und diese Frage beantworten Sie in Ihrem wunderbaren Film, indem Sie auf das Manifest und die Ideen von Ted Kaczynski hinweisen und vielen Zuschauern anregendes Material präsentieren, das auch zum Nachdenken anregen wird."

Ich habe viele andere wunderbare Briefe, E-Mails, Kritiken und Reaktionen erhalten.

Deshalb bin ich über Ihren Brief und Ihre Vorwürfe nicht nur überrascht, sondern auch sehr enttäuscht, denn ich halte sie für völlig ungerechtfertigt.

Ich habe viel Zeit, Energie und auch persönliches Geld in den Film investiert und war bereit, mich den teilweise harschen Angriffen und Vorwürfen zu stellen, die mir vorwerfen, Ihren Ideen und Ihrer Kritik an der technologischen Gesellschaft und dem Fortschritt zu viel Raum und Öffentlichkeit gegeben zu haben. Ich bedaure sehr, dass Sie anscheinend das Vertrauen in mich und meine Arbeit verloren haben.

Ich kann keinen sachlichen und rechtlichen Grund für eine Änderung des Films in seiner jetzigen Form erkennen. Wenn bestimmte Veröffentlichungen im Internet oder in gedruckten Publikationen Sie stören oder diese gar falsch sind empfehle ich Ihnen, gehen Sie rechtlich gegen die Autoren vor. Dann bin ich gern bereit, falls es eine neue Fassung von meinem Film gibt, dies zu berücksichtigen, um möglichen Missverständnissen in Zukunft vorzubeugen.

Ich werde dies tun, weil ich immer noch sehr daran interessiert bin, mit Ihnen in Kontakt zu sein und immer noch hoffe, dass die Verfilmung von Ihnen, wie schon länger besprochen, stattfinden wird. Es freut mich zu hören, dass Sie nun ein geeignetes Archiv in den USA für Ihre Unterlagen gefunden haben. Das bedeutet, dass ich die Bemühungen, die ich - auf Ihre Bitte hin - begonnen hatte, ein Archiv für sie in Deutschland zu finden, nun aufgeben kann.

Ich hoffe, es geht Ihnen gut, mit freundlichen Grüßen Lutz Dammbeck

Hamburg 2. April 2006

Hier endete der Briefwechsel.

Ich war enttäuscht. Auch ein bischen beleidigt. Hatte ich mir nicht viel Mühe gegeben, und mich sogar für den Nachlaß von TJK verwendet?

Klar, ich war es gewesen, der den Kontakt gesucht hatte. Der mit Karin auf einer der Recherchereisen mit dem Leihwagen zum ADX Florence gefahren war, das Zuchthaus von außen betrachtet und versucht hatte zu begreifen, in welcher Situation mein Briefpartner war. Während der Briefwechsel lief, hatte ich mir in Lincoln/Montana den Ort angeschaut, an dem seine cabin gestanden hatte, und mit seinen ehemaligen Nachbarn und der Bibliothekarin der örtlichen Bibliothek gesprochen.

Natürlich wollte ich gern mit ihm zunächst für meinen Film arbeiten, was ja gelang, und dann auch ein Einzelinterview machen und dafür ein professionelles Verhältnis aufbauen. Dieser Versuch war nun, 2006, gescheitert.

Ich hatte mir Mühe gegeben, um Ted nicht nur als Trainingwand für die Entwicklung meiner Gedanken im Film zu nutzen, sondern auch viele seiner narzistischen Zurechtweisungen akzeptiert, die mir den Bedingungen geschuldet schienen, unter denen er mir die Briefe schrieb.

Viele Fragen hatte ich nicht oder zu vorsichtig gestellt, etwa die, ob er überhaupt der Autor des Manifest war, das in unserem Briefwechsel oft eine Rolle spielte. Um dann, wenn er das zugegeben hätte, weiterzufragen, ob diese vier Bücher als Anregung und Quellen eine Rolle gespielt hatten: The Ancient Engineers von L. Sprague DeCamp; Chinese Political Thought in the Twentieth Century von Chester D. Tan; The True Believer von Eric Hoffer und Violence in America: Historical and Comparative Perspectives von Roger Lane.

Ich hatte ihn nicht direkt gefragt, ob er der sogenannte „Unabomber“ war oder ob es Helfer gegeben hatte, die diesen unterstützten. Denn nach wie vor gab es viele ungeklärte Fragen zum Aufenthalt von Ted Kaczynski in Lincoln, zu seinen Ausflügen während dieser Zeit an andere Orte in der Umgebung (Helena) und zu den Attentaten, die ohne Unterstützer schwer möglich schienen. Das waren Fragen, die ich mir für ein Einzelinterview aufheben wollte, zu dem es nun leider nicht mehr kommen würde.

War er mir für meinen Film und meine Kunst nützlich gewesen? Ja. War ich ihm nützlich gewesen, in dem ich eine Rolle in seinem Denksystem eingenommen hatte? Ja.

Mein Eindruck war, dass der ehemalige Mathematiker lebenslang in einer Welt aus Zahlen gelebt und zugleich diese Welt zu seinem Feind erklärt hatte, den er bekämpfte.

Das schien kontraphobisch, ähnlich einem Bergsteiger mit Höhenangst.

Auch der Wald und die Natur waren keine Orte, an denen er Ruhe fand. Im Winter rasten Tagesurlauber mit Motorski wenige Meter von seiner cabin entfernt über die Straße im Wald, oder flogen mit Hubschraubern zu seinen entferntesten und einsamsten „sacred places“. Und im Jahr seiner Verhaftung wurde die kleine Bibliothek von Lincoln an das landesweite digitale Netzwerk von Bibliotheken angeschlossen, das die Stiftung von Melinda und Bill Gates finanzierte.

Das Netz aus Zahlen, das er über seine Wanderwege, Naturbeobachtungen und Bombenexperimente gelegt hatte, sorgte nicht für die Ordnung, die sein inneres und das äußere Chaos beruhigte.

Ruhe fand er erst im ADX Florence, ironischerweise durch Vermittlung des Staates. Der Staat diente sowohl als Projektionsfigur, wie als strafender Tröster und Erlöser zugleich. Und Ted Kaczynski bekam die Ruhe, nach der er sich Zeit seines Lebens gesehnt hatte.

Anlagen:

- Gutachten Dr. Sally Johnson über TJK

- Mathematische Arbeiten von TJK


[4] (§ 152) Einige Psychologen haben eine öffentliche Stellungnahme abgegeben, daß sie menschliche Freiheit mißachten und der Mathematiker Claude Shannon wird in Omni (August 1987) zitiert:

{1} Ist diese Wortfolge richtig? Oder hätte ich schreiben sollen: „Ich bin damit übermäßig beschäftigt...“?